Auswirkungen des Mobiltelefons in Gesellschaft und Beruf
Zusammenfassung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll auf diese Veränderungsprozesse in der Gesellschaft eingegangen werden, indem sowohl Fragestellungen der positiven wie auch negativen Beeinflussung, die mit dem Aufkommen der Technologie hervortraten und weiterhin stetig hinzukommen, untersucht werden. Kann das Handy als revolutionäre Entwicklung angesehen werden, die den Menschen das Leben in allen Bereichen erleichtert? Oder stellt es für viele Bürger eine zusätzliche Belastung dar, derer sie sich aussetzen müssen, um mit den gesellschaftlichen Entwicklungen Schritt halten zu können? Und welche Potentiale und Möglichkeiten, aber auch Gefahren und Risiken bringt die Entwicklung des Mobiltelefons für das gesellschaftliche Miteinander hervor? Im Folgenden wird es nun darum gehen, Antworten auf diese Fragestellungen zu finden.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Mediengeschichte des Handys
3 Das Mobiltelefon in der Gesellschaft
3.1 Mobilität und Erreichbarkeit
3.2 Neubestimmung von Privatheit und Öffentlichkeit durch Mobilkommunikation
3.3 Der Wert von Kommunikation im mobilen Zeitalter
3.4 Zunahme der Kontrollgesellschaft durch das Handy?
4 Das Handy im Beruflichen Umfeld
4.1 Stressfaktor Handy?
4.2 Das Handy als Marketinginstrument für Unternehmen
5 Alleskönner Handy
5.1 Das Handy als Multimedia Tool
5.2 Mobiles Internet und Applications: Die Geburt des Smartphones
6 Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
Publikationen
Online-Quellen
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Können sie sich ein Leben ohne Handy vorstellen?
Abbildung 2: Stört es Sie, wenn andere laut in der Öffentlichkeit telefonieren?
Abbildung 3: Nutzen Sie SMS/MMS als Instrument des Mobile Marketing?
Abbildung 4: Personen in Millionen, welche die Foto/Video Funktion des Handys nutzen
Abbildung 5: Beliebteste Mobiltelefon-Funktionen des Handys
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Das Telefon als Medium, das Distanz überwindet, das in der Ferne Nähe ermöglicht und dies immer und überall, ist das alltäglichste, aber vielleicht auch selbstverständ- lichste und damit wohl auch unauffälligste Kommunika- tionsmittel unserer Tage (Karmasin 2004, 339).
Eine Gesellschaft ohne das Handy ist heutzutage kaum mehr vorstellbar. Für einen Großteil der Bevölkerung industrieller Nationen ist das Handy mittlerweile ein fester Bestandteil der täglichen Nutzgegenstände geworden, auf das häufig weder verzichtet werden kann noch will.1 Die Überwindung von räumlicher Distanz, unabhängig von der jeweiligen örtlichen Po- sition von zwei Kommunikationspartnern, ist dabei das elementare Merkmal des Handys. Mit dem Aufkommen dieser Technologie kommt es zu einer neuen Bestimmung von altbe- währten Begrifflichkeiten wie Verfügbarkeit oder Mobilität, die bereits mit der Entstehung des Telefons neu definiert werden mussten. Darüber hinaus eröffnen sich durch den andau- ernden Technologiefortschritt sowie der Entwicklung neuer Implikationen speziell für Mobil- telefone neue Möglichkeiten für die Handybesitzer. Diese können allerdings nicht nur das eigene Nutzungsverhalten beeinflussen, sondern ebenso den Alltag von Mitmenschen ver- ändern, welche die Technologien überhaupt nicht nutzen bzw. nutzen wollen. Als letzte Kon- sequenz dieser Verkettung können neuartigen Entwicklungen des Mobiltelefons somit auch auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene relevant werden, insbesondere dann, wenn die Partizipation an einer bestimmten Implikation als notwendig erscheint.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll auf diese Veränderungsprozesse in der Gesellschaft eingegangen werden, indem sowohl Fragestellungen der positiven wie auch negativen Be- einflussung, die mit dem Aufkommen der Technologie hervortraten und weiterhin stetig hinzukommen, untersucht werden. Kann das Handy als revolutionäre Entwicklung angese- hen werden, die den Menschen das Leben in allen Bereichen erleichtert? Oder stellt es für viele Bürger eine zusätzliche Belastung dar, derer sie sich aussetzen müssen, um mit den gesellschaftlichen Entwicklungen Schritt halten zu können? Und welche Potentiale und Mög- lichkeiten, aber auch Gefahren und Risiken bringt die Entwicklung des Mobiltelefons für das gesellschaftliche Miteinander hervor? Im Folgenden wird es nun darum gehen, Antworten auf diese Fragestellungen zu finden.
