Inhalt:
1. Bedeutung der Musik in der katholische Messe
2. Entwicklung der „Ordinarium Missae“ dargestellt anhand des Kyriesatzes
2.1 Allgemeines über die katholische Messe
2.2 Der Kyriesatz
2.3 Der Gregorianische Choral
2.4 Erstes Messordinarium in der Ars Nova
2.4.1 Der Kyriesatz der „Messe de Nostre Dame“ von Machaut
2.4.2 Formale Anlagen des Tenors
2.4.3 Analyse der restlichen Stimmen
2.4.4 Harmonik
2.5 Renaissance
2.5.1 Das Tridentiner Konzil als Barriere für eine freie Entwicklung des Ordinarium Missae
2.5.2 Der Kyriesatz in Palestrinas „Missa Papae Marcelli“
2.5.3 Harmonik
2.5.4 Aufbau und Satztechnik
2.5.5 Der Palestrina Stil
2.6 Romantik
2.6.1 Der Kyriesatz in Bruckners e-Moll-Messe
2.6.2 Aufbau und Satztechnik
2.6.3 Romantische Elemente in Bezug auf Rhythmik, Melodik und Harmonik
2.6.4 Dynamik
2.6.5 Textvertonung und Symbolik
2.7 Das Kyrie Heute
2.8 Die Kyriesätze im Vergleich
3. Ordinarium Missae als oktroyierte Messbegleitung?
Inhalt
1. Bedeutung der Musik in der katholische Messe
2. Entwicklung der „Ordinarium Missae“ dargestellt anhand des Kyriesatzes
2.1 Allgemeines über die katholische Messe
2.2 Der Kyriesatz
2.3 Der Gregorianische Choral
2.4 Erstes Messordinarium in der Ars Nova
2.4.1 Der Kyriesatz der „Messe de Nostre Dame“ von Machaut
2.4.2 Formale Anlagen des Tenors
2.4.3 Analyse der restlichen Stimmen
2.4.4 Harmonik
2.5 Renaissance
2.5.1 Das Tridentiner Konzil als Barriere für eine freie Entwicklung des Ordinarium Missae
2.5.2 Der Kyriesatz in Palestrinas „Missa Papae Marcelli“
2.5.3 Harmonik
2.5.4 Aufbau und Satztechnik
2.5.5 Der Palestrina Stil
2.6 Romantik
2.6.1 Der Kyriesatz in Bruckners e-Moll-Messe
2.6.2 Aufbau und Satztechnik
2.6.3 Romantische Elemente in Bezug auf Rhythmik, Melodik und Harmonik
2.6.4 Dynamik
2.6.5 Textvertonung und Symbolik
2.7 Das Kyrie Heute
2.8 Die Kyriesätze im Vergleich
3. Ordinarium Missae als oktroyierte Messbegleitung?
Bedeutung der Musik in der katholischen Messe
„David und das ganze Haus Israel tanzten und sangen vor dem Herrn mit ganzer Hingabe und spielten auf Zithern, Harfen und Pauken, mit Rasseln und Zimbeln.“[1]
Musik war bereits in vorchristlichen Zeiten ein wichtiger Bestandteil im Dienst an Gott, wie in der anfangs zitierten Bibelstelle deutlich wird, die von der Überführung der Bundeslade berichtet. Man pries und lobte Gott aus Dank für empfangene Wohltaten. Bis heute spielt diese Art von Lobpreismusik in allen christlichen Konfessionen eine große Rolle; für Katholiken sind jedoch vor allem die vertonten Gebete der heiligen Messe, das so genannte „Ordinarium Missae“, besonders wichtig, da die katholische Messe „als bleibende Mitte des Lebens der Kirche“ und „Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens“[2] gilt. Die Kirchenmusik (musica sacra) soll dabei die Gläubigen näher in die Gegenwart Gottes bringen, etwas von seiner Größe und Majestät erzählen und „die Würde und Feierlichkeit der Liturgie“[3] steigern.
