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Lernen im hohen Alter. Chancen und Grenzen

©2013 Hausarbeit 28 Seiten

Zusammenfassung

„Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“ (Benjamin Britten)
Begriffe wie „Lebenslanges Lernen“ oder Seminartitel und –konzepte wie „Der Mensch lernt niemals aus“ gewinnen auf allen politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Ebenen immer mehr an Bedeutung. Aufgrund demografischer Entwicklungen rücken auch immer mehr Erwachsene in der nachberuflichen Phase in den Fokus von Politik und Wissenschaft.
Begriffe wie die „neuen Alten“ oder die „jungen Alten“ zeigen auf, dass die Lebensphase Alter neu gedacht und interpretiert wird. Alter zeichnet sich heute in der allgemeinen Wahrnehmung (auch aufgrund medialer Darstellungen) eher durch Produktivität und Aktivität, als durch Schwäche, Krankheit und Verluste aus. Der allgemeine Kanon lautet vielmehr: Alles ist möglich. Gestützt wird diese These auch durch wissenschaftliche Erkenntnisse, wie zum Beispiel aus der Gehirnforschung, die mit der Entdeckung der Neuroplastizität festgestellt hat, dass ein Gehirn eines Älteren ähnlich leistungsfähig sein kann, wie das eines jungen Menschen.
Doch was passiert, wenn der Mensch physisch und psychisch an seine Grenzen stößt? Wenn er aufgrund seines Alters und der nachlassenden Kraft nicht mehr dem Bild der „jungen Alten“ mit offensichtlichem Entwicklungspotential entspricht?
Welche Entwicklungsmöglichkeiten hat der Mensch im hohen Lebensalter, indem er zunehmend mehr in verschiedene Formen der Abhängigkeit geraten kann?
Hilft ihm ein lernendes Auseinandersetzen mit sich und seiner Umwelt vor einem zurücktreiben im Lebensstrom? Was muss im Lehr-Lern-Prozess beachtet werden, dass „Hochaltrige“ für sich, im Sinne einer Ermöglichungsdidaktik, einen viablen (Lern-)Weg finden?
Wo liegen beim Lernen in der Hochaltrigkeit die Chancen und wo die Grenzen?
Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung erfolgt in dieser Hausarbeit. Es wird beschrieben, auf welcher Basis ein Lernen im hohen Alter möglich ist und auf welcher didaktischen Grundlage Lehr-Lernprozesse gestaltet werden müssen, damit diese erfolgreich umgesetzt werden können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung – Problembeschreibung und Gang der Arbeit

2. Thematische Hinführung und Definitionen
2.1. Demographischer Wandel und alternde Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland
2.2 Alter

3. Lebenslanges Lernen
3.1 Lerndimensionen und Lernformen
3.2 Lernen und Bildung
3.3 Lernen, Gehirn und Motivation – physiologische Voraussetzungen für ein Lernen bis in die Hochaltrigkeit

4. Lernen in der Hochaltrigkeit – Lernen im vierten Lebensalter
4.1 Kompetenz und Performanz
4.2 Kompetenz und Performanz in der Hochaltrigkeit in Abhängigkeit zur individuellen Bedürfnisbefriedigung

5. Ermöglichungsdidaktik und Hochaltrigkeit

6. Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Anhang I

Anhang II

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bevölkerungspyramide (siehe Anhang II)

Lernen in der Hochaltrigkeit Chancen und Grenzen

1. Einleitung – Problembeschreibung und Gang der Arbeit -

„Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“ (Benjamin Britten)

Begriffe wie „Lebenslanges Lernen“ oder Seminartitel und –konzepte wie „Der Mensch lernt niemals aus“ gewinnen auf allen politischen, gesellschaftlichen und wissenschaft- lichen Ebenen immer mehr an Bedeutung. Aufgrund demografischer Entwicklungen rücken auch immer mehr Erwachsene in der nachberuflichen Phase in den Fokus von Politik und Wissenschaft.

Begriffe wie die „neuen Alten“ oder die „jungen Alten“ zeigen auf, dass die Lebenspha- se Alter neu gedacht und interpretiert wird. Alter zeichnet sich heute in der allgemeinen Wahrnehmung (auch aufgrund medialer Darstellungen) eher durch Produktivität und Aktivität, als durch Schwäche, Krankheit und Verluste aus. Der allgemeine Kanon lau- tet vielmehr: Alles ist möglich. Gestützt wird diese These auch durch wissenschaftliche Erkenntnisse, wie zum Beispiel aus der Gehirnforschung, die mit der Entdeckung der Neuroplastizität festgestellt hat, dass ein Gehirn eines Älteren ähnlich leistungsfähig sein kann, wie das eines jungen Menschen.

