Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung
Zusammenfassung
2 Einleitung
3 Methoden und historische Entwicklung
4 Rechtliche Grundlagen
5 Auswirkung auf die Identität der betroffenen Kinder
6 Schlussfolgerungen und Ausblick
7 Literaturverzeichnis
Jahrelang handelte es sich zum großen Teil um eine juristische Grauzone, wenn über das Recht des Kindes auf das Wissen um die eigene Abstammung auf der einen Seite und das Recht des Spenders auf Anonymität auf der anderen Seite diskutiert wurde. Seit dem 6. Februar dieses Jahres jedoch wurde durch das Oberlandesgericht Hamm ein eindeutiger Auskunftsanspruch für die betroffenen Kinder erteilt.
Während sich die Literatur zumeist mit der Rechtsstellung der Eltern beschäftigt, so beispielsweise in dem Diskurs darum, ob der rechtliche Vater zur Vaterschaftsanfechtung berechtigt ist, um herauszufinden, ob das Kind genetisch gesehen das eigene ist, soll es in dieser Arbeit hingegen mehr um eine kinderrechtliche Perspektive der dargestellten Thematik gehen. Welche Rechte haben Kinder, die durch eine donogene Insemination gezeugt wurden? Inwieweit hat sich ihre Stellung durch das oben genannte Urteil verändert und welche Folgen ergeben sich daraus?
Zum besseren Verständnis des problematischen Diskurses soll zunächst ein kurzer Überblick über die verschiedenen Methoden der Befruchtung gegeben werden, als auch eine Darstellung der historischen Entwicklung der Samenspenderbehandlung. Anschließend geht es um die rechtlichen Grundlagen. Hierzu werden beispielsweise das Bürgerliche Gesetzbuch, das Grundgesetz, als auch die UN-Kinderrechtskonvention als Basis genutzt. Ebenfalls wird untersucht, ob und inwieweit die Kinderrechtskonvention als Grundlage für den erwähnten Beschluss des OLG Hamm diente.
Des Weiteren findet eine Erläuterung der psychischen Auswirkungen auf die Identität der betroffenen Kinder statt.
Schlussendlich erfolgen eine Zusammenfassung und ein Ausblick.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Abstract
2 Einleitung
3 Methoden und historische Entwicklung
4 Rechtliche Grundlagen
5 Auswirkung auf die Identität der betroffenen Kinder
6 Schlussfolgerungen und Ausblick
7 Literaturverzeichnis
1 Abstract
This paper examines the right of the child to know its parentage. It offers an overview of the history and legal development of sperm donations. Moreover the text tries to illustrate the advantages and disadvantages between the right of the child on the one hand and the anonymity of the genetic father on the other hand. The arguments of stakeholders like the fertility medics are also concerned critically. The latest sentence of the higher regional court of Hamm to guarantee a right of information about the own parentage is used as a current example.
The focus lies on the children’s right in cases of sperm donation and furthermore it examines risks and chances for adolescents’ identity development in the context of sperm donation.
It highlights challenges for further action and research, because current literature often concentrates on the parental perspective or the parent-child-relationship and disregards the essential needs of the affected children.
All in all the paper advocates the strengthening of the legal rights of children resulting from artificial insemination.
2 Einleitung
Jahrelang handelte es sich zum großen Teil um eine juristische Grauzone, wenn über das Recht des Kindes auf das Wissen um die eigene Abstammung auf der einen Seite und das Recht des Spenders auf Anonymität auf der anderen Seite diskutiert wurde. Seit dem 6. Februar dieses Jahres jedoch wurde durch das Oberlandesgericht Hamm ein eindeutiger Auskunftsanspruch für die betroffenen Kinder erteilt.
Während sich die Literatur zumeist mit der Rechtsstellung der Eltern beschäftigt, so beispielsweise in dem Diskurs darum, ob der rechtliche Vater zur Vaterschaftsanfechtung berechtigt ist, um herauszufinden, ob das Kind genetisch gesehen das eigene ist, soll es in dieser Arbeit hingegen mehr um eine kinderrechtliche Perspektive der dargestellten Thematik gehen. Welche Rechte haben Kinder, die durch eine donogene Insemination gezeugt wurden? Inwieweit hat sich ihre Stellung durch das oben genannte Urteil verändert und welche Folgen ergeben sich daraus?
