Kaum eine sprachliche Äußerung in deutsch-deutscher Kommunikation kommt ohne die Verwendung von Fremdwörtern aus. Viel stärker noch als in der mündlichen Kommunikation stößt man jedoch im schriftlichen Sprachgebrauch auf Fremdwörter. Die deutsche Sprache weist ein hohes Maß an Wörtern auf, die entweder direkt aus anderen Sprachen übernommen oder an die Systematik der deutschen Sprache angepasst wurden. Im Zentrum dieser Arbeit soll die grammatische Integration von fremden Wörtern in die deutsche Sprache stehen. Dabei soll nicht nur das Eindringen von Anglizismen berücksichtigt werden, sondern auch auf die bereits etablierten Latinismen, Gräzismen und Gallizismen eingegangen werden.
In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, morphologische, phonologische und graphematische Integrationsprozesse zu beschreiben. Ein weiteres Bearbeitungsfeld ist das der Genusintegration. Hierbei werden wir versuchen, eine Systematik der Genuszuweisung abzubilden, bzw. darüber nachzudenken, in wie weit dies überhaupt möglich ist. Dabei bleibt die Frage nach der Herkunft der Wörter vollkommen außer Acht. Bei der Beschreibung der grammatischen Integrationsprozesse spielt die Herkunft der Wörter nämlich keine Rolle. Sprachgeschichtliche Prozesse und historische Ursachen des lexikalischen Wandels sollen in dieser Arbeit vollkommen unberücksichtigt bleiben. Für diese Arbeit ist eine historische Betrachtung jedoch irrelevant, da unser Fokus sich auf die linguistische Deskription dieser Prozesse richtet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Allgemeine Überlegungen zur Fremdwortproblematik
3. Zur grammatischen Integration von fremden Wörtern
3.1. Morphologische Integration
3.2. Genusintegration
3.3. Phonologische Integration
3.4. Graphematische Integration
4. Schlussbemerkung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Kaum eine sprachliche Äußerung in deutsch-deutscher Kommunikation kommt ohne die Verwendung von Fremdwörtern aus. Viel stärker noch als in der mündlichen Kommunikation stößt man jedoch im schriftlichen Sprachgebrauch auf Fremdwörter. Die deutsche Sprache weist ein hohes Maß an Wörtern auf, die entweder direkt aus anderen Sprachen übernommen oder an die Systematik der deutschen Sprache angepasst wurden. Im Zentrum dieser Arbeit soll die grammatische Integration von fremden Wörtern in die deutsche Sprache stehen. Dabei soll nicht nur das Eindringen von Anglizismen berücksichtigt werden, sondern auch auf die bereits etablierten Latinismen, Gräzismen und Gallizismen eingegangen werden.
In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, morphologische, phonologische und graphematische Integrationsprozesse zu beschreiben. Ein weiteres Bearbeitungsfeld ist das der Genusintegration. Hierbei werden wir versuchen, eine Systematik der Genuszuweisung abzubilden, bzw. darüber nachzudenken, in wie weit dies überhaupt möglich ist. Dabei bleibt die Frage nach der Herkunft der Wörter vollkommen außer Acht. Bei der Beschreibung der grammatischen Integrationsprozesse spielt die Herkunft der Wörter nämlich keine Rolle. Sprachgeschichtliche Prozesse und historische Ursachen des lexikalischen Wandels sollen in dieser Arbeit vollkommen unberücksichtigt bleiben. Für diese Arbeit ist eine historische Betrachtung jedoch irrelevant, da unser Fokus sich auf die linguistische Deskription dieser Prozesse richtet.
2. Allgemeine Überlegungen zur Fremdwortproblematik
Bestrebungen, die deutsche Sprache als Muttersprache vor dem Eindringen von Fremdwörtern zu schützen, bzw. die Anzahl der Fremdwörter möglichst gering zu halten, hat es schon immer gegeben. Selbst Goethe, Schiller oder Lessing haben die deutsche Sprache mit Neuschöpfungen und Ersetzungen bereichert. So ersetzte Lessing beispielsweise das Adjektiv sentimental durch empfindsam oder das Nomen Intention durch Gesinnung (vgl. Lipczuk 2007: 42). Jede Sprache verfügt über strukturelle Prinzipien, die es ermöglichen neue Wörter in der eigenen Sprache zu bilden. Auf diese Weise kann vermieden werden, Wörter aus anderen Sprachen zu entlehnen.
