Das Spiel des Kindes früher und heute in der Pädagogik der frühen Kindheit
Zusammenfassung
Es soll gezeigt werden, inwieweit die Pädagogik des Spiels sich verändert hat bzw. noch heute ihre Gültigkeit besitzt.
In einer Zeit der Bildungsreformen ist dieser Blick auf die Vergangenheit und in die heutige Sicht der Pädagogik ein notwendiger Schritt zu evaluieren und den Fortschritt der notwendigen Veränderungen voran zu treiben.
Für die Darstellung vom Spiel des Kindes aus historischer Sicht bietet sich die Pädagogik des Pädagogen, Lehrers und Entwicklers Friedrich Wilhelm August Fröbel an. Er ist neben Maria Montessori, Johann Heinrich Pestalozzi und Rudolf Steiner einer der Klassiker der Pädagogik der frühen Kindheit und hat sich explizit mit dem Spiel des Kindes auseinandergesetzt.
Weiterführend wird diese Arbeit die heutige Sicht vom Spiel des Kindes beleuchten. Die aktuellen Bildungsrahmenpläne der Bundesländer Hessen und Berlin bilden hier die Grundlage.
Abschließend wird diese Arbeit sich mit der Analyse der beiden vorgestellten Pädagogika auseinandersetzen und einen direkten Vergleich ziehen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Spiel des Kindes und seine Sicht früher in der Pädagogik der frühen Kindheit
2.1. Biographie Friedrich Fröbel
2.2. Grundgedanken Friedrich Fröbels
2.3. Spieltheorie
2.4. Pädagogische Umsetzung der Spieltheorie
2.4.1. Mutter- und Koselieder
2.4.2. Spielgaben
3. Das Spiel des Kindes und seine Sicht heute in der Pädagogik der frühen Kindheit
3.1. Hintergründe
3.1.1. Bildungspolitik in der DDR
3.1.2. Bildungspolitik in der BRD
3.1.3. Bildungsreform 2001
3.2. Bildungsrahmenpläne am Beispiel von Berlin und Hessen
3.2.1. Berliner Bildungsprogramm für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageeinrichtungen bis zu ihrem Schuleintritt
3.2.1.1. Das Spiel des Kindes heute im Berliner Bildungsprogramm
3.2.2. Bildung von Anfang an. Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Hessen
3.2.2.1. Das Spiel des Kindes heute im Bildungs- und Erziehungsplan Hessen
4. Das Spiel des Kindes und seine Sicht früher und heute in der Pädagogik der frühen Kindheit
4.1. Grundannahmen im Vergleich
4.1.1. Grundannahmen früher in der Pädagogik der frühen Kindheit
4.1.2. Grundannahmen heute in der Pädagogik der frühen Kindheit
4.1.2.1. Berliner Bildungsprogramm
4.1.2.2. Bildungs- und Erziehungsplan Hessen
4.1.3. Vergleich
4.2. Das Spiel des Kindes und seine Sicht im Vergleich
4.2.1. Das Spiel des Kindes und seine Sicht früher
4.2.2. Das Spiel des Kindes und seine Sicht heute
4.2.2.1. Berliner Bildungsprogramm
4.2.2.2. Bildungs- und Erziehungsplan Hessen
4.2.3. Vergleich
5. Persönliches Fazit
6. Literatur
1. Einleitung
Das Thema der Hausarbeit ist das Spiel des Kindes und seine Sicht früher und heute in der Pädagogik der frühen Kindheit.
Es soll gezeigt werden, inwieweit die Pädagogik des Spiels sich verändert hat bzw. noch heute ihre Gültigkeit besitzt.
In einer Zeit der Bildungsreformen ist dieser Blick auf die Vergangenheit und in die heutige Sicht der Pädagogik ein notwendiger Schritt zu evaluieren und den Fortschritt der notwendigen Veränderungen voran zu treiben.