Zum besseren Verständnis des problematischen Diskurses soll zunächst ein kurzer Überblick über die verschiedenen Methoden der Befruchtung gegeben werden, als auch eine Darstellung der historischen Entwicklung der Samenspenderbehandlung. Anschließend geht es um die rechtlichen Grundlagen. Hierzu werden beispielsweise das Bürgerliche Gesetzbuch, das Grundgesetz, als auch die UN-Kinderrechtskonvention als Basis genutzt. Ebenfalls wird untersucht, ob und inwieweit die Kinderrechtskonvention als Grundlage für den erwähnten Beschluss des OLG Hamm diente.
Des Weiteren findet eine Erläuterung der psychischen Auswirkungen auf die Identität der betroffenen Kinder statt.
Schlussendlich erfolgen eine Zusammenfassung und ein Ausblick.
3 Methoden und historische Entwicklung
Vor mittlerweile 34 Jahren kam das erste sogenannte „Retortenbaby“ mithilfe einer donogenen Insemination zur Welt. Im Jahre 2012 waren es bereits etwa fünf Millionen Kinder, welche durch diese Reproduktionsstrategie gezeugt wurden (vgl. Spiegel online GmbH). Bei einer solchen donogenen, teilweise auch als heterolog bezeichneten Insemination handelt es sich um eine künstliche Befruchtung mit einem, eigentlich anonymen, Spendersamen (vgl. Lauterbach 2011: 203). Sie lässt eine sogenannte teil-filiative Eltern-Kind-Beziehung entstehen. Lediglich die donogene als auch die homologe Insemination werden in Deutschland als legal angesehen. Bei der homologen Insemination findet die künstliche Befruchtung mit dem Samen des Partners statt, so dass es zu einer filiative Eltern-Kind-Beziehung kommt. Nicht legal sind in Deutschland die Eizellenspende, bei der die „soziale Mutter“ eine fremde Eizelle gespendet bekommt und mit dem Samen des Partners befruchtet wird, wie auch die pränatale Ammenschaft, bei welcher die Eizelle der sozialen Mutter vom Samen des Partners befruchtet wird und von einer anderen Frau ausgetragen wird. Ebenfalls nicht legal sind die Leihmutterschaft, hier stammt auch die Eizelle von einer anderen Frau, welche das Kind dann auch austrägt und die doppelt-heterologe Insemination, bei welcher sowohl die Eizelle als auch der Samen gespendet werden und somit die biologische und soziale Elternschaft gänzlich auseinanderfallen (vgl. Lauterbach 2011: 204).
Die ersten Hinweise auf eine künstliche Insemination sind im Rahmen von Dokumenten aus der jüdischen Geschichte bereits im 2. – 3. Jahrhunderts n. Chr. zu finden (vgl. Katzorke 2008: 90). Aus diesen Schriften geht zumindest die thematische Befassung hervor. Üblich wurde diese Art der Befruchtung ab dem 14. Jahrhundert in der Pferdezucht. Wann genau die erste künstliche Insemination bei einem Menschen stattgefunden hat, kann nicht genau festgestellt werden. 1866 führte J. M. Sims, ein amerikanischer Gynäkologe, mehr als 55 solcher Inseminationen bei sechs Frauen durch. Hierbei wurden stets die Samen der jeweiligen Ehegatten verwendet. Daraufhin wurde eine der Patentinnen schwanger, was für die erste erfolgreiche homogene künstliche Befruchtung in den USA spricht. Sie hatte allerdings später eine Fehlgeburt (vgl. Katzorke 2008: 90). Die erste erfolgreiche donogene Insemination fand 1884, ebenfalls in den USA, statt. Sie wurde von Dr. William Pancoast durchgeführt, indem er die Samen eines Medizinstudenten verwendete und sie der Frau eines Mannes inseminierte, welcher durch eine Geschlechtskrankheit unfruchtbar geworden war. Diese Insemination war erfolgreich und der Spender blieb anonym. Ab den 1850ern stieg das Interesse an künstlichen Inseminationen auch in Frankreich. Es wurden diverse wissenschaftliche Abhandlungen verfasst, unter anderem über die wissenschaftlichen Grundlagen und Praxiserfahrungen (vgl. Katzorke 2008: 91). Auch gründete sich 1880 die Gesellschaft „Do Vitam“, welche sich mit den Problemen, die mit einer künstlichen Insemination in Zusammenhang stehen, beschäftigte. Es gab auch bereits einige negative Stimmen, die Inseminationen beispielsweise als unmoralisch bezeichneten. Es handelte sich sowohl um rechtliche, als auch um sittliche Diskussionen (vgl. Katzorke 2008: 91).
