Die künstlerische Beschäftigung mit dem Mythos Mafia ist auch heute noch ein in Film, Fernsehen und Literatur beliebtes Motiv. Besonders berühmt, gewürdigt und im kollektiven Bewusstsein verankert ist die Trilogie „Der Pate“ von Francis Ford Coppola rund um die Familie Corleone. Zuletzt wurde in der US-Erfolgserie „Die Sopranos“ (1999 – 2007) die italienische Mafia aus der Perspektive der Familie eines Paten dargestellt.
Eine kritische Auseinandersetzung mit der Organisation 'Mafia' übten bereits Mitte des 20. Jahrhunderts besonders italienische Produktionen. Viel beachtet und hier in den Blick zu nehmen sind die Werke des italienischen Regisseurs Damiano Damiani. Die im Jahr 1984 erstmals ausgestrahlte erste Staffel der Fernsehserie „Allein gegen die Mafia“ („La Piovra“) und der Spielfilm „Tag der Eule“ („Il giorno della civetta“, 1968) sind herausragende Werke des Regisseurs Damiano Damiani, in denen er seine „Mafia-Kritik“ thematisiert.
In dieser Arbeit wird sowohl in inhaltlicher als auch methodischer Sicht die Darstellung der italienischen Mafia durch Damiani vergleichend analysiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Biografie und Werkgeschichte von Damiano Damiani
3. Inhaltsanalyse und Genese
3.1. „Allein gegen die Mafia“ – Staffel 1
3.2. „Der Tag der Eule“
4. Vergleichende Betrachtung der Werke
4.1. Aufbau und narrative Struktur
4.2. Protagonisten
4.3. Vertrauen und Omertà als zentrale Elemente
4.4. Das Motiv der Ermordung
4.5. Die Rolle des Privaten
4.6. Die unterschiedliche Darstellung der Mafia und Zivilgesellschaft
a) „Allein gegen die Mafia“
b) „Der Tag der Eule“
5. Resümee
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die künstlerische Beschäftigung mit dem Mythos Mafia ist auch heute noch ein in Film, Fernsehen und Literatur beliebtes Motiv. Besonders berühmt, gewürdigt und im kollektiven Bewusstsein verankert ist die Trilogie „Der Pate“ von Francis Ford Coppola rund um die Familie Corleone. Zuletzt wurde in der US-Erfolgserie „Die Sopranos“ (1999 – 2007) die italienische Mafia aus der Perspektive der Familie eines Paten dargestellt.
Wenn auch nach Werken wie „Die Unbestechlichen“ („The Untouchables“, 1987) international unterbelichtet, war bereits vor dem 2008 erschienen italienischen Film „Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra“ die kritische Darstellung der Strukturen des organisierten Verbrechens aus der Außensicht ein medial verwendetes Motiv. Besonders italienische Produktionen übten bereits Mitte des 20. Jahrhunderts deutliche Kritik an der Organisation ‚Mafia‘. Viel beachtet und hier in den Blick zu nehmen sind die Werke des italienischen Regisseurs Damiano Damiani. Die im Jahr 1984 erstmals ausgestrahlte erste Staffel der Fernsehserie „Allein gegen die Mafia“ („La Piovra“) und der Spielfilm „Tag der Eule“ („Il giorno della civetta“, 1968) sind herausragende Werke des Regisseurs Damiano Damiani, in denen er seine „Mafia-Kritik“ thematisiert. Insbesondere der sechsteilige Fernsehfilm „Allein gegen die Mafia“ erfreute sich internationaler Beachtung und Wertschätzung. Aufgrund der Brisanz der Thematik entfachte die Serie insbesondere in der italienischen Gesellschaft eine Debatte über Korruption und den gesellschaftlichen Umgang mit der Mafia. Die Werke von Damiani sind auch heute noch beispielhaft für künstlerische Werke, die Menschen nicht nur erfreuen und bewegen, sondern auch zum Überprüfen des eigenen Handelns anregen sollen. Die große Wirkung und Aktualität der Thematik belegt, dass sich der ehemalige italienische Ministerpräsident noch im Jahr 2009, als wieder ein Verfahren gegen ihn wegen Kontakte zur Mafia eröffnet wurde, öffentlich kritisch über die Serie „Allein gegen die Mafia“ äußerte und sich derart einließ, dass er die Autoren der Serie „erwürgen“ wolle.[1]
