„Amerikanisierung“ – ein Begriff, der uns fast täglich irgendwo in der Medienlandschaft begegnet. Er intendiert oft eine negative Einstellung gegenüber exportierten Ideen und Produkten aus
den USA.
Häufig wird im Kontext von Berichten über sich veränderndes Wahlkampfverhalten und postmoderne politische Kommunikation von einem Amerikanisierungs-Trend gesprochen und im selben Atemzug der „Inszenierungs-und Showcharakter von Wahlkampagnen“ bemängelt. In den USA spielen die Massenmedien eine bedeutsame Rolle im politischen Prozess. Besonders in Zeiten des Wahlkampfes wird dies deutlich. Da sich auch die Wahlkampfgestaltung
der deutschen Parteien in den letzten Jahren sehr gewandelt hat und einige Strategien von den US-amerikanischen Wahlkämpfern übernommen scheinen, stellt sich die Frage
nach einer Amerikanisierung der bundesdeutschen Wahlkämpfe.
Mehr oder minder seit dem vermehrten Auftreten des Begriffs wird auch über seine Richtigkeit diskutiert. Politik- und Kommunikationswissenschaftler sind sich uneinig darüber, ob und inwiefern von einer Amerikanisierung der jüngeren Wahlkämpfe in der Bundesrepublik Deutschland gesprochen werden kann.
Journalisten setzen inzwischen voraus, dass ihre Leser, Zuhörer oder Zuschauer wissen, worum es sich handelt, wenn von „Amerikanisierung“ die Rede ist und verwenden den Begriff in unzähligen Zusammenhängen ohne ihn zu definieren.
Was verbirgt sich wirklich hinter dem Begriff „Amerikanisierung“? Kann man von einer Amerikanisierung deutscher Wahlkämpfe sprechen und wenn ja, woran lässt sich diese festmachen? Inwiefern hat sich eine Amerikanisierung bereits vollzogen und wie wird sie in Zukunft weitergehen? Sind diese Entwicklungen positiv einzustufen oder gibt es auch negative, besorgniserregende Aspekte daran? All diese Fragen sollen im Folgenden anhand von Rückgriffen auf Fachliteratur
zu diesem Themenkomplex erörtert werden.
Es soll im Zusammenhang dieser Hausarbeit nicht beleuchtet werden, inwiefern die grundsätzliche politische Kommunikation in Deutschland Gemeinsamkeiten mit der US-amerikanischen Politikvermittlung aufweist oder nicht. Diese Fragestellung ist zwar eng verbunden mit dem hier bearbeiteten Thema, würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. „Amerikanisierung“ von Wahlkämpfen
3. Kriterien der „Amerikanisierung“
3.1 Professionalisierung des Wahlkampfes
3.2 Personalisierung der Kampagnen
3.3 Mediatisierung der Politikvermittlung
4. Amerikanisierung oder Modernisierung der deutschen Wahlkämpfe?
5. Auswirkungen der zu beobachtenden Veränderungen
6. Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Amerikanisierung“ - ein Begriff, der uns fast täglich irgendwo in der Medienlandschaft begegnet. Er intendiert oft eine negative Einstellung gegenüber exportierten Ideen und Produkten aus den USA.
Häufig wird im Kontext von Berichten über sich veränderndes Wahlkampfverhalten und postmoderne politische Kommunikation von einem Amerikanisierungs-Trend gesprochen und im selben Atemzug der „Inszenierungs- und Showcharakter von Wahlkampagnen“ (Holtz-Bacha 2002: 27) bemängelt. In den USA spielen die Massenmedien eine bedeutsame Rolle im politischen Prozess. Besonders in Zeiten des Wahlkampfes wird dies deutlich. Da sich auch die Wahlkampfgestaltung der deutschen Parteien in den letzten Jahren sehr gewandelt hat und einige Strategien von den US-amerikanischen Wahlkämpfern übernommen scheinen, stellt sich die Frage nach einer Amerikanisierung der bundesdeutschen Wahlkämpfe (vgl. Pfetsch 2001: 28).
Mehr oder minder seit dem vermehrten Auftreten des Begriffs wird auch über seine Richtigkeit diskutiert. Politik- und Kommunikationswissenschaftler sind sich uneinig darüber, ob und inwiefern von einer Amerikanisierung der jüngeren Wahlkämpfe in der Bundesrepublik Deutschland gesprochen werden kann.
Journalisten setzen inzwischen voraus, dass ihre Leser, Zuhörer oder Zuschauer wissen, worum es sich handelt, wenn von „Amerikanisierung“ die Rede ist und verwenden den Begriff in unzähligen Zusammenhängen ohne ihn zu definieren.
Was verbirgt sich wirklich hinter dem Begriff „Amerikanisierung“? Kann man von einer Amerikanisierung deutscher Wahlkämpfe sprechen und wenn ja, woran lässt sich diese festmachen? Inwiefern hat sich eine Amerikanisierung bereits vollzogen und wie wird sie in Zukunft weitergehen? Sind diese Entwicklungen positiv einzustufen oder gibt es auch negative, besorgniserregende Aspekte daran? All diese Fragen sollen im Folgenden anhand von Rückgriffen auf Fachliteratur zu diesem Themenkomplex erörtert werden.