Doch was passiert, wenn der Mensch physisch und psychisch an seine Grenzen stößt? Wenn er aufgrund seines Alters und der nachlassenden Kraft nicht mehr dem Bild der „jungen Alten“ mit offensichtlichem Entwicklungspotential entspricht?

Welche Entwicklungsmöglichkeiten hat der Mensch im hohen Lebensalter, indem er zunehmend mehr in verschiedene Formen der Abhängigkeit geraten kann?

Hilft ihm ein lernendes Auseinandersetzen mit sich und seiner Umwelt vor einem zu- rücktreiben im Lebensstrom? Was muss im Lehr-Lern-Prozess beachtet werden, dass „Hochaltrige“ für sich, im Sinne einer Ermöglichungsdidaktik, einen viablen (Lern-)Weg finden?

Wo liegen beim Lernen in der Hochaltrigkeit die Chancen und wo die Grenzen?

Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung erfolgt in dieser Hausar- beit. Es wird beschrieben, auf welcher Basis ein Lernen im hohen Alter möglich ist und auf welcher didaktischen Grundlage Lehr-Lernprozesse gestaltet werden müssen, da- mit diese erfolgreich umgesetzt werden können.

Nachfolgend wird der Gang der Arbeit dargestellt.

Bevor im Hauptteil dieser Arbeit auf das Lernen und das Lernen in der Hochaltrigkeit eingegangen wird, soll in Kapitel 2.1, hinführend zum Thema, die demographische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland dargestellt werden.

In Kapitel 2.2 werden der Altersbegriff und seine unterschiedlichen Definitionen darge- stellt, mit dem Ziel eine Definition von Hochaltrigkeit zu finden, der dieser Arbeit zu Grunde liegt.

Lernen in der Hochaltrigkeit bedeutet lebenslang zu Lernen. Hierauf wird im Hauptteil der Arbeit (beginnend bei 3) eingegangen. Von Berthold Brecht´s Gedicht „Der Ler- nende“ ausgehend, wird auf das Recht auf Bildung und die Bedeutung der Bildung in der nachberuflichen Phase eingegangen. Da lebenslanges Lernen einen Lernbegriff mit unterschiedlichsten Dimensionen und Formen implementiert, wird dies für die Pha- se des Alters und der Hochaltrigkeit in Kapitel 3.1 präzisiert. Unter 3.2 werden der Bil- dungs- und Lernbegriff voneinander abgegrenzt. Punkt 3.3 beschreibt die physiologi- schen Voraussetzungen für ein Lernen in der Hochaltrigkeit und stellt die Verbindung zur Lernmotivation alter Menschen her. Unter Punkt 4 im Hauptteil wird auf das Lernen und Lehren in der Hochaltrigkeit als hochsensibles Konstrukt eingegangen und ver- sucht, anhand von Beispielen, die Heterogenität dieser Altersgruppe beispielhaft dar- zustellen. Es wird der Frage nachgegangen, was Lernen und Lehren in dieser Lebens- phase bedeutet. Im Folgenden werden die Begriffe Kompetenz und Performanz defi- niert (4.1) und des Weiteren beschrieben, wie diese in Abhängigkeit zur individuellen Bedürfnisbefriedigung in der Hochaltrigkeit stehen (4.2). Die Individualität und Hetero- genität dieses Feldes muss auch didaktisch berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass Möglichkeiten im Sinne einer alterssensiblen Didaktik eröffnet werden müssen. In Kapi- tel 5 wird dargelegt, warum das Konzept der Ermöglichungsdidaktik, die Basis für ein Lehren und Lernen in der Hochaltrigkeit darstellen kann.

In Punkt 6.0 wird schlussfolgernd auf die Frage nach der Möglichkeit des Lernens in der Hochaltrigkeit, sowie auf die sich daraus ergebenden Chancen und Grenzen ein- gegangen.

2. Thematische Hinführung und Definitionen

Als Basisinformationen werden der demographische Wandel in der Bundesrepublik Deutschland und der Begriff der Hochaltrigkeit, ausgehend vom allgemeinen „Altersbe- griff“, dargestellt.

