Die Zerstörung Hamburgs in Folge des Slawenaufstandes im Jahre 1066
Zusammenfassung
Den Auftakt des Hauptteils bildet die Darstellung der politischen Lage im Reich vor dem verheerenden Aufbegehren der Slawen. Im Besonderen wird auf den Charakter und die kirchenpolitischen Ambitionen Erzbischof Adalberts von Hamburg-Bremen eingegangen. In diesen Zusammenhang fallen auch Erläuterungen zur Politik des jungen Kaisers Heinrich III. sowie zur politischen und wirtschaftlichen Situation der Slawen. Die in jenem Teil recht ausführlich vorgenommene Beschreibung der politischen Ausgangslage zwischen den Slawen, der Kirche, dem Kaiser und der Stadt Hamburg soll zum besseren Verständnis des Aufstandes beitragen.
Im zweiten Teil wird dargelegt, wie sich die politische Lage im Reich zuspitzte und letztendlich in dem Slawenaufstand und der Zerstörung Hamburgs gipfelte. Im Anschluss daran werden die Konsequenzen für den politischen Status der Slawen, die Missionspläne des Erzbistums Hamburg-Bremen und die politische und wirtschaftliche Lage Hamburgs anhand von ausgewählten Textstellen erläutert.
Leseprobe
1. Einleitung
Im Jahre 1066 wurde Hamburg in Folge eines Slawenaufstandes bis auf die Grundmauern zerstört. Es war nicht das erste Mal, dass der Stadt an der Elbe dieses Schicksal widerfuhr. Dieses Mal sollten aber fundamentale wirtschaftliche und kirchenpolitische Folgen daraus erwachsen.1 In der vorliegenden Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, wie es im Jahre 1066 zu der Zerstörung Hamburgs kam und welche Konsequenzen dies für das Erzbistum Hamburg- Bremen, die Stadt Hamburg und die Slawen im Norden des Reiches hatte. Im Vorwege der eigentlichen Analyse wird zunächst auf die Quellenlage eingegangen. Im Besonderen werden die Hauptquellen von Adam von Bremen und Helmold von Bosau vorgestellt und auf ihre Glaubwürdigkeit hin beurteilt. Dies umfasst auch einen inhaltlichen Exkurs zu den Lebensläufen der Chronisten.
Den Auftakt des Hauptteils bildet die Darstellung der politischen Lage im Reich vor dem verheerenden Aufbegehren der Slawen. Im Besonderen wird auf den Charakter und die kirchenpolitischen Ambitionen Erzbischof Adalberts von Hamburg-Bremen eingegangen. In diesen Zusammenhang fallen auch Erläuterungen zur Politik des jungen Kaisers Heinrich III. sowie zur politischen und wirtschaftlichen Situation der Slawen. Die in jenem Teil recht ausführlich vorgenommene Beschreibung der politischen Ausgangslage zwischen den Slawen, der Kirche, dem Kaiser und der Stadt Hamburg soll zum besseren Verständnis des Aufstandes beitragen.
Im zweiten Teil wird dargelegt, wie sich die politische Lage im Reich zuspitzte und letztendlich in dem Slawenaufstand und der Zerstörung Hamburgs gipfelte. Im Anschluss daran werden die Konsequenzen für den politischen Status der Slawen, die Missionspläne des Erzbistums Hamburg-Bremen und die politische und wirtschaftliche Lage Hamburgs anhand von ausgewählten Textstellen erläutert. Im Schlussteil der Arbeit werden noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Analyse zusammengefasst dargestellt. Allgemein ist festzustellen, dass es nur bei Adam von Bremen einen sehr kurz gehaltenen Bericht über die eigentliche Zerstörung Hamburgs gibt und dieser dann von Helmold und darauffolgenden Chronisten wie zum Beispiel George Delio in seiner Geschichte zum Erzbistum Hamburg-Bremen übernommen wurde. In dem aktuellsten Überblickswerk zu den Slawen in Holstein von Susanne Luber aus dem Jahre 2011 sind auch keine neuen Forschungsergebnisse über den Slawenaufstand zu finden.2 Alle neueren Abhandlungen orientieren sich somit an den Urquellen.