Für die Darstellung vom Spiel des Kindes aus historischer Sicht bietet sich die Pädagogik des Pädagogen, Lehrers und Entwicklers Friedrich Wilhelm August Fröbel an. Er ist neben Maria Montessori, Johann Heinrich Pestalozzi und Rudolf Steiner einer der Klassiker der Pädagogik der frühen Kindheit und hat sich explizit mit dem Spiel des Kindes auseinandergesetzt.
Weiterführend wird diese Arbeit die heutige Sicht vom Spiel des Kindes beleuchten. Die aktuellen Bildungsrahmenpläne der Bundesländer Hessen und Berlin bilden hier die Grundlage.
Abschließend wird diese Arbeit sich mit der Analyse der beiden vorgestellten Pädagogika auseinandersetzen und einen direkten Vergleich ziehen.
2. Das Spiel des Kindes und seine Sicht früher in der Pädagogik der frühen Kindheit
Beginnend soll die Biographie des Pädagogen Friedrich Wilhelm August Fröbel vorgestellt werden. „Wichtige Elemente innerhalb Fröbels späterer Pädagogik lassen sich mit Fröbels Kindheit“ (Wasmuth, 2011, 114) und späterem Werdegang erklären. Darauffolgend schließen sich die Grundgedanken und die Spieltheorie des Pädagogen an. Abschließend wird die Umsetzung dieser Spieltheorie anhand von Fröbels Mutter- und Koseliedern sowie den von ihm entwickelten Spielgaben aufgezeigt.
2.1. Biographie Friedrich Fröbel
Am 21. April 1782 wird Friedrich Wilhelm August Fröbel in Oberweißbach im thüringischen Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt geboren. Er ist das sechste Kind eines Pfarrers und verliert bereits im ersten Lebensjahr seine Mutter. Dieses Ereignis prägt seine ersten Kindheitsjahre, denn er findet weder bei seinem Vater, noch bei der Stiefmutter, die familiäre Wärme, die er sucht. Er verbringt die Kindheit isoliert und einsam.
Eine tiefe Religiosität prägt sein Leben, die weniger der Erziehung des Vaters entstammt, sondern seiner ersten Begegnung mit dem Religionsunterricht. Dieser findet in der hiesigen Mädchenschule des Dorfes statt, die Fröbel zum Schuleintritt besucht.
Als Zehnjähriger verlässt Fröbel zu seiner eigenen Zufriedenheit sein Elternhaus und wird von nun an von seinem Onkel mütterlicherseits C. Hoffmann erzogen und betreut. Nach Beendigung seiner Schullaufbahn im Alter von vierzehn, ist sich Friedrich Fröbel noch im Unklaren, welche berufliche Laufbahn er einschlagen möchte. Der Versuch als Schreiber bei einem Ratsherrn zu arbeiten scheitert und so beginnt er eine Forstlehre in Hirschberg an der Saale. „Hier schrieb man ihm ein „widriges, anmaßendes, eingebildetes Wesen zu (…)“. (Kuntze, 1952, 14)
Nach Beendigung seiner Ausbildung schreibt er sich 1799 in der Universität von Jena ein und beginnt mit dem Studium der Naturwissenschaften. Er stößt jedoch bald an seine geistigen Grenzen und Erfahrungen aus seiner Kindheit wiederholen sich.
