Lade Inhalt...

Megalithgräber in Mitteleuropa - Der Tod im Jung- und Spätneolithikum

©2011 Hausarbeit 13 Seiten

Zusammenfassung

"Wo unsere ältesten Urkunden, sei es, daß man sie auf Pergament geschrieben oder in Stein
gemeißelt hat, zu berichten aufhören, da fragt die Vorgeschichtsforschung mit dem Spaten bei der
Mutter Erde an - und sie antwortet, wenn man ihr Blatt für Blatt in geduldiger Spatenarbeit die
Antwort abzwingt."(1)
Dieser für die Archäologie stellvertretende Satz krönt auch die Forschungen, zu denen die
vorliegende Arbeit Stellung bezieht, denn weltweit stoßen wir auf die Überreste von
Megalithgrabkulturen, die sich nicht unter einem Banner führen lassen.
So finden wir 1000 Jahre vor der zu betrachtenden Zeit in Nordostfrankreich eine ebenfalls unter
großen Steinen beerdigende Kultur. Viele Dekaden später auch in Italien und sogar in Südamerika.
Unabhängig voneinander führt die Begrabenden nur ein Faktum zusammen. Sie wollten das Prinzip
der kollektiven Bestattung von Menschen, welches Schicksal diese auch immer zusammengeführt
hat, möglichst monumental, unter Zuhilfenahme von großen Steinblöcken, oberirdisch für eine
lange Zeit festhalten und das Andenken an die Verstorbenen bewahren.
Allerdings scheint für die Gesellschaft der Lebenden der einzelne Tote nicht im Vordergrund zu
stehen. Sein Einzug in eine Art Totenreich, mindestens jedoch in eine Ahnenreihe als namenloser
Vorfahre der Sippe, war wesentlich wichtiger. Deswegen sind die Megalithgräber auch
Kollektivgräber.
Weiterhin ist ein interessanter Fakt bei den Knochenfunden zu beobachten.
Generell kann man von einer relativ schlechten Befundlage ausgehen, sehr viele Gebeine sind nur
in Bruchstücken erhalten. Es wirkt jedoch fast auffällig, dass, sobald die Überreste entweder in eine
sehr kalkige Sandschüttung eingebettet waren oder auch nur auf Kalksteinen lagen, meist sehr
wenig vom Verfall berührt wurden.
Diesen Aussagen und Beobachtungen soll die folgende Ausarbeitung Hand und Fuß verleihen. [...]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1.)Einleitung
1.1.)Mitteleuropäische Großsteingräber im gesamteuropäischen Kontext
1.2.)Forschungs- und Zerstörungsgeschichte - ein Auszug
1.3.)Räumliche und zeitliche Einordnung der Gräber

2.)Die Normalformen
2.1.)Der Urdolmen
2.1.a)Der Urdolmen mit Einstieg von oben durch Deckplatten (/eine Deckplatte)
2.1.b)Der Urdolmen mit seitlichem Einstieg über eine Deckplatte
2.1.c)Der Urdolmen mit seitlichem Einstieg durch einen Gang
2.2.)Der erweiterte Dolmen
2.2.a)Der erweiterte Dolmen mit seitlichem Einsteig durch eine Türplatte
2.2.b)Der erweiterte Dolmen mit seitlichem Einstieg durch eine Lücke
2.2.c)Der erweiterte Dolmen mit einem kurzen Einstiegsgang
2.3.)Der Großdolmen
2.3.a)Der Großdolmen mit Einstieg durch eine Lücke oder mithilfe einer Deckplatte
2.3.b)Der Großdolmen mit Einstieg durch einen Gang an der Vorderseite
2.3.c)Der Großdolmen mit Einstieg durch einen Vorraum oder seitlichen Gang
2.4.)Das Ganggrab
2.5.)Das Hünenbett
2.6.)Die Steinkiste

3.)Die Architektur der Großsteingräber

4.)Spezieller Umgang mit den Toten
4.1.)Brandspuren
4.2.)Überlegungen zu Totenkult und Religion

5.)Zusammenfassung und Schlussbemerkungen

6.)Literaturangabe

1.)"Wo unsere ältesten Urkunden, sei es, daß man sie auf Pergament geschrieben oder in Stein gemeißelt hat, zu berichten aufhören, da fragt die Vorgeschichtsforschung mit dem Spaten bei der Mutter Erde an - und sie antwortet, wenn man ihr Blatt für Blatt in geduldiger Spatenarbeit die Antwort abzwingt."1

Dieser für die Archäologie stellvertretende Satz krönt auch die Forschungen, zu denen die vorliegende Arbeit Stellung bezieht, denn weltweit stoßen wir auf die Überreste von Megalithgrabkulturen, die sich nicht unter einem Banner führen lassen.