2. Der Aufstand und seine Darstellung in den Quellen
2.1. Die Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum des Adam von Bremen
Adam von Bremen war der Leiter der Domschule des Erzbistums Hamburg-Bremen und ist bekannt durch seine im Jahre 1075/1076 verfassten Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum, die Geschichte der Erzbischöfe von Hamburg.3 In seinem Werk berichtet er über die Hamburger Kirche, die Länder des Nordens, Kriege und die politischen Verhältnisse in England, Dänemark, Schweden und Norwegen. Auch die im Ostseeraum lebenden Slawen werden thematisiert.4
Adam von Bremen schrieb in den 70er Jahren des 11. Jahrhunderts, und damit in einer Zeit, in der die Christianisierungsversuche der Kirche im Norden des Reiches als gescheitert angesehen werden durften.5 Er verfasste sein Werk in Bremen, da der kirchliche Sitz in Hamburg, die Hammaburg, zu jener Zeit nicht mehr existierte. Sie war in den Jahren 983 und 1018 im Zuge von Slawenaufständen zerstört worden.6
In seinem Werk versucht Adam von Bremen, die Fehler der Kirche und der Sachsen bei der Christianisierung der Slawen aufzuarbeiten. Er macht darauf aufmerksam, dass die nur auf wirtschaftlichem Interesse basierende Bekehrung der Slawen nicht der richtige Weg war, sondern eine friedliche Mission zielführender gewesen wäre.7 Im dritten Buch seines Werkes geht er explizit darauf ein, indem er sagt:
„[…] dass die Slawenvölker ohne Zweifel schon längst vorher hätten zum Christentum bekehrt werden können, wenn die Habsucht der Sachsen dem nicht im Wege gestanden hätte[…]denn diesen steht der Sinn mehr nach der Zahlung der Steuern als nach der Bekehrung der Heiden.“8
In seinen Berichten spricht er nicht abwertend über die Slawen.9 Lediglich die Rolle der sächsischen Herzöge und des Erzbischofs Adalbert bei der Missionierung wird kritisch gesehen. Es heißt, die Sachsen und Adalbert seien habgierig und deshalb selbst verantwortlich für den Niedergang des Christentums östlich der Elbe gewesen.10 Adams Werk gilt als geschichtlich zuverlässig, weil er als Amtsträger der Kirche auf Chroniken und Annalen des Bremer Archivs zugreifen durfte. Des Weiteren reiste er selbst viel im Norden des Reiches und erhielt auf diesem Weg reichhaltige Informationen durch die Befragung von Missionaren, Kaufleuten und Soldaten.11
2.2. Die Slawenchronik des Helmold von Bosau
Eine zweite wichtige Quelle über die Geschehnisse während des Slawenaufstandes ist die Chronica Slavorum, die Slawenchronik, des Helmold von Bosau. Helmold lebte von ungefähr 1120 bis 1172 und gehörte zu Lebzeiten zu dem engeren Gefolge des Oldenburger Bischofs. Er war Pfarrer von Bosau, einem der wichtigsten Missionszentren in Wagrien12 und soll von allen Geschichtsschreibern den intensivsten Kontakt zu den Slawen gehabt haben, weil er in ihrem Gebiet lebte. Mit seinem Werk verfolgte er das Ziel, die Leistungen der Kirche im Rahmen der Christianisierung der Slawen Ostholsteins hervorzuheben.13
Helmold verschweigt darin aber nicht die zerstörerische Seite der Mission und zeigt somit Verständnis für den Widerstandskampf der Slawen gegen die Missionierung.14 Er bezeichnet ihren Aufstand sogar als „Freiheitskampf“ zur Abwehr von „Knechtschaft“.15 Er stützt sich bei seiner Chronik auf die Kirchengeschichte Adams von Bremen, mündliche Überlieferungen und Zeugenberichte.
[...]
1 Delio, George: Geschichte des Erzbistums Hamburg-Bremen bis zum Ausgang der Mission. Berlin 1877, S.254ff.
2 Vgl. Luber, Susanne: Die Slawen in Holstein-Sichtweisen von Helmold von Bosau bis in die Gegenwart. Eutin 2010.
3 Willner, Heinz: Limes Saxoniae- Die Wiederentdeckung einer lange vergessenen Grenze. Marburg, 2011, S. 13.
4 Vgl. Willner, S.13.
5 Gläser, Manfred: Die Slawen in Ostholstein-Studien zur Siedlung, Wirtschaft und Gesellschaft der Wagrier, Hamburg 1979, S.151.
6 Vgl. Willner, S.14.
7 Vgl. Gläser, S.28.
8 Adamus Bremensis: Hamburgische Kirchengeschichte: Geschichte der Erzbischöfe von Hamburg, übers. von J. C. M. Laurent und W. Wattenbach hg. Von Alexander Heine, Essen 1986, S. 183.
9 Vgl. Gläser, S.28.
10 Vgl. Gläser, S. 151.
11 Vgl. Gläser, S. 28
12 Vgl. Gläser, S.29.
13 Vgl. Gläser, S.29.
14 Luber, Susanne: Die Slawen in Holstein-Sichtweisen von Helmold von Bosau bis in die Gegenwart. Eutin 2010, S. 25.
15 Helmoldi prebyteri Bozoviensis Chronica Slavorum, lat. Text mit dt. Übersetzung hg. von Heiz Stoob nach der Edition Bernhard Schmeidlers, Darmstadt 1963 (Ausgewählte Quellen zur Geschichte des Mittelalters 19), S.200f.