Die rasant ablaufenden gesellschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Veränderungen fordern eine enorme Anpassungs- und Lernfähigkeit der Menschen. Dieser gesellschaftliche Wandel bringt eine schnelle Wissensveralterung mit sich und bedingt nicht nur eine Veränderung der Lebensbedingungen einzelner, sondern auch kollektive neue Formen des Lernens. Neben dem Konzept des lebenslangen Lernens ist für die Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters die Lernform des selbstgesteuerten Lernens ein weiteres aktuelles Thema in der heutigen Bildungsdiskussion (vgl. Götz & Nett 2011). Insbesondere in der Erwachsenenbildung, in der das Aneignen von Wissen weitgehend selbstbestimmt und freiwillig erfolgt, hat selbstgesteuertes Lernen als Thema Einzug erhalten. Feste Orientierungen sind beispielsweise durch die Globalisierung weggebrochen und es entsteht die Notwendigkeit, sein eigenes Leben mehr und mehr selbst zu planen und zu steuern. Es gibt zahlreiche Methoden in der Erwachsenen- und Weiterbildung, die das Seminargeschehen abwechslungsreicher und lernunterstützend gestalten sollen. Doch welche Methoden lassen sich nun finden, die sich dafür eignen, das geforderte selbstgesteuerte Lernen zu unterstützen?
In dieser Arbeit werden Möglichkeiten und Grenzen selbstgesteuerten Lernens am Beispiel der Zukunftswerkstatt thematisiert. Hierzu wird zunächst die Zukunftswerkstatt anhand ihrer Phasen Kritikphase, Utopiephase und Umsetzungsphase vorgestellt. Des Weiteren werden Ziele der Zukunftswerkstatt analysiert, die unter anderem einschließen, dass Lehr- und Lernprozesse durch Motivation aktiviert bzw. gefördert werden.
Anknüpfend an die Ziele wird im Besonderen auf die Lernform des selbstgesteuerten Lernens Bezug genommen. Es erfolgt eine Definition des Begriffs und eine Abgrenzung zum selbstorganisierten sowie selbstbestimmten Lernen, eine Erläuterung der Merkmale des selbstgesteuerten Lernens, eine Untersuchung der direkten sowie indirekten Förderungsmöglichkeiten und Vorstellung einer Förderungsmethode, die beide Förderungsansätze verknüpft.
Ferner werden die Thematiken Zukunftswerkstatt und selbstgesteuertes Lernen in Verbindung gebracht und einhergehende Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt. Zum Schluss erfolgt eine Zusammenfassung.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zukunftswerkstatt
2.1 Phasenmodell
2.2 Ziele
3. Selbstgesteuertes Lernen
3.1 Annäherung und Abgrenzung des Begriffs selbstgesteuertes Lernen
3.2 Merkmale selbstgesteuerten Lernens
3.3 Förderung selbstgesteuerten Lernens
4. Möglichkeiten und Grenzen selbstgesteuerten Lernens am Beispiel der Zukunftswerkstatt
4.1 Möglichkeiten
4.2 Grenzen
5. Schluss
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die rasant ablaufenden gesellschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Veränderun- gen fordern eine enorme Anpassungs- und Lernfähigkeit der Menschen. Dieser gesellschaftli- che Wandel bringt eine schnelle Wissensveralterung mit sich und bedingt nicht nur eine Ver- änderung der Lebensbedingungen einzelner, sondern auch kollektive neue Formen des Ler- nens. Neben dem Konzept des lebenslangen Lernens ist für die Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters die Lernform des selbstgesteuerten Lernens ein weiteres aktuelles Thema in der heutigen Bildungsdiskussion (vgl. Götz & Nett 2011). Insbesondere in der Erwachse- nenbildung, in der das Aneignen von Wissen weitgehend selbstbestimmt und freiwillig er- folgt, hat selbstgesteuertes Lernen als Thema Einzug erhalten. Feste Orientierungen sind bei- spielsweise durch die Globalisierung weggebrochen und es entsteht die Notwendigkeit, sein eigenes Leben mehr und mehr selbst zu planen und zu steuern. Es gibt zahlreiche Methoden in der Erwachsenen- und Weiterbildung, die das Seminargeschehen abwechslungsreicher und lernunterstützend gestalten sollen. Doch welche Methoden lassen sich nun finden, die sich dafür eignen, das geforderte selbstgesteuerte Lernen zu unterstützen?