1801 bricht Fröbel sein Studium erfolglos ab und er kehrt ohne Perspektive nach Hause zurück. Kurz darauf stirbt sein Vater und unstete Jahre beginnen. In dieser Zeit arbeitet er als Feldmesser in Bamberg und als Privatsekretär im Mecklenburgischen. Erst 1805 geschieht eine entscheidende Wende in seinem Leben. Er gelangt nach Frankfurt und erhält eine Stelle als Lehrer in der „Musterschule“, die auf der Pädagogik von Salzmann und Pestalozzi basiert. Er ist glücklich und scheint sich berufen. Im selben Jahr trifft er das erste Mal Johann Heinrich Pestalozzi, gewinnt seine Anerkennung und es ist das praktisch wichtigste Bildungserlebnis. (vgl. Birr-Chaarana, 1993, 234)
Nach nur einem Jahr als Lehrer an der Musterschule, tritt er eine Stelle als Hauslehrer in der Frankfurter Adelsfamilie von Holzhausen an. Frau von Holzhausen wird ihm zur Freundin, Gönnerin und auch später Geliebten. Seine Erziehung der Zöglinge orientiert sich an der Rousseaus. Seine Pädagogik scheint jedoch noch in der Entwicklung zu sein, denn trotz eines zweijährigen Aufenthaltes (1808-1810) bei Pestalozzi in Yverdon, fehlt Fröbel „in der Zeit seiner Lehrer- und Hofmeistertätigkeit noch das zusammenhängende pädagogische Denken.“ (Birr-Chaarana, 1993, 236) Zudem kritisiert er Pestalozzi, indem er seiner Pädagogik mangelnde Lebendigkeit vorwirft.
Von 1811 bis 1816 studiert Fröbel abermals Naturwissenschaften (Schwerpunkt Anthropologie), sowohl in Göttingen als auch in Berlin. Während seines Aufenthaltes in Göttingen entsteht seine Philosophie des „Sphärischen“, die später die Grundlage seiner Pädagogik bildet.
Sein Studium wird unterbrochen durch sein Soldatentum. 1813-1814 nimmt er an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil.
Doch schon im Jahre 1816 gründet Fröbel in Griesheim seine eigene Erziehungseinrichtung „Allgemeine deutsche Erziehungsanstalt“, die er ein Jahr später nach Rudolstadt/ Keilhau verlegt. Der Gründungsbeginn gestaltet sich schwierig und ist nur unter großen Anstrengungen aufrecht zu erhalten. Die Schule orientiert sich an Pestalozzi und hat die „Struktur eines Landerziehungsheims mit Familiencharakter“. (Birr-Chaarana, 1993, 257)
Fröbel scheint nun endlich einen Lebensplan zu verfolgen. Nach der Eheschließung mit Henriette Wilhelmine Hoffmeister im Jahre 1818, entstehen in Keilhau nach 1820 sechs Werbeschriften für seine Privatschule (u.a. An unser deutsches Volk , 1820), die Wochenzeitschrift Die erziehenden Familien, sowie das Hauptwerk Die Menschenerziehung (1826). (vgl. Tenorth, 2010, 181) In Die Menschenerziehung legte er seine Gedanken zur Erziehung vom freien, selbstdenkendem Menschen dar. „Eindringlich verweist er auf den Zusammenhang zwischen Familie und Schule sowie Schule und Lehrer.“ (Diel, 1981, 9)
1831 verlässt er Keilhau und geht in die Schweiz und gründet verschiedene Privatschulen (Wartensee und Willisau). Im Jahre 1834 zieht er nach Burgdorf, der Wirkungsstätte Pestalozzis, leitet Lehrerfortbildungskurse und übernimmt dort 1835 das Waisenhaus. In Burgdorf reifen die ersten Gedanken ob der Gründung eines Kindergartens und ein Waisenvater unterstützt den gedanklichen Prozess.
Fröbel kehrt nach Deutschland zurück und stellt in Blankenburg 1840 seinen ersten Entwurf zur Gründung des Kindergartens vor. Kurz darauf erfolgt die Eröffnung des ersten Kindergartens. „Er ging davon aus, daß Erziehung ein gemeinsames Werk von Familie, Kindergarten und Schule sei. Eltern, im Besonderen die Mütter und Erzieherinnen, sollten sich der allgemeinen Aufgabe der Pflege und Erziehung des Kleinkindes widmen.“ (Diel, 1981, 9) Weitere Einrichtungen werden gegründet und weit über die Grenzen von Thüringen hinaus, wird sein Wirken verbreitet. In Blankenburg, und später in Bad Liebenstein und Schloss Marienthal, produziert er Spielmaterialien, die sogenannten „Spielgaben“ und setzt sich intensiv mit dem Beschäftigungstrieb des Kleinkindes auseinander.
