Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum
Vetus fuit questio, an partus ad fructuarium pertineret: sed Bruti sententia optinuit fructuarium in eo locum non habere: neque enim in fructu hominis homo esse potest. Hac ratione nec usum fructum in eo fructuarius habebit. Quid tamen si fuerit etiam partus usus fructus relictus, an habeat in eo usum fructum? Et cum possit partus leagri, poterit et usus fructus eius. 1. Fetus tamen pecorum Sabinus et Cassius opinati sunt ad fructuarium pertinere. 2. Plane si gregis vel armenti sit usus fructus legatus, debebit ex adgnatis gregem supplere, id est in locum capitum defunctorum.
Domitius Ulpian
Domitius Ulpian war ein römischer Jurist und Prätorianerpräfekt. Er wurde etwa 170 n. Chr. geboren . Wie Paulus war er unter Severus und Caracalla Assessor (Beisitzer) des Prätorianerpräfekten Papinian . Was seine Herkunft angeht, so geht sie aus den Quellen nicht klar hervor. Ulpian selbst beschreibt sie in D.50.15.1 pr.: Er nennt hier die Provinzialstadt Tyros in Phönizien (dem heutigen Südlibanon) als einen möglichen Geburtsort . Unter Elagabal musste er ebenso wie Paulus in die Verbannung . Über die nächsten Stufen seiner Laufbahn besteht ebenso Uneinigkeit . Oft wird die folgende Reihenfolge angenommen: Zuerst wurde Ulpian von Severus Alexander zum procurator a libellis (Leiter für Privatanfragen in der kaiserlichen Kanzlei), dann zum praefectus annonae (Getreidepräfekt) und letztendlich zum praefectus preatorio (Prätorianerpräfekt) befördert . In diesem Amt hatte Ulpian großen Einfluss auf den jungen Kaiser Severus. Er wurde aufgrund wiederkehrender Differenzen mit den Prätorianern bei einem nächtlichen Aufruhr 228 n. Chr. ermordet. Andere Quellen sprechen schon von einer früheren Ermordung im Jahr 223 n. Chr. .
Gliederung
1 Übersetzung D.7.1.68 pr 2
2 Inskription
2.1 Domitius Ulpian
2.2 Bedeutung seiner Digesten
2.3 Masurius Sabinus
2.4 Cassius Longinus
2.5 M. Junius Brutus
2.6 Inhalt von Buch 17, Fundstelle in den Digesten
3 Erörterung des juristischen Problems
3.1 Sachverhalt der Stelle 7.1.68 pr.: partus ancillae in fructu non est
3.1.1 Die Begründung des Brutus
3.1.2 Die Gegenmeinung des P. Mucius Scaevola und des Manius Manilius
3.1.3 Die Begründungen des Ulpian
3.1.4 Die Begründung des Gaius
3.1.5 Das Vermächtnis an der Leibesfrucht und am Nießbrauch
3.2 Der Sachverhalt der Stelle 7.1.68.1: Nießbrauch an Tierjungen
3.3 Der Sachverhalt der Stelle 7.1.68.2: Der Herdennießbrauch
3.3.1 Die Summissionspflicht des Herdennießbrauchers
3.3.2 Dogmatische Begründung der Summissionspflicht
3.3.3 Der Umfang der Summissionspflicht beim Herdennießbrauch
4 Vergleich mit deutschem Recht
4.1 Sachverhalt 1: Partus ancillae
4.2 Sachverhalt 2: Der Nießbrauch an Tierjungen
4.2.1 Bildung eines Vergleichsfalles
4.2.2 Lösung des Vergleichsfalles nach BGB
4.2.3 Dogmatische Betrachtung
4.3 Sachverhalt 3: Der Herdennießbrauch
4.3.1 Bildung eines Vergleichsfalles nach BGB
4.3.2 Lösung des Vergleichsfalles
4.3.3 Dogmatische Betrachtung
Literaturverzeichnis
1 Übersetzung D.7.1.68 pr.2
Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum
Vetus fuit questio, an partus ad fructuarium pertineret: sed Bruti sententia optinuit fructuarium in eo locum non habere: neque enim in fructu hominis homo esse potest. Hac ratione nec usum fructum in eo fructuarius habebit. Quid tamen si fuerit etiam partus usus fructus relictus, an habeat in eo usum fructum? Et cum possit partus leagri, poterit et usus fructus eius. 1. Fetus tamen pecorum Sabinus et Cassius opinati sunt ad fructuarium pertinere. 2. Plane si gregis vel armenti sit usus fructus legatus, debebit ex adgnatis gregem supplere, id est in locum capitum defunctorum. Ulpian im 17. Buch zu Sabinus
Es war eine schon lange bestehende (Streit-)Frage, ob die Leibesfrucht dem Nießbraucher gehört[1]: Es hat sich jedoch die Ansicht des Brutus durchgesetzt, dass er das Recht zum Nießbrauch in diesem Fall nicht habe: Es kann nämlich auch kein Mensch die Frucht eines Menschen sein. In diesem Fall wird der Nießbraucher auch keinen Nießbrauch an diesem haben. Was ist jedoch, wenn auch an der Leibesfrucht ein Nießbrauch überlassen worden ist, hat er dann daran einen Nießbrauch? Da die Leibesfrucht vermacht werden kann, wird auch ein Nießbrauch an ihr vermacht werden können. 1. Sabinus und Cassius sind jedoch der Meinung dass die Leibesfrucht des Viehs dem Nießbraucher zustehe. 2. Wenn jedoch ein Nießbrauch an einer Herde oder an Großvieh vermacht ist, wird er aus den Nachgeborenen die Herde ergänzen müssen, das heißt anstelle der verstorbenen Tiere[2].
2 Inskription
2.1 Domitius Ulpian
Domitius Ulpian war ein römischer Jurist und Prätorianerpräfekt. Er wurde etwa 170 n. Chr. geboren[3]. Wie Paulus war er unter Severus und Caracalla Assessor (Beisitzer) des Prätorianerpräfekten Papinian[4]. Was seine Herkunft angeht, so geht sie aus den Quellen nicht klar hervor. Ulpian selbst beschreibt sie in D.50.15.1 pr.: Er nennt hier die Provinzialstadt Tyros in Phönizien (dem heutigen Südlibanon) als einen möglichen Geburtsort[5]. Unter Elagabal musste er ebenso wie Paulus in die Verbannung[6]. Über die nächsten Stufen seiner Laufbahn besteht ebenso Uneinigkeit[7]. Oft wird die folgende Reihenfolge angenommen: Zuerst wurde Ulpian von Severus Alexander zum procurator a libellis (Leiter für Privatanfragen in der kaiserlichen Kanzlei), dann zum praefectus annonae (Getreidepräfekt) und letztendlich zum praefectus preatorio (Prätorianerpräfekt) befördert[8]. In diesem Amt hatte Ulpian großen Einfluss auf den jungen Kaiser Severus. Er wurde aufgrund wiederkehrender Differenzen mit den Prätorianern bei einem nächtlichen Aufruhr 228 n. Chr. ermordet. Andere Quellen sprechen schon von einer früheren Ermordung im Jahr 223 n. Chr.[9].
2.2 Bedeutung seiner Digesten
Von Ulpian ist mehr Literatur erhalten als von jedem anderen klassischen Juristen. Die meisten Werke dürften schon unter Caracalla abgefasst worden sein, da mit dessen Tode die schriftstellerische Tätigkeit erlischt[10]. Insgesamt sind von Ulpian über 200 libri erhalten. So bestehen die Digesten zu mehr als einem Drittel aus den Werken Ulpians. Erhalten sind Kommentare (u.a. Großkommentar zum prätor. Edikt und zu den drei libri iuris civilis des Masurius), sog Problemliteratur (je zehn disputationes und pandectae, sowie responsae), Elementarschriften wie die Institutiones und sieben libri regulae ebenso wie Monographien, bspw. de fideicomissis (sechs Bücher) oder de sponsalibus. Aufgrund seines besonderen fachlichen und schreiberischen Könnens und seiner herrschaftlichen Grundeinstellung wurde Ulpian zum beliebtesten Juristen der ausgehenden Kaiserzeit[11].
