Die Anzahl der gläubigen und kirchlich gebundenen Schüler sinkt. Der Lehrer kann seinen Schülern im Religionsunterricht den Raum geben, über den eigenen Glaubens- und Lebenssinn zu sprechen. In der folgenden Arbeit soll aufgezeigt werden, inwieweit der Kirchengeschichtsunterricht den Schülern eine Orientierung bieten kann. Am Beispiel des Schulbuches Perspektiven Religion sollen die Möglichkeiten und Grenzen des Kirchengeschichtsunterrichts an Berufsbildenden Schulen dargestellt werden. Einleitend wird der Begriff Kirchengeschichte definiert (Punkt 2). Anschließend erfolgt ein kurzer Aufriss der unterschiedlichen Epochen (Punkt 3). Nach diesen Grundlagen folgt der Einstieg in den Kirchengeschichtsunterricht (KGU) (Punkt 4). Die Möglichkeiten des KGU werden exemplarisch anhand des Religionsbuch „Perspektiven Religion“ aufgezeigt. Nachdem ein Einblick in den Aufbau des Buches gegeben wurde (Punkt 5), werden im folgenden Abschnitt die Einsatzmöglichkeiten und Unterrichtsideen des KGU- Kapitels „Kirche zwischen Zeitgeist und Tradition“ dargelegt (Punkt 6). Anschließend werden diese Möglichkeiten reflektiert, um schließlich auf die Grenzen des KGU zu sprechen zu kommen (Punkt 7). Letztlich werden in der abschließenden Betrachtung (Punkt 8) noch einmal die wichtigsten Aussagen der Arbeit zusammengefasst und Gedanken über einen möglichen Ausblick dargelegt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition Kirchengeschichte
3. Epochen der Kirchengeschichte
4. Kirchengeschichtsunterricht
5. Aufbau des Buches „Perspektiven Religion“
6. Möglichkeiten des Kirchengeschichtsunterrichts
6.1 Erstes Kapitel: Herausforderungen und konkurrierende Deutungen
6.1.1 Individualisierung
6.1.2 Pluralisierung
6.1.3 Tribalisierung
6.1.4 Medialisierung
6.1.5 Arbeit theologisch gesehen
6.1.6 Traditionsabbruch
6.2 Zweites Kapitel: Grundlagen und Voraussetzungen
6.2.1 Die biblische Gemeinde
6.2.2 Das kirchliche Bekenntnis
6.2.3 Reformatorische Einsichten
6.2.4 Die Bedeutung der Predigt
6.2.5 Die Sakramente: Taufe und Abendmahl
5.2.6 Die Verfassung der Kirche/ Das Beispiel der evangelischen Kirche im Rheinland
6.2.7 Die Alternative Roms
6.2.8 Kirche und Staat/ Die Konstantinische Wende
6.2.9 Partnerschaft von Staat und Kirche seit 1919
6.2.10 Kirche im Sozialismus
6.2.11 Die evangelische Kirche und der Nationalsozialismu
6.3 Drittes Kapitel: Anwendungen und Aktualisierungen
6.3.1 Kirche auf dem Markt
6.3.2 Streitkultur und protestantisches Prinzip
6.3.3 Christliches Bekenntnis in der sozialen Frage
6.3.4 Boulevard- Theologie
6.3.5 Kirchenmarketing
6.3.6 Cyberchurch und Datenautobahnkirche
7. Grenzen des Kirchengeschichtsunterrichts
8. Abschließende Betrachtung
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Anzahl der gläubigen und kirchlich gebundenen Schüler sinkt. Der Lehrer kann seinen Schülern im Religionsunterricht den Raum geben, über den eigenen Glaubens- und Lebenssinn zu sprechen. In der folgenden Arbeit soll aufgezeigt werden, inwieweit der Kirchengeschichtsunterricht den Schülern eine Orientierung bieten kann.
Am Beispiel des Schulbuches Perspektiven Religion sollen die Möglichkeiten und Grenzen des Kirchengeschichtsunterrichts an Berufsbildenden Schulen dargestellt werden.