In der vorliegenden Arbeit soll sowohl in inhaltlicher als auch methodischer Sicht die Darstellung der italienischen Mafia durch Damiani vergleichend analysiert werden. Zunächst soll der Regisseur kurz vorgestellt und in seine Werkgeschichte eingeführt werden. Im Anschluss werden Genese und Handlung der Serie „Allein gegen die Mafia“ und des Films „Tag der Eule“ dargestellt. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die vergleichende Analyse beider Werke. Untersucht werden die Serie und der Spielfilm unter den Gesichtspunkten der Dramaturgie, der Darstellung der Protagonisten, ausgewählter Themenschwerpunkte und der Erzählweisen. Berücksichtigt wird auch, inwiefern sich besondere Unterschiede in der Darstellungsweise durch die unterschiedlichen Formate der TV-Serie und des Spielfilms ergeben. Im Anschluss wird darauf eingegangen, wie erfolgreich Damiani jeweils die Umsetzung seiner Ansprüche gelingt. Darauf basierend sollen abschließend die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst und bewertet werden.
2. Biografie und Werkgeschichte von Damiano Damiani
Damiano Damiani wurde am 23. Juli des Jahres 1922 in Pasiano di Pordenone in der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien geboren. Damiani studierte an der Kunstschule in Mailand und entwickelte sich zu einem Anhänger der cineastischen Schule des Neorealismus. Der italienische Neorealismus als filmische und literarische Strömung war eine Reaktion auf den Faschismus in Italien und sollte die Wirklichkeit ungeschönt darstellen und moralisch bewerten. Zur politischen Ausrichtung dieses künstlerischen Ansatzes passte, dass Damiani selbst politisch aktiv war, unter anderem indem er Comics mit gesellschaftskritischem Impetus zeichnete.[2]
Damiani war sowohl als Regisseur und als Drehbuchautor tätig.[3] Ein hervorstechendes Motiv seines Wirkens ist die kritische Auseinandersetzung mit der Mafia in Italien. Zu den berühmtesten Werken mit diesem Motiv zählen neben „Der Tag der Eule“ auch die im Jahr 1971 erschienenen Filme „Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert“ und „Verfahren eingestellt – vergessen Sie’s“ sowie „Warum musste Staatsanwalt Traini sterben“ aus dem Jahr 1974.
3. Inhaltsanalyse und Genese
3.1. „Allein gegen die Mafia“ – Staffel 1
Die erste Staffel der Thriller-Serie „Allein gegen die Mafia“, eine gemeinschaftliche Produktion öffentlicher Sender aus Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, erschien im Jahr 1984. Zu diesem Zeitpunkt war Damiani bereits ein etablierter Regisseur, der mehrere mafia-kritische Filme gedreht hatte. Der italienische Originaltitel der Serie lautet „La Piovra“, was übersetzt „Die Krake“ bedeutet, und schon im Titel deutlich auf den Charakter und die Ausbreitung der Mafia in staatlichen Strukturen und der Zivilgesellschaft in Italien anspielt.
Die erste Staffel des sechsteiligen Fernsehfilms beginnt mit der Versetzung des Commissario Corrado Cattani (gespielt von Michele Placido) in eine unbenannte sizilianische Kleinstadt. Mit Cattani ziehen dessen Ehefrau Else, mit der er häufig streitet, und seine pubertierende Tochter Paola um. Während der Staffel entwickelt sich eine Liebesbeziehung Cattanis zu der drogenabhängigen Contessa Raffaella Pecci Scialoia, die den Spitznamen „Titti“ trägt.
