Ziel dieser Ausarbeitung ist es, die grundlegenden Regelungen bezüglich Überstunden und Mehrarbeitsstunden in einem aufrechten Arbeitsrecht im Detail darzulegen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Allgemeines über das Arbeitsrecht
1.1 Privatautonomie
1.2 Gliederung und Funktion des Arbeitsrechts
1.2.1 Funktionen des Arbeitsrechts
1.2.2 Rechtswirkungen arbeitsrechtlicher Normen
1.2.3 Stufenbau der Arbeitsrechtordnung
2 Arbeitszeit und Normalarbeitszeit
2.1 Das Arbeitszeitrecht
2.2 Arbeitszeit
2.3 Normalarbeitszeit
2.4 Höchstgrenzen der Arbeitszeit
3 Überstundenarbeit
3.1 Regelung von Überstundenarbeit
3.1.1 Überstundenarbeit aufgrund erhöhten Arbeitsbedarfs
3.1.2 Überstundenarbeit zur Leistung von Vor- und Abschlussarbeiten
3.1.3 Außergewöhnliche Fälle
3.1.4 Ausnahmen im öffentlichen Interesses
3.2 Überstundenvergütung
3.2.1 Finanzielle Abgeltung
3.2.2 Abgeltung durch Zeitausgleich
3.2.3 Abgeltung durch Zahlung einer Überstundenpauschale
3.2.4 All-In-Vereinbarung
3.3 Überstundenverbot schwangerer Frauen
4 Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschlag
5 Bibliographie
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Stufenbau der Arbeitsrechtsordnung
1 Allgemeines über das Arbeitsrecht
1.1 Privatautonomie
Das allgemeine Vertragsrecht ist geprägt vom Prinzip der Privatautonomie. Es besagt, dass die Vertragsparteien alles vereinbaren dürfen, das nicht gegen das Gesetz oder gegen die „guten Sitten“ verstößt.1
Im Einzelnen basiert die Privatautonomie auf folgenden Aspekten:
- Abschlussfreiheit: Freiheit, ob und mit wem kontrahiert wird.
- Formfreiheit: Es muss keine besondere Form eingehalten werden, soweit das Gesetz nichts anderes auferlegt.
- Inhaltsfreiheit: Die Vertragsparteien sind nicht an die im Gesetz ge- regelten Vertragstypen gebunden, sondern können auch andere Ver- tragsarten abschließen.
- Endigungsfreiheit: Der Vertrag kann einvernehmlich durch die Par- teien jederzeit wieder aufgehoben werden.1
Die Privatautonomie führt jedoch nur dann zur beabsichtigten Richtigkeitsund Ausgleichsgewähr des Vertragsinhalts, wenn sich die involvierten Vertragsparteien auf annähernd gleich starken Positionen finden.1
Allerdings gibt es Gegebenheiten, die durch ein starkes soziales bzw. wirt- schaftliches Ungleichgewicht der beteiligten Vertragsparteien geprägt sind. In diesen Fällen greift der Gesetzgeber ein, um den sozial schwächeren Ver- tragspartner zu schützen. Insbesondere das Arbeitsrecht wird von diesem Prinzip beherrscht, es prägt aber auch das Mietrecht oder das Konsumen- tenschutzrecht.1
1.2 Gliederung und Funktion des Arbeitsrechts
In der Literatur wird das Arbeitsrecht zumeist in folgende zwei Teilbereiche unterteilt:
Allgemeines über das Arbeitsrecht
- Das Individualarbeitsrecht, das die Beziehungen zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber regelt. Insbesondere fällt darunter die Anbahnung und der Abschluss des Arbeitsvertrags sowie die Rechten und Pflichten im aufrechten Arbeitsverhältnis. Ne- ben dem Arbeitsvertragsrecht ist im Individualarbeitsrecht auch das Arbeitnehmerschutzrecht eingegliedert.
- Das kollektive Arbeitsrecht, welches das Berufsverbandsrecht (z.B. Gewerkschaften und Kammern), das Kollektivvertragsrecht, das Ar- beiterkampfrecht (z.B. Streik) und das Betriebsverfassungsrecht (Inte- ressenvertretung der Arbeitnehmer im Unternehmen, „Mitsprache- möglichkeiten“ in betrieblichen Angelegenheiten; vor allem durch Be- triebsvereinbarungen) umfasst.2
1.2.1 Funktionen des Arbeitsrechts
Die wichtigsten Funktionen des Arbeitsrecht sind:
- Die Schutzfunktion (Hauptfunktion): Sorgt für die Gewährleistung gerechter Arbeitsbedingungen durch zwingende Mindestarbeitsbe- dingungen und Bedingungen zum Schutz der Arbeitnehmer vor ar- beitsbezogenen Gefahren.
- Die Ausgleichsfunktion: Zielt auf den gerechten Ausgleich der Inte- ressen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ab.
