Internationale Klimapolitik - Global Governance im Bereich Umwelt und Klima am Beispiel des Kyoto-Protokolls
Zusammenfassung
mittlere Erdtemperatur, Eisflächen beginnen zu schmelzen, was wiederum zu einer
Verstärkung der Erderwärmung aufgrund mangelnder Wärmereflexionsflächen und somit zu
einer Verringerung des sog. Albedo-Effekts führt. Weiterhin führen diese Effekte zu
steigenden Meeresspiegeln und klimatischen Veränderungen, die Gefahren für menschliches
Leben bedeuten. Aus diesem Grund ist eine über die Grenzen von Nationalstaaten
hinausgehende Politik unabdingbar, die alle vom Klima und dessen Veränderungen
betroffenen Akteure mit in Problembearbeitungs- und Entscheidungsfindungsprozesse
einbezieht. In diesem Sinne ist die internationale Klimapolitik auf den Plan gerufen worden,
anhand derer durch Verhandlung und Kooperation auf globaler Ebene versucht werden soll,
den anthropogenen Ursachen und Folgewirkungen des Klimawandels zu begegnen.
In dieser Arbeit soll nun deshalb beleuchtet werden, inwieweit in der internationalen
Klimapolitik Global Governance zu verorten ist und welche Elemente in welcher Ausformung
festzustellen sind. Darüber hinaus soll untersucht werden, welche Chancen auf
Veränderungen sich der internationalen Klimapolitik bieten bspw. in Konkurrenz zu
internationaler Wirtschaftspolitik. Konkret festgemacht werden sollen die diversen Konzepte
des Analytischen, Politisch-Programmatischen sowie einer globalen und universellen
Gerechtigkeit am Beispiel des Kyoto-Protokolls, das 1997 beschlossen wurde. Es stellt sich
somit letztlich die Frage: Inwieweit sind Global Governance-Strukturen in der internationalen Klimapolitik und im Kyoto-Prozess zu verorten und wie ausgeprägt bzw. effektiv sind in
diesem Kontext vorliegende Regelwerke?
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
1 Einleitung
2 Das Kyoto-Protokoll
2.1 Vorgeschichte
2.2 Inhalte und ratifizierende Staaten
3 Global Governance in der Klimapolitik: Analytisch
3.1 Autoritätssphären/Governance-Einheiten
3.2 Handlungsebenen, Hierarchie
3.3 Absichten und Auswirkungen
4 Global Governance in der Klimapolitik: Politisch-programmatisch
4.1 Das Politische im Kyoto-Prozess
4.2 Ursachen, Absichten, Ziele
4.3 Legitimitätsdimensionen
5 Internationale Klimapolitik und Gerechtigkeit
5.1 Voraussetzungen und Gerechtigkeitsprinzipien (in der internationalen Klimapolitik)
5.2 Akteure und Aufgaben
6 Zusammenfassung
Literatur
1 Einleitung
Das Klima der Erde unterliegt aufgrund physikalischer und chemischer Prozesse seit jeher einem stetigen Wandel. Viele Faktoren beeinflussen klimatische Bedingungen und Veränderungen, wie beispielsweise die Zusammensetzung der Atmosphäre, Vulkaneruptionen (die die Zusammensetzung der Atmosphäre verändern), Sonneneinstrahlung, Meeresströmungen etc. Seit der Industrialisierung (ab Mitte des 18. Jahrhunderts) jedoch nehmen zusätzlich zu all diesen natürlichen Faktoren menschliche Handlungen tief greifenden Einfluss auf die Konzentration von Treibhausgasen und somit auf das Weltklima und dessen Entwicklung. Mit der industriellen Produktion und ihrer nach und nach erfolgten sowie weiterhin andauernden globalen Ausbreitung geht ein Ausstoß von klimawirksamen Gasen – Treibhausgasen, wie Methan (CH4) oder Kohlenstoffdioxid (CO²) u. a. – oder aber auch der Ausstoß von Wasserdampf einher. In Folge der Verteilung dieser Gase in der Atmosphäre kann die durch Sonneneinstrahlung auf der Erde angekommene und überschüssige Wärme nicht mehr ausreichend ins Weltall abgegeben werden, sondern wird von den Teilchen der entsprechenden Gase zur Erdoberfläche reflektiert. In der Konsequenz steigt mit der Zeit die mittlere Erdtemperatur, Eisflächen beginnen zu schmelzen, was wiederum zu einer Verstärkung der Erderwärmung aufgrund mangelnder Wärmereflexionsflächen und somit zu einer Verringerung des sog. Albedo-Effekts führt. Weiterhin führen diese Effekte zu steigenden Meeresspiegeln und klimatischen Veränderungen, die Gefahren für menschliches Leben bedeuten. Aus diesem Grund ist eine über die Grenzen von Nationalstaaten hinausgehende Politik unabdingbar, die alle vom Klima und dessen Veränderungen betroffenen Akteure mit in Problembearbeitungs- und Entscheidungsfindungsprozesse einbezieht. In diesem Sinne ist die internationale Klimapolitik auf den Plan gerufen worden, anhand derer durch Verhandlung und Kooperation auf globaler Ebene versucht werden soll, den anthropogenen Ursachen und Folgewirkungen des Klimawandels zu begegnen.