In dieser Arbeit werden Möglichkeiten und Grenzen selbstgesteuerten Lernens am Beispiel der Zukunftswerkstatt thematisiert. Hierzu wird zunächst die Zukunftswerkstatt anhand ihrer Phasen Kritikphase, Utopiephase und Umsetzungsphase vorgestellt. Des Weiteren werden Ziele der Zukunftswerkstatt analysiert, die unter anderem einschließen, dass Lehr- und Lernprozesse durch Motivation aktiviert bzw. gefördert werden.
Anknüpfend an die Ziele wird im Besonderen auf die Lernform des selbstgesteuerten Lernens Bezug genommen. Es erfolgt eine Definition des Begriffs und eine Abgrenzung zum selbstor- ganisierten sowie selbstbestimmten Lernen, eine Erläuterung der Merkmale des selbstgesteu- erten Lernens, eine Untersuchung der direkten sowie indirekten Förderungsmöglichkeiten und Vorstellung einer Förderungsmethode, die beide Förderungsansätze verknüpft. Ferner werden die Thematiken Zukunftswerkstatt und selbstgesteuertes Lernen in Verbindung gebracht und einhergehende Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt. Zum Schluss erfolgt eine Zusammenfassung.
2. Zukunftswerkstatt
Die Zukunftswerkstatt soll zur kreativen Problemlösung dienen. Sie entwickelte sich ange- sichts bedrohlicher Entwicklungen durch Großtechnologien, Umwelt- und Friedensgefähr- dungen in den sozialen Bewegungen der 60er Jahre1. Der Zukunftsforscher und Humanist Robert Jungk forschte in dieser Zeit nach Möglichkeiten, Menschen an der Gestaltung ihrer Zukunft zu beteiligen. In Zusammenarbeit mit Norbert Müllert entstand die Zukunftswerkstatt als eine demokratische Methode in der Erwachsenen- und Weiterbildung, in der Zukunft als offen und gestaltbar erlebt werden soll. „Durch ihre dialogische, offene und partizipative Form bietet sich die Methode Zukunftswerkstatt als Forum für Findungs- und Aushandlungs- prozesse von Individuen und Organisationen an. Insbesondere in kommunalen Bürgerbeteili- gungsprozessen2 nimmt die Zukunftswerkstatt einen breiten Raum ein“ (Rüppel 2004, S. 143). Doch auch allerlei andere Einsatzorte sind denkbar, so zum Beispiel in der Personal- entwicklung, Universität oder Schule mit Themen wie ökologischem Wirtschaften, Men- schenrechten oder multikulturellem Zusammenleben (vgl. Siebert 2010, S. 47).
Im Folgenden werden die drei Phasen der Zukunftswerkstatt in Form des Phasenmodells vorgestellt und ihre Ziele thematisiert.
2.1 Phasenmodell
Die Zukunftswerkstatt ist in drei Phasen gegliedert: die Beschwerde- bzw. Kritikphase, die Utopie- bzw. Phantasiephase und die Verwirklichungs- bzw. Realisierungsphase. In diesen Phasen werden „intuitiv emotionales mit rational-analysierendem Lernen und Arbeiten verbunden“ (Weber 2001, S. 245).
Die drei Phasen gilt es strikt voneinander zu trennen und jede Phase nacheinander zu bearbeiten, da jede ihre eigene Wichtigkeit sowie ihren genauen Ablauf besitzt. Dokumentationen schließen jede einzelne Phase ab.
In der Beschwerde- bzw. Kritikphase gilt es den momentanen Ist-Zustand zu analysieren, in- dem man die Teilnehmer nach derzeitigen Missständen befragt. Was missfällt? Was ist ärger- lich? Alle Kritiken können auf Pinnwänden, auf Kärtchen oder ähnlichem festgehalten und anonym präsentiert werden. Danach werden die am häufigsten genannten Themen herausge- griffen, oder auf Themen, die den Teilnehmern am wichtigsten erscheinen, Schwerpunkte gesetzt (vgl. ebd.). Die Teilnehmer benennen ihre Probleme und sprechen diese offen an. Sie befreien sich auf diese Art von den sie bedrängenden Missständen und erkennen, dass sie mit ihren genannten Problemen evtl. nicht allein sind. Diese mentale Befreiung ebnet den Weg zur nächsten Phase (vgl. Kuhnt & Müllert 1997, S. 13).
