Unterstützungspotentiale durch den Einsatz von Standardsoftware im Bereich Versand und Logistik
Organisationsanalyse
Zusammenfassung
Zunächst werden die theoretischen Grundlagen dargestellt. Diese gliedern sich in die Dokumentation von Informationen, sowie die Methodik, die Techniken und die Hilfsmittel der Organisationsanalyse.
Die dargelegten Erkenntnisse werden dazu verwendet, die veränderten Aufgabenstellungen vom Bereich "Versand und Logistik" des Kundens durch eine Organisationsanalyse der Aufbau- und Ablauforganisation, der Datenstrukturen und der funktionalen Zusammenhänge zu ermitteln.
Am Ende der Organisationsanalyse kommt es bei der Potentialanalyse aufgrund der Vernetzung der ermittelten Informationen zu einem abschließenden Ergebnis.
Im Anschluss daran wird ein Soll-Konzept erstellt, in dem sämtliche Anforderungen, welche das System bzw. die Organisation zur Lösung der Schwachstellen erfüllen muss, festgelegt sind. Dabei werden zunächst verschiedene organisatorische- und Datenverarbeitungstechnische (DV-technische) Lösungen vorgestellt, welche die Anforderungen erfüllen.
Im Anschluss werden die Lösungen einem Wirtschaftlichkeitsvergleich unterzogen, um die besten Lösungen für die Anforderungen des Soll-Konzepts zu ermitteln.
Aufbau:
Organisationsanalyse
Festlegung des Untersuchungsbereichs
Techniken der Organisationsanalyse
Objektive Techniken der Organisationsanalyse
-Messen und Zählen
-Dokumente analysieren
-Beobachtungsmethode
Nicht-objektive Techniken der Organisationsanalyse
-Interview
Methode der Selbstaufschreibung
Methodik der Organisationsanalyse
Ergebnisse modellieren
Anforderungen an das Modellierungshilfsmittel
Modellierungshilfsmittel
Potentialanalyse
Entwicklung eines Soll-Konzepts
Soll-Konzept
Organisatorische Lösungsmöglichkeiten
DV-technische Lösungsmöglichkeiten
Wirtschaftlichkeitsermittlung
Wirtschaftlichkeitsermittlung der Lösungsmöglichkeiten
Organisatorische Lösungsmöglichkeiten
DV-technische Lösungsmöglichkeiten
Zusammenfassung der Wirtschaftlichkeitsvergleiche
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Organisationsanalyse
2.1 Festlegung des Untersuchungsbereichs
2.2 Techniken der Organisationsanalyse
2.2.1 Objektive Techniken der Organisationsanalyse
2.2.1.1 Messen und Zählen
2.2.1.2 Dokumente analysieren
2.2.1.3 Beobachtungsmethode
2.2.2 Nicht-objektive Techniken der Organisationsanalyse
2.2.2.1 Interview
2.2.2.2 Methode der Selbstaufschreibung
2.3 Methodik der Organisationsanalyse
2.4 Ergebnisse modellieren
2.4.1 Anforderungen an das Modellierungshilfsmittel
2.4.2 Modellierungshilfsmittel
2.5 Potentialanalyse
3 Organisationsanalyse der Werkslogistik
3.1 Festlegung des Untersuchungsbereichs
3.2 Methoden und Techniken der Organisationsanalyse
3.2.1 Analyse der Aufbauorganisation
3.2.1.1 Aufbauorganisation der Werkslogistik
3.2.1.2 Potentialanalyse des Aufbaus
3.2.2 Analyse der Ablauforganisation
3.2.2.1 Ablauforganisation der Werkslogistik
3.2.2.2 Potentialanalyse der Ablauforganisation
3.2.3 Analyse der Informationsstrukturen
3.2.3.1 Informationsstruktur der Werkslogistik
3.2.3.2 Potentialanalyse der Informationsstruktur
3.2.4 Analyse der Steuerungsvorgänge
3.2.4.1 Steuerungsvorgänge der Werkslogistik
3.2.4.2 Potentialanalyse der Steuerungsvorgänge
3.3 Ergebnisse der Organisationsanalyse
4 Entwicklung eines Soll-Konzepts
4.1 Soll-Konzept der Werkslogistik
4.1.1 Organisatorische Lösungsmöglichkeiten
4.1.2 DV-technische Lösungsmöglichkeiten
5 Wirtschaftlichkeitsermittlung
5.1 Wirtschaftlichkeitsermittlung der Lösungsmöglichkeiten
5.1.1 Organisatorische Lösungsmöglichkeiten
5.1.2 DV-technische Lösungsmöglichkeiten
5.1.3 Zusammenfassung der Wirtschaftlichkeitsvergleiche
6 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Anhang
1 Einleitung
Aufgabe der Arbeit ist es, die Tätigkeiten innerhalb des Bereiches Versand und Logistik eines großen internationalen Werkes zu analysieren und mögliche Verbesserungspotentiale zu identifizieren.
Aufbauend auf diesen so gewonnenen Erkenntnissen, sollen in einem zweiten Schritt geeignete organisatorische bzw. Software-Lösungen mit Hilfe eines Soll-Konzepts vorgestellt werden. Aus diesen Lösungen sollen nach einer Kosten-Nutzen-Analyse die für die Werkslogistik sinnvollsten ausgewählt werden.
Ziel ist es durch diese Maßnahmen,
- die Zufriedenheit der Empfänger und Abnehmer der im Werk gefertigten Produkte zu steigern,
- Kosten zu sparen,
- den Werksverkehr zu entlasten,
- die Kommunikation zwischen Kunden und Hersteller zu verbessern,
- die interne Kommunikation zu verbessern und
- eine Steigerung der Arbeitsqualität zu erreichen.
Die vorliegende Arbeit ist in 6 Kapitel gegliedert (vgl. Abb. 1). Dabei werden nach diesem einführenden Kