Von der Relativitätstheorie zum Modell des Universums
Die Einbettung der Raum-Zeit-Struktur der Relativitätstheorie in die wichtigsten relativistischen kosmologischen Modelle des Universums
Zusammenfassung
Aber für mich war die Frage brennend, ob sich der Relativitäts – Gedanke fertig ausspinnen lässt, oder
ob er auf Widersprüche führt.[...] Ob das Schema, das ich mir bildete, der Wirklichkeit entspricht, ist
eine andere Frage, über die wir wohl nie Auskunft erlangen werden.“
(Albert Einstein)
Dieses Zitat Albert Einsteins beschreibt die Intentionen, die ihn dazu geleitet haben, aus der allgemeinen Relativitätstheorie heraus ein eigenes Modell des Universums zu entwickeln. Diese Intention wird in der vorliegenden Arbeit aufgegriffen, um ein übersichtliches Bild über die Verknüpfung der Relativitätstheorie mit den vorherrschenden relativistischen kosmologischen Universumsmodellen zu verschaffen. Dabei werden zuerst die Grundzüge von Albert Einsteins spezieller und allgemeiner Relativitätstheorie selbst erläutert. Diese bilden sowohl die Grundlage für die Entwicklung und Einbettung in die jeweiligen kosmologischen Modelle, und zudem sind sie als moderne Grundlage der Physik überhaupt anzusehen und deshalb essentiell wichtig für ein korrektes kosmologisches Modell. Anschließend wird Einsteins eigener Modellvorschlag der sogenannten
„Zylinderwelt“ besprochen, da dieses Modell sich direkt aus der allgemeinen Relativitätstheorie entwickelt hat. Dieser Vorschlag ist historisch eingebettet in die Einstein – De Sitter – Kontroverse,
welche die Diskussion zwischen Einstein und De Sitter bezüglich ihrer verschiedenen Universen Modelle darstellt. Dabei ist „[d]ie Rolle De Sitters in der Kontroverse, in deren Verlauf die
relativistische Kosmologie begründet wurde, […] vielfach verkannt.“
Da schon zu Einsteins Zeiten die Frage danach, ob das Universum in seiner Form endlich oder unendlich ist, eine große Rolle spielte und Einstein seine eigene Lösung der Welt in einer endlichen Struktur vorstellte, wird anschließend der Übergang zum sogenannten „expandierenden Universum“ und der damit akzeptierten Expansion des Universums in seiner allgemeinen Form besprochen. Dabei soll die Frage geklärt werden, in wie weit dies für die genaue Einbettung der Relativitätstheorie Probleme aufwirft und wie diese eventuell gelöst werden können und wie groß der Einfluss der allgemeinen Relativitätstheorie und Einsteins selbst für die heutige Kosmologie ist.
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Inhaltsverzeichnis
I.) Einleitung
II.) Einsteins Relativitätstheorie - Die Grundlage der modernen Physik
II.1.) Die spezielle Relativitätstheorie
II.2.) Die allgemeine Relativitätstheorie
III.) Die Weltmodelle von Einstein und De Sitter
III.1.) Einsteins Zylinderwelt
III.2.) De Sitters Hyperbolidwelt
III.3.) Die Einstein - De Sitter Kontroverse
IV.) Neue kosmologische Erkenntnisse und die Relativitätstheorie - Das expandierende Universum
V.) Die Bedeutung der allgemeinen Relativitätstheorie für die Entwicklung der Kosmologie
Literaturverzeichnis
Von der Relativitätstheorie zum Modell des Universums
Die Einbettung der Raum-Zeit-Struktur der Relativitätstheorie in die wichtigsten relativistischen kosmologischen Modelle des Universums
I.) Einleitung:
„Vom Standpunkt der Astronomie ist es natürlich ein geräumiges Luftschloß, das ich da gebaut habe. Aber für mich war die Frage brennend, ob sich der Relativitäts - Gedanke fertig ausspinnen lässt, oder ob er auf Widersprüche führt.[...] Ob das Schema, das ich mir bildete, der Wirklichkeit entspricht, ist eine andere Frage, über die wir wohl nie Auskunft erlangen werden.“1