2.1. Demographischer Wandel und alternde Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland

Der demographische Wandel, welcher auch häufig als die Alterung der Bevölkerung beschrieben wird, ist durch die Statistiken des Statistischen Bundesamtes belegt. Es zeigt, dass die Gesellschaft in Deutschland immer älter wird. Dies wird besonders an den folgenden drei Aspekten deutlich:

1. Die absolute Zahl der älteren Menschen nimmt stetig zu. 1950 lebten in der BRD 6,7 Mio. über 65jährige, also 10% der Bevölkerung. Im Jahr 2012 betrug der ihr Anteil schon 21 % (16,9 Mio.) und für das Jahr 2060 besteht eine Vor- rausage von 22 Mio. bzw. 34% (Berechnungsvariante 1-W1, nach Statistisches Bundesamt).
2. Der relative Anteil an älteren Menschen in unserer Gesellschaft wächst stetig, d.h. es gibt im Verhältnis zu jüngeren Menschen immer mehr ältere.
3. Die Zahl der „Hochaltrigen“ steigt stetig an, wobei es statistisch hier zu Ver- schiebungen kommen kann, da früher 75-Jährige Personen als hochaltrig gal- ten, heute aber erst die 80-jährigen dazu gezählt werden.

Die Alterung schlägt sich besonders gravierend in den Zahlen der Hochbetagten nie- der. Im Jahr 2008 lebten etwa 4 Millionen 80-Jährige und Ältere in Deutschland, dies entsprach 5% der Bevölkerung. Ihre Zahl wird kontinuierlich steigen und mit über 10 Millionen im Jahr 2050 den bis dahin höchsten Wert erreichen. Zwischen 2050 und 2060 sinkt dann die Zahl der Hochbetagten auf 9 Millionen. Es ist also damit zu rech- nen, dass in fünfzig Jahren 14% der Bevölkerung – das ist jeder Siebente – 80 Jahre oder älter sein wird.“ (Bundesamt, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 2009, 16)

Bei Berücksichtigung dieser drei Aspekte spricht man nach Tews (1993, zitiert nach Backes; Clemens 2013, S. 120) auch vom „dreifachen Altern“ der Gesellschaft.

Am Bild der Alterspyramide kann man deutlich erkennen, dass sich das zahlenmäßige Verhältnis von älteren und jüngeren Menschen deutlich verändern wird. Das Bild, wel- ches sich heute ähnlich einer Tanne darstellt, wird sich bis ins Jahr 2060 zum Pilz wei- terentwickeln. Der Altersaufbau wird sich aufgrund des geringeren Wachstums und des höheren Durchschnittsalters innerhalb dieses Jahrhunderts umdrehen. (siehe Abb. 1, Abbildungsverzeichnis, Anhang II, S. 25).

Diese statistischen Darstellungen der „Alterung der Gesellschaft“ spiegeln einerseits wieder, dass die Menschen aufgrund verbesserter Lebensbedingungen und besserer medizinischer Versorgung älter werden und die Säuglingssterblichkeit abgenommen hat, während es parallel dazu immer weniger Geburten gibt. Dies liegt im medizini- schen Fortschritt, aber auch im gesellschaftlichen Wandel und der damit veränderten Rolle der Frau begründet. Was sich einerseits als Fortschritt darstellt, wird andererseits zunehmend als Last empfunden, da immer weniger Angehörige der produktiven Alters- klassen für immer mehr Angehörige der unproduktiven Versorgungsklassen der Alten aufkommen (vgl. Kade 2009, S.19). Dies stellt aus ökonomischer und gesellschaftlicher Sicht eine große Herausforderung dar. Auch die Art und Weise, wie der einzelne Mensch mit den Herausforderungen des Alters umgeht, sind aus gesellschaftlicher und ökonomischer Sicht ebenso relevant, wie die persönliche Beurteilung der eigenen Situ- ation.

2.2 Alter

Der Begriff „Alter“ ist in vielen wissenschaftlichen Disziplinen beheimatet. Im allgemei- nen unterscheidet man für den menschlichen Lebenslauf zwischen biologischem Alter, welches die unterschiedlichen Entwicklungsstadien des Organismus von der Geburt bis zum Lebensende beschreibt; psychischem Alter, als das individuelle (personale) Alter des Systems und dem sozialen Alter, welches die Zugehörigkeit zu einer be- stimmten, durch die Gesellschaft zugeschriebenen, Lebens- bzw. Altersphase bzw. Altersgruppe beschreibt (vgl. Kohli 2001, S.1).