In der Utopie- bzw. Phantasiephase werden die Kritiken (oder die gravierendste Kritik) „in wünschbare Zukünfte umdefiniert“ (Weber 2001, S. 245). Das heißt, es werden Wünsche, Visionen und Träume fernab von der Durchführbarkeit und Realisierung als Ideen zusam- mengetragen. Hierzu werden gerne auch Seminarmethoden, insbesondere eine Form der Kreativitätstechnik, wie zum Beispiel das Mindmapping oder Brainstorming, genutzt (vgl. ebd.). „Das globale utopische Ziel wird in einzelnen Vorstellungen konkretisiert und be- schrieben, wie der Zustand nach seiner Erreichung aussehen könnte“ (Rüppel 2004, S. 139). Die Ziele werden ebenfalls geordnet, und durch die Vergabe von Punkten wird eine Prioritäts- liste erstellt (vgl. Siebert 2010, S. 47). Diese sehr wichtige Phase der Zukunftswerkstatt er- möglicht das zwanglose Träumen und Phantasieren der Teilnehmer. Zuvor nicht erkannte bzw. gar für irreal befundene Wege und Erfindungen können entdeckt und bearbeitet werden. Denn in der dritten Phase, der Verwirklichungs- bzw. Realisierungsphase, gilt es, die zuvor gesammelten Visionen, basierend auf den in der ersten Phase benannten Problemen, mit der Realität zu konfrontieren und sie auf Durchführbarkeit zu überprüfen. Es werden Bündnis- partner gesucht, Umsetzungsstrategien entwickelt (vgl. Weber 2001, S. 245) und Handlungs- perspektiven erforscht, die in durchführbare Projekte münden (vgl. Kuhnt & Müllert 1997, S. 13).
Da die drei Phasen je nach Thema und Teilnehmer der Zukunftswerkstatt sehr stark variieren, ist es schwer einen Zeitumfang vorzugeben. Siebert (2010) benennt den Zeitraum „von vier Stunden bis zu einer Woche“ (Siebert 2010, .S. 48), Rüppel (2004) spricht hingegen von der „Wochenendwerkstatt als Standard“ und „eine[r] Länge zwischen 3 Stunden (Kurzwerkstatt auf Tagungen) und fünf Tagen (z.B. bei Bildungsurlauben)“ (Rüppel 2004, S. 133) und Weber (2001) von „etwa ... einer Projektwoche“ (Weber 2001, S. 246).
2.2 Ziele
Niemand könnte die allgemeinen Ziele der Zukunftswerkstatt besser formulieren als der Er- finder der Methode, Robert Jungk, selbst: „Das Ziel dieser Arbeit ist einmal die Erleichterung des schöpferischen Vorgangs durch die Herstellung einer Atmosphäre freundschaftlicher Zu- sammenarbeit und zweitens die Erschließung kreativer Reserven in Menschen, die alleinge- lassen sich dieser in ihnen liegenden Möglichkeiten nicht bewusst geworden sind“ (Jungk, 1973, S. 16)
In der Utopie- bzw. Phantasiephase werden die Teilnehmer ermutigt, ihre Wünsche und Visi- onen frei zu äußern und ihrer sonstigen Abhängigkeit, beispielsweise durch hierarchische Strukturen in Unternehmen, zu entfliehen. Die Themen der Zukunftswerkstatt sind äußerst variabel, wann immer etwas stört, kann kritisiert und gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden. Ferner sind die Ergebnisse sehr offen. Sie basieren auf den einzelnen Projektideen der Verwirklichungs- bzw. Realisierungsphase der Teilnehmer. Damit ist die Zukunftswerk- statt ein Verfahren, das Betroffene an der Entscheidung und Planung ihrer Zukunft mitwirken lässt, unabhängig von Geschlecht, Alter, Rolle, Status usw.: Jeder darf partizipieren. Des Wei- teren kann sie Kritikfähigkeit schulen und Mut geben, Kritik zwanglos äußern zu dürfen (vgl. Weber 2001, S. 247). Ferner sind die Erreichung des Demokratisierungseffekts, Lerneffekts, Synergieeffekts und Motivationseffekts Ziele der Zukunftswerkstatt (vgl. Stracke-Baumann 2008, S. 72).