Dieses Zitat Albert Einsteins beschreibt die Intentionen, die ihn dazu geleitet haben, aus der allgemeinen Relativitätstheorie heraus ein eigenes Modell des Universums zu entwickeln. Diese Intention wird in der vorliegenden Arbeit aufgegriffen, um ein übersichtliches Bild über die Verknüpfung der Relativitätstheorie mit den vorherrschenden relativistischen kosmologischen Universumsmodellen zu verschaffen. Dabei werden zuerst die Grundzüge von Albert Einsteins spezieller und allgemeiner Relativitätstheorie selbst erläutert. Diese bilden sowohl die Grundlage für die Entwicklung und Einbettung in die jeweiligen kosmologischen Modelle, und zudem sind sie als moderne Grundlage der Physik überhaupt anzusehen und deshalb essentiell wichtig für ein korrektes kosmologisches Modell. Der Schwerpunkt wird hierbei bezüglich der Thematik der Arbeit vor allem auf die Raum-Zeit der Relativitätstheorie und somit auch auf die Erläuterung der Gravitation gelegt. Anschließend wird Einsteins eigener Modellvorschlag der sogenannten „Zylinderwelt“ besprochen, da dieses Modell sich direkt aus der allgemeinen Relativitätstheorie entwickelt hat. Dieser Vorschlag ist historisch eingebettet in die Einstein - De Sitter - Kontroverse, welche die Diskussion zwischen Einstein und De Sitter bezüglich ihrer verschiedenen Universen Modelle darstellt. Dabei ist „[d]ie Rolle De Sitters in der Kontroverse, in deren Verlauf die relativistische Kosmologie begründet wurde, […] vielfach verkannt.“2 Anhand der Wichtigkeit De Sitters Modells und der daraus resultierenden Kritik an Einsteins eigenem Modell, lohnt es sich die Kontroverse näher zu betrachten, um so strittige und wichtige Punkte der unterschiedlichen Meinungen und Modelle herauszustellen. Zudem ist die Debatte von zentraler Bedeutung, da sie ausschlaggebend für weitere kosmologische Modelle war und zu einem großen Fortschritt allgemein in der Kosmologie geführt hat.
Da schon zu Einsteins Zeiten die Frage danach, ob das Universum in seiner Form endlich oder unendlich ist, eine große Rolle spielte und Einstein seine eigene Lösung der Welt in einer endlichen Struktur vorstellte, wird anschließend der Übergang zum sogenannten „expandierenden Universum“ und der damit akzeptierten Expansion des Universums in seiner allgemeinen Form besprochen. Denn „Einstein[s] […] Modell des sphärisch abgeschlossenen Universums sieht ein statisches, räumlich abgeschlossenes Universum nach Art einer vierdimensionalen Kugel vor.“3 Dies widerspricht jedoch der heute anerkannten Vorstellung eines expandierenden Universums. Dabei soll die Frage geklärt werden, in wie weit dies für die genaue Einbettung der Relativitätstheorie Probleme aufwirft und wie diese eventuell gelöst werden können und wie groß der Einfluss der allgemeinen Relativitätstheorie und Einsteins selbst für die heutige Kosmologie ist. Allgemein stellt sich dabei vorwiegend die Frage, wie weit es bezüglich des jeweiligen Wissenstandes möglich ist bzw. war, Einsteins Relativitätstheorie physikalisch in ein funktionierendes Modell des Universums einzuarbeiten. Ziel dabei ist es unter anderem die Wichtigkeit der Entwicklung der Relativitätstheorie für große Fortschritte in der Kosmologie aufzuzeigen und zu verdeutlichen, denn nur so konnten unsere Vorstellungen des Universums zu einem „Großen und Ganzen“ zusammengeführt werden.
Im Folgenden wird nun zunächst Einsteins eigener Standpunkt besprochen, bevor auf andere kosmologische Modell und die Debatte mit De Sitter weiter eingegangen werden kann. Die folgende Betrachtung der Relativitätstheorie und den damit verbundenen Grundgedanken Einsteins bilden so die Grundlage für die gesamte Betrachtung.