Gerade hinsichtlich der deutschen Sprachgeschichte darf Eines nicht unberücksichtigt bleiben: jede Sprache steht in Kontakt mit anderen Sprachen. Lexikalische, morphologische oder phonologische Elemente aus anderen Sprachen zu übernehmen sind natürliche Erscheinungen des Sprachkontakts. (vgl. ebd.: 12)
Vereinsgründungen zum Schutz oder zur Pflege der deutschen Sprache waren nur eine Frage der Zeit. In dieser Arbeit soll nur auf die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) eingegangen werden, die es sich im Gegensatz zum Verein für deutsche Sprache nicht das Ziel verfolgt, die deutsche Sprache rein zu halten, sondern zu pflegen. Die 1947 gegründete GfdS hat es sich nicht zur Aufgabe gemacht, sich „in ihrer sprachpflegerischen Tätigkeit […] auf Fremdwörter zu konzentrieren“.
Sie gibt die Zeitschriften Der Sprachdienst und Muttersprache heraus. Ihr Hauptanliegen ist, das Bewusstsein für die deutsche Sprache in der Öffentlichkeit zu vertiefen und ihre weltweite Signifikanz darzustellen. Die GfdS verfolgt das Ziel einer kritischen Beobachtung der Sprachentwicklung. Basierend auf wissenschaftlichen Forschungsergebnissen gibt sie Empfehlungen für den allgemeinen Sprachgebrauch. Gegen den Gebrauch von Fremdwörtern hat die Gesellschaft grundsätzlich zwar nichts einzuwenden. Sie sollten jedoch wie deutsche Wörter auch mit Bedacht gewählt und verwendet werden, damit Verständigungsprobleme vermieden werden können. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Sprecher ein implizites Wissen über Morphologie und Semantik des jeweiligen Wortes besitzt. Zum Thema Sprachverfall hat das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der GfdS sowie in Kooperation mit dem Deutschen Sprachrat im April 2008 insgesamt 1.820 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählte Bundesbürger ab 16 Jahre zum Thema ‚deutsche Sprache’ befragt. Als Fazit dieser Befragung lässt sich resümieren, dass aktuell zwei Drittel der Bundesbürger einen Verfall der deutschen Sprache registrieren. Vor allem Ältere sorgen sich über einen Verfall der deutschen Sprache, aber auch in der jüngeren Generation sorgt sich jeder Zweite um das Deutsche.
Wir hingegen sehen die deutsche Sprache nicht vom Verfall bedroht. Wir schließen uns der objektiven Sichtweise von Alan Kirkness (2001: 106) an, der darauf aufmerksam macht, dass an den Bezeichnungen wie Verfall oder Gefährdung des Deutschen und Überfremdung deutlich wird, „wie emotionalisiert die Diskussion“ geführt wird. Lexikalischer Wandel und die Integration von Fremdwörtern hat unserer Meinung nach keine negativen Auswirkungen auf den Kernwortschatz und die Kerngrammatik des Deutschen, sondern erweitert diese. Dies zeigt sich auch an der lange zurückliegenden Übernahme von Latinismen und Gräzismen.
Das deutsche Fremdwortproblem hat seinen Ursprung in der lateinisch-deutschen Diglossie-Situation der frühen Neuzeit, die auch in der Zweischriftigkeit von Antiqua und Fraktur zum Ausdruck kommt. Sie ist der Ausgangspunkt der neulateinischen Massenentlehnungen in die Volkssprache. […] Durch Lehnwortbildung mit fremden Basen und Affixen […] wird […] der Mischcharakter des Deutschen zu einem produktiven Zug. Zahllose Hybridbildungen zeigen jedoch, dass die Trennung von ‚fremd‘ und ‚indigen‘ in der Wortbildung zunehmend obsolet wird und dass Integration die Stigmatisierung ablöst. (Munske 2001: 7)
Schon in der Benennung Fremdwort, so Munske (vgl. ebd.: 8), schwingen Stigmatisierung und Ausgrenzung mit. Doch hierbei handelt es sich um ein generelles soziologisches Problem. Ursache für Stigmatisierung und Ausgrenzung ist das implizite Wertesystem der Gesellschaft, welchem prototypische Merkmale zu Grunde liegen, die es offenbar als Ideal anzustreben gilt. Die Gesellschaft nimmt also eine Wertung vor. Eine weitere Eigenheit der Gesellschaft ist es ganz offensichtlich, Abweichungen von diesem sogenannten Ideal kenntlich zu machen, zu bezeichnen und diese Bezeichnung sogleich mit der Wertung der Andersartigkeit zu besetzen. Sprache ermöglicht Diskriminierung und Stigmatisierung.