Bis 1844 erscheinen die drei Spielgaben sowie die „Mutter- und Koselieder“. Friedrich Fröbel reist durch ganz Deutschland, um für seine Pädagogik und den Kindergarten zu werben. Er unterstützt die Volksschullehrerschaft Thüringens während der Märzrevolution 1848/49 und will den Kindergarten als erste Stufe des deutschen Bildungswesens fest verankern lassen. (vgl. Tenorth, 2010, 182) Eine entsprechende Resolution wurde verabschiedet und an das Parlament weitergeleitet. Die Revolution scheitert, die Resolution wird nicht im Gesetzbuch verankert und Fröbel werden sozialistisches Gedankengut vorgeworfen. In diesem Zuge wurden in Preußen 1851 die Kindergärten verboten. Dies trifft Fröbel schwer. Im selben Jahr vermählt sich Friedrich Fröbel mit Luise Levin und seine Zeitschrift für Fr. Fröbels Bestrebungen erscheint.
Friedrich Wilhelm August Fröbel stirbt mit siebzig Jahren am 21.April 1852 in Marienthal.
2.2. Grundgedanken Friedrich Fröbels
Die Grundgedanken Friedrich Fröbels zur Elementarpädagogik finden sich in seinem Hauptwerk, in der Schrift Die Menschenerziehung wieder.
Nach Heiland ist Fröbels Pädagogik vor allem der Aufklärung verpflichtet. Er legt seine Pädagogik eng an das Konzept Rousseaus und auch Pestalozzis. Das Kind soll in seiner natürlichen Erziehung selbsttätig und aktiv werden. (vgl. Tenorth, 2010, 182) Nach Pestalozzi geschehen die Erziehung und die Entwicklung des Kindes atmosphärisch und familiennah. Bestimmt durch seinen Glauben und entwickelt Fröbel ein Menschenbild, in dem jedes Ding und Lebewesen demnach ein Geschöpf Gottes ist und durch göttliche Kraft beseelt danach strebend die in ihm wirkende göttliche Kraft, sein inneres Gesetz darzustellen. (vgl. Fried, 2006, 110)
In der von ihm verfassten „Philosophie der Sphäre“ ankert die Programmatik seiner frühkindlichen Pädagogik aus philosophischer Sicht. Der frühe Verlust seiner Mutter, der Drang zur Natur und den Naturwissenschaften und nicht zuletzt sein christlicher Glaube beeinflussen seine metaphysischen Konzeptionen. (vgl. Tenorth, 2010, 182f) Für Friedrich Fröbel verläuft die Menschheitsgeschichte in drei Phasen: die Schöpfung (durch Gott), die Erlösung (durch Jesus Christus) und die Erziehung. Nach Fröbel befindet sich die Menschheit in der letzten Phase. Doch für ihn ist es nicht Erziehung alleine. Erst durch die Erziehung erfolgt die notwendige Entwicklung. „Der Begriff der „Lebenseinigung“ zieht sich wie ein roter Faden durch sein gesamtes Werk hindurch. „Lebenseinigung“ heißt die Herstellung des Einklangs von der Familie bis zu den höchsten Formen der Gemeinschaft, heißt Überwindung aller Spannungen und zerstörenden Feindschaften im größeren Ganzen einer sinnvoll gestalteten Kultur.“ (Diel, 1981, 11) Um diese Lebenseinigung zu erlangen, muss die Vermittlung von innen nach außen geschehen. Der Mensch muss sich zunächst erfassen und als sphärisches Wesen verstehen um die Welt zu begreifen. Dieses Streben nach dem Bewusstwerden beschreibt Fröbel wie folgt:
„In dem Kinde liegt, in ihm wirkt ein Streben des Bewußtwerdens, wirkt ein unbewußtes Bewußtsein: ein Empfinden des Seins. Das Streben des Kindes, des Menschen in seiner frühesten Kindheit zum Bewußtwerden mag wohl unter übrigens gleichen Verhältnissen höher und kräftiger sein, als das von hunderttausend Menschen in ihrem späteren männlichen Alter; das geistige Streben, die geistige Kraft in ihrer unbewußten und frühesten Zeit hat gewiß eine innere Stärke, von welcher wir Erwachsenen und Bewußten uns keine Vorstellung machen können.“ (Fröbel. In: Hoffmann, 1984, 83)
Die Lebenseinigung beginnt bereits zwischen Mutter und Kind. Sie entspricht „einer Knospe der Liebe- aus der alles innere Leben erwächst. Die Mutter, später der Erzieher und Lehrer, sollen stufenweise den Prozeß der Lebenseinigung vollziehen.“ (Fröbel. In: Diel, 1981, 11)
Erziehung und Bildung sind hier die Motoren der Entwicklung und des Begreifens. Und zudem wies Fröbel damit der frühsten Kindheit einen eigenen spezifischen Stellenwert innerhalb der menschlichen Entwicklung zu. (vgl. Berger, 2000, 11) Er sah in der richtigen Pflege der frühen Kindheit den alles entscheidenden Moment der Menschenerziehung, da hier die Grundlagen für die weitere Entwicklung des Kindes gelegt werden. (vgl. Berger, 2000, 12)
Diese stufenweise Entwicklung, der Prozess der Herausbildung aller Kräfte (geistig, gefühlshaft-affektiv und manuell-psychomotorisch), findet sich in der theoretischen und praktischen Spielpädagogik Fröbels wieder. (vgl. Fried, 2006, 111) Fröbel setzt das Spiel in den Mittelpunkt seiner Kleinkindpädagogik, da er das Spiel als die primäre pädagogische Situation sieht. (vgl. Hoof, 1977, 25)
2.3. Spieltheorie
„Das Spiel ist ein Spiegel des Lebens, des eigenen und des Fremdlebens, des Innen- und des Umlebens; aber in Freiheit der Darstellung und doch getragen vom inneren Gesetze und deshalb das Leben (…). Das Spiel zeigt verschleiert die Gesetze des Lebens wie der Natur (…). Das Spiel recht erkannt und recht gepflegt einigt das keimende Kindesleben achtend und anerkennend mit dem reifen Erfahrungsleben der Erwachsenen, und fördert so eines durch das andere, wie es beide ehrend, jedem seine Pflichten gibt, seine Rechte sichert.“ (Fröbel, 1963, 16f)
Die Theorie des Spiels nach Friedrich Fröbel, ein „verstehbares Bündel von Kategorien, Handlungs-Kriterien, Materialkonzeptionen und methodischen Überlegungen“ (Hoof, 1977, 14), stellt den Grundgedanken seiner vorschulpädagogischen Didaktik dar. Spielen und Lernen stehen für Fröbel nicht im Gegensatz, sondern wenn der Pädagoge von Spielen sprach, so meinte „er damit immer zugleich Erkenntnis und Bewältigung von Gegenständen und Zusammenhängen, eben das, was heute bevorzugt mit „Lernen“ bezeichnet wird“. (Hoof, 1977, 14) Fröbel selbst verwandte nicht den Begriff der Spieltheorie, sondern er sprach von der entwickelnd-erziehenden Menschenbildung im Kindergarten. In den spielpädagogischen Aufsätzen (1838/40), „Menschenerziehung“, „Familienbuch“ sowie den Begleitschriften der Gaben und Beschäftigungsmittel befinden sich die konzeptionellen pädagogischen Begründungen und praktischen Ausführungen der Spielpädagogik ausgeführt. (vgl. Heiland, 1998, 9) Diese Ausführungen und Schriften basierten auf Beobachtungen und Intuition Fröbels, die er vor allem aus den dritten bis sechsten Spielgaben zog.