II.) Einsteins Relativitätstheorie - Die Grundlage der modernen Physik
„Solange man überzeugt war, daß sich alles Naturgeschehen mit Hilfe der klassischen Mechanik darstellen lasse, konnte man an der Gültigkeit dieses Relativitätsprinzips nicht zweifeln. Mit der neueren Entwicklung der Elektrodynamik und Optik aber war es immer mehr offenkundig, daß die klassische Mechanik als Grundlage für alle physikalischen Naturbeschreibungen nicht zureichend sei.“4
Dabei war vor allem die Relativitätstheorie für die moderne Physik und somit auch für die Astrophysik von zentraler Bedeutung. Da diese Betrachtung nun von der Relativitätstheorie ausgeht, sollte diese selbst und die Neuheiten, die diese mit sich brachte, kurz thematisiert werden, um anschließend die kosmologischen Modelle und deren Entwicklung aus der Relativitätstheorie zu betrachten. Um im Weiteren, Einsteins Überlegungen besser nachvollziehen zu können, werden erst einige Grundgedanken und -Prinzipen der speziellen Relativitätstheorie dargestellt, bevor weiter auf die allgemeine Relativitätstheorie eingegangen werden kann. Diese Vorgehensweise bietet sich für ein besseres Verständnis an, da die allgemeine Relativitätstheorie sich aus der speziellen entwickelt hat und ohne deren Grundgedanken nicht möglich gewesen wäre. Wie bereits erwähnt steht hierbei vor allem die Raum-Zeit-Struktur im Vordergrund, welche sich aus der allgemeinen Relativitätstheorie heraus ergeben hat. Diese ist für die Entwicklung der nachfolgenden relativistischen Weltmodelle von besonders zentraler Bedeutung.
II.1.) Die spezielle Relativitätstheorie
„[Es] ist ersichtlich, dass die (spezielle) Relativitätstheorie aus der Elektrodynamik und der Optik herausgewachsen ist. Auf diesen Gebieten hat sie an den Aussagen der Theorie nicht viel geändert, aber sie hat das theoretische Gebäude, d.h. die Ableitung der Gesetze, bedeutend vereinfacht und […] die Zahl der voneinander unabhängigen Hypothesen, auf welchen die Theorie beruht, erheblich vermindert.“5
Einstein löste in seiner Arbeit Zur Elektrodynamik bewegter Körper den Theorienkonflikt, der zwischen Newton und Maxwell bestand. In dieser Arbeit stellte er zwei wichtige Grundsätze auf: Das spezielle Relativitätsprinzip und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Dabei sieht das spezielle Relativitätsprinzip vor, dass alle geradlinig-gleichförmigen bewegten Beobachter in jeder physikalischen Hinsicht gleichberechtigt sind und drückt damit die Gleichberechtigung von
Inertialsystemen6 aus. Umgekehrt treten in nicht-interialen Bezugssystemen, die beschleunigt sind oder rotieren, Trägheitskräfte auf.7 Durch das hier genannte Relativitätsprinzip ist ausgeschlossen, dass sich ein in Wirklichkeit ruhendes Bezugssystem anhand von physikalischen Sachverhalten identifizieren lässt.8 Einsteins wichtige Erweiterung diesbezüglich betraf elektrodynamische Prozesse, wie z.B. die Lichtausbreitung, denn auch solche Prozesse sollten keine Möglichkeit zur Feststellung zulassen, ob ein Beobachter sich in Ruhe befindet oder eine geradlinig-gleichförmige Bewegung ausführt. Hierbei sind also allein Bewegungen relativ zu anderen Körpern und Beobachtern, der Erfahrung zugänglich und nur diese können somit Gegenstand der physikalischen Beschreibung sein.9 Das Relativitätsprinzip besagt also, dass die Naturgesetze für alle interialen Bezugssysteme dieselben sind. Als Beispiel hierzu könnte man sich ein Flugzeug vorstellen, in dem man aus dem Fenster schaut. Wenn man hierbei die Perspektive im Flugzeug annimmt und beobachtet, so könnte man doch daraus, dass unter einem die Landschaft vorbeizieht schließen, dass das Flugzeug sich bewegt? Dies ist jedoch nicht der Fall, da die Erde nicht stationär ist, da sie sich um die Sonne bewegt und diese sich auf einer Umlaufbahn um das Zentrum der Milchstraße befindet usw. Man kann an dieser Stelle nur festhalten, dass diese Bewegungen alle relativ sind und sich somit das Flugzeug nur relativ zur Erde bewegt. Jedoch gibt es keine Möglichkeit festzustellen, was davon tatsächlich unbewegt ist, solange es sich um gleichförmige Bewegungen handelt.10