Einleitend wird der Begriff Kirchengeschichte definiert (Punkt 2). Anschließend erfolgt ein kurzer Aufriss der unterschiedlichen Epochen (Punkt 3). Nach diesen Grundlagen folgt der Einstieg in den Kirchengeschichtsunterricht (KGU) (Punkt 4). Die Möglichkeiten des KGU werden exemplarisch anhand des Religionsbuch „Perspektiven Religion“ aufgezeigt. Nachdem ein Einblick in den Aufbau des Buches gegeben wurde (Punkt 5), werden im folgenden Abschnitt die Einsatzmöglichkeiten und Unterrichtsideen des KGU- Kapitels „Kirche zwischen Zeitgeist und Tradition“ dargelegt (Punkt 6). Anschließend werden diese Möglichkeiten reflektiert, um schließlich auf die Grenzen des KGU zu sprechen zu kommen (Punkt 7). Letztlich werden in der abschließenden Betrachtung (Punkt 8) noch einmal die wichtigsten Aussagen der Arbeit zusammengefasst und Gedanken über einen möglichen Ausblick dargelegt.
2. Definition Kirchengeschichte
Bei alten Kulturen ist das Geschichtsbewusstsein immer ein religiöses Bewusstsein. Offenbarungsreligionen, zu denen auch das Christentum gehört, haben einen Anfang der Zeit, die Schöpfung, einen Jetzt- Zustand und ein Ende, ein Ziel. Kirchengeschichte ist also eine theologische und historischgeschichtliche Disziplin.
Unterschiedliche Theologen definieren Kirchengeschichte wie folgt:
„Die sogenannte Kirchengeschichte [...] ist die unentbehrliche Hilfswissenschaft der exegetischen, der dogmatischen und der praktischen Theologie.“ (Karl Barth)
Kirchengeschichte ist die „Geschichte des in der Welt fortwirkenden Christus“, der letztlich „Kirche wirkt.“ (Kurt Dietrich Schmidt) „Kirchengeschichte ist die Geschichte des Evangeliums und seiner Wirkungen in der Welt.“ (Heinrich Bornkamm)
Kirchengeschichte ist die „Geschichte der Auslegung der Heiligen Schrift“, die das zutage fördert, „was zwischen uns und der Offenbarung Gottes in Jesus Christus steht.“ (Gerhard Ebeling)
Da wir in einem bestimmten historischen Zusammenhang leben, muss man ein Verständnis für die Kirchen- und Christentumsgeschichte erlangen.
3. Epochen der Kirchengeschichte
Die Kirchengeschichte wird grob in fünf Epochen unterteilt.
Den Zeitraum vom 1. bis 5. Jahrhundert bezeichnet man als Alte Kirche. Die Geschichte der Kirche beginnt mit der Kreuzigung Jesu im Jahre 30. Die Anhänger von Jesus, die Jerusalemer Urgemeinde, glaubten aufgrund der Ostererfahrung, dass Jesus auferweckt worden war und lebten in Erwartung der Parusie und der dann beginnenden Gottesherrschaft. Die Urgemeinde bewegte sich zwar noch im Rahmen des Judentums, aber als besondere Gruppe. Die hellenistisch - jüdischen Jesus - Anhänger leiteten schließlich die „Jesus - Bewegung“ vom Judentum ein und wurden so aus Jerusalem verdrängt. Es beginnt die erste Phase der Christenverfolgung.
Die Überlieferung von Jesu Leben und Wirken war zunächst mündlich. Die ersten schriftlichen Quellen waren die Paulusbriefe, im Jahre 70 - 100 folgten die Evangelien. Der endgültige Kanon des NT entstand 367 und galt ab dann als Maßstab der christlichen Lehre. Im 2. Jahrhundert bildete sich die Institution Kirche. Mit der Konstantinischen Wende wurde 313 die Christenverfolgung im Römischen Reich beendet. Es galt eine Toleranz gegenüber allen Religionen, das Christentum wurde als Staatsreligion etabliert und die Kirche zur Reichskirche. Die Privilegierung förderte im 4. Jahrhundert die weitere Ausbreitung des Christentums. (vgl. Lachmann et al., 2006, S. 176f.)
