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Der mittelhochdeutsche Begriff der ,êre‘

Dessen Bedeutung für den Artusroman Iwein Hartmanns von Aue

©2012 Hausarbeit 9 Seiten

Zusammenfassung

Im Mittelalter war êre ein zentraler Begriff und galt in der Lebenswelt der Ritter als die wichtigste Voraussetzung ihrer Daseinsberechtigung und war somit zentral für ihre Handlungsmotivation. In der vorliegenden Hausarbeit habe ich mich mit dem mittelhochdeutschen Begriff der êre beschäftigt, seine Bedeutung für die höfische Lebenswelt der Ritter dargestellt und untersucht, welche Rolle dierser in Hartmann von Aues Artusroman 'Iwein' spielt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Der mittelhochdeutsche Begriff der ere
2.2 Die ere als ritterliche Tugend
2.3 Die ere im Iwein Hartmanns von Aue

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Mittelalter war ere ein zentraler Begriff und galt in der Lebenswelt der Ritter als die wichtigste Voraussetzung ihrer Daseinsberechtigung und war somit zentral fur ihre Handlungsmotivation. In der vorliegenden Hausarbeit mochte ich nun den mittelhochdeutschen Begriff der ere erlautern, seine Bedeutung fur die hofische Lebenswelt der Ritter darstellen und untersuchen, welche Rolle er in Hartmann von Aues Roman Iwein spielt. Zunachst werde ich auf die Bedeutung des mittelhochdeutschen Begriffs ere einerseits fur die Menschen im Mittelalter, andererseits speziell fur die Lebenswelt der Ritter eingehen und anschlieRend dessen Rolle im Iwein untersuchen.

2. Hauptteil

2.1 Der mittelhochdeutsche Begriff der ere

Im fruhen und hohen Mittelalter bedeutete ere in Mittelhochdeutsch Ansehen, Anerkennung und Erfolg'.[1] Ansehen und Anerkennung stellten dabei die „nach auRen kundgetane Wertschatzung,[2] die eine Person in der Gesellschaft genoss. Die zweite Bedeutung des mittelhochdeutschen Begriffs der ere ist die Ehrenhaftigkeit, die, im Gegensatz zur ersten Bedeutung, die innere tugendhafte Haltung bezeichnet. D.h., dass die Verhaltensstandards des offentlichen Ehrenkodex auch verinnerlicht sind und nicht bloR an Schamgefuhle gebunden sind, also quasi durch Fremdzwang der offentlichen Meinung bestimmt sind, wenn die Ehrverletzung offentlich bekannt geworden ist. Die ere war auf der Werteskala des mittelalterlichen Menschen von hochstem Rang, war eng verknupft mit Besitztum, Stand sowie Amtsrang und galt als Voraussetzung fur die volle Rechtsfahigkeit[3]. Denn der Rang bestimmte in der mittelalterlichen Gesellschaft die Moglichkeit zur Einflussname und Gestaltung der gesellschaftlichen Ordnung. „Unehrlichkeit“ bedeutete dagegen: Unbehaustheit, Besitzlosigkeit, Arbeitsscheu, Unmoral oder die Zugehorigkeit zu einer verfemten Gesellschafts-, Volks- oder Berufsgruppe (z.B. Leibeigene, Unfreie, unehelich ("unecht") Geborene, unheilbar Kranke, Juden und Zigeuner, Henker, Nachtwachter, Bader und Barbiere, Muller etc.). „Unehrliche Leute“[4]waren von eingeschrankter Rechtsfahigkeit bzw. rechtlos und Rechtlose konnten nicht Richter, Urteiler oder Zeuge sein, hatten kein Vormundschaftsrecht und keinen Zugang zu stadtischen Amtern oder Zunften. Sie waren lehnsunfahig und hatten kein Recht auf eigenen Grund und Boden. Sofern man nicht in „Unehrlichkeit“ hineingeboren wurde, konnte man auch durch Achtung infolge begangener „Meintat“ (Mord, Vergewaltigung, Raub), wegen Verrats oder Betrugs, durch Hinnahme von ehrruhiger Beschimpfung oder Beleidigung und letztlich auch infolge einer abstoRenden Krankheit (z.B. Lepra) in Unehrlichkeit verfallen.[5]Die ere konnte jedoch auch erworben werden und galt in der (epischen) Lebenswelt der Ritter als erstrebenswerteste Tugend. Im folgenden Abschnitt mochte ich nun den ritterlichen Ehrbegriff skizzieren und am Beispiel des mittelhochdeutschen Artusromans Iwein Hartmanns von Aue darstellen, wie ein Ritter im Mittelalter zu ere gereichen konnte, wie er diese verlieren und wiederherstellen konnte.