Das zweite Prinzip von Einstein, die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, besagt, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle ist. Dieser Sachverhalt folgt aus der traditionellen Elektrodynamik.11 Hierzu gilt es zwei Voraussetzungen zu treffen: Zum einen, dass alle Koordinatensysteme, für die die mechanischen Gleichungen gelten, auch die gleichen elektrodynamischen und optischen Gesetze gelten und, dass Licht sich im leeren Raum stets mit einer konstanten Geschwindigkeit fortpflanzt. Das spezielle Relativitätsprinzip und das Prinzip der Konstanz führen so zusammen betrachtet auf die Konsequenz der Invarianz der Lichtgeschwindigkeit. Diese besagt, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit de Lichts für beliebig bewegte Beobachter den gleichen Wert annimmt.12 Vorerst scheint die Invarianzbedingung widersinnig zu klingen, wenn man sich vor Augen hält, dass ein Beobachter, der einem Lichtstrahl mit hoher Geschwindigkeit nachjagt, den gleichen Messwert erhält, wie ein anderer Beobachter, der dem Lichtstrahl entgegen rast.13 Einsteins Annahme, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant ist, hat hier „[...] drastische Folgen, die die Grundlage der Physik erschüttern.“14 Man erhält hier die Lichtgeschwindigkeit durch einen Vergleich der vom Licht durchlaufenen Weglänge mit der dabei vergangenen Zeit. Dies soll folgendes Beispiel verdeutlichen:
„Wenn man hier auf der Erde für das von einem Stern kommende Licht die gleiche Geschwindigkeit erhalten, wie die Beobachter in einem Raumschiff, das sich mit hoher Geschwindigkeit zum betreffenden Stern hinbewegt, dann müssen unsere irdischen Begriffe von Raum und Zeit offensichtlich anders beschaffen sein, als die entsprechenden Begriffe der im Raumschiff auf der Lauer liegenden Beobachter.“15
Eine solche Behauptung steht jedoch im Widerspruch zur Vorstellungswelt der Prinzipien der klassischen Mechanik.16 Einstein löst dieses Paradox durch die These der Relativität der Gleichzeitigkeit, also der begrifflichen Bindung von Urteilen über die Gleichzeitigkeit entfernter Ereignisse an Bewegungszustände von Beobachtern. Somit gilt, was dem einen Beobachter als gleichzeitig gilt, findet für den anderen Beobachter zu verschiedenen Zeiten statt. Somit sind zum Beispiel „Ereignisse, die in Bezug auf den Bahndamm gleichzeitig sind, […] in Bezug auf den Zug nicht gleichzeitig und umgekehrt (Relativität der Gleichzeitigkeit). Jeder Bezugskörper […] hat seine besondere Zeit; eine Zeitangabe hat nur dann einen Sinn, wenn der Bezugskörper angegeben ist, auf den sich die Zeitangabe bezieht.“17 Somit ist der Wert der Lichtgeschwindigkeit in einem Vakuum18 in allen interialen Bezugsystemen derselbe, unabhängig von der jeweiligen Geschwindigkeit der Quellen oder des Beobachters.19
Einstein hatte die spezielle Relativitätstheorie mit Bezug auf die Bewegung von Körpern und Beobachtern formuliert, denn es ging ihm um die Elektrodynamik bewegter Körper. Wie Poincare und im Anschluss Minkowski zeigten, lässt sich die Theorie jedoch auch von einem abstrakten, vierdimensionalen Standpunkt aus formulieren. Dabei wird die spezielle Relativitätstheorie in der Umformung Minkowskis zu einer Theorie der Raum-Zeit-Struktur, deren Gefüge von Weltlinien gebildet wird. Eine Weltlinie ist dabei eine vierdimensionale Darstellung der Bewegung von Körpern oder der Ausbreitung von Lichtstrahlen.20 Der „Lichtkegel“ stellt sich dann bei Verkürzung auf eine räumliche Dimension in allen Inertialsystemen gleich dar. Wählt man nun eine betreffende Einheit zu der dafür gegebenen Gleichung x = ct, dann repräsentiert der Lichtkegel gerade die Winkelhalbierende des Raum-Zeit-Diagramms. Trägheitsbewegungen stellen sich dabei als Gerade dar, die sich mit wachsender Geschwindigkeit zunehmend dem Lichtkegel nähern. Jenseits des Lichtkegels liegt der raumartige Bereich, der vom Koordinatenursprung aus durch lichtschnelle Signale nicht mehr zu erreichen ist. Insgesamt bewegen sich dann Körper und Lichtsignale gleichsam zu ihrer Weltlinie und dabei lassen sich auch Bewegungen eines Bezugssystems in den Raum einfügen. Die Länge der Weltlinien bildet ein vierdimensionales Raum-Zeit-Intervall und bei einer Invariante stimmt der Zahlenwert in allen Inertialsystemen überein. Dann ist das Raum-Zeit- Intervall die zentrale Größe der speziellen Relativitätstheorie.21 So wird „[d]urch die Relativitätstheorie […] die vierdimensionale Betrachtungsweise der „Welt“ geboten, da ja gemäß dieser Theorie die Zeit ihrer Selbständigkeit beraubt wird.“22 Kennzeichnend ist hier für die spezielle Relativitätstheorie jedoch nicht die Vierdimensionalität als solche, sondern der Vorrang der raumzeitlichen Größen vor den räumlichen und zeitlichen Bestandteilen.