Entwicklung der „Ordinarium Missae“ dargestellt anhand des Kyriesatzes
Zunächst werden nun einige Informationen über die katholische Messe und den Kyriesatz gegeben, anschließend die Vertonung des Kyriesatzes durch verschiedene Epochen hinweg näher betrachtet wird. Die Entwicklung wird ab dem frühen Mittelalter über die Renaissance und Romantik bis heute gezeigt, wobei als erstes Beispiel ein Gregorianischer Choral und der Kyriesatz aus Machauts Messe „Nostre Dame“, anschließend für die Renaissancezeit der Kyriesatz aus Palestrinas „Misse Papae Marcelli“ und für die Romantik ebenfalls der erste Satz der E-Moll-Messe von Bruckner ausgewählt wurden. Abschließend wird an einem Beispiel aus einem Gottesdienstbuch, welches gegenwärtig in Gebrauch ist, deutlich gemacht, dass im Verlauf der Zeit zur gregorianischen Einfachheit zurückgekehrt wurde.
Allgemeines über die Messe
„Heilige Messe“ oder „Eucharistiefeier“ ist der gebräuchliche Name für die Wortverkündung, das heißt der Lesungen aus Altem und Neuem Testament, und der Eucharistiefeier[4]. Die Bezeichnung „Messe“ kommt vom lateinischen „ite, missa est“ (dt.: „Gehet hin, ihr seid gesendet“) - die Aufforderung des Priesters an das Volk nach dem Schlusssegen - und wird seit dem 5. Jahrhundert in der westlichen katholischen Kirche für den Gottesdienst verwendet. „Im eingeschränkten Sinn wird der Begriff für die kompositorische Gestaltung des Gottesdienstes“[5] gebraucht.
In einer Messe, die dem Ordo Missae, einem festen Ablauf, unterliegt, wird zum Einen zwischen drei verschiedenen Satzarten unterschieden. Während die Propriumsätze, zu denen das Introitus, Graduale, Alleluja, Offertorium und Communio gezählt werden, je nach Anlass wechseln, kommen die Ordinariumsätze bei jeder heiligen Messe textgleich vor. Zu diesen Sätzen gehören die fünf folgenden feststehenden Teile: Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei. Wenn in einer Messe nicht nur die festen Ordinariumsätze, sondern zudem auch alle Propriumsätze beinhaltet sind, nennt man diese „Plenormesse“. Da eine Propriumvertonung, die älter als die des Ordinariums ist, nur an einem Tag im Jahr, wie zum Beispiel das „Alleluja“ an Ostern, verwendet werden kann, fing man an, überwiegend die festen Teile zu vertonen. Aus diesem Grund existiert heute eine Vielzahl an Ordinarium-Kompositionen, die durch die Jahrhunderte verschiedenen Strömungen ausgesetzt waren.
Zum Anderen wird zwischen einer schlichten Missa Brevis und einer feierlichen Missa Solemnis, die an Hochämtern, wie Bischofs- oder Pontifikalämtern, eingesetzt wird, unterschieden.
Im Mittelalter wurden zunächst vom Ordinarium nur Einzelsätze vertont, die im 14. Jahrhundert zu Zyklen zusammengestellt wurden. Ein fünfstimmiges Ordinarium wurde erst im 15. bis 16. Jahrhundert zur Regel[6].
Grundsätzlich überschreiten nur wenige Messen das Zeitmaß von fünfundvierzig Minuten.
Der Kyriesatz
Der Text „Kyrie elѐison, Christe elѐison, Kyrie elѐison“ (dt.: „Herr, erbarme Dich; Christus, erbarme Dich; Herr, erbarme Dich“) war bereits in vorchristlichen Zeiten als Huldigungs- und Beschwichtigungsruf für Könige und Kaiser gebräuchlich. Der „Kyriesatz“ drückt also „die dreifache Bitte um Barmherzigkeit“[7] aus. Indem die junge Kirche Jesus Christus als ihren „Kyrios“ (dt. „Herr“) anruft, will sie zum Ausdruck bringen, dass dieser ihr König und Herr ist, dem sie dienen und nachfolgen wolle: „Jesus Christus ist der Herr“[8]. Neben dem bittenden Charakter bekommt somit dieser dreiteilige Ruf auch einen bekennenden und zujubelnden Ton. Da der Text ausgesprochen kurz und schlicht ist, wird deutlich, dass bei der Vertonung eines solchen Satzes musikalische Parameter im Vordergrund stehen.
Das Kyrie ist der Eröffnungssatz der katholischen Messe, kommt somit direkt nach dem Gruß des Priesters an die Gemeinde, und wird manchmal durch eine Litanei ersetzt.
Der Gregorianische Choral
Der heute noch praktizierte einstimmige, lateinische Gesang wird nach Papst Gregor ǀ, der von 590 bis 604 amtierte, auch „Gregorianischer Choral“ genannt[9]. Dieser sammelte und ordnete alle Texte und gründete in Rom eine spezielle Sängerschule, die Schola Cantorum, welche die Sänger eigens für dars Singen der Choräle schulte. Charakteristisch für Choräle ist die syllabische, beziehungsweise die melismatische Textvertonung, wobei diese ganz im Dienste der Textdarstellung steht, das heißt der Text bestimmt Rhythmus und Melodie. Es gibt dabei weder Takteinteilung noch metrische Schwerpunktbildung. Die Gregorianischen Melodien bewegen sich im Rahmen der Diatonik und statt der uns heute bekannten Tonarten verwendet man so genannte Kirchentonarten. Im Mittelalter gibt es zudem nur den Versuch einer Aufzeichnung durch Neumen, der lediglich die Richtung der Melodie sichtbar machen sollte. Die sogenannte Quadratnotation findet man auch heute noch in den Stundenbüchern der katholischen Kirche[10].
Das vorliegende Beispiel, dessen Komponist anonym blieb, wie nicht untypisch für diese Zeit, ist ein Kyriesatz in dieser Notation. Es steht in lydisch, da der Rezitationston c und die Finalis f ist. Auffallend ist, dass am Ende das „Kyrie elѐison“ in leicht abgeänderter Form nochmals wiederholt wird und sich somit die Form ABCC` ergibt. Das Wort „elѐison“ wird in allen vier Abschnitten auf die gleiche Melodie gesungen. Der Choral besteht aus einem Wechsel zwischen syllabisch und melismatisch vertonten Stellen, wie im Folgenden gezeigt wird. Der Tonambitus umschließt eine Oktave und obwohl nicht viele Sprünge vorhanden sind, ist der Choral aufgrund vieler Melismen nicht einfach zu singen. Die Betonung liegt, bei den Wörtern „Kyrie“ und „Christe“, denn über diesen Worten erstreckt sich jeweils ein langes Melisma. Die Doppelstriche, die man in dem Notenbeispiel sehen kann, stammen nicht aus der Originalschrift, sondern wurden vom Herausgeber eingefügt. Am Anfang steht ein C-Schlüssel.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die blau eingefärbten Stellen verdeutlichen die melismatisch vertonten Partien. Nicht eingefärbt sind die wenigen syllabischen Stellen.[11]
Erstes Messordinarium in der Ars Nova
Auf die Ars Antiqua folgt die Epoche der Ars Nova, die etwa die Zeit von 1320 bis 1380 umfasst und ihr Zentrum in Paris hatte. Nun werden statt der Propriumteile häufig die Ordinariumteile der Messe mehrstimmig gesetzt, wobei stets Einzelsätze, nur selten komplette Ordinarien komponiert wurden. Für den Tenor der textarmen Sätze, wie Kyrie und Agnus Dei, wird oft ein Choral als Vorlage verwendet, dieser wird ordiniert, das heißt ihm liegt ein rhythmisches (talea) oder melodisches (color) Modell zu Grunde. Ebenso haben alle Stimmen den gleichen Text. Ein weit verbreitetes Verfahren zur Strukturierung der musikalischen Verläufe in dieser Zeit war die Satztechnik der Isorhythmik und Isoperiodik. Bei der Isorhythmik wird eine rhythmische Struktur mehrfach wiederholt, wobei sich die Tonhöhe verändern kann. Isoperiodik bedeutet, dass lediglich der Periodenbau über den einzelnen Tenorabschnitten aufeinander abgestimmt wird[12]. Die Musik ordnet sich somit, noch mehr als beim Choral, dem Text unter.