In dieser Arbeit soll nun deshalb beleuchtet werden, inwieweit in der internationalen Klimapolitik Global Governance zu verorten ist und welche Elemente in welcher Ausformung festzustellen sind. Darüber hinaus soll untersucht werden, welche Chancen auf Veränderungen sich der internationalen Klimapolitik bieten bspw. in Konkurrenz zu internationaler Wirtschaftspolitik. Konkret festgemacht werden sollen die diversen Konzepte des Analytischen, Politisch-Programmatischen sowie einer globalen und universellen Gerechtigkeit am Beispiel des Kyoto-Protokolls, das 1997 beschlossen wurde. Es stellt sich somit letztlich die Frage: Inwieweit sind Global Governance-Strukturen in der internationalen Klimapolitik und im Kyoto-Prozess zu verorten und wie ausgeprägt bzw. effektiv sind in diesem Kontext vorliegende Regelwerke?
2 Das Kyoto-Protokoll
2.1 Vorgeschichte
Die Grundvoraussetzungen für den Beschluss eines internationalen Klimapaktes wie des Kyoto-Protokolls von 1997 wurden spätestens 1992 in Rio de Janeiro im Rahmen einer UN-Konferenz zu Umwelt- und Entwicklungsbelangen gelegt, nachdem bereits seit dem Jahre 1979 erstmals Weltklimakonferenzen stattfanden. Aus den damaligen Verhandlungen in Brasilien ging die Klimarahmenkonvention (UNFCCC[1] ) hervor, deren Primärziel es ist, klimaschädliche menschliche Auswirkungen so weit zu begrenzen, dass sich globale Ökosysteme selbstständig und auf natürliche Weise an Klimaveränderungen anpassen können.[2] Zur Aufrechterhaltung des Dialogs werden seit 1995 jährliche Konferenzen veranstaltet, die sog. COPs (Conference of the Parties). Resultat bereits der ersten dieser Sitzungen (Berlin) war die Feststellung bzw. Einsicht, dass es strengerer Regelungen zum Schadstoffausstoß bedarf, als dies bis dato vermutet wurde. Nur mit der Verschärfung der Verpflichtungen, die möglichst viele Nationalstaaten und allgemein Akteure binden sollten, konnte die Erreichung eines gemäßigten und für das globale Ökosystem verträglichen Klimawandels erreicht werden. Am Ende der seit Berlin 1995 andauernden Gespräche stand letztlich die COP 3 in Kyoto 1997, aus der schließlich das sog. Kyoto-Protokoll hervorging. Dieses Vertragswerk stellte das erste internationale und verbindliche Klimaabkommen dar; in Kraft trat es jedoch erst am 16. Februar 2005, nachdem alle im Protokoll festgelegten Voraussetzungen erfüllt wurden: (1) Das Protokoll muss von mindestens 55 Vertragsstaaten ratifiziert werden und (2) die sich unter diesen 55 Vertragsstaaten befindlichen Annex-I-Nationen[3] müssen für mehr als 55 % aller Kohlenstoffdioxidemissionen des Basisjahres 1990 aller Annex-I-Staaten verantwortlich sein (vgl. BPB; Rahmstorf, Schellnhuber 2007, S. 103f.).