Durch Cattanis unnachgiebige Ermittlungen gerät er schnell in das Visier der ortsansässigen Mafia, die insbesondere in „Geschäftsbeziehungen“ im Baugewerbe verwickelt ist. Die sich in ihrem Tätigkeitsbereich bedroht fühlende Cosa Nostra fasst dann nicht nur Cattani selbst, sondern auch dessen berufliches und familiäres Umfeld ins Auge. Leo DeMaria, ein aufrechter Kollege Cattanis, fällt einem brutalen Attentat zum Opfer. Cattanis Tochter wird von einem Angehörigen der Mafia entführt und vergewaltigt. Die erste Staffel der Serie endet mit dem Rückzug des persönlich stark angegriffenen Corrado Cattani, der mit seiner Frau und seiner Tochter in einen kleinen Ort in der Schweiz zieht. Cattanis Geliebte „Titti“ kam zuvor bei einem Fenstersturz ums Leben.
Damiani war nach der ersten Staffel nicht mehr als alleiniger Regisseur der insgesamt 10 Staffeln umfassenden Serie, die bis zum Jahr 2001 ausgestrahlt wurde, tätig. Er hielt es für einen Fehler, die Serie nach der ersten Staffel fortzusetzen. Insbesondere deshalb ist die von ihm gedrehte erste Staffel als in sich abgeschlossenes Werk zu betrachten.
3.2. „Der Tag der Eule“
Der im Jahr 1968 erschienene Kinofilm „Der Tag der Eule“ beruht auf dem gleichnamigen Roman des Schriftsteller Leonardo Sciascia aus dem Jahr 1961. Damiani führte bei dem Film nicht nur Regie, er verfasste auch gemeinsam mit Ugo Pirro das Drehbuch. „Der Tag der Eule“ ist die erste filmische Umsetzung des von Diamini später noch vielfach verarbeiteten Motivs. In die Rolle des integeren Protagonisten des Hauptmanns Bellodi schlüpfte Franco Nero, der auch in allen von Damianis weiteren (Anti-)Mafia-Filmen den Hauptcharakter darstellte.
Der Film beginnt mit der Ermordung des Bauunternehmers und Sozialisten Colasberna auf offener Straße. Der gerade nach Sizilien versetzte Hauptmann Bellodi leitet die Ermittlungen. Wie sich herausstellt hatte sich der Getötete geweigert bei Aufträgen mit der örtlichen Mafia zusammenzuarbeiten. Ein vermeintlicher Zeuge des Mordes ist verschwunden. Dessen Ehefrau, Rosa Nicolosi, gerät während des Films unter Tatverdacht, nachdem von der örtlichen Mafia Gerüchte über eine Affäre kolportiert werden und die Ermordung als Fanal eines Eifersuchtsdramas dargestellt wird. Bellodi durchschaut jedoch die Ablenkungsmanöver und konzentriert seine Ermittlungen weiterhin auf die Mafia. Mit seiner Unnachgiebigkeit kommt er dem örtlichen Mafia-Paten Don Mariano Arena, in dessen Haus er die Tatwaffe beschlagnahmt, gefährlich nahe. Schließlich zieht sich Bellodi jedoch zurück und verlässt Sizilien wieder, nachdem er selbst bedroht wird, indem sein Informant ermordet wird.
4. Vergleichende Betrachtung der Werke
Im Folgenden werden beide Werke einer vergleichenden Analyse anhand verschiedener Aspekte unterzogen. Untersucht werden der Aufbau und die narrative Struktur, die Protagonisten, die Darstellung der Mafia und der Zivilgesellschaft, die Unterschiede durch die Formateigenschaften und die Erzählweise. Das Augenmerk liegt auf einer inhaltlichen Analyse, da ein formaler Vergleich nach filmästhetischen Gesichtspunkten den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.
Bei den zu diskutierenden Kriterien wird die jeweilige Umsetzung dargestellt und darin verflochten werden relevante Parallelen und Differenzen aufgezeigt.
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[1] „Allein gegen die Mafia“ – Berlusconi will Autoren erwürgen, Bericht auf www.-n-tv.de v. 29.11.2009 unter http://www.n-tv.de/politik/Berlusconi-will-Autoren-erwuergen-article616885.html [zuletzt abgerufen am 21. März 2012].
[2] http://www.treccani.it/enciclopedia/damiano-damiani/ [zuletzt abgerufen am 21. März 2012].
[3] http://www.treccani.it/enciclopedia/damiano-damiani/ [zuletzt abgerufen am 21. März 2012].