2.2 Die ere als ritterliche Tugend

Um ere zu erlangen und zu bewahren, mussten sich Ritter an einen Ehrenkodex halten, der ihnen vorschrieb, nach welchen Verhaltensregeln und Grundsatzen sie zu leben hatten, um gesellschaftlich anerkannt zu sein und ihrem Status als Ritter gerecht zu werden.

Gustav Ehrismann hat sich in seinem 1919 erschienenen Aufsatz „Die Grundlagen des ritterlichen Tugendsystems“ mit den ritterlichen Werten und Tugenden auseinandergesetzt. Ehrismann hat darin erstmals die ethischen Vorstellungen des Rittertums zu einem eigenstandigen Forschungsgegenstand gemacht (vgl. Vogt 1985, S. 27)[6]. Die ubergeordnete Tugend stellt die sogenannte maze dar. Diese zwingt den Ritter dazu, bei all seinen Taten darauf zu achten, dass er nicht vom „rechten Mittelweg“[7]abkommt und besagt, dass ein Ritter von nichts zu viel und von nichts zu wenig haben und tun sollte. Die maze halt den Ritter dazu an, „Selbstbeherrschung zu uben und seine Leidenschaft zu dampfen".[8] Einen weiteren wichtigen Aspekt der ere stellt die Ausubung der minne dar, bei der die triuwe eine wichtige Rolle spielt. Die triuwe verpflichtet den Mann bzw. einen Ritter dazu, ehrlich und aufrichtig zu seiner Frau zu sein, sie nicht zu betrugen, seiner Aufgabe als Beschutzer und Versorger gerecht zu werden und ihr gegenuber gemachte Versprechen einzuhalten. In enger Beziehung zur triuwe steht die staete (die Stetigkeit). Der Ritter besitzt staete, wenn er „sittlich so gefestigt ist, daR sein Wille stets zur Ausubung der Tugenden mahnt“[9]. Einen weiteren wichtigen Bestandteil der ere stellt die milte dar. Sie verpflichtet den Ritter zum einen dazu, armen Menschen gegenuber „milde“ zu sein, d.h., freigebig und gerecht zu sein, und zum anderen dazu, im ritterlichen Kampf dem Besiegten erbermde zu zeigen, d.h. ihm gegenuber barmherzig zu sein. Vereinigt ein Ritter diese Tugenden in sich, gelangt er zum Besitz von ere und saelde. Saelde bezeichnet dabei laut Vogt „das gehobene Selbstgefuhl des Ritters, der sich zu groRen Taten berufen fuhlt“.[10] Der VerstoR gegen diese Tugenden fuhrte jedoch zum Verlust der ere und wurde mit gesellschaftlicher Achtung sanktioniert. Wichtig dabei zu beachten ist, dass es sich bei den ritterlichen Tugenden um Idealisierungen handelt, die der hofischen Dichtung wie z.B. dem Iwein oder dem Minnesang entlehnt sind.

Der Iwein zeigt nun den Weg des Ritters Iwein, der durch den VerstoR gegen die Tugenden seine ere verliert, geachtet wird und sich seine ere wiedererwerben muss, um seine verlorene hervorragende gesellschaftliche Position wiedererlangen zu konnen.

[...]


[1]Guttandin, F. (Hrsg).,: Die Ehre des Ritters, Kaufmanns, In: Hofmanns: Soziologie der Ehre, Kurseinheit 2, Fernuniversitat Hagen, 1989, S. 4f.

[2]Ehrismann, O. (Hrsg)., 1995: Ehre und Mut, Aventiure und Minne: hofische Wortgeschichten aus dem Mittelalter. Munchen, 1995, S. 65 ff.

[3] Schreiner, K./Schwerhoff, G. (Hrsg.): Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Fruhen Neuzeit. Koln, 1995, S.63.

[4]Peter C. A. Schels, Kleine Enzyklopadie des deutschen Mittelalters. Eine lexikalische Materialsammlung zum Mittelalter im deutschsprachigen Raum.

[5]Ebd.

[6]Vogt, Dieter : „Ritterbild und Ritterlehre in der lehrhaften Kleindichtung des Strieker und im sog. Seifried Helbling“, S. 27.

[7]Ebd., S.28.

[8]Ebd., S. 28.

[9]9 Ebd.,S.30

[10]10 Ebd.,S. 30

Details

Seiten
Jahr
2012
ISBN (eBook)
9783656457916
ISBN (Paperback)
9783656459736
DOI
10.3239/9783656457916
Dateigröße
554 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Institut für deutsche Literatur und ihe Didaktik- Ältere deutsche Literaturwissenschaft
Erscheinungsdatum
2013 (Juli)
Note
1,7
Schlagworte
begriff dessen bedeutung artusroman iwein hartmanns
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