In der „Menschenerziehung“ (1826) widmet sich Fröbel den Fragen und Grundsätzen der Erziehung und Bildung der frühen Kindheit (null bis sechs Jahre). Da er für diese Phase der Entwicklung die volle Verantwortung der Erziehung bei den Eltern/der Familie sah, widmete er auch diesen sein Schreiben. Letztendlich tat er dies auch an die Kinderführer und Kinderführerinnen, die er später Kindergärtnerinnen nannte. Er schreibt darin, dass er das Spiel neben Arbeit und Kunst als Grundform menschlicher Selbstdarstellung betrachtet. Weiterhin beschreibt er, dass sowohl zu sinnerfüllter Arbeit wie auch zur künstlerischen Aktivität der Mensch Erziehung zur Prozessbegleitung benötige. Das Spielen würde sich hingegen alleine entwickeln. (vgl. Berger, 2000, 12) Daraus schloss Fröbel:
„Ein Kind, welches tüchtig, selbstthätig still und ausdauernd, ausdauernd bis zur körperlichen Ermüdung spielt, wird gewiss ein tüchtiger, stiller, ausdauernder, Fremd- und Eigenwohl mit Aufopferung befördernder Mensch (…).“ (Fröbel. In: Berger, 2000, 12)
Er teilte die Entwicklung des Menschen und auch des Kindes in Stufen ein, die auch jeder durchlaufen muss.
Das Säuglingsalter ist die erste Stufe und Fröbel sieht in ihr ein Wesen, welches spielerisch den Gebrauch seines Körpers übt.
„…auf dieser Stufe beginnenden Spiel des Kindes mit seinen Gliedern: seinen Händchen, Fingern, seinen Lippen, seiner Zunge, seinen Füßchen, aber auch seinen Augen und Mienen“ (Fröbel. In: Heiland, 1998, 11)
In dieser ersten Stufe der kindlichen Entwicklung bemüht sich der Säugling alles „Äußere innerlich“ zu machen. Fröbel betont, die Eltern und die Familie seien diejenigen, welche dem Kinde die Ruhe und die Kraft des „In-sich-selbst-Stehen“ mit Hilfe eines „In-Beziehung-Stehen“ geben könnten. (vgl. Birr-Chaarana, 1993, 272) Dies spiegelt sich auch später in der Entwicklung seiner Spielgaben wieder. Immer wieder unterstreicht der Pädagoge, dass das Spiel nie dem Kind selbst überlassen sein soll, sondern dass es „vielmehr Anleitung, Hinführung und Begleitung, auch gerade das begleitende Wort durch den Erwachsenen“ (Birr-Chaarana, 1993, 274) bedarf.
In seiner Spieltheorie ging es stets um die Ausgewogenheit von Lenkung und freiem Tun des Kindes. Dem Kinde sei etwas gereicht, es nimmt den Gegenstand entgegen und macht es sich zu Eigen. Nun ist es an dem Erwachsenen dem Kind die Gabe wieder vorzuenthalten, sodass es lernen kann, „getrennt“ zu sein. Dies ist nach Fröbel, wie ich schon erwähnte, die Erkenntnis und Bewältigung von Gegenständen und Zusammenhängen.
In der nächsten Stufe, das Kindesalter, beginnt für ihn die Phase, in der das Kind mit Hilfe von Sprache „Innerliches äußerlich“ machen kann. „Fröbel identifiziert die voll entwickelte Kindheit mit einem ausgereiften Spielverhalten (…)“ und zudem spezifiziert er näher, „daß nämlich nur derjenige die Aufgaben des Erwachsendaseins in rechter Weise erfüllen kann, der zuvor in ausreichendem Maße zu spielen gelernt hat.“ (Fröbel. In: Birr-Chaarana, 1993, 278) So gesteht Friedrich Fröbel schon den ersten Stufen der Entwicklung wichtige Bildungsphasen zu und sieht die frühe Kindheit als Bildungszeit an, in der das Spiel als Selbstbildungsmittel des Kindes fungiert.