Es wird deutlich, dass es keine einheitliche Definition von Alter gibt bzw. geben kann und je nach Intention und Perspektive des Autors sowie dessen Fragestellung sich unterschiedliche Definitionen ergeben. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird „Alter“ häufig als ein Zeitraum wahrgenommen, indem intellektuelle, psychische und soziale Fähigkeiten abgebaut werden. Doch diese Ansicht gilt wissenschaftlich als überholt. Schon im vierten Familienbericht des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Ge- sundheit von 1985 stellte man fest, dass „das Erreichen eines hohen Alters nicht not- wendig Abbau und Verlust von Fähigkeiten und Fertigkeiten bedeuten muss.“ Im Fol- genden sollen vier Altersdefinitionen dargestellt werden, die für eine Annäherung an den Begriff der „Hochaltrigkeit“ relevant erscheinen.

- Häufig wird Alter mit dem kalendarischen Lebensalter beschrieben. Alle Personen eines bzw. mehrerer Jahrgänge werden einer „Kohorte“ zugeordnet (vgl. Wahl, Heyl 2004). So auch bei der WHO, die die SeniorInnen nach ihrem Lebensalter in Gruppen einteilt (z.B. 76 – 90jährige:Hochbetagte; 91jährige und älter: Höchstbe- tagte).
- Alter beschreibt die Lebensphase eines sich immer weiter ausdehnenden Teils des Lebenslaufes der zweiten Lebenshälfte, der sich vom 50. Lebensjahr bis zum 110. Lebensjahr erstrecken kann (vgl. Backes/Clemens 2003, S. 23).
- Peter Laslett prägte den Begriff des „Dritten- und Vierten Lebensalters“ (Lebens- laufperspektive). Er differenziert diese Lebensabschnitte, in dem er das „Dritte Le- bensalter“ als „die Zeit der persönlichen Erfüllung…“ (Laslett 1995, S.35) nach dem Austritt aus dem Berufsleben beschreibt und das „Vierte Lebensalter“ als eine Zeit der Abhängigkeit und Altersschwäche darstellt, innerhalb derer es zu Ein- schränkungen und Aktivitäten kommt (vgl. KEB Rheinland-Pfalz, S. 20-21).
- Buttler u.a. klassifizieren das Alter über die Fähigkeiten und Fertigkeiten die ältere Personen für andere bzw. für die Gesellschaft noch einbringen können. Demnach gelten Personen, denen dies nicht mehr möglich ist als „Hochaltrig“ (Buttler, zit. n. Kade 2009, S. 16)

Festgestellt werden kann, dass die Übergänge vom „Jungen - Alten“ zum „ Mittel - Al- ten“ und zur „Hochaltrigkeit“ stets fließend und keineswegs abhängig von den Lebens- jahren sind. Statistisch gehört der Mensch zu den Hochaltrigen ab dem 80. Lebensjahr, ungeachtet seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten. Hochaltrige, welche sich und ihre Fä- higkeiten nicht mehr für die Gesellschaft einbringen können (Buttler u.a.) sind häufig noch in der Lage ihren Alltag - dank ihrer Selbsthilfekräfte - zu bewältigen und gelten somit nur bedingt als Personen, die das „Vierte Lebensalter“ (Hochaltrigkeit) erreicht haben, da dieses von zunehmender Abhängigkeit und Multimorbidität gekennzeichnet ist. In dieser Arbeit soll von einem Bild der Hochaltrigkeit ausgegangen werden, in dem die Personen sich nicht mehr bzw. nur sehr begrenzt in die Gesellschaft einbringen können und deren Leben durch Abhängigkeit und Morbidität geprägt wird.

Das dieser Personenkreis in den pädagogischen Fokus rückt, ist eng mit der Forde- rung nach Lebenslangen Lernen verknüpft, welches demnach erst mit dem Tode en- det.

3. Lebenslanges Lernen

„Lebenslanges Lernen“ ist in Politik und Gesellschaft ein geflügeltes Wort geworden. Jeder muss – kann - soll sich stetig weiterbilden und weiterlernen. Für viele Menschen stellt diese „Forderung“, auf Grund der gedanklichen Nähe zum Lernen in Schule, Aus- bildung und Beruf, schon fast eine Bedrohung dar. Viel zu selten wird gesehen, dass das Prinzip des Lebenslangen Lernens schon immer existierte und sich meist in Form von Erfahrungslernen darstellt. Dies beschreibt Berthold Brecht in dem Gedicht „Der Lernende“ (siehe Anhang I, S.25) indem er das „Lernen“ als einen Prozess beschreibt, der in alltäglichen Bereichen des Lebens gegenwärtig ist und dazu dient, gemachte Erfahrungen zu reflektieren, sich mit ihnen auseinander zu setzen und mit ihnen umzu- gehen. Lernen stellt also einen existentiellen und integrativen Bestandteil dar – oder wie D. Köster feststellt, „(…) das Lernen ein Grundbedürfnis des Menschen ist.“ Ge- mäß Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen ist das Recht auf Bildung ein Menschenrecht. Daraus folgt, dass Menschen gleich wel- chen Alters, ein Recht auf Bildung und den Zugang zu Bildungsangeboten haben sol- len. Bildung gilt in diesem Zusammenhang auch als Grundlage bzw. Voraussetzung für bürgerschaftliches Engagement und damit auch als Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft. In diesem Sinne kann die Notwendigkeit eines lebenslangen Ler- nens nicht bestritten werden.