2.3 Masurius Sabinus
Sabinus war nach Pomp. D.1.2.2.50 recht arm und entstammte nicht dem Ritterstand. Erst mit 50 Jahren erhielt er das Gutachterrecht ius respondendi[12]. 22 n. Chr. übernahm Sabinus die Führung der Rechtsschule der Sabinianer von Ateius Capito (Dig.1.2.2.48). Sein bekanntestes Werk ist das Lehrbuch ius civile (3 Bücher) welches von Pomponius, Ulpian und Paulus kommentiert wurde[13].
2.4 Cassius Longinus
War procos. Asiae 40 n. Chr., wurde nach Sardinien verbannt im Jahre 65 n. Chr. und wieder zurückberufen, gestorben um 69 n. Chr. Er war das Oberhaupt der nach ihm und Masurius Sabinus benannten Rechtsschule der Sabinianer oder Cassianer[14]. Wahrscheinlich war er ein (Ur-)Enkel des gleichnamigen Cäsarmörders. Er entstammte einer hochgestellten Adelsfamilie jener Zeit. Er war unter Caligula und Claudius Provinzstatthalter von Asien und dann von Syrien und arbeitete noch unter Kaiser Vespasian[15].
2.5 M. Junius Brutus
M. Junius Brutus, (Prätor 142 v Chr.) leistete gemeinsam mit Manilius Manilius und Publius Mucius Scaevola grundlegende Arbeiten für die Zivilrechtswissenschaft[16]. Brutus gilt dabei als engagiertester Urheber, unter anderem hat er das dreibändige Werk über das Zivilrecht, de iure civile libri III[17] geschaffen. Alle drei waren Begründer einer neuen rechtshistorischen Lehre[18]. Insbesondere im Bereich mitmenschlicher Pflichtenstellung entwickelten sie dabei neue Ansätze. Später wurden sie von Pomponius auch die Gründer des Zivilrechts, fundatores iuris civilis genannt[19] oder auch als boni viri [20] bezeichnet. Cicero verstand unter dem bonus vir als ein hohes Ideal, einen Mann, in dem sich Tugend (virtus) und Gerechtigkeit (iustitia) vereinen[21] .
Die Quellen über diese drei Juristen sind äußerst spärlich. Nur zweimal tauchen sie in der Diskussion auf: Das erste Mal bei der Rückwirkung der Lex Atinia, wo es um ein Ersitzungsverbot für gestohlene Sachen geht und bei der Diskussion um den hier vorliegenden Fall, ob die Leibesfrucht einer Sklavin dem Nießbraucher zustehe oder nicht.
2.6 Inhalt von Buch 17, Fundstelle in den Digesten
Nach Lenels Palingenesie[22] (von gr. παλιν = wieder, γένέσις = Entstehung) werden im Buch 17 des Ulpian zu Sabinus Fälle zum Vermächtnis (de legatis 3.)[23] behandelt. Insbesondere geht es um Fallmaterial an der Schnittstelle von Nießbrauch und Vermächtnis (de usu fructu et usu legato). Genauer gesagt wird erklärt, wann der Vermächtnisnießbrauch erworben wird (quando usus fructus legati dies cedat). Es ist Teil eines Kommentars des Ulpians zu den drei Büchern des Zivilrechts des Sabinus.
Der Begriff dies cedens beschreibt dabei die Stichzeit, mit der das Vermächtnis erworben wird. Regelmäßig ist dies der Zeitpunkt des Todes des Erblassers[24]. Die Fundstelle in den Digesten des Justinian im siebten Buch Erster Titel ist betitelt mit:
De usu fructu et quemadmodum quis utatur fruatur
Es handelt vom Nießbrauch und auf welche Weise man Gebrauch und Nutzung (daran) ausübt.
3 Erörterung des juristischen Problems
3.1 Sachverhalt der Stelle 7.1.68 pr.: partus ancillae in fructu non est
Ulpian schildert im ersten Teil der Digestenstelle einen alten Streitfall aus dem römischen Sachenrecht, genauer aus dem Bereich des Nießbrauchs (lat. ususfructus). Von Paulus stammt die gängige Definition des ususfructus in D.7.1.1:
ususfructus est ius alienis rebus utendi fruendi salva rerum substantia
Nießbrauch ist das Recht, fremde Sachen zu gebrauchen unter Schonung ihrer Substanz.