Aus diesen Erkenntnissen entwickelte der Lehrer pädagogisch wertvolle „Spiel- und Beschäftigungsmaterialien, welche die Kinder in die mathematische Ordnung der Wirklichkeit einführen, das selbsttätige Handeln des Kindes bei seinem Bildungsprozess, (und) die Einbettung des kindlichen Tätigkeit in ein übergreifendes, kosmisches Modell“ (Fröbel. In: Schäfer, 2006, 35) unterstützen.
2.4. Pädagogische Umsetzung der Spieltheorie
Friedrich Fröbel entwickelte auf der Basis seiner Abhandlungen und der Theorie des Spiels vorkindergartliche „Mutter- und Koselieder“, „Spielgaben“ und „Beschäftigungs- oder Bindungsmittel“.
Wenn das Kind die erste Stufe der Mutter-Kind-Bindung bzw. „Lebenseinigung“ vollzogen hat, kommt als weiterer Schritt der Kindergarten und die damit verbundene „entwickelnd-erziehende Menschenbildung“. „Fröbel erkannte, dass für die „entwickelnd-erziehende Menschenbildung“ mütterliche Liebe und „Mutterinstinkt“ allein nicht ausreichen.“ (Berger, 2000, 15)
Innerhalb der Kindergartenzeit hat der Pädagoge die Entwicklung in drei Bereiche gegliedert: „erstens das Spiel mit den „Gaben“ und „Beschäftigungs- und Bindungsmitteln“, zweitens die Kreis- und Bewegungsspiele und drittens die Gartenarbeit.“ (Berger, 2000, 15) Alle Bereiche bilden zusammen, nach Fröbels Erkenntnissen, eine ganzheitliche und umfassende Bildung. Geistige Fähigkeiten, soziales Miteinander, die Begegnung mit der Natur, Motorik und noch vieles mehr wurden durch seine Spiele und Fördermaterialien geschult und begleitet.
Exemplarisch geht diese Arbeit nur auf die „Mutter- und Koselieder“ und die „Spielgaben“ ein.
2.4.1. Mutter- und Koselieder
„Daher sind denn auch die ersten Körper-, Glieder- und Sinnenspiele, für die frühste Kinder- und Säuglingsperiode gleichsam praktisch vorzuführenden „Mutter und Koselieder“, die kleinen Spielchen, größtenteils mit Gesang begleitet, wodurch zugleich auch das, zum vergleichen Denken hinführende Wort, als das Wesentliche zur menschlichen Erziehung des Menschenkindes, wie zuerst instinktiv durch mütterliches Kosen, nun besonders durch den eingreifenden Gesangston in die so wichtige, erste erstarkende und entwickelnde Kindheitspflege eingeführt wird.“ (Fröbel. In: Heiland, 1998, 121)
Im Jahre 1844 entwarf Friedrich Fröbel seine „Konzeption der Mutter- und Koselieder“ (der ganze Titel lautete: „Mutter- und Koselieder, wie auch Lieder zu Körper-, Glieder- und Sinnenspielen. Zur frühen und einigen Pflege des Kindheitlebens. Ein Familienbuch.“). Diese Konzeption, die der Spielpflege und –pädagogik galt, gliederte sich in „Mutter- und Koselieder“ und „Spiellieder“. In einem Brief an seine Cousine Friederike Schmidt äußerte er bereits im Jahre 1841:
„Ich fühlte sehr bald und sehr tief, es fehlte mir noch ein sehr wesentliches, verbindendes Mittelglied zwischen dem eben erst erwachenden Leben des Kindes und dem sich beschäftigen mit dem Ball.“ (Fröbel. In: Konrad, 2006, 13)
Er bezeichnete diesen Entwurf selber als „die erste wirklich gereifte Frucht seines Strebens“ (Fröbel. In: Diel, 1981, 50). Diese Sammlung aus Liedern und Reimen gekoppelt mit Bildtafeln trug Fröbel mit dem Keilhauer Musiklehrer Robert Kohl und dem Zeichner Friedrich Unger zusammen. Sie griffen auf alte Kinderreime zurück, die sie entweder ergänzten oder auch umdichteten.
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