Zur Aufzeichnung wurde die sogenannte Mensuralnotation verwendet, bei der es die folgenden Arten der Teilung gab: die ternäre (perfekte) und die binäre (imperfekte) Teilung. Notationstechnisch wird die jeweilige Teilungsart entweder durch Farbwechsel der Noten (rot statt schwarz) oder durch spezielle Mensurzeichen angegeben[13]. Als dissonante Zusammenklänge galten in dieser Epoche auch Terzen und Sexten. Das im Anhang angegebene Notenbeispiel ist nicht in der Mensuralnotation verzeichnet, sondern in die heutige Notation übertragen.
Die Komponisten in der Ars Nova waren nicht mehr anonym, wie im Mittelalter, sondern oft „zugleich Dichter und welterfahrene, hochverehrte Persönlichkeiten“[14]. Philippe de Vitry (1291-1361) und Guillaume de Machaut (um 1300-1377) waren die zwei bekanntesten Komponisten ihrer Zeit.
Der Kyriesatz in der „Messe de Nostre Dame“ von Machaut
Dem zuletzt Genannten wird die vierstimmige „La Messe de Nostre Dame“ zugeschrieben, die „vermutlich das früheste vollständig vertonte Messordinarum aus der Hand nur eines Komponisten“[15] ist. Machaut ist einer der bedeutendsten Dichter-Komponisten im 14. Jahrhundert und hat „weitreichenden Einfluss“[16] ; er wird 1300 in Reims oder Machaulot in der Champagne geboren, ist ab 1323 im Dienst des böhmischen Königs Johann von Luxemburg und ab 1340 Kanoniker in Reims, wo sich die Marienkapelle „Nostre Dame“ befindet, der die gleichnamige Messe gewidmet ist. In seinem bewegten Leben unternimmt Machaut zahlreiche Reisen durch Europa. 1377 stirbt er in Reims[17].
[...]
[1] Bibel, 2 Samuel 6,5
[2] Katechismus der katholischen Kirche, S. 364 und S. 369
[3] dtv-Atlas Musik, S. 293
[4] vgl. Katechismus der katholischen Kirche, S. 370
[5] Schülerduden Musik, S. 254
[6] vgl. dtv-Atlas Musik, S. 129
[7] Sprache und Musik von Walther Dürr, S. 97
[8] Bibel, Phil 2,11
9 vgl. Sprache und Musik von Walther Dürr, S. 97
[10] vgl. dtv-Atlas Musik, S. 115 und S. 187
[11] http://www.meatunica.de/meatunica-34_gregorianik/meatunica-34_gregorianik.html
[12] vgl. dtv-Atlas Musik, S. 215
[13] vgl. dtv-Atlas Musik, S. 215 und S. 217
[14] dtv-Atlas Musik, S. 219
[15] Reclams Führer zur lateinischen Kirchenmusik von Michael Wersin, S.1 5
[16] Komponisten-Porträts, Bilder und Daten, Reclam, S. 15
[17] vgl. Komponisten-Porträts, Bilder und Daten, Reclam, S. 15