Dazu widmet sich der erste Abschnitt der Arbeit den grundlegenden Fragestellungen der „Handykultur“ und deren Auswirkung auf die Gesellschaft. Hierfür wird zunächst ein histori- scher Abriss gegeben, der die Mediengeschichte des Handys knapp darstellt und das techni- sche Verständnis für die Mobilfunktechnologie liefert (2.). Im Folgenden wird es um die Be- deutung des Handys im Rahmen sozialer Beziehungen (3.) gehen. Vorangestellt werden Fra- gestellungen die sich mit dem Mobilitäts- und Erreichbarkeitsgedanken auseinandersetzen (3.1). Ausgehend von den Erkenntnissen wird analysiert, inwiefern sich das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit durch den Mobilfunk verändert hat (3.2), bevor die Frage un- tersucht wird, ob die Handykultur zu der Entstehung neuer Kommunikationsstrukturen bei- trägt (3.3). Den Abschluss dieses Kapitels bildet die Überlegung, dass das Handy in bestimm- ten Situationen auch als Kontrollinstrument zwischen sich nahe stehenden Personen genutzt werden kann (3.4).
Der anschließende Abschnitt betrachtet die Handytechnologie aus beruflicher bzw. wirtschaftlicher Perspektive (4). Dabei wird untersucht, inwiefern Beschäftigungsverhältnisse sowie Aspekte des Zeitmanagements durch die Handytechnologie neu definiert werden müssen (4.1) und welche Möglichkeiten das Handy aus marketingorientierter Sichtweise Unternehmen bieten (4.2).
Der dritte Abschnitt der Arbeit betrachtet neue Phänomene und technologische Entwicklun- gen des Handys, die für den täglichen Gebrauch vieler Handybetreiber substanzielle Formen angenommen haben (5.). Konkret geht es im ersten Teil darum, ein Verständnis für die mul- timediale Entwicklung der Technologie zu erhalten (5.1), während sich der zweite Part mit der derzeitigen Entwicklungsstufe und neuen Phänomenen der Smartphone Generation be- schäftigt (5.2). Bei beiden Punkten geht es allerdings nicht nur um rein technologische Fort- schritte und Nutzungsweisen gehen, sondern auch immer um die Frage, inwiefern die An- wendungen zu gesellschaftlichen Modifikationen beitragen könnten. In der Schlussbemer- kung werden die Probleme und Potentiale des Mobiltelefons für die Gesellschaft noch ein- mal zusammengefasst.
2 Mediengeschichte des Handys
Das Handy als populärgesellschaftliches Medium, ist historisch betrachtet noch relativ jung. Von der Entwicklung des Telefons durch Graham Bell und Elisha Gray im Jahr 1876 (zur Ge- schichte des Telefons siehe z.B. Wolfschmidt, 28f.) dauerte es über einhundert Jahre, bis sich die Weiterentwicklung vom Telefon zum Handy als kommerzielles Medium entlang aller Ge- sellschaftsschichten vollzogen hatte. Bis Mitte der 90er Jahre galt das Handy als Statussym- bol und konnte aufgrund von hohen Preisen und Gebühren für die Mobiltelefonie nur von den oberen Gesellschaftsschichten genutzt werden (vgl. Karmasin 2004, 340). Mit erhöhter Popularität des Handys senkten sich schließlich Mitte der 90er Jahre die Telefongebühren sowie die Kosten für die Endgeräte, wodurch eine exponentielle Marktwachstumsrate ausge- löst wurde. Diese Entwicklung wird sichtbar, bedenkt man, dass die weltweite Anzahl der Mobiltelefonbesitzer im Jahr 1996 gerade einmal 137 Millionen betrug, während sie Anfang 2002 die Milliardengrenze erreichte (vgl. ebd.).