Die Epoche von ca. 500 bis 1500 bezeichnet man als Mittelalter. Das Christentum veränderte seine Inhalte, die Gestaltung des Glaubens und die Organisation der Kirche. Die Verbindung zwischen Königtum und Kirche verstärkte sich. „Im Hochmittelalter entfaltet das Papsttum seine höchste Macht; gleichzeitig bedeutet diese Zeit eine Blütezeit der Theologie“ (ebd., S. 179). Die mittelalterlich gelehrte Theologie bezeichnet man als Scholastik. Aus diesen Schulen, die vorwiegend mit Autoritäten wie der Bibel und den Kirchenvätern argumentierten, entwickelten sich im 12. Jahrhundert die ersten Universitäten. Auch das Mönchtum erlebte im Mittelalter einen Aufschwung.
Die Reformation umfasst den Zeitabschnitt von 1517- 1555. Es war eine auf populärer Kirchenkritik und theologischen Erkenntnissen basierende Bewegung, die sich am Ideal der Kirche und der Bibel orientiert hat. Martin Luther hat den entscheidenden Anstoß dafür gegeben, indem er 1517 seine 95 Thesen veröffentlichte. Die Reformation veränderte neben der Kirche und Theologie auch das Alltagsleben der Gesellschaft. (vgl. ebd., S. 181 f.)
Die folgende Epoche bezeichnet man als Neuzeit (16.- 19. Jahrhundert). Im Anschluss an die Reformation, der Zeit der Altprotestantischen Orthodoxie (Mitte 16.- Anfang 18. Jhd.), „entwickelt sich eine Theologie, die versucht, die Grundlagen evangelischen Glaubens systematisch darzustellen, biblisch zu untermauern und gegen Angriffe abzusichern“ (ebd., S. 183). Im 17. Jahrhundert schließt sich der Pietismus an, der den Akzent auf die Ethik legt. Das 18. Jahrhundert ist das Zeitalter der Aufklärung. „Allgemeine Merkmale der Aufklärungstheologie sind ein einheitlich- optimistisches Wertgefühl, das Zurücktreten von Sündenbewusstsein, Erlösungsbedürfnis uns Jenseitsorientierung“ (Lachmann et al, 2006, S. 186). Im 19. Jahrhundert geht es um die soziale Frage als Aufgabe der Kirche.
Die fünfte Epoche ist die Kirchliche Zeitgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts: Weimarer Republik und Dialektische Theologie, Kirchen im Nationalsozialismus und die kirchliche Entwicklung nach 1945 in der BRD und DDR. (vgl. ebd., S. 187)
4. Kirchengeschichtsunterricht
Die Aufgabe des Kirchengeschichtsunterrichts besteht darin, das Bewusstsein der Schüler für die Tradition der christlichen Kirche zu wecken. Jede Epoche ist für sich selbst wichtig. „Die Begegnung mit den Erfahrungen und den Ausprägungen des Glaubens in früheren Epochen kann (...) zur Erweiterung des Glaubensverständnisses beitragen und damit auch wichtige Anstöße zur Selbstkritik liefern“ (Glatz et al., 1979, S. 11). Das geschichtliche Verstehen im Religionsunterricht soll demnach eine Lebensorientierung auf der Grundlage des christlichen Wertesystems ermöglichen. „Die didaktische Schlüsselfrage des Kirchengeschichtsunterrichts (KGU) ist deshalb, die Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung kirchengeschichtlicher Inhalte plausibel zu machen“ (Geck, 2006, S. 63). Der Unterricht muss anschaulich gestaltet werden, damit die Schüler Kirchengeschichte verstehen.
Weiter ist zu bedenken, dass die Kirche sich niemals von der Gesellschaft abgelöst hat. Es ging immer um einen Zusammenhang von christlichen Ideen und Gesellschaft. So kann man auch im Unterricht herausragende Einzelpersonen einer Epoche nur in Einbindung in die Gemeinschaft richtig verstehen.
5. Aufbau des Buches „Perspektiven Religion“
Die Möglichkeiten und Grenzen des Kirchengeschichtsunterrichts sollen nun speziell anhand eines Schulbuches erläutert werden. Um sich einen Überblick über das Werk zu verschaffen, wird zunächst ein grober Einblick gegeben. Perspektiven Religion (PR) ist ein Arbeitsbuch für den evangelischen Religionsunterricht in der Sekundarstufe II, die die Klassen 11- 13 umfasst und die Schüler auf das Abitur vorbereitet. Dem Vorwort ist jedoch zu entnehmen, dass es sich speziell um ein Unterrichtswerk für den Grund- und Leistungskurs Religion handelt.