Bei der sprachwissenschaftlichen Betrachtung ist es jedoch wichtig, die Abweichungen terminologisch von dem nativen Wortschatz abzugrenzen. Aus diesem Grund erachten wir die Frage nach Stigmatisierung oder Ausgrenzung als obsolet. Der Terminus Fremdwort, als Bezeichnung für Wörter aus anderen Sprachen, verweist bereits direkt darauf, dass es sich um etwas Abweichendes, Fremdes handelt. So ist zu fragen, weshalb nach der Integration in die deutsche Sprache nicht von deutschen Wörtern, sondern von integrierten Fremdwörtern oder Lehnwörtern gesprochen wird.
Ein Lehnwort ist nach Munske (2001: 9) ein Wort, das aus einer anderen Sprache übernommen sowie in Aussprache, Schreibweise und Flexion der Nehmersprache angepasst ist. Es hat demnach schon sämtliche fremde Merkmale verloren. Beispiele wären hier Portemonnaie – Portmonee oder Photographie – Fotografie. Doch es gibt noch eine weitere Frage, die hinsichtlich dieser Thematik aufgeworfen werden muss. Wie wir bereits festgestellt haben, verfügt offenbar jede Sprache über strukturelle Prinzipien, die es ermöglichen, neue Wörter in der eigenen Sprache zu bilden. Daher ist es fraglich, weshalb bei morphologischen Integrationsprozessen oder auch bei Neuschöpfungen entlehnte Elemente verwendet werden. Unserer Meinung nach sollten Verbbildungen, die mit –ier und seinen Varianten gebildet werden, nicht mehr als fremd angesehen werden.
Selbstverständlich genügen uns Teilintegrationen nicht, um die Benennung als Fremdwort zu unterlassen. Lediglich bei vollständiger morphologischer, phonologischer und graphematischer Assimilation wollen wir konsequenterweise nicht länger von einem Fremdwort oder Lehnwort sprechen.
3. Zur grammatischen Integration von fremden Wörtern
Der Terminus Integration soll hier wie folgt verstanden werden. Gemeint ist nicht nur die Assimilation fremdsprachiger Bestandteile an die Systematik des Deutschen sondern auch die Verbindung von deutschsprachigen und fremdsprachigen Elementen, der jedoch die Systematik der aufnehmenden, deutschen Sprache zugrunde liegt. Dies wird insbesondere im folgenden Kapitel zur morphologischen Integration ausführlicher diskutiert werden. Da eine morphologische Integration ebenfalls eine phonologische und graphematische Integration zur Folge haben kann, werden diese anschließend ausführlich besprochen werden.
3.1. Morphologische Integration
Auf dem Gebiet der Wortbildung gibt es zahlreiche Möglichkeiten, fremde Wörter in den heimischen Wortschatz zu integrieren. Hinsichtlich der Komposition sind keinerlei spezifische Integrationsprobleme fremder Wörter festzustellen. Fremde Bestandteile lassen sich problemlos mit nativen Bestandteilen zu Komposita verbinden, wie auch die Bildung von Determinativkomposita wie beispielsweise Softeis, Checkliste, Kundenservice oder Schreibset zeigt.
Auch hinsichtlich der Derivation sind auf den ersten Blick keine Integrationsprobleme festzustellen. Es lassen sich sowohl fremde als auch native Affixe mit fremden oder nativen Stämmen verbinden. Hier seien beispielsweise Wörter wie Exfrau oder uncool angeführt. Zu beachten ist jedoch, dass nicht alle Affixe gleichermaßen für die Integration fremder Wörter zur Verfügung stehen.
Nach Eisenberg (2001: 190) gibt es „[b]etonungsneutrale verbale Präfixe vom Typ be-, ent-, er-, ver-, zer- […] nur im Kernsystem“ des Deutschen. Unberücksichtigt lässt Eisenberg die Nominalisierungssuffixe - ung, -heit, -keit und – nis. Diese lassen sich ebenfalls nicht mit fremden Stämmen verbinden.
Nun könnten zwar Beispiele wie Diszipliniertheit oder Determiniertheit angegeben werden, doch hierbei hat bereits eine morphologische Integration mittels des Verbalisierers – ier stattgefunden und erst dadurch ist die Verbindung mit dem Nominalisierungssuffix – heit möglich geworden. Der Verbalisierer – ier mit seinen Varianten – isier und – ifizier fungiert als Wortbildungselement bei der Integration von Fremdwörtern. Fremde Suffixe stehen links von ihm, native Suffixe stehen rechts von ihm.
