Zum Zeitpunkt der Anfertigung dieser Arbeit lag der Beginn der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ungefähr drei Jahre zurück. Im Juli 2007 kam es zur Herabstufung einer großen Zahl von Wertpapieren, die mit Forderungen aus Hypothekenkrediten besichert waren, durch Rating-Agenturen und infolgedessen gerieten Banken, die stark im Immobiliengeschäft involviert waren, in finanzielle Nöte, in Deutschland z. B. die IKB und verschiedene Landesbanken. Im September 2008 spitzte sich die Finanzkrise dann zu, als Lehman Brothers in den USA insolvent wurde und in Deutschland die Hypo Real Estate verstaatlicht werden musste. Der Staat musste in vielen Industrieländern mit Milliarden Euro teuren Hilfspaketen den kriselnden Finanzmarkt stützen und trotzdem war das Vertrauen der Banken untereinander gering, sodass ein Einbruch des Kreditgeschäfts zum Nachteil der sog. „Realwirtschaft“ drohte.
Im wissenschaftlichen Diskurs wird in nun vor allem in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verstärkt Literatur zur Aufarbeitung dieser Krise veröffentlicht. Diese Arbeit möchte den Fokus zum einen auf die Folgen der Krise auf die Arbeitsmärkte in Europa legen – haben die großen Bankenrettungspakete dazu geführt, dass der Politik die Ressourcen für konjunktur- und damit arbeitspolitische Maßnahmen fehlten? Der zweite Aspekt der Arbeit liegt in der Frage, ob die EU bzw. ihre Mitgliedstaaten ihre hochgesteckten beschäftigungspolitischen Ziele, die dazu führen sollten, dass die EU der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der Welt wird , erreichen konnte und welche Unterschiede es in den nationalen Arbeitsmärkten noch gibt.
Ausgehend von der EU-Beschäftigungspolitik, die zunehmend Einfluss auf die national-staatliche Arbeitspolitik ausübt, indem sie bestimmte Zielvorgaben für die Beschäftigungsindikatoren macht, wird dann im empirischen Teil an Hand der Beschäftigungs- und Arbeitslosenquoten sowie des durchschnittlichen Erwerbsaustrittsalters untersucht, ob diese Ziele erreicht werden und ob die weltumspannende Krise große Auswirkungen hatte. Das Ziel der Arbeit ist also zum einen, die Arbeitsmarktdaten der EU-Mitgliedstaaten zu vergleichen, und zum anderen, die Auswirkungen der weltweiten Krise zu ermitteln.
Gliederung:
1 Einleitung
2 Die EU-Beschäftigungspolitik
2.1 Allgemeine politische Ziele der EBS
2.2 Konkrete Beschäftigungsziele
3 Arbeitsmarktdaten der EU-Staaten
3.1 Die Beschäftigungsquote (BQ) im europäischen Vergleich
3.2 Arbeitslosenquoten im europäischen Vergleich
3.3 Durchschnittliches Erwerbsaustrittsalter
4 Fazit
5 Quellenverzeichnis
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Internetquellen
1 Einleitung
Zum Zeitpunkt der Anfertigung dieser Arbeit lag der Beginn der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ungefähr drei Jahre zurück. Im Juli 2007 kam es zur Herabstufung einer großen Zahl von Wertpapieren, die mit Forderungen aus Hypothekenkrediten besichert waren, durch Rating-Agenturen und infolgedessen gerieten Banken, die stark im Immobiliengeschäft involviert waren, in finanzielle Nöte, in Deutschland z. B. die IKB und verschiedene Landesbanken. Im September 2008 spitzte sich die Finanzkrise dann zu, als Lehman Brothers in den USA insolvent wurde und in Deutschland die Hypo Real Estate verstaatlicht werden musste. Der Staat musste in vielen Industrieländern mit Milliarden Euro teuren Hilfspaketen den kriselnden Finanzmarkt stützen und trotzdem war das Vertrauen der Banken untereinander gering, sodass ein Einbruch des Kreditgeschäfts zum Nachteil der sog. „Realwirtschaft“ drohte.[1]
Im wissenschaftlichen Diskurs wird in nun vor allem in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verstärkt Literatur zur Aufarbeitung dieser Krise veröffentlicht. Diese Arbeit möchte den Fokus zum einen auf die Folgen der Krise auf die Arbeitsmärkte in Europa legen – haben die großen Bankenrettungspakete dazu geführt, dass der Politik die Ressourcen für konjunktur- und damit arbeitspolitische Maßnahmen fehlten? Der zweite Aspekt der Arbeit liegt in der Frage, ob die EU bzw. ihre Mitgliedstaaten ihre hochgesteckten beschäftigungspolitischen Ziele, die dazu führen sollten, dass die EU der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der Welt wird[2], erreichen konnte und welche Unterschiede es in den nationalen Arbeitsmärkten noch gibt.