PR besteht aus acht Kapiteln, die von acht verschiedenen Autoren erarbeitet wurden.
Das erste Kapitel „Die Welt erforschen - die Welt entdecken“ von Carolin Schaper beinhaltet „die Verhältnisbestimmung von Glaube und Naturwissenschaft neben der Frage nach der Existenz Gottes und der Theodizee - Problematik“ (Schaper, 2003, S. 7). Das Kapitel gliedert sich in vier Unterthemen und umfasst 44 Seiten, was 15,5% des Gesamtinhaltes ausmacht.
Frauke Büchner greift in ihrem Kapitel „Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen“ die Gottesfrage auf. Die acht Abschnitte umfassen 46 Seiten, was 16,3% des Gesamtinhaltes entspricht.
Das dritte Kapitel wurde von Albrecht Willert zusammengestellt. „Jesus von Nazareth - der Christus?!“ ist ein zentrales Thema, unterteilt sich in neun Punkte und macht mit seinen 46 Seiten ebenfalls 16,3% des Inhaltes aus. Mit „Frei und gebunden - christliche Deutung des Menschen in der Moderne“ greift Michael Wermke den Aspekt der Anthropologie auf. Elf Unterthemen, 42 Seiten und somit 14,8% des Gesamtinhaltes umfasst dieses Kapitel. „Wie Christen handeln - Bausteine für eine christliche Ethik“ von Karl Friedrich Haag greift das Thema Ethik auf. Haag gliedert sein 32 Seiten langes Kapitel in 8 Unterpunkte. Das Thema Ethik macht 11,3% des Inhaltes aus. Das Kapitel zur Kirchengeschichte „Kirche zwischen Zeitgeist und Tradition“ stammt von Albrecht Geck. Es besteht aus drei Abschnitten und insgesamt 9 Unterpunkten. Mit seinen 32 Seiten macht es ebenfalls 11,3% des Inhaltes aus.
„Die Religionen im Plural - Spielräume und Konflikte der Religionsfreiheit“ von Bernhard Dressler umfasst 26 Seiten, was 9,2% entspricht.
Das letzte Kapitel „Zeit(t)räume“ von Birgit Zweigle „arbeitet die klassischen Themen der Eschatologie unter dem Fokus des Zeitbegriffs auf“ (Zweigle, 2003, S. 137). Es umfasst 16 Seiten und hat einen Anteil von 5,7%.
Die einzelnen Kapitel folgen alle dem gleichen Aufbau. Es beginnt mit einem Bild zum Thema, dann folgen die Materialien. Die Seiten sind so aufgebaut, dass die Informationstexte auf den farbig unterlegten Mittelspalten stehen. Am Rand finden sich Erläuterungen oder andere Sichtweisen zu dem Thema sowie die Arbeitsaufträge für die Schüler. Jedes Kapitel endet mit einem Literaturverzeichnis.
Am Ende des Buches befindet sich ein Glossar mit fachwissenschaftlichen Begriffen.
6. Möglichkeiten des Kirchengeschichtsunterrichts
6.1 Erstes Kapitel: Herausforderungen und konkurrierende Deutung
Das Kapitel zur Kirchengeschichte „Kirche zwischen Zeitgeist und Tradition“ ist in drei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil „Herausforderungen und konkurrierende Deutung“ (S. 220- 225) werden die Aspekte thematisiert, die den „Zeitgeist“ der Kirche ausmachen. Es geht um gesellschaftliche Lebenswelten und Herausforderungen in der Gegenwart.
Laut Lehrerhandbuch sollen die Schüler „die epochalen Auswirkungen von Individualisierung und Pluralisierung auf die traditionelle Rolle und Funktion kirchlich institutionalisierter Religionsausübung erkennen. Zugleich sollte deutlich werden, dass Tribalisierung und Medialisierung keine rein soziologischen Kategorien sind, sondern Ausdruck einer unsere Lebenswirklichkeit kennzeichnenden kirchlich ungebundenen Alltagsreligiosität“ (Geck, 2003, S. 104).
Im ersten thematischen Block werden die Begriffe Individualisierung, Pluralisierung, Tribalisierung, Medialisierung, Arbeit und Traditionsabbruch aufgegriffen.
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