Es soll im Zusammenhang dieser Hausarbeit nicht beleuchtet werden, inwiefern die grundsätzliche politische Kommunikation in Deutschland Gemeinsamkeiten mit der US-amerikanischen Politikvermittlung aufweist oder nicht. Diese Fragestellung ist zwar eng verbunden mit dem hier bearbeiteten Thema, würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
2. „Amerikanisierung“ von Wahlkämpfen
Mit Amerikanisierung in Bezug auf Politik und Wahlkampf ist eine fortschreitende aber nicht zwangsläufig kontinuierlich verlaufende Entwicklung gemeint, bei der die Medienlandschaft und mit ihr die politische Kommunikation eines Landes der Mediendemokratie der USA immer ähnlicher wird und immer mehr typische Elemente dieser übernimmt. Die Amerikanisierungsthese gelangte zu großer Popularität, als deutlich wurde, dass deutsche Wahlkampagnen, wie die der SPD im Bundestagswahlkampf 1998, Züge der „ebenso aufwändigen wir programmatisch unterbelichteten Wahlkampfschlachten“ (Sarcinelli/Geisler 2002: 156), die in den USA seit einiger Zeit Normalität geworden sind, annahmen. Um die Frage zu klären, ob nun wirklich von einer Amerikanisierung der deutschen Wahlkämpfe in verallgemeinerter Form gesprochen werden kann, oder ob es sich nur um Einzeltendenzen handelt, bedarf es zunächst eines Kriterienkatalogs, anhand dessen Amerikanisierung gezeigt werden kann.
3. Kriterien der „Amerikanisierung“
Die Politikwissenschaftler, die sich mit amerikanischen Wahlkämpfen beschäftigt und dies publiziert haben, sind sich nicht einig über die typischen Indikatoren des amerikanisierten Wahlkampfes. Ich möchte mich in dieser Arbeit an den Kriterienkatalog von Karl-Rudolf Korte (vgl. Korte 2003: 112ff.) halten, der in großen Teilen mit den Kriterien eines amerikanisierten Wahlkampfes, wie sie in anderen Fachliteratur-Quellen zu finden sind, übereinstimmen.
3.1 Professionalisierung des Wahlkampfes
Mit Professionalisierung ist in erste Linie die Auslagerung wahlkampfrelevanter Tätigkeiten, die ehemals von Parteimitgliedern übernommen wurden, auf professionelle Externe gemeint. Es werden Rhetorik-Spezialisten mit der Beratung der Spitzenkandidaten beauftragt, die sie in puncto Umgang mit den Medien schulen und unterstützen sollen. Im amerikanischen Wahlkampf werden solche professionellen PR-Berater als „spin doctors“ bezeichnet und wurden in der Politikwissenschaft zum Inbegriff moderner Wahlkämpfe hochstilisiert (vgl. Kamps 2007: 185). Die Bezeichnung „spin doctor“ kommt daher, dass der Einfluss der Berater zum Teil soweit geht, dass sie den politischen Inhalten oft ihren eigenen Dreh, amerikanisch „spin“, geben. Diese Wahlkampf-Strategen tragen in hohem Maße zur Inszenierung der Wahlkämpfe bei. Ihre Tätigkeit dreht sich in erster Linie darum „der journalistischen Wahrnehmung eine präferierte Nuance beizufügen“ (Kamps 2007: 186), also die Berichterstattung der Medien auf für die Partei positive Weise zu beeinflussen und die Partei so bestmöglich zu vermarkten. Oft stellen sie die ent- scheidende Instanz im Hintergrund dar und haben großen Einfluss auf Inhalte und Form des Wahlkampfes.
Sogenannte Wahlkampfmanager sollen den Parteien bei der Wahl zu mehr Stimmen verhelfen, indem die Parteien ihnen die Entscheidung über wichtige strategische Leitlinien und Strategien des Wahlkampfes überlassen. Werbe- und Medienagenturen werden mit der professionellen Ausgestaltung der Kampagne beauftragt, damit der mediale Auftritt der Parteien optimal ausfällt. Meinungsforscher liefern den Parteien regelmäßig aktuelle Informationen über die politische Stimmung der Bürger. Danach kann die Partei ihre weitere Wahlkampfführung und die Themen dieser ausrichten. Insgesamt gesehen werden also viele Aufgaben und Tätigkeiten, die ein Wahlkampf mit sich bringt und die ehemals von Parteiinternen bewältigt wurden auf externe Experten und Agenturen übertragen (vgl. Römmele 2002: 330). Daraus folgt auch, dass die einzelnen Parteimitglieder an Wichtigkeit für die Vermittlung zwischen Partei und Bürgern verlieren.