So finden wir 1000 Jahre vor der zu betrachtenden Zeit in Nordostfrankreich eine ebenfalls unter großen Steinen beerdigende Kultur. Viele Dekaden später auch in Italien und sogar in Südamerika. Unabhängig voneinander führt die Begrabenden nur ein Faktum zusammen. Sie wollten das Prinzip der kollektiven Bestattung von Menschen, welches Schicksal diese auch immer zusammengeführt hat, möglichst monumental, unter Zuhilfenahme von großen Steinblöcken, oberirdisch für eine lange Zeit festhalten und das Andenken an die Verstorbenen bewahren.

Allerdings scheint für die Gesellschaft der Lebenden der einzelne Tote nicht im Vordergrund zu stehen. Sein Einzug in eine Art Totenreich, mindestens jedoch in eine Ahnenreihe als namenloser Vorfahre der Sippe, war wesentlich wichtiger. Deswegen sind die Megalithgräber auch Kollektivgräber.

Weiterhin ist ein interessanter Fakt bei den Knochenfunden zu beobachten.

Generell kann man von einer relativ schlechten Befundlage ausgehen, sehr viele Gebeine sind nur in Bruchstücken erhalten. Es wirkt jedoch fast auffällig, dass, sobald die Überreste entweder in eine sehr kalkige Sandschüttung eingebettet waren oder auch nur auf Kalksteinen lagen, meist sehr wenig vom Verfall berührt wurden.

Diesen Aussagen und Beobachtungen soll die folgende Ausarbeitung Hand und Fuß verleihen.

1.1.)Die in Deutschland vorkommenden Großsteingräber "[...] reihen sich ein in ein nordmitteleuropäisches Phänomen jungsteinzeitlicher Megalithanlagen."2 Es sind unzählige Grabanlagen dieser Art überliefert, teilweise mit reichhaltigen Opferungen. Bernsteinartefakte und Keramikgefäße sind keine Seltenheit. All dies lässt auf eine vorher nie gekannte Materialisierung schließen, die sich ab ca. 3600v.Chr. von Skandinavien bis nach Mitteldeutschland niederschlug.

Den Beginn setzen überall kleine Urdolmen, meist mit vier Trägern und einem Deckstein. Die dazwischen entstandene Kammer bot den Toten Platz. Relativ schnell entbrannte der Drang nach etwas mehr Exorbitanz und der erweiterte Dolmen trat hervor, aus ihm entwickelten sich die Großdolmen, sowohl als auch Ganggräber und Hünenbetten.

Überall in Mitteleuropa wurden neue, lokale Sonderformen geprägt. Zum Beispiel sehr lange, sehr komplexe oder sehr reich verzierte Gräber.

1.2.)Die wissenschaftliche Erforschung der Großsteingräber ist eine noch sehr junge Disziplin, deren Wurzeln allerdings bis ins hohe Mittelalter hineinreichen. Damals hielt man die Dolmen für von Riesen geformte Steinhaufen. Bei der Zerstörung der Anlagen entdeckte man jedoch beträchtliche Mengen an Menschenknochen. Dies führte zur Zerstreuung des Irrglaubens und zur allgemeinen Auffassung, dass es einfache, heidnische Gräber seien.

Um 1750 wandelte sich die Gesellschaft und es bildete sich die Idee eines geeinten Vaterlandes heraus. Also wurden die Dolmen zu "uralten Heldengräbern der alten Deutschen."3 Einhundert Jahre später, nachdem man bereits viele dieser Anlagen in einem falschen Forschungswahn zerpflückt hatte, begann die systematische Katalogisierung dieser unter wissenschaftlichen Aspekten.

Trotz aller Bemühungen wurden die Steine im 19. Jahrhundert zerkleinert und für Straßen- und Häuserbauprojekte verwendet oder aber wenigstens abtransportiert, um die Böden unter Ihnen urbar zu machen.

Heute ist nur ein sehr kleiner Fundus der einst so zahlreichen Megalithanlagen übrig geblieben, immerhin werden diese von vielen Schutzgesetzen behütet.

1.3.)Die räumliche Einordnung der Gräber entspricht der Verbreitung der jungneolithischen

Megalithgrabkultur. "Im Norden schließen die weiten Gebiete Mecklenburg-Vorpommerns. die Unterelbe, schließlich die dänischen Inseln an. Hier erkennen wir das trichterbecherzeitliche Zentrum der Megalithik mit Urdolmen, erweiterten Dolmen und Ganggräbern; die altmärkischen Großsteingräber gehören zur südlichen Verbreitungsgrenze dieses neolithischen Innovationszentrums."4

Es wäre hinzuzufügen, dass der Südliche Ausläufer des heutigen Schwedens ebenfalls ein Verbreitungsgebiet der Kultur darstellte und die diese sich im Osten fast bis ans westliche Dnjeprufer erstreckte.