Seinen medienhistorischen Ursprung erlebte das mobile Telefonieren in Deutschland bereits 1926. In der ersten Klasse der Deutschen Reichsbahn, war es den Passagieren möglich auf der Strecke Hamburg-Berlin via Funk zu telefonieren (vgl. Burkart 2007: 25). Farley bezeich- net die Art der Mobiltelefongeräte zu diesem Zeitpunkt allerdings noch als primitiv und merkt an, dass es sich dabei um einen privaten Service handelte, der lediglich Behörden und Unternehmen vorbehalten war. Zudem wurde zur Übertragung der Gespräche noch kein öffentliches Telefonnetzwerk genutzt, sodass nur einige wenige Akteure die neue Technolo- gie auch tatsächlich verwenden konnten. Dieser Argumentation folgend datiert er die wahre Geburtsstunde der Mobiltelefonie erst nach dem Ende des zweiten Weltkrieges (vgl. Farley 2005: 22).
Im Jahr 1947 begannen AT&T sowie eine ihrer Tochterunternehmen Southwestern Bell mit der Eröffnung des ersten Mobiltelefon Service in Saint Louis (USA) (vgl. ebd.). In Deutschland wurde der Mobiltelefonmarkt mit der Errichtung des A-Netzes im Jahr 1958 geschaffen. Das von der Bundespost betriebene, öffentliche Netz, bot den Bürgern in Deutschland erstmalig die Möglichkeit, unterwegs telefonieren zu können bzw. erreichbar zu sein (vgl. Mobilfunk- Geschichte o.J.). Das geläufige Verständnis von Mobiltelefonen im heutigen Sinne ließ sich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch vermissen. Die Geräte waren nicht nur sehr groß, sondern mit einem Preis zwischen 8.000 und 15.000 DM so teuer, dass sie nur von der reichsten Be- völkerungsschicht erworben werden konnten. Hinzu kam, dass aufgrund des Eigengewichtes der Geräte ein einfacher Transport überhaupt nicht möglich war und daher Mobiltelefone meistens nur in geräumigen und luxuriösen Kraftfahrzeugen gesichtet werden konnten (vgl. ebd.). Trotz technischer Weiterentwicklung und Gewichtsreduzierung der Telefone in den folgenden Jahren bedeutete Mobiltelefonie zumindest bis in die 80er Jahre: „einen tragba- ren Koffer mit sich zu schleppen und jedes Monatsende die aufgelaufenen Gesprächskosten sinnvoll gegenüber Firma oder Steuerberater argumentieren zu müssen“ (Steuerer/Bang- Jensen 2002, 5). Für die breite Masse war das Mobiltelefon also weiterhin noch nicht nutz- bar.
Mit der Einführung des neuen C-Netzes im Jahr 1985, sollte allerdings ein nächster großer Schritt in diese Richtung getätigt werden. Damit einhergehend wurde die Möglichkeit ge- schaffen, Verbindungsübergaben, sogenanntes „Handover“2 während eines Telefongesprä- ches zu vollziehen, ohne dass ein erneutes Einwählen in das Netz getätigt werden musste (vgl. Jung/Warnecke 2002, 3-259). Für die Handybesitzer bedeutete diese Innovation vor allem zwei Dinge: Zunahme an Mobilität und erhöhte Flexibilität. Ein weiterer Vorteil war die geringere Sendeleistung, die das C-Netz ermöglichte, wodurch die technischen Vorausset- zungen geschaffen wurden, dass Handys an Größe und Gewicht einsparen konnten (vgl. Mo- bilfunk-Geschichte o.J.). Der Weg für die sogenannten Portables war somit frei. 1983 brachte Motorola das erste kommerzielle Mobiltelefon dieser Art heraus. Das „DynaTAC 8000X“ wog zwar immer noch 800 Gramm und kostete 4000$ (vgl. Wolfschmidt 2007, 51), wurde aller- dings bereits im ersten Jahr über 300.000 Mal verkauft (vgl. Burkart 2007, 25).
Das D-Netz, welches im Gegensatz der A-, B- und C-Netze erstmalig auf die Verwendung digi- taler Technik zurückgriff, ebnete 1992 endgültig den Weg des Handys zum massentauglichen Medium (vgl. Wolfschmidt 2007, 52). Gleichzeitig mit der Bereitstellung des neuen Netzes, wurde der Mobilfunkstandart GSM (Global System for Mobile Kommunikation) eingeführt, die sogenannte 2. Generation (2G) der Mobilfunknetze (vgl. Turowski/Pousttchi 2004, 10).