2.2 Inhalte und ratifizierende Staaten
Inhalte und Ziele
Kernziel des Kyoto-Protokolls ist die Reduktion von Gasen, die einen anthropogenen Treibhauseffekt verursachen bzw. verstärken. In diesem Kontext sind Reduktionsziele für die meisten relevanten Treibhausgase festgehalten, wie Kohlenstoffdioxid (CO²), das ca. 60 % des anthropogenen Treibhauseffektes verursacht, Kohlenwasserstoffe, Methan sowie Lachgas (zusammen 40 % des vom Menschen verursachten Treibhauseffektes ausmachend). Das Rahmenübereinkommen von Kyoto bzw. die darin erstmals festgeschriebene Verpflichtungsperiode betrifft den Zeitraum der Jahre 2008 bis 2012, woraufhin in der Folge dann weitere Verhandlungen zu weiteren anknüpfenden Beschlüssen führen sollten (Durban 2011). In relativen Werten ausgedrückt sollten in dem gerade genannten Zeitraum die „mittleren Emissionen von insgesamt 39 Parteien aus der industrialisierten Welt (…) gegenüber dem Stichjahr 1990 um insgesamt 5,2 % sinken“ (Rahmstorf, Schellnhuber 2007, S. 103f.), wobei die nationalen Ziele äußerst unterschiedlich waren und einigen Staaten gar die Erhöhung der Emission von Treibhausgasen vertraglich gestattet wurde (bspw. Spanien, Portugal u. a.). Zum Erreichen der formulierten Ziele wurden im Wesentlichen drei Mechanismen bzw. Instrumente bestimmt, derer sich die Vertragspartner zur Realisierung der Reduktionsziele bedienen konnten: der Emissionshandel (ET), eine gemeinsame Umsetzung (JI) sowie der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (CDM). Der ET hat zum Ziel, dass keine vollkommen straffen Emissionsgrenzen für die einzelnen Vertragsparteien definiert werden mussten (wenngleich die Ziele dennoch erreicht werden sollten), sondern dass in Form von Emissionsrechten zwischen den Staaten Emissionszertifikate bei Bedarf und Überschuss (marktwirtschaftlich) gehandelt werden können. Die JI sieht vor, dass gerade die Industrienationen klimaschutzpolitische Zusammenarbeit anstreben, d. h., dass Länder auch in anderen Staaten Investitionen zum Klimaschutz tätigen, was den Investitionsstaaten wiederum auf ihr Emissionskontingent angerechnet wird. Auf diese Weise profitieren alle beteiligten Nationen entweder in Form der Anrechnung auf das Emissionskontingent von der Förderung klimafreundlicher Projekte oder im anderen Falle unmittelbar von den Projekten, wie bspw. dem Bau von Kraftwerken zur Nutzung erneuerbarer Energien. Als letztes primäres Instrument dient der CDM – ähnlich wie die JI – der Schaffung von Anreizen für eine Kooperation zwischen Nationen. Der CDM zielt dabei jedoch speziell auf die Kooperation zwischen Industrie- und Entwicklungsländern mit Staaten der sog. Dritten Welt (vgl. Rahmstorf, Schellnhuber 2007, S. 104f.).
Im Weiteren ist ein wichtiger Bestandteil des Rahmenübereinkommens, dass sog. „biologische Senken“ von den jeweiligen Staaten, in denen sie sich befinden, auf die Reduktionsverpflichtungen angerechnet werden. Biologische Senken meinen Vegetation, die Kohlenstoffdioxid bindet, wie z. B. Bäume. Je mehr Vegetation bspw. in Form von Wäldern also in einem Land vorkommt oder aufgeforstet wird, desto mehr kann dies auf Emissionsverpflichtungen angerechnet und letztlich ggf. an Treibhausgasen emittiert werden.