Ausgehend von der EU-Beschäftigungspolitik, die zunehmend Einfluss auf die national-staatliche Arbeitspolitik ausübt, indem sie bestimmte Zielvorgaben für die Beschäftigungsindikatoren macht, wird dann im empirischen Teil an Hand der Beschäftigungs- und Arbeitslosenquoten sowie des durchschnittlichen Erwerbsaustrittsalters untersucht, ob diese Ziele erreicht werden und ob die weltumspannende Krise große Auswirkungen hatte. Das Ziel der Arbeit ist also zum einen, die Arbeitsmarktdaten der EU-Mitgliedstaaten zu vergleichen, und zum anderen, die Auswirkungen der weltweiten Krise zu ermitteln.
2 Die EU-Beschäftigungspolitik
1997 wurden Fragen der Beschäftigung erstmals alleiniges Thema eines europäischen Gipfeltreffens. Zuvor kam es innerhalb der EU zu einer sog. „doppelten Post-Maastricht-Krise“. Diese bestand zum einen aus einer ökonomischen Krise mit drohender Rezession und steigender Arbeitslosigkeit und zum anderen aus einer Legitimationskrise der EU durch das Debakel bei der Ratifizierung des Maastricht-vertrages, den die dänische Bevölkerung im ersten Referendum abgelehnt hatte. 1997 wurden im Amsterdamer Vertrag erstmals Bestimmungen zu einer „Europäischen Beschäftigungspolitik“ erlassen und damit auch eine Europäische Beschäftigungs-strategie (EBS) festgelegt. Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten „auf die Entwicklung der Beschäftigungsstrategie hinzuarbeiten.“[3]
Die Schwierigkeiten der EBS ergeben sich aus den unterschiedlich verteilten Kompe-tenzen, die für Wirtschaftspolitik (EU-Kompetenz bei Binnenmarkt und Währungs-union) und nationalstaatlich geregelter Sozialpolitik gelten. Da es sich um eine soziologische Arbeit handelt, wird hier auf eine genauere Erläuterung dieser Kompetenzprobleme verzichtet. Im Ansatz wird eine gemeinschaftliche Beschäf-tigungspolitik verankert und die EU-Mitglieder verpflichtet, über ihre nationalen Beschäftigungsstrategien zu berichten. Rein formal bleibt die Beschäftigungspolitik aber eine nationalstaatliche Kompetenz, da auf harte Sanktionsmechanismen bei Nicht-Erreichen der EU-Ziele verzichtet wird und der Weg des Erreichens der gemeinsamen (europäischen) Zielvorgaben jedem Land frei steht.
2.1 Allgemeine politische Ziele der EBS
Die Ziele der EBS müssen in allgemeine politische Ziele zur Vertiefung der Integration und konkrete beschäftigungspolitische Ziele unterschieden werden. Zu den allgemeinen politischen Zielen gehören u.a.:
- Akzeptanzkrise der europäischen Integration durch Bekämpfen der Arbeitslosigkeit abschwächen
- Stärkere Transparenz und demokratische Mitwirkung
- Möglichst viele Akteure verschiedener Ebenen einbeziehen, um die „input-Legitimität“ der EBS zu steigern.
- Fähigkeit zu Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreformen erhöhen u.v.m.
Aus Platzgründen kann hier nicht auf alle Ziele eingegangen werden, zusammenfassend kann man sagen, dass die meisten der allgemeinen Ziele darauf abzielen, die Legitimation der EU-Institutionen zu erhöhen und die europäische Integration voranzutreiben.[4]
2.2 Konkrete Beschäftigungsziele
Als übergreifendes Ziel gilt ein hohes Beschäftigungsniveau. In den Lissabonner Zielen von 2000/2001 wurden eine Gesamtbeschäftigungsquote von 70 % bis 2010 und eine Frauenbeschäftigungsquote von 60 % bis 2010 angestrebt. In 2002 wurde auf dem Stockholmer Gipfel zusätzlich noch eine Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer (55-64 Jahre) von 50 % bis 2010 festgelegt.[5]
In den einzelnen beschäftigungspolitischen Leitlinien werden noch andere konkrete Ziele definiert, für 2004 bis 2008 u.a. „Vollbeschäftigung“, „Steigerung der Arbeitsplatzqualität und der Arbeitsproduktivität“, „Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Eingliederung“, „Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts“[6]. Außerdem wurden noch etwas konkretere Ziele bestimmt, z.B. soll jedem Arbeitslosen ein Neuanfang ermöglicht werden in Form einer Ausbildung, Umschulung, Berufserfahrung oder sonstigen Maßnahme, bis 2010 soll die durchschnittliche Schulabbrecherquote auf maximal 10 % abgesenkt werden und die Kinderbetreuung für Kleinkinder soll verbessert werden.[7]
Ob diese Ziele erreicht werden konnten oder durch die Wirtschaftskrise der letzten drei Jahre gefährdet sind, soll im nächsten Abschnitt anhand empirischer Daten überprüft werden.
[...]
[1] Vgl. IWH (2009): S. 5-7.
[2] Vgl. Stephan (2008): S. 25.
[3] Vgl. ebd., S. 44.
[4] Vgl. ebd.: S. 44f.
[5] Vgl. ebd.: S. 46.
[6] Vgl. ABI (2003b): S. 17, zit. nach ebd.
[7] Vgl. ABI (2005a): S. 27, zit. nach ebd.: S. 47.