Dieser Standard entsprang einer Arbeitsgruppe von Vertretern europäischer Telekommuni- kationsfirmen, die sich bereits 1982 zusammengefunden hatten, mit dem Ziel, eine europaweite mobile Kommunikation bereitzustellen. Neben der Expansion des Gesprächsraumes und der Verbesserung der Spracheigenschaften eröffnete das digitale Netz nun auch das Feature SMS versenden zu können (vgl. Wolfschmidt 2007, 52). Nicht nur die Miniaturisierung der Endgeräte schritt fortan unaufhaltsam voran, sondern vielmehr kam es durch die Digitalisierung zu Konvergenzprozessen von vormals getrennten Produktsparten wie mp3- Player, Kameras etc. mit den Handys (vgl. Weber 2008, 18).
Datenmengen nahmen für den Endverbraucher durch diese innovativen Modifizierungen des Handys eine wachsende Bedeutung an. Als Reaktion auf diesen Bedarf wurde eine Umstel- lung zunächst von GSM auf GRPS vollzogen und später auf den neuen Standart UMTS (Uni- versal Mobile Telecommunication System). UMTS, die dritte Mobilfunk Generation (3G), beschleunigte nicht nur die Datenübertragung auf bis zu 2MBit/s3, sondern hatte auch die Unterstützung der oben beschriebenen neuen Multimedia-Anwendungen zum Ziel (vgl. Turowski/Pousttchi 2004, 12). Mit der Geburtsstunde der Smartphones, in denen die Endge- räte zum „multifunktionalen Alleskönner“ (vgl. Holland/Bammel 2006, 1) gereift zu sein scheinen, wird von einer vierten Generation (4G) gesprochen, deren Übertragungstechnolo- gie auf der Basis von UMTS und Wlan (Wireless Local Area Network) arbeitet (vgl. ebd.).
3 Das Mobiltelefon in der Gesellschaft
3.1 Mobilität und Erreichbarkeit
Vor der Erfindung des Telefons bestand für die zwischenmenschliche Kommunikation insbe- sondere das Problem, dass Menschen sich in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander be- finden mussten, um komplexe Kommunikations- und Interaktionsbeziehungen durchführen zu können. Mit der Etablierung der Telefonie konnte die Kommunikation allerdings weiterhin nur an Orten stattfinden, an denen die nötige Infrastruktur und Technologie bereitstand, um den gewünschten Gesprächspartner erreichen zu können. Erst die Mobilfunktechnologie und insbesondere die Tragfähigkeit der Geräte, die mit der Miniaturisierung einher ging, führte schließlich dazu, dass Barrieren der Ortsgebundenheit aufgehoben werden konnten. Damit lässt sich zunächst ein grundlegender Unterschied zwischen Telefon und Handy festhalten: „Mit dem Festnetztelefon rufen wir einen Ort an, mit dem Mobiltelefon eine Person“ (Glotz et al. 2006, 11).
Die Loslösung des Ortes führt jedoch nicht nur zu einer Mobilitätszunahme der Kommunika- toren, sondern auch zu einer erhöhten Erreichbarkeit. Diese kann faktisch nachgewiesen werden, zieht man in Betracht, dass im Durchschnitt ein Handy etwa 14 Stunden eingeschal- tet ist und somit eine nahezu vollständige Erreichbarkeit gewährleistet ist (vgl. Hol- land/Bammel 2006, 62). Burkart spricht in diesem Zusammenhang von einer ubiquären Er- reichbarkeit. „Ubiquäre Erreichbarkeit heißt, dass sich Kommunikationsteilnehmer mit Hilfe des Mobiltelefons weitgehend aus räumlich-zeitlichen Fixierungen befreien, in Bewegung und trotzdem erreichbar sein können“ (Burkart 2007, 52). Tagtägliche Lebensgestaltungs- prozesse gewinnen dadurch an Flexibilität, denn auferlegte organisatorische Zwänge entfal- len, da Planungsprozesse nun unabhängig von Ort und Zeit durchgeführt werden können. Vor dem Hintergrund, dass sich die Vielzahl aller Telefongespräche „schon immer der Koor- dination und Organisation von Treffen und anderen praktischen Dingen, dem Arrangieren und dem timing von Verabredungen“ (ebd., 53) gewidmet haben, bestätigt sich die Bedeu- tung für den Alltag. Katz betrachtet dazu im Rahmen seiner Forschung eindringlich die Frage, inwiefern sich das Zeitmanagement durch das Handy verändert hat, indem er die These un- tersucht, dass seit Einführung der Mobiltelefonie eine Akzeptanzzunahme in der Gesellschaft stattgefunden hat, Terminvereinbarungen kurzfristig zu verschieben bzw. abzusagen (vgl. Katz 2006, 199).