Neben Prä- und Suffixen gibt es jedoch noch weitere Wortbildungselemente: Konfixe. Sie haben Teil an produktiven Wortbildungsmustern, sind nicht flektierbar und haben eine lexikalische Bedeutung. Auffällig ist hier, dass es sich bei Prä- und Postkonfixen überwiegend um Latinismen, Gräzismen und Anglizismen handelt. Für die Klasse der Präkonfixe stehen beispielsweise bio-, neo-, mini-, homo -, phono-, philo - oder Anglizismen wie hard-, soft - oder free-. Im Gegensatz zu Präkonfixen sind Postkonfixe wortartmarkiert und führen demnach zu Nomen (- drom, -lekt, -graph, -thek) oder Adjektiven (-phil, -phob, -gen, -nom). Konfixkomposita können durchaus aus mehreren Konfixen wie beispielsweise in homogen oder homophob bestehen.
Dies zeigt, dass die Wortbildung mit fremden Elementen auf unterschiedliche Weise ins Kernsystem integriert oder daran angeschlossen ist. Bei den Affixen ist eine Herausbildung stabiler Muster zu erkennen. Auf dem Gebiert der Flexionsmorphologie sollen in dieser Arbeit nur Verben und Nomen behandelt werden. Zu Integrationsproblemen kommt es besonders bei Verben mit fremden Bestandteilen, da nicht alle Formen des Flexionsparadigmas bekannt oder bildbar sind. Nach Eisenberg (2001:193) wirkt sich das Fehlen des Partizips oder mancher finiten Form darauf aus, dass „dem Verb entscheidende syntaktische Kontexte verschlossen bleiben“.
Bei Verben, die auf – ier gebildet werden, kommt es zu keinerlei Integrationsproblemen. Diese Verben weisen das regelmäßige Flexionsverhalten schwacher Verben des deutschen Kernwortschatzes auf. Unserer Meinung nach, lassen sich allerdings nur Latinismen und Gräzismen auf diese Weise integrieren. Eine Integration von Anglizismen ist mittels des Verbalisierers – ier nicht möglich. Die Integration von Anglizismen gestaltet sich im Allgemeinen sehr schwierig. Lautet der Infinitiv recyclen oder recyceln ? Da auf dieses Verb das Flexionsparadigma von el -Verben des deutschen Kernwortschatzes angewandt wird, spricht nach Eisenberg (2001: 193) alles dafür, von dem Infinitiv recyceln auszugehen. Problematisch wird hier allerdings die Bildung des Partizips II, die demzufolge gerecycelt lauten müsste. Hierzu möchten wir die Konjugation der beiden Verben in den Tempi Präsens und Präteritum und die zugehörigen Partizipien aufführen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da das hierdurch gewonnene Partizip II von recyceln ungrammatisch ist, ist die von Eisenberg (ebd.) genannte Analogie zu angeln nicht aufrecht zu erhalten. Zunächst muss ein deutsches Verb von äquivalentem Wortbildungstyp gesucht werden. Es ist relativ leicht festzustellen, dass angeln und recyceln nicht demselben Wortbildungsmuster angehören. Als Äquivalent wäre ein Verb wie vereiteln anzusehen, dessen Konjugationsmuster sich besser auf recyceln anwenden lässt. Es ist gewährleistet, dass auch die Partizipien korrekt gebildet werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Verb recyceln lässt sich zwar morphologisch integrieren, behält jedoch seinen Fremdwortcharakter durch die englische Schreibung und je nach Sprecher auch durch die englische Lautung. Die Integration der Verben upgraden oder downloaden gestaltet sich allerdings wesentlich schwieriger. Nach Eisenberg (2001: 194) führen sie „dann zu Schwierigkeiten, wenn der erste Bestandteil morphologisch (upzugraden/zu upgraden; upgegradet/geupgradet) oder syntaktisch vom Rest des Stammes getrennt werden soll (sie upgradet/sie gradet up)“.
Außer Acht gelassen wurde hierbei jedoch, dass sie mittels der Verbendung –en bereits morphologisch integriert sind. Der syntaktische Gebrauch mittels Hilfsverben scheint nur eingeschränkt problemlos möglich zu sein:
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