Die Umsetzung der Regulierungsmaßnahmen sollte auf allen gesellschaftlichen Ebenen angestrebt werden.
Beteiligte und ratifizierende Nationen
Insgesamt war – wie bereits erwähnt – zum Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls die Ratifizierung von 55 Nationen notwendig, die im Jahre 1990 für mehr als die Hälfte der weltweiten Emission von CO² verantwortlich waren. Nachdem das völkerrechtlich verbindliche Rahmenübereinkommen schließlich 2005 in Kraft treten konnte, nachdem es von Russland ratifiziert wurde, waren im Jahre 2009 insgesamt 190 Nationen an die Reduktionsziele gebunden.
Unter den an den Verhandlungen beteiligten Staaten und Interessensgemeinschaften zählten als politisch oder/und ökonomisch einflussreiche und das Klima mitunter stark belastende sowie aber auch in größerem Maße von Klimaveränderungen oder/und – in wirtschaftlicher Hinsicht – Reduktionsvereinbarungen betroffene Nationen die EU-Länder (damals bestehend aus 15 Mitgliedern), die USA, Japan, Australien, Kanada u. a. (alle Mitglieder der Gruppe JUSSCANNZ[4] ), die CEIT-Nationen[5] mit Russland als wichtigstem nationalstaatlichen Akteur, die Entwicklungsländer, worunter auch China und Indien im Kontext der Kyoto-Verhandlungen fielen, die OPEC-Nationen[6] (Saudi-Arabien, Kuwait u. a.) sowie die AOSIS-Staaten[7] z. B. mit Zypern, Jamaika, Singapur uvm. Die EU war in dem den Reduktionszielen zugrunde liegenden Basisjahr 1990 für 3.300 Millionen Tonnen CO²-Emissionen verantwortlich (auf Deutschland entfällt dabei ca. ein Drittel), was einem globalen Anteil von ca. 16 % entspricht. Die USA (ca. 5.000 Mt) und Japan (ca. 1.200 Mt) als Vertreter der JUSSCANNZ-Gruppe emittierten 1990 zusammen ca. 6.200 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid, ein Anteil von knapp 29 % am weltweiten CO²-Ausstoß. Die Staaten Russland (CEIT) und China stießen im Basisjahr jeweils ca. 2.400 Mt CO² in die Atmosphäre und waren damit somit zusammengenommen für einen relativen Ausstoß von gut 22 % weltweit verantwortlich, wohingegen der gesamte Schadstoffausstoß bspw. der OPEC- und AOSIS-Nationen weit unterhalb dieser Werte lag und somit einen eher geringen Anteil an der steigenden Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre hatte. Allerdings sind diese beiden Akteurs- bzw. Interessengruppen deshalb als wichtige Verhandlungsteilnehmer zu nennen, da erstere Gruppe sehr stark vom Export fossiler Energieträger abhängt, wie am Beispiel Saudi-Arabiens und Kuwaits erkannt werden kann, die zusammen über ca. 33 % der gesamten globalen Erdölvorräte verfügen. Auf der anderen Seite sind die Nationen der AOSIS-Gruppe mitunter am direktesten von klimatischen Veränderungen und einem steigenden Meeresspiegel betroffen, da sie entweder in Regionen mit verstärkt auftretenden Unwettern (Orkane, Hurrikanes etc.) oder aber im Mittel nur wenige Meter oberhalb der Meeresoberfläche liegen (vgl. Oberthür, Ott 2000, S. 40ff.).
Als wichtige Nationalstaaten, die das Kyoto-Protokoll auch ratifizierten und somit dessen Inkrafttreten 2005 ermöglichten, sind u. a. Deutschland, Frankreich, Großbritannien (als Beispiele der 15 EU-Staaten, die den Vertrag allesamt ratifizierten), Kanada, Russland sowie aber auch Japan und Australien als eher konträr aufgetretene Verhandlungsteilnehmer anzuführen. Wie bereits erwähnt, haben sich darüber hinaus bis 2009 insgesamt ca. 190 Staaten dem Klimapakt angeschlossen.