Der Demokratisierungseffekt ist gekennzeichnet durch „eine hierarchiefreie Zusammenarbeit“ (Rüppel 2004, S. 16) und ermöglicht die bereits thematisierte Ungebundenheit und Gleich- wertigkeit jedes Teilnehmers. Der Lerneffekt geschieht quasi automatisch durch die gemach- ten Erfahrungen während des gesamten Prozesses der Zukunftswerkstatt. Der Synergieeffekt ist ein Effekt der Gruppendynamik. Die eigene Offenheit kann dafür sorgen, dass Anregungen und Kritiken des anderen auf eine positive Art und Weise aufgenommen werden und man dadurch einen vertrauensvolleren Umgang miteinander pflegt. Der Motivationseffekt geht aus dem Zustand der Eingebundenheit in den Prozess der Zukunftswerkstatt hervor. In ihrer parti- zipativen, dialogischen und offenen Form gewinnen Menschen an Autonomie und Hand- lungskompetenz, was sie wiederum motiviert3 (vgl. Stracke-Baumann 2008, S. 72f).
3. Selbstgesteuertes Lernen
Beim Konzept des Selbstgesteuerten Lernens ist als oberstes Ziel genannt, dem Mensch zu Autonomie und Mündigkeit zu verhelfen. Dies geschieht in einem Entwicklungsprozess, an dem sämtliche Beteiligten mitzuwirken haben (vgl. Deitering 1998, S. 156). Die Forderung, dass Lernende ihre eigenen Lehrer werden müssen, ist eine alte pädagogische Forderung und ein aktueller Trend in der pädagogisch-psychologischen Diskussion (vgl. Simons 1992, S. 254). Doch was ist selbstgesteuertes Lernen überhaupt, welche Merkmale besitzt es und welche Förderungsmöglichkeiten existieren?
3.1 Annäherung und Abgrenzung des Begriffs selbstgesteuertes Lernen
„Trotz oder gerade wegen des gestiegenen Interesses und der häufigen Verwendung ist der Begriff des ,selbstgesteuerten Lernens‘ keineswegs einheitlich definiert“ (Konrad & Traub 1999, S. 9). Für eine Begriffsannäherung, finde ich es sinnvoll, den Begriff des selbstgesteu- erten Lernens durch Analyse seiner beiden Hauptkomponenten zu definieren: Der Begriff Selbst ist gleichzusetzen mit dem Zusammenspiel aus Persönlichkeit, Identität, Ich-Identität und Selbstkonzept. Unzählige Aspekte machen eine Persönlichkeit aus und agie- ren als eine organisierende Zentralinstanz meiner Person. Die bewusst wahrgenommene Iden- tität bildet in Interdependenz mit der Umwelt und dem Gefühl von Einheitlichkeit sowie Kon- tinuität meine Ich-Identität. Das Verständnis des Selbstkonzepts, das aus dem symbolischen Interaktionismus4 von Herbert Blumer hervorgeht, ist bewusst und teilweise kommunizierbar. Es ist das Bild von sich selbst, das sich in Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt kon- stituiert und in sich selbst manifestiert. Allerdings ist es ein dynamisches Konstrukt, das heißt, dass Menschen bei ständig neuen Erfahrungen mit der Umwelt und insbesondere im Umgang mit anderen Personen Gelegenheit haben, Neues über die eigene Persönlichkeit herauszufin- den. Das Selbst, als Gesamtheit meiner Möglichkeiten des Seins als Mensch, das auf dem Selbstkonzept beruht ist somit variabel und veränderbar (vgl. Konrad & Traub 1999, S. 10f). Steuerung oder Lernsteuerung ist bisher kein eigener Forschungsbereich. Die Recherchen in der Universitätsbibliothek führten mich immer zu den Begriffen Selbststeuerung bzw. Fremd- steuerung. Selbststeuerung ist im Kontext des selbstgesteuerten Lernens der wichtigere Be- griff, der jeden Einfluss beinhaltet, der vom Lernenden selbst ausgeht und das Lernen betrifft und „ … wird bereits seit längerem als Voraussetzung, Ziel und Methode gleichermaßen ver- standen …“ (ebd., S. 69). Da aber ein Lerngeschehen aus kognitionspsychologischer Sicht niemals ausschließlich selbstgesteuert ablaufen kann, lässt sich festhalten, dass Selbststeue- rung lediglich als eine Voraussetzung selbstgesteuerten Lernens fungiert (vgl. ebd., S. 11f). Man kann also zusammenfassend aus beiden Begriffskomponenten sagen, dass eine Beteili- gung des Selbst für die Informationsaufnahme und -verarbeitung von Lehrinhalten verlangt wird. Das Selbst ist dynamisch und verändert sich im Laufe der Zeit durch neue Erfahrungen im Lehr-Lernkontext.