Der deutsche Begriff Nießbrauch ist eine Lehensübersetzung und bedeutet wörtlich Nutznießung oder Fruchtgenuß. Er gibt das Recht zum Gebrauch fremder Sachen unter Schonung ihrer Substanz. Es handelt sich dabei um ein sog Personalservitut (pers. Dienstbarkeit). Die Berechtigung ist nur für eine bestimmte Person gültig, damit höchstpersönlich und unvererbbar .
Es geht hier um die Frage, ob die Leibesfrucht einer Sklavin dem Nießbraucher gehört oder dem Eigentümer der Sklavin. In der Digestenstelle liegt ein berühmter Meinungsstreit vor, wobei Mucius Scaevola und Manius Manilius auf der einen Seite die alte Ansicht vertraten, dem Nießbraucher stehe auch das Nutzungsrecht an der Frucht zu, wohingegen Brutus dies für die Leibesfrucht der Sklavin, den partus ancillae ablehnte[25]. Nach Brutus gehört die Leibesfrucht der Sklavin dem Eigentümer der Sklavin und nicht dem Nießbraucher.
3.1.1 Die Begründung des Brutus
Seine Begründung lautet:
neque enim in fructu hominis homo esse potest
Kein Mensch nämlich kann die Frucht eines anderen Menschen sein. Der neue Mensch könne nicht als Frucht eines anderen Menschen (seiner Mutter) gelten. In neugeborenes Sklavenkind falle zwar unter das Herreneigentum des Eigentümers der Mutter, Frucht könne aber ein Mensch niemals sein[26].
Brutus könnte es als vorteilhaft erachtet haben, dass das Kind bei der Mutter bleiben kann weil sie am besten für das Kind sorgen kann. Doch dieses Ziel wäre dann von seiner eigenen Lehre gefährdet worden, da das Kind bei Bestehen eines Nießbrauchs dann zuerst dem Eigentümer zugefallen wäre[27]. Was Brutus dazu brachte, war also nicht der praktische Beweggrund, das Kind von der leiblichen Mutter aufziehen zu lassen oder etwa Menschlichkeitserwägungen. Viel eher standen dabei wirtschaftliche Erwägungen im Vordergrund.
Da die Mutter in der Zeit nach der Geburt am besten in der Lage ist, das Kind zu versorgen erhält sie so den wirtschaftlichen Wert des Sklavenkindes[28]. Für ein Menschenkind ist das wichtiger wie für ein Tierjunges. Der Eigentümer der Sklavin hatte gewiss auch ein Interesse am wirtschaftlichen Wert des Sklavenkindes. Eine Pflicht, das Kind bei der Mutter zu belassen, besteht jedoch auch bei der Befolgung der Meinung des Brutus nicht. Der Eigentümer der Sklavin kann entscheiden, ob das Kind bei der Mutter bleibt oder nicht. Insbesondere ist der Wert der Sklavin ohne Kind höher, da sie dann eher für Arbeiten zur Verfügung steht. Eine spätere Umdeutung dieser Regel hin zu Beweggründen des Mitleids und der Menschlichkeit ist erst im späteren christlichen Zeitalter unter Justinian erfolgt[29].
3.1.2 Die Gegenmeinung des P. Mucius Scaevola und des Manius Manilius
P. Mucius Scaevola und Manius Manilius hingegen vertraten dagegen die Ansicht, dass ein Sklavenkind dem Nießbraucher zugesprochen werden müsse[30]. Das Recht der damaligen Zeit erkannte die Sklaverei als Institution an. Sklave wurde man durch Geburt und wenn der Eigentümer der Sklavin dadurch Eigentümer des Kindes werde, so müsse dieses Recht auch für den Nießbraucher gelten, dem alle Früchte der Sache zugutekommen sollen, die nicht die Substanz (die Sklavin) verletzen[31].