3 Global Governance in der Klimapolitik: Analytisch
3.1 Autoritätssphären/Governance-Einheiten
In der internationalen Klimapolitik sind – genauso wie in anderen Bereichen von Global Governance – diverse Autoritätssphären als Steuerungseinheiten auszumachen und zu verorten, die über die Autoritäten von Nationalstaaten hinaus reichen. Diese Autoritäten sind als relativ zu verstehen; sie sind nicht direkt an Akteure oder Rollen gebunden, sondern existieren vielmehr nur bzw. können beobachtet werden, wenn Autorität ausgeübt wird und von dieser Ausübung betroffene Akteure sie beachten/befolgen (vgl. Rosenau 1999, S. 295ff.).
In der internationalen Klimapolitik und im hier zu betrachtenden Falle des Kyoto-Protokolls im Speziellen sind zwar vordergründig scheinbar Nationalstaaten sowie supra- und internationale Akteure (z. B. EU, UN) als Ausgangspunkt von Autorität festzustellen (traditionell). Eher latent jedoch sind darüber hinaus viele weitere Akteure zu benennen, deren Autorität (bereits im Vorlauf) maßgeblichen Einfluss auf die Verhandlungen und Inhalte des internationalen Klimapakts von Kyoto hatte. Neben den supra-/internationalen Akteuren und Nationalstaaten sind im Weiteren somit ökonomische Akteure, wie bspw. (transnationale) Unternehmen oder Wirtschaftsverbände, zu nennen genauso wie Akteure zivilgesellschaftlicher Herkunft (non-profit, z. B. Umweltschutz-, Menschenrechtsorganisationen in Form von NGOs). Zwar waren nicht-staatliche Akteure (in der Regel) nicht unmittelbar an Beschlüssen dieses Klimaabkommens beteiligt, wohl aber waren sie an den Prozessen hin zu Entscheidungen involviert, indem sie durch Informations- und Beratungsfunktionen Einfluss auf die Repräsentanten der Nationalstaaten und supra-/internationalen Gebilde ausübten.
Konkret zu nennen auf Seite der entscheidungsbefugten Akteure sind – wie bereits beschrieben – die Vertreter der nationalstaatlichen Regierungen sowie internationaler Institutionen als Interessensgruppen. Insgesamt waren an den Kyoto-Verhandlungen mehr als 170 Nationen anwesend/beteiligt, worunter Vertreter der Europäischen Union sowie deren Mitgliedsstaaten fallen genauso wie Repräsentanten der USA, Japans, Russlands, Chinas, Indiens, der OPEC- und AOSIS-Staaten uvm. Darüber hinaus nahm jedoch im Weiteren eine Vielzahl an NGOs und transnationalen Organisationen teil, wenngleich diese auch nicht entscheidungsbefugt waren.[8] Unter den in Beobachterfunktion anwesenden Organisationen mitunter als bekannteste der internationalen Organisationen zu nennen sind UNICEF, die OECD oder auch die Weltbank sowie der IPCC[9] . Zusätzlich zu den internationalen und transnationalen Organisationen waren 236 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) als Beobachter in Kyoto bei den Verhandlungen vertreten, zu denen hauptsächlich Umweltschutzorganisationen (WWF, Greenpeace et al.) und Wirtschaftsverbände (bspw. Global Climate Coalition, World Business Council for Sustainable Development) sowie aber auch Vertreter kommunaler Interessensverbände (Climate Action Network: CAN u. a.) zu zählen sind (vgl. Oberthür, Ott 2000, S. 39ff.).