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts berichteten diverse weitere Länder, wie Italien, Spanien, England und die Schweiz von künstlichen Inseminationen, welche erfolgreich durchgeführt wurden. Auch deutsche Ärzte waren zu dieser Zeit bereits an der homologen Insemination interessiert. Hier wurde die erste erfolgreich durchgeführte Insemination im Jahr 1912 von Döderlein und Hirsch dokumentiert (vgl. Katzorke 2008: 92). Rechtlich befasste sich Deutschland mit der Thematik erstmals im Jahr 1905. Es war das Oberlandesgericht in Köln, welches das Verfahren aufgrund eines Gutachtens aus der Gynäkologie vorerst ablehnte. Auch viele Ärzte lehnten die künstliche Insemination ab. Wann genau die donogene künstliche Insemination in Deutschland anerkannt und übernommen wurde, ist nicht genau feststellbar. In jedem Fall waren es bis zum Jahr 1930 nur wenige Fälle. Erst danach wurde die künstliche Insemination häufiger erfolgreich durchgeführt. Grund für die vermehrte Anwendung dieser Art der Reproduktion war die Lehre der Gynäkologen Knaus und Ogino, welche sich mit den zyklischen Schwankungen der Furchtbarkeit der Frau beschäftigte (vgl. Katzorke 2008: 92).
Über die Zeit des Nationalsozialismus existieren bezüglich des Verfahrens der künstlichen Befruchtung diverse Mythen und Spekulationen, welche als solche aber nicht nachgewiesen sind. Lediglich von der Existenz eines Vereins namens „Lebensborn e. V.“ kann definitiv ausgegangen werden. Dieser wandte sich insbesondere an die in der Zeit stark geächteten unverheirateten Mütter und bot ihnen Schutz vor gesellschaftlicher Diskriminierung an (vgl. Katzorke 2008: 93). Doch auch dieser Schutz war angeblich nationalsozialistisch geprägt, da er nur galt, wenn die Mutter als auch der Vater nachweislich „arisch“ waren. In diesem Fall wurde der Mutter beispielsweise die Geheimhaltung der Geburt, Hilfe bei der Suche nach Arbeit oder auch die Vermittlung von Adoptivfamilien oder Pflegeeltern offeriert (vgl. Katzorke 2008: 93).
Nach der Zeit des zweiten Weltkrieges begann die Forschung bezüglich der Samenkonservierung mit Hilfe von Tiefgefrierung, so dass 1954 zum ersten Mal eine Schwangerschaft durch mit Trockeneis konserviertem Sperma gelang. Im Jahr 1960 entstanden dementsprechend auch die ersten Samenbanken in den USA. In Deutschland wird von 2.300 donogenen Inseminationen im Jahr 1967 ausgegangen. Noch spricht man allerdings von „einem grundsätzlichen Verstoß gegen die Idee von Ehe, Vaterschaft und Familie, also gegen Dinge, auf die ein Kulturstaat und seine Rechtsordnung angewiesen sind“ (Katzorke 2008: 95). So hält auch ein Bundesrichter die donogene Insemination für nicht mit dem Art. 1 GG, also der Achtung und Wahrung der Menschenwürde, vereinbar. Für etwa elf Jahre galt die donogene künstliche Befruchtung daher auch als standesunwürdig und wurde unter Strafe gestellt. Als Begründung diente hauptsächlich das „Unrecht am Kind“. Dass die Beziehung zwischen dem Ehemann und dem nicht leiblichen Kind bereits kurz nach erfolgreicher Behandlung von Seiten des Mannes von Hass erfüllt sein würde, stand ebenfalls fest (vgl. Katzorke 2008: 95). Auch wurde Frauen, die dem Wunsch nach einem Kind über die Kenntnis des genetischen Vaters stellten, eine schwere neurotische Persönlichkeitsstörung unterstellt. Erst 1970 wurde das Verbot wieder aufgehoben, auch wenn die Behandlung von dem Deutschen Ärztetag noch immer nicht empfohlen wurde. Daraufhin schwankte die Durchführung in den Kliniken. Für eine Zeit lang wurde die donogene Insemination in das Klinikprogramm aufgenommen, dann wieder aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage eingestellt (vgl. Katzorke 2008: 96).
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