3.1.3 Die Begründungen des Ulpian
Ulpian schildert die von Brutus übernommene Regel partus ancillae in fructu non est und begründet dies an eine weitere Stelle in seinen Digesten[32]:
D.5.3.27 pr (Ulpian, 15 ed.)
Ancillarum autem partus…fructus esse non existimantur, quia non temere ancillae eius rei causa comparantur ut pariant.
Die Leibesfrucht der Sklavin jedoch wird nicht als Frucht angesehen, weil Sklavinnen nicht ohne weiteres (non temere) zu dem Zweck angeschafft werden, damit sie gebären.
Diese zweite Begründung des Ulpian ist zweckbezogener wie die erste[33]. Danach werden Sklavinnen „non temere“ nicht einfach „rei“ zu dem Zweck angeschafft, damit sie gebären. Ulpian geht hier von einer Frucht nur dann aus, wenn sie aus etwas entsteht, was „typischerweise“[34] der Gewinnung von Früchten dient. Da Sklavinnen normalerweise nicht zu dem Zweck angeschafft wurden, damit sie gebären waren deren Kinder laut Ulpian auch nicht als Früchte anzusehen[35].
3.1.4 Die Begründung des Gaius
Deutlicher wird das Brutus Argument, wenn man einen Ausschnitt aus der Schrift „Alltägliches und Gold“ (rerum cottidianarum sive aureorum) des Sabinianers Gaius näher betrachtet:
D.22.1.28.1 (Gai. 2 rer. cott.)
absurdum enim videbatur hominem in fructu esse, cum omnes fructus rerum natura hominum gratia comparaverit.[36]
Es wurde als unsinnig angesehen, dass der Mensch Frucht sein könne, da die Natur alle Früchte gerade um der Menschen willen geschaffen habe. Auch dieser Fruchtbegriff schließt den partus ancillae von den Früchten aus, da ja die Natur alle Früchte nur um der Menschen willen geschaffen habe. Gaius geht dabei von der göttlichen Bestimmung des Menschen aus, dem die Natur und deren Früchte dienen sollen. Die Wurzeln dieses Gedankenganges gehen bis auf Cicero und Aristoteles zurück:
Cicero, De natura deorum 2.6.154
omnia quae sint in hoc mundo, quibus utantur homines, hominem causa facta esse et parata.
Alles was auf dieser Erde sei, dessen sich der Mensch bedient, wurde um des Menschen willen geschaffen und bereitet. Nach stoischer Lehre (Cicero, de officiis, 1.7.22) liegt zudem der Nutzen des Menschen allein in seiner Arbeitskraft, dem Nießbraucher kann also nur das zufallen, was durch eigene Arbeit entsteht, was auf den partus nicht zutrifft[37].
So schreibt Gaius in 7 ed. D.7.7.3 pr.
In hominis usu fructu operae sunt et ob operas mercedes.
In einem Nießbrauch an einem anderen Menschen sind die Dienstleistungen enthalten und die für die Dienstleistungen erzielten Entgelte. Und in 2 de liberali causa edicti 7.7.4 schreibt er:
Fructus hominis in operis consistit et retro in fructu hominis operae sunt.
Die Früchte eines Menschen bestehen in den Dienstleistungen und so erscheinen rückwirkend die Dienstleistungen als Früchte des Menschen. Das Sklavenkind wird zum Mitmenschen und zählt somit nicht zu den Früchten, welche die Natur für den Menschen geschaffen hat. Dahinter steht stoisches Naturrecht[38]. Für das Stoische Naturrecht war die Sklaverei nicht wie für das klassische röm. Privatrecht ein sachenrechtliches Eigentumsverhältnis, sondern ein personenrechtliches[39]. Der Sklave bleibt damit Person, er ist Herreneigentum und nicht sachenrechtliches (dingliches) Eigentum. Daraus folgt für die Stoa die Rechtsfähigkeit des Sklaven.
3.1.5 Das Vermächtnis an der Leibesfrucht und am Nießbrauch
Ulpian beginnt diesen Absatz mit der Frage, was passieren solle, wenn ausdrücklich auch an der Leibesfrucht ein Nießbrauch durch Vermächtnis hinterlassen wurde.