- Die Friedensfunktion: Durch das kollektive Arbeitsrecht soll das Ent- stehen sozialer Konflikte (z.B. Streiks) vermieden bzw. bestehende Konflikte gelöst werden.2
1.2.2 Rechtswirkungen arbeitsrechtlicher Normen
Um der im Kapitel zuvor erwähnten Schutzfunktion gerecht zu werden, sind die meisten arbeitsrechtlichen Normen mit sogenannten einseitig zwin- gendem Recht ausgestattet. Das bedeutet, dass arbeitsrechtliche Normen nur zum Vorteil, aber niemals zum Nachteil der Arbeitnehmer abgeändert werden können (Günstigkeitsprinzip).4 In diesem Zusammenhang wird auch von der Unabdingbarkeit der entsprechenden Bestimmungen gespro- chen.3
Nachgiebiges (dispositives) Recht: Darunter werden Rechtsnormen ver- standen, die keine zwingende Wirkung besitzen. Von diesen kann sowohl zum Vorteil als auch zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden.3
Auch gibt es Normen, die als zweiseitig zwingendes Recht ausgestaltet sind. Diese können weder zum Vorteil noch zum Nachteil des Arbeitnehmers abgeändert werden (absolut zwingendes Recht, z.B. das Betriebsverfas- sungsrecht).4
Die sogenannten Zulassungsnormen haben einen ähnlichen Charakter wie das dispositive Recht. Löschnigg erklärt diese wie folgt: „Durch diesen Nor- mentyp werden zumindest drei unterschiedliche Rechtsquellenebenen an- gesprochen. Eine Norm der ersten Ebene ermächtigt eine nachgeordnete Rechtsquelle (2. Ebene), von der Norm der ersten Ebene abweichende Re- gelungen durch weiter nachgeordnete Rechtsquellen (3. Ebene) zulassen.
1.2.3 Stufenbau der Arbeitsrechtordnung
In einem Rechtstaat haben Rechtsquellen verschiedenen Rang und stehen in einem Bezugsverhältnis. Durch das Einbeziehen der spezifischen Arbeits- rechtsquellen führt dies zu jenem Schema, das in Abbildung 1 dargestellt ist.5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Stufenbau der Arbeitsrechtsordnung
2 Arbeitszeit und Normalarbeitszeit
2.1 Das Arbeitszeitrecht
Das Arbeitszeitrecht ist Teil des Arbeitnehmer-Schutzrechts und dient in ers- ter Linie der Verhinderung einer gesundheitsgefährdende übermäßigen In- anspruchnahme des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Für diesen Zweck sieht es zahlreiche Beschränkungen „zulässiger Arbeit“ in zeitlicher Hinsicht vor. Rechtsgrundlage des Arbeitszeitrechts sind dabei vor allem das Arbeitszeitgesetz (AZG) und das Arbeitsruhegesetz (ARG).6
In personeller Hinsicht ist das AZG nur für jene Arbeitnehmer gültig, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Der § 1 Abs 2 AZG listet jedoch zahlreich Ausnahmen von seinem Anwendungsbiet auf, wie beispielsweise „leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind“. Das ARG ist hingegen für Arbeitnehmer aller Art gültig.7
2.2 Arbeitszeit
Arbeitszeit ist nach § 2 Abs 1 Z 1 AZG definiert als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. Die Arbeitszeit beginnt am Zeit- punkt, an dem der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Da- her zählen Wegzeiten, also Zeiten, die ein Arbeitnehmer für den Weg zu seinem Arbeitsplatz und zurück benötigt, nicht zur Arbeitszeit.10 Der Begriff der Arbeitszeit erfasst auch Zeiten der geringeren Arbeitsintensität, in denen ein Arbeitnehmer nicht die volle Arbeitsleistung zu erbringen hat.8
Nach § 2 Abs 2 AZG ist Arbeitszeit auch „die Zeit, während der ein im übri- gen im Betrieb Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird. Werden Arbeitnehmer von mehreren Arbeitgebern beschäftigt, so dürfen die einzelnen Beschäfti- gungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht über- schreiten“.9
Die Tagesarbeitszeit ist jene Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von 24 Stunden.10
Unter Wochenarbeitszeit versteht das Gesetz die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraums von Montag bis inklusive Sonntags.10
2.3 Normalarbeitszeit
Ist jene Arbeitszeit, welche ein Arbeitnehmer in einem Vollzeitarbeitsverhält- nis typischerweise zu leisten hat und beträgt 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche.12 Sie ist jene Arbeitszeit, die keine Überstundenarbeit darstellt.11
Häufig wird jedoch die wöchentliche Normalarbeitszeit durch den Kollektiv- vertrag auf 38 oder 38,5 Stunden vermindert. Die Differenz zwischen der kollektivvertraglichen und der gesetzlichen Normalarbeitszeit für Vollzeitbe- schäftigte wird als Mehrarbeitszeit (sogenannte Differenzstunden) bezeich- net (wird im Detail in Kapitel 4 Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschlag erläu- tert).12
Nach § 3 Abs 1 AZG darf die tägliche und wöchentliche Normalarbeitszeit nicht überschritten werden. Davon kann insbesondere in folgenden Fällen Abweichungen:
- Andere Verteilung der Normalarbeitszeit
- Arbeitsbereitschaft
- Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit durch Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag
- Gleitzeit
- Berechtigte Anordnung von Überstunden12,13
2.4 Höchstgrenzen der Arbeitszeit
Der § 9 AZG sieht als Höchstgrenzen grundsätzlich eine Tagesarbeit von zehn Stunden und eine Wochenarbeitszeit von 50 Stunden vor.
[...]
1 (Radner, Jud, & Hauser, 2005, S. 37ff)
2 (Eichinger, Kreil, & Sacherer, 2012, S. 23ff)
3 (Radner, Jud, & Hauser, 2005, S. 38ff)
4 (Eichinger, Kreil, & Sacherer, 2012, S. 24ff)
5 (Löschnigg, 2011, S. 93ff)
6 (Eichinger, Kreil, & Sacherer, 2012, S. 139)
7 (Brodil, Risak, & Wolf, 2011, S. 117ff)
8 (Brodil, Risak, & Wolf, 2011, S. 117ff)
9 § 2 Abs 2 AZG
10 (Radner, Jud, & Hauser, 2005, S. 336ff)
11 (Brodil, Risak, & Wolf, 2011, S. 119)
12 (Eichinger, Kreil, & Sacherer, 2012, S. 139ff)
13 (Löschnigg, 2011, S. 408ff)