Wenn man das Konzept des selbstgesteuerten Lernens als eine Fähigkeit definieren möchte, in dem eine Person ihr eigenes Lernen alleine zu steuern und zu kontrollieren vermag, ist es eine Idealform. Dies ist aber ein Extrem, das im praktischen, alltäglichen Leben so nicht vor- kommen kann, wie bereits bei der Begriffsklärung der Selbststeuerung angesprochen wurde. Jan Simons bezeichnet das selbstgesteuerte Lernen in seinem Beitrag Lernen, selbstständig zu lernen - ein Rahmenmodell (1992) als ein „Kontinuum, das sich zwischen zwei Extremen erstreckt: zwischen dem völligen Unvermögen, das eigene Lernen zu steuern … und der Fä- higkeit, dies ganz ohne externe Hilfe zu tun“ (Simons 1992, S. 251). Jeder braucht zum Ler- nen eine gewisse externe Hilfe und sei es nur ein Lehrtext oder eine Lernsoftware, um Anlei- tungen oder Material zu erhalten.
Das selbstgesteuerte Lernen steht im Einklang mit zahlreichen ähnlichen Konzepten wie zum Beispiel autodidaktischem Lernen, selbstorganisiertem Lernen, selbstbestimmtem Lernen und selbstreguliertem Lernen. Die Übergänge sind zwar fließend, besitzen aber bei näherer Litera- tursichtung doch Unterschiede (vgl. Friedrich & Mandl 1997, S. 239). Im Folgenden wird kurz der Begriff des selbstregulierten Lernens zu anderen ähnlichen Konzepten abgegrenzt. Beim selbstbestimmten Lernen ist der Lernende noch freier als beim selbstgesteuerten Ler- nen. Bei ersteren kann er bei der Festlegung von Lerninhalten und -zielen mitbestimmen und somit direkten Einfluss auf den gesamten Lernprozess nehmen. Selbststeuerung nach Fried- rich & Mandl (1997) „betrifft dann ,nur noch‘ die Steuerung des Lernens im Hinblick auf extern vergebene Inhalte und Ziele“ (ebd., S. 239).
„Selbstgesteuertes Lernen ist insofern immer zugleich auch als selbstorganisiertes Lernen anzusehen“ (Deitering 1998, S. 157). Doch auch hier gibt es inhaltliche Unterschiede. Nach Deitering (1998) bezieht sich selbstorganisiertes Lernen auf die „aktive, eigenständige Strukturierung und Ordnung“ (Deitering 1998, S. 157), wobei selbstgesteuertes Lernen nur dann auch als solches bezeichnet werden dürfe, wenn „die Lernenden über Aufgaben, Methoden und Zeitaufwand zumindest mitentscheiden dürfen“ (ebd.).
Im Vergleich zum selbstorganisierten Lernen schließt selbstgesteuertes Lernen also somit die Nutzung von fremdorganisierten Lernangeboten durchaus bewusst mit ein (vgl. Rüppel 2004, S. 78).
Die differenzierende Betrachtungsweise wirft die Frage auf, ob nicht einige Facetten des selbstgesteuerten Lernens, zum Beispiel der Inhalt und das Ziel des Lerngeschehens wichtiger sind als andere, zum Beispiel das Wann und das Wie (vgl. Friedrich & Mandl 1997, S. 239). Nach dem jeweiligen Autonomiebesitz ergibt sich meiner Auffassung nach folgende aufsteigende Abfolge: selbstbestimmtes, selbstgesteuertes, selbstorganisiertes Lernen.
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1 Für nähere Informationen lesen Sie hierzu: Tiberius, Victor (2011): Hochschuldidaktik der Zukunftsforschung. Wiesbaden, S. 39-45.
2 Für nähere Informationen lesen Sie hierzu: Kruse, Wilfried & Expertengruppe (2010): Jugend: Von der Schule in die Arbeitswelt. Bildungsmanagement als kommunale Aufgabe. Stuttgart, S. 136-143 sowie Stracke- Baumann, Claudia (2008): Nachhaltigkeit von Zukunftswerkstätten. Bonn, S. 117-123.
3 Für nähere Informationen lesen Sie hierzu: Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39, S. 223-238.
4 Für nähere Informationen lesen Sie hierzu: Blumer, H. 1973: Der Methodologische Standort des symbolischen Interaktionismus. In: Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (Hg.): Alltagswissen, Interaktion und gesellschaftliche Wirklichkeit. Band 1. Symbolischer Interaktionismus und Etnomethodologie. Reinbek, S. 80-146.