Die Errungenschaften von Mobilität und Erreichbarkeit bewirken allerdings nicht alleinig, den positiven Aspekt der Flexibilitätssteigerung von Kommunikation und Organisation, son- dern führen auf der anderen Seite dazu, dass das Individuum sich „den dramatisch zuneh- menden Kapazitäten sozialer Kommunikation“ (Geser 2005, 44) aussetzen und diesen ge- recht werden muss. Obwohl die technische Option besteht, einer Informationsüberflutung zu entgehen, indem Mailboxen oder Rufumleitungen genutzt, oder das Handy ganz einfach ausgeschaltet werden kann, evoziert das Handy reale Probleme. Neben Gefährdungen im Straßenverkehr oder der gesundheitlichen Beeinflussung durch die elektromagnetischen Felder (vgl. Karmasin 2004, 350) sind häufiger negativ konnotierte Phänomene der kulturel- len und gesellschaftlichen Zuordnung zu beobachten. Zu dem steigenden Gefühl der Stress- empfindung bis hin zum Erreichbarkeitszwang, der mit der Mobiltelefonie bei einzelnen Indi- viduen einhergeht und mittels subjektiver Selbstauskünfte oder physiologischen Messungen untersucht werden kann (vgl. Döring 2005, 63), gesellen sich viele weitere Problemfelder, die es zu betrachten gilt.
Die folgenden Unterkapitel widmen sich daher verschiedenen Kuriositäten, welche die Mo- bilfunktechnologie hervorgebracht hat und versuchen aus einer kritischen Betrachtungswei- se heraus, Erkenntnisse über die Hintergründe und gesellschaftlichen Auswirkungen zu lie- fern.
3.2 Neubestimmung von Privatheit und Öffentlichkeit durch Mobilkommunikation
Privatheit und Öffentlichkeit stehen in einem engen Verhältnis miteinander und erhalten ihre Bedeutung nur durch das jeweilige Gegenüber (vgl. Höflich 2005a, 135). Diesem Um- stand verdankend, kann es sich häufig als schwierig gestalten, eine eindeutige Trennung der kontrastierenden Begrifflichkeiten vorzunehmen. Die Problematik einer eindeutigen Abgren- zung und Präzisierung wird zudem noch dadurch verstärkt, dass eine Definition der Differen- zierung immer nur kontextabhängig vorgenommen werden kann und darüber hinaus stark von der subjektiven Betrachtungsweise des Involvierten abhängig ist. So beschreibt Prost:
Es gibt nicht „das“ private Leben mit ein für allemal festgelegten Schranken nach außen; was es gibt, ist die - selber veränderliche - Zuschreibung menschlichen Handelns zur privaten und öffentlichen Sphäre (Prost 1993, 15).
Doch wodurch ändert sich nun das Verhältnis von privater und öffentlicher Kommunikation im Zeitalter der Handys? Vor der Ära der Handys fanden private Telefongespräche vorzugs- weise in einer intimen Atmosphäre statt. Dabei wurde der Großteil aller privaten Gespräche in den eigenen vier Wänden geführt. Fanden Telefongespräche im öffentlichen Raum statt, so musste eine Telefonzelle in Anspruch genommen werden, die allerdings, wie es das Wort per se offenbart, dem Telefonierenden ebenso eine vollkommende Abschottung vor zuhö- renden Personen gewährleiste (vgl. Burkart 2007, 69). Mit der Mobiltelefonie verlagern sich fortan private Gespräche in den öffentlichen Bereich.
[...]
1 Einer Erhebung von ACTA zufolge, können sich mehr als 50% aller 14-39 Jährigen Handybesitzer ein Leben ohne ihr mobiles Kommunikationsgerät nicht mehr vorstellen (vgl. Abb. 1).
2 Handover bezeichnet ein unterbrechungsfreies Weiterreichen einer Verbindung an einen anderen Funkkanal, der dem Handynutzer aufgrund seiner örtlichen Nähe zu diesem eine bessere Qualität bereitstellt. Der Funkkanal kann dabei innerhalb der gleichen Basisstation oder auf einen Funkkanal einer benachbarten Basisstation gewechselt werden (vgl. Bärwald 2009, 149).
3 Damit überträgt UMTS ungefähr 40-200 Mal schneller als der vorige Standart GSM (vgl. Burkart 2007, 212). 9