Als eine Voraussetzung für Partizipation besteht, in einer sich immer schneller verän- dernden Umwelt, auch im höheren Lebensalter, die Notwendigkeit lebenslang dazuzu- lernen. Dies kann im „Dritten Lebensalter“ bedeuten, dass z.B. nach einer Weiterbil- dung zum „SeniortrainerIn“ oder „LernbegleiterIn“ eine neue Aufgabe gefunden wurde, indem die Lebenserfahrung und das neu erworbene Wissen (Weiterbildung Seniortrai- ner, o.ä.) in einem „Ehrenamt“, im Sinne eines bürgerschaftlichen Engagements, an die Gesellschaft weitergegeben wird. Im „Vierten Lebensalter“ kann der Fokus des Ler- nens aus vielerlei Gründen (Morbidität, Immobilität…) nicht mehr auf einem Engage- ment für die Gesellschaft ruhen, sondern viel mehr auf die individuelle Auseinanderset- zung mit der eigenen Lebenssituation und die noch vorhandenen Möglichkeiten. Es lässt sich feststellen, dass Alter und Altern ein hochindividueller Prozess bzw. ein hochindividuelles Schicksal ist, dessen Bewältigung individuelle Strategien (auch Lern- strategien) erfordert. Vertreter psychologischer Alterstheorien verweisen auf den Zu- sammenhang von erfolgreichem und zufriedenem Altern einerseits und Aktivität sowie sozialem Eingebundensein andererseits (vgl. Mikutsch u.a. 2009, S.1). Um aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, kann „Bildung… eine Ressource… für die individuelle und gesellschaftliche Lebensgestaltung“ (Köster 2008, S.35) sein. Im fünften Altenbericht der Bundesregierung tragen die Autoren dem Rechnung: „Die Be- deutung der Bildung beschränkt sich für die Entwicklung des Individuums weder auf die Zeit der Berufstätigkeit noch auf den beruflichen Bereich. Neben berufsbezogenen Zielsetzungen… sind unter anderem Selbständigkeit, Selbstbestimmung und soziale Teilhabe als bedeutende allge- meine Zielsetzungen von Erwachsenen- und Altenbildung ebenso zu nennen ….“(BfSFJ 2005, S. 126-127).

„Lebenslanges Lernen“ und „Altern“ weisen eine deutlich Parallele auf, da beide Ent- wicklungsprozesse darstellen, die mit der Geburt beginnen und mit dem Tode enden und biografisch verankert sind. Daraus ergibt es sich, dass der Prozess des lebenslan- gen Lernens die unterschiedlichsten Lerndimensionen und Lernformen beinhaltet, wie nachfolgend dargestellt wird.

3.1 Lerndimensionen und Lernformen

Der Lernbegriff weist viele Dimensionen auf, wie folgende Übersicht exemplarisch zeigt.

Lernen

- … „ist ein grundlegender Lebensprozess, der lebenslang dauert und basale Pro- zesse ebenso umfasst wie hochkomplexe, …“ (Bubolz-Lutz et al. 2010,S. 21).
- … wird als ein Prozess definiert, der auf Erfahrung („Übung“) aufbaut und der zu einer relativ stabilen Veränderung im Verhalten oder im Verhaltenspotential führt (vgl. Zimbardo 1992, S.227).
- … „dient der Verbesserung von Wissen, Qualifikation und Kompetenzen und er- folgt im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen bzw. be- schäftigungsbezogenen Perspektive“ ( EU-Kommission 2001, S.9).

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Details

Seiten
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783656432449
ISBN (Paperback)
9783656440420
DOI
10.3239/9783656432449
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Kaiserslautern – Distance & Independant Studies Center
Erscheinungsdatum
2013 (Mai)
Note
1,3
Schlagworte
lernen hochaltrigkeit chancen grenzen
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