[...]
[1] Wörtlich: sich auf den Nießbraucher erstreckt
[2] Capitum defunctorum wörtlich gen.: der verstorbenen Köpfe
[3] Liebs, Detlef, Römisches Recht, 6. Auflage, Göttingen 2004, S. 60.
[4] Wolfgang Kunkel, Die Römischen Juristen; Herkunft und soziale Stellung, Köln, 2001, S. 245.
[5] Literatur bei Jörs, Paul, Domitius Ulpianus (Domitius Nr. 88) RE 5. Band (1903), Sp. 1435 ff.
[6] Kunkel, Die Römischen Juristen (Anm.4) S. 246.
[7] Kunkel, Die Römischen Juristen (Anm.4) S. 476.
[8] Krüger, Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts, S. 279; Kübler, Röm. Rechtsgeschichte, S. 279.
[9] Horak, Franz, Ulpianus, in: Konrat Ziegler und Walther Sontheimer (Hrsg.) Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike, Band 5, München 1975, Sp. 1042.
[10] Liebs, Römisches Recht, (Anm. 3) S. 61.
[11] Giaro, Tomasz, Ulpianus, Der Neue Pauly 12/1, Stuttgart 2001, S. 980.
[12] Kunkel, Die Römischen Juristen (Anm.4) S. 119.
[13] Giaro, Tomasz, Masurius Sabinus, Der Neue Pauly 10, Stuttgart 2001, S. 1191.
[14] Kunkel, Die Römischen Juristen (Anm.4) S.130.
[15] Liebs, Römisches Recht, (Anm. 3) S. 54.
[16] Kunkel, Die Römischen Juristen (Anm.4) S. 12.
[17] Lenel, Otto, Palingenesia Iuris Civilis, 2 Bde., Leipzig, 1889,Neudruck Graz 1960 Band I, Sp. 77, Nr.1-11
[18] Herrmann-Otto, Elisabeth, Ex Ancilla Natus, Stuttgart Hab. 1994 S.269.
[19] Pomponius, Digesten 1.2.2.
[20] Behrends, Okko, Tiberius Gracchus und die Juristen seiner Zeit, in: K.Luig/D. Liebs (Hrsg.), Das Profil des Juristen in der europäischen Tradition, Ebelsbach 1980, S.64ff.
[21] Cicero, de officiis I,7,20
[22] Lenel, Palingenesia, (Anm. 17), Pal. II, Sp. 1066, Nr. 2574.
[23] Lenel. Palingenesia, (Anm. 17), Pal. II, Sp. 1056, Nr. 2548.
[24] Kaser, RPR II, S. 753.
[25] Herrmann-Otto, Ex Ancilla Natus, (Anm. 18) S. 269.
[26] Behrends, Okko, Prinzipat und Sklavenrecht, in: Ulrich Immenga (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Rechtsentwicklung, Göttingen 1980, S. 75.
[27] Behrends, Tiberius Gracchus (Anm. 20) S.66.
[28] Kaser, Max, Partus Ancillae, SZ 75 (1958) S. 199.
[29] Kaser, Max. PA, (Anm. 29) S. 200.
[30] Cicero de fin. I.4.12.
[31] Behrends, Tiberius Gracchus (Anm. 20) S.67.
[32] Kaser, PA, (Anm. 29) S. 157.
[33] Kaser, PA, (Anm. 29) S. 157.
[34] Kaser, PA, (Anm. 29) S. 157.
[35] Treggiari, S., Questions on women domestics in the Roman wets, in: M. Capozza (Hrsg.) Schiavitu, manomissione e classi dependent nel mondo antico (Rom 1979), S. 185-201, S. 188
[36] Gaius im 2. Buch Alltägliche Dinge oder goldene Worte (Gaius 2 rerum cottidianarum sive aureorum).
[37] Kaser, Max / Knütel, Rolf, Römisches Privatrecht, München, 19. Aufl. 2008 S. 157.
[38] Behrends, Prinzipat und Sklavenrecht (Anm.27), S. 76.
[39] Behrends, Prinzipat und Sklavenrecht (Anm.27), S. 63.