3.2 Handlungsebenen, Hierarchie
Die Handlungsebenen, die im Kontext des Kyoto-Protokolls zu verorten sind, reichen von der globalen Ebene bis zur kommunalen Ebene. James Rosenau bezeichnet den hierfür verantwortlichen Prozess der „(…) interactions of globalization and localization forces, of tendencies toward integration and fragmentation that are simultaneous (…)“ (Rosenau 1999, S. 293) als „ fragmegration“ (ebd.). Im Zuge dieser Fragmegration werden Autoritäten von den bisherigen traditionellen Akteuren „umverteilt“, sodass heutzutage neben den klassischen nationalstaatlichen Akteuren zusätzlich „(…) transnational and supranational organizations, (…) social movements and NGOs, and (…) subnational Groups (…)“ (ebd.) Autorität besitzen und ausüben können. Als Folge dieser Redistribution von Autoritäten existieren nunmehr weniger hierarchische Elemente, durch die zentral und von „oben“ gesteuert werden kann. Vielmehr sind aufgrund dieser eher diffusen Verteilung von Autorität – im Sinne von einer Verteilung auf verschiedenste Akteure und Ebenen – Kooperation, Verhandlung und Konsensbildung zwangsläufig notwendig. Dies ist auch in der Praxis in der Übereinkunft von Kyoto zum Klimaschutz festzustellen.
Die bereits im vorigen Punkt beschriebenen (neuen) Autoritätssphären sind somit in allen Handlungsebenen zu finden. Im Prozess um das Kyoto-Protokoll Einfluss nehmend auf der lokalen bzw. kommunalen Ebene waren durch Lobby-, Beratungs- oder/und Informationsarbeit verschiedene Akteure, wie bspw. der Internationale Rat für lokale Umweltinitiativen (ICLEI) oder das sich aus regionalen Organisationen zusammensetzende CAN (Climate Action Network). Auf nationalstaatlicher Ebene waren u. a. Organisationen wie Germanwatch, der Deutsche Naturschutzring (DNR) als Dachverband deutscher Umwelt- und Naturschutzverbände oder Ozone Action aus USA und Kanada aktiv, genauso wie aber auch Gewerkschaften oder Unternehmensverbände. Zusätzlich zu diesen nicht-staatlichen Akteuren kommen auf nationaler Ebene selbstverständlich die Regierungen der einzelnen Staaten selbst als wichtige und alleine zur Entscheidung ermächtigte Akteure. Transnationale, supranationale und internationale Akteure waren in Verbindung mit dem Protokoll von Kyoto in Form von Interessensgemeinschaften aktiv beteiligt, so wie dies im Falle der Europäischen Union als supranationales Gebilde zu erkennen ist oder aber auch an der OPEC (transnationaler Zusammenschluss von Vertretern ähnlicher Interessen) und den Vereinten Nationen (als internationaler Akteur).
[...]
[1] United Nations Framework Convention on Climate Change.
[2] Berechnungen von Klimaforschern ergaben, dass eine natürliche Anpassung globaler Ökosysteme an klimatische Veränderungen nur bis zu einer mittleren Erderwärmung von maximal zwei Grad Celsius bis zum Jahre 2100 verglichen mit vorindustriellen Werten möglich ist. Bisher jedoch liegt bereits eine Erwärmung um 0,8 Grad Celsius vor seit der industriellen Revolution, wobei die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre weiter und in verstärktem Maße zunimmt, sodass ohne einschneidende Emissionsreduzierungen das 2-Grad-Ziel nicht erreicht werden kann (vgl. hda/AFP 2012). Aus diesem Anlass begründeten sich internationale Bemühungen zur Lösung dieses Problems, die erstmals im Kyoto-Protokoll international vertraglich angegangen wurden. Näheres zu den Inhalten und Zielen des Kyoto-Protokolls in 3.2.
[3] Industrie- und Schwellenländer definiert durch die Klimarahmenkonvention in der Annex-I Liste.
[4] Japan, USA, Schweiz, Kanada, Australien, Norwegen, Neuseeland.
[5] CEIT: Countries with economies in transition; hauptsächlich Staaten im Übergang zur Marktwirtschaft nach Zerfall der Sowjet Union.
[6] Organization of the Petroleum Exporting Countries.
[7] Alliance of Small Island States.
[8] In Ausnahmefällen (z. B. Kanada, Dänemark) waren jedoch sogar NGO-Mitglieder in den Regierungsdelegationen einzelner Nationalstaaten vertreten, sodass einzeln sogar unmittelbar Einfluss von NGOs auf die Verhandlungen vor Ort genommen werden konnte (vgl. Oberthür, Ott 2000, S. 60).
[9] Intergovernmental Panel on Climate Change.