II.2.) Die allgemeine Relativitätstheorie
„Etwas grob gesprochen, gilt die spezielle Relativitätstheorie nur, wenn die Bezugssysteme relativ zueinander mit gleichförmiger Geschwindigkeit bewegen.“23 Die Welt ist jedoch voller Bewegungen, bei denen die Geschwindigkeit nicht konstant bleibt und hier eignet sich die spezielle Relativitätstheorie nicht. Somit stellt sich die Frage nach der Formulierung der Gesetze der Physik, die es erlaubt, nicht von der Beschaffenheit der Bewegung in irgendeiner Situation abhängig zu sein. Dieser Ansatz machte eine völlig neue Beschreibung der Zeit, des Raumes und der Gravitation erforderlich und findet sich in der allgemeinen Relativitätstheorie wieder. Der Kern des Problems, dem sich Einstein hier bezüglich der speziellen Relativitätstheorie stellte, war allgemein die Gravitation.24
Bezüglich der Thematik der Raum-Zeit stellte vor allem Ernst Mach25, der der Kritik an Newtons absoluten Raum eine neue Stoßkraft verlieh, eine große Beeinflussung Einsteins dar. Mach kritisierte Newton, indem er bestritt, dass sein Eimerversuch geeignet ist, die Erkennbarkeit absoluter Bewegung zu demonstrieren. Er legte hierbei nahe, dass die Drehung des Wassers gegen den Eimer keine Zentrifugalkräfte erzeugte, aber sich solche Kräfte bei Drehung gegen die Himmelskörper entstehen.26 Machs Vorschlag lautete hierbei, die Fixsterne oder den Schwerpunkt des Universums, statt des absoluten Raumes, als Bezugsgröße zu wählen.27
Die Problemstellung mit der Einstein selbst sich vorerst beschäftigte, war es Newtons Gravitationstheorie und die dabei vorgesehene schnelle Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schwerkraft in Einklang mit der speziellen Relativitätstheorie zu bekommen. Gemäß Newtons Gravitationstheorie ist die Kraft, mit der sich zwei Körper gegenseitig anziehen, proportional zu ihren Massen und umgekehrt proportional zum Quadrat ihres Abstandes.28 In Kombination mit Newtons Bewegungssätzen erklärte dies erfolgreich die Bewegung der Planeten, Monde usw.29 Vom Standpunkt der speziellen Relativitätstheorie hat die Gravitationstheorie Newtons dann jedoch die ärgerliche Eigenschaft der Abhängigkeit der Schwerkraft von der Entfernung. Hierbei ist problematisch, dass sich, da in der Theorie Einsteins die Entfernung relativ ist, die Frage stellt, wer denn die Entfernung misst. Einsteins Anfangsvorstellung bei der Lösung dieser Problematik war es, die Verallgemeinerung der Relativitätstheorie auf beschleunigte Bewegungen zu erzielen, was sich jedoch als undurchführbar aufwies. Dabei sollte aber durch diese Überlegung die Einpassung der Gravitationstheorie in den relativistischen Begriffsrahmen ermöglicht werden.30
„Endlich erlaubt uns das allgemeine Relativitätsprinzip, den Einfluss des Gravitationsfeldes auf den Ablauf derjenigen Vorgänge zu ermitteln, die für den Fall des Fehlens eines Gravitationsfeldes nach bekannten Gesetzen ablaufen, d.h. in den Rahmen der speziellen Relativitätstheorie bereits eingefügt sind.“31
[...]