Die zu besprechenden Gräber in diesem Verbreitungsgebiet gehören der Trichterbecherkultur an, einer jungneolithischen Bauerngesellschaft. Der Name leitet sich von den typischen trichterförmig zulaufenden Keramikbechern ab, die in dieser Zeit geschaffen wurden.

2.)Man kann die Dolmen in vier Großgruppen einteilen. Dies sind Urdolmen, erweiterte Dolmen, Großdolmen und Polygonaldolmen. Die Unterscheidungsmerkmale sind Kammergröße in Verbindung mit der Anzahl der Träger- und Decksteine, die Aufstellung dieser und die Kammerform.

Es existieren viele Sonderfälle, bei denen sich die Klassen vermischen. Etwas unbekümmert ist die Einordnung von kleinen Gräbern mit Einstiegen unter die Gruppe der Urdolmen, obwohl diese Bezeichnung im ursprünglichen Sinne nur für die allseitig geschlossenen Kammern gedacht war. Allerdings hat sich dies im wissenschaftlichen Sprachgebrauch durchgesetzt und ist momentan nicht mehr wegzudenken.

2.1.)Unter diese Bezeichnung fallen die kleineren, rechteckigen Grabkammern, häufig nicht länger als zwei Meter, nicht breiter als einen Meter und nie höher als einen Meter. Diese so entstandenen Steinkammern waren mit einem Deckstein versehen. Die Dielen waren mit Steinplatten ausgelegt und mit Lehmestrich überzogen. Weiterhin ist für Urdolmen die typische Aufstellung der Wandsteine ausschlaggebend. Diese sind stets liegend, das bedeutet mit der flachen Seite nach innen, aufgestellt. Damit ist ihre Basis größer als ihre Höhe. Für diese Grabform gibt es einen Prototypen, der bereits genannt wurde. Als Vorläufer können die rundum verschlossenen Einzelgräber gelten, die wir am häufigsten in Südskandinavien vorfinden. 5

2.1.a)Die ursprünglich als Einzelgräber gedachten Urdolmen wurden sehr bald für Mehrfachbestattungen genutzt. Deswegen fügte man diesen Gräbern eine Einstiegsplatte hinzu, damit man jederzeit einfacher an die Totenkammer gelangen konnte. Diese Platten sind nie mehr als einen Meter lang und breit und 25 Zentimeter hoch, sodass sie bequem von zwei kräftigen Menschen zu bewegen waren. 6

Starb also ein Mensch, wurde das Sippengrab von oben geöffnet, die Gebeine der verwesenden oder skelettierten Vorfahren beiseite geschoben und der Entschwundene im intakten Körperverbund hineingelegt.

2.1.b)Die Funktion dieser Dolmen entspricht der ersteren, jedoch fehlt an einer Schmalseite der Schlussstein. An seiner Stelle ist ein unterschiedlich hoher Schwellenstein eingelassen, über den man in die kleine Kammer hinabsteigen kann, um das Grab bei Bedarf immer wieder erneut öffnen zu können.

Viele Urdolmen mit seitlichem Einstieg sind über zwei Meter lang, bis zu 1,6 Meter breit und durchschnittlich 1,2 Meter hoch. Damit haben sie sich nach kurzer Entwicklungszeit schon von dem einfachen Totenhaus entfernt.7

[...]


1 M. M. Lienau, Über Megalithgräber und sonstige Grabformen der lüneburger Gegend. In: G. Kossina (HG.). Mannus = Bibliothek. Band 13. (Würzburg 1914) 1

2 H. Meller (HG.), Großsteingräber der Altmark. (Halle/Saale 2006) 22

3 nach H. Meller (HG.), Großsteingräber der Altmark. (Halle/Saale 2006) 17

4 H. Meller (HG.), Großsteingräber der Altmark. (Halle/Saale 2006) 22

5 nach E. Schuldt, Die mecklenburgischen Megalithgräber. (Berlin 1972) 23

6 nach J. Roß, Megalithgräber in Schleswig-Holstein. (Hamburg 1992) 13

7 nach E. Schuldt, Die mecklenburgischen Megalithgräber. (Berlin 1972) 19

Details

Seiten
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783656338604
ISBN (Buch)
9783656339687
DOI
10.3239/9783656338604
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg – Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas
Erscheinungsdatum
2012 (Dezember)
Note
2,7
Schlagworte
megalithgräber mitteleuropa jung- spätneolithikum
Zurück

Titel: Megalithgräber in Mitteleuropa - Der Tod im Jung- und Spätneolithikum