Unter den Oberbegriff der Professionalisierung der Wahlkämpfe fällt ebenfalls die Nutzung von neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Diese haben Einfluss auf die Kommunikation zwischen Wählern und Politik und auch auf die Kommunikation innerhalb der Parteien. Das ausdifferenzierte System der Massenmedien und die Politik stehen in einem oftmals schwierigen Abhängigkeitsverhältnis zueinander. Auf diese Abhängigkeit von den Medien haben sich die Parteien eingestellt, was an den medienorientierten Kampagnen deutlich sichtbar ist. Sie können nun mit verschiedenen Zielgruppen auf verschiedene Arten kommunizieren. Hierbei werden auch wieder externe Berater hinzugezogen, die Erkenntnisse darüber liefern, welche Zielgruppe wie und wo am besten zu erreichen ist. Dies geschieht auf verschiedenen Wegen, sowohl über die Massenmedien als auch über Kanäle der direkten Kommunikation von Wählern und Parteien wie das Internet.
3.2 Personalisierung der Kampagnen
Die Wahlkampagnen sind in zunehmendem Maße auf den Spitzenkandidaten/die Spitzenkandidatin fokussiert. Hier tragen die Parteien der steigenden Zahl an Wechselwählern und der immer schwächer werdenden Parteiidentifikation Rechnung (vgl. Römmele 2002: 320). Für unentschlossenen Wähler, die eben nicht Stammwähler einer Partei sind, ist die Orientierung an einem Spitzendkandidaten, der sich durch ein eindeutiges Profil von den anderen Kandidaten abgrenzt, leichter als an komplizierten Parteiprogrammen und umfangreichen Themenkatalogen. Deutlich wird die Fokussierung auf den Spitzenkandidaten bei Betrachtung der medialen Präsenz der Kandidaten verschiedener Parteien vor einer Wahl: über die Person selbst, ihren Charakter, ihre Führungsqualitäten und ihr Auftreten wird in der Berichterstattung der Medien zahlenmäßig mehr publiziert als über die Unterschiede der konkurrierenden Parteiprogramme und deren The- men. Über das Privatleben der Kandidaten wird auch in zunehmender Weise berichtet (vgl. Holtz-Bacha 2001: 20ff.), zumal die Politiker es vermehrt inszenieren und zur besseren Selbstdarstellung nutzen. Mit der Personalisierung der Wahlkämpfe geht deren Entideologisierung, also das Verschwinden von klaren Positionen aus den Parteiprogrammen zugunsten von allgemeinen Floskeln und Kompetenzbezeugungen, einher. Die Parteien werden somit einem allgemein gefälligen Produkt ähnlicher (vgl. Römmele 2002: 331) und der Kandidat selbst steht für die im Wahlkampf kommunizierten Themen. „Als Repräsentant bestimmter () politischer Botschaften ist er sozusagen selbst die Nachricht“ (Falter 2002: 422) formuliert Jürgen W. Falter die neue Sonderstellung des Spitzenkandidaten treffend.
Die Methode des negative campaining ist die Thematisierung und Betonung der negativen Eigenschaften des politischen Gegenkandidaten. Mit der schlechten Darstellung dessen in der Öffentlichkeit sollen die eigenen Chancen auf einen Wahlerfolg gesteigert werden.
3.3 Mediatisierung der Politikvermittlung
Die optimale Nutzung verschiedener Medien, besonders der neuen Massenmedien, stellt ebenfalls ein Kriterium der Amerikanisierung dar. Die Politiker und deren Berater orientieren sich an den „Wahrnehmungskriterien und Darstellungslogiken der Medien“ (Kamps 2007: 234) und versuchen die Medienpräsenz von Partei und Spitzenpolitikern ständig aufrecht zu erhalten und zu steigern (vgl. Kaschura 2006: 20). Bei dieser anhand von Unterhaltungswerten gestalteter Inszenierung der Politik treten die programmatischen Inhalte in den Hintergrund.
Die elektronischen Medien sind zum Hauptort der Wahlwerbung geworden. Dem Fernsehen kommt hierbei eine besonders große Bedeutung zu, da über dieses Medium die meisten Wahlberechtigten erreicht werden können. Teure und aufwändig produzierte Wahlwerbesports und die immer mit Spannung erwarteten und viel diskutierten TV-Debatten der Kandidaten machen dies deutlich. In der Fachliteratur ist diesbezüglich häufig von „Politainment“ (vgl. Kamps 2007: 235) die Rede. Dieser Begriff verdeutlicht die zunehmende Bedeutung der EntertainmentFähigkeiten der Spitzenkandidaten, die sie zumeist im Fernsehen unter Beweis stellen. Auch das Internet wird für den modernen Wahlkampf immer wichtiger, wie die amerikanische Präsidentschaftswahl 2008 zeigte, die von Barack Obama, der stark auf Wahlkampf im Web 2.0 setzte, gewonnen wurde.
Allgemein spielen die Medien in der Politik eine immer größere Rolle, da sie Schnittpunkt von Politik und Bürgern sind. Dies wird deutlich durch den immensen Aufwand, den die Parteien für einen optimalen medialen Auftritt, der meist an Unterhaltungswerten gemessen wird, betreiben. Mediatisierung meint nicht nur den Einsatz der verschiedensten Medien im Wahlkampf, sondern auch die spezielle Orientierung der Themenauswahl an Unterhaltungswerten.
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