1 Röhle, S.38, Doc. 311
2 Röhle, S.23, unten
3 Carrier, 2009, Seite: 200, Zeile: 6 - 9.
4 Einstein, 1956, Seite: 9, Zeile: 1 - 6.
5 Einstein, Seite: 29 Mitte.
6 Hiernach eignen sich alle geradlinig-gleichförmig bewegten Bezugssysteme für die Beschreibung von Bewegungen in gleicher Weise.
7 Das Charakteristikum von Trägheitskräften ist hierbei, dass sie beim Übergang in ein Inertialsystem verschwinden und die zu Grunde liegende Kraft auf das Bezugssystem wirkt und nicht auf den betrachteten Körper, der sich im Bezugssystem befindet.
8 Diese These findet man schon in dem „klassischen Relativitätsprinzip“, wie es schon von Newton und Galilei vertreten wurde.
9 Vgl. Carrier, 2009, Seite: 17 - 18.
10 Vgl. Stannard, 2008, Seite: 9 - 10.
11 Dieses Prinzip geht vor allem auf Galilei zurück, jedoch bemerkte Einstein, dass sich unter den Naturgesetzen Marxwells Gesetze des Elektromagnetismus befanden, wobei Maxwell zufolge Licht eine Form elektromagnetischer Strahlung ist. Dies ermöglicht es die Lichtgeschwindigkeit c in einem Vakuum zu berechnen. (Vgl. Stannard, 2008, Seite: 11).
12 In Wirklichkeit pflanzt sich also das Licht nach Einstein mit der Geschwindigkeit c fort und zwar im Hinblick auf alle Bezugsysteme.
(Vgl. Spektrum der Wissenschaft, 1/2005, Seite: 32).
13 Vgl. Carrier, 2009, Seite: 18 - 19.
14 Maalampi, 2008, Seite: 51, Zeile: 16 - 17.
15 Maalampi, 2008, Seite: 51, Zeile:
16 In Newtons Mechanik sind nämlich Zeit und Länge universelle Begriffe und gemäß den Gesetzen der Mechanik muss sich die Geschwindigkeit des von uns gemessenen Lichts von der Geschwindigkeit des vom Raumschiff aus gemessenen Lichts unterscheiden. (Vgl. Maalampi, 2008, Seite: 51).
17 Einstein, 1956, Seite: 17
18 Da dieser auf Grund von Gesetzen gemessen werden kann, durch die marxwellschen Gesetze.
19 Vgl. Stannard, 2008, Seite: 13.
20 Dargestellt wird dies in drei Raumachsen und einer Zeitachse, wobei die Zeitachse durch den Ausdruck ct mit der Lichtgeschwindigkeit c repräsentiert ist. Dies repräsentiert formal eine Länge und passt deshalb zu den Einheiten der räumlichen Dimension. (Vgl. Carrier, 2009, Seite: 28 - 29).
21 Vgl, Carrier, 2009, Seite: 28 - 31.
22 Einstein, 1956, Seite. 37
23 Maalampi, 2008, Seite: 83 (Punkt8)
24 Vgl. Maalampi, 2008, Seite: 83 -84.
25 Einstein schreibt hierzu in seiner Wissenschaftlichen Autobiographie es sei Mach gewesen, der ihm den „dogmatischen Glauben“ an die Newtonische Mechanik ausgetrieben und ihn bezüglich der allgemeinen Relativitätstheorie stark beeinflusst hat. (Vgl. Spektrum der Wissenschaft, 1/2005, Seite: 30).
26 Newton sah nämlich in seinem berühmten eimerversuch das Auftreten von Trägheitskräften als einen Erfahrungshinweis für eine wahre Bewegung (bezüglich des Versuches eine Rotationsbewegung) und somit als einen empirischen Beweis für seinen absoluten Raum und die absolute Zeit, die als feste Struktur für sich selbst bestehen sollten. Dies widerlegte Einstein jedoch größtenteils durch seine allgemeine Relativitätstheorie, obwohl sogar diese teilweise absolute Elemente aufzuweisen scheint. (Vgl. Carrier, Seite: 170 - 172).
27 Vgl. Esfeld, 2012, Seite: 17.
28 Vgl. Maalampi, 2008, Seite: 83 - 84.
29 Jedoch konnten hierbei hin und wieder Phänomene beobachtet werden, die diesem Gesetz der Masseanziehung nicht gehorchten, was die Theorie Newtons in Frage stellte.
30 Vgl. Carrier, 2009, Seite: 137 - 138.
31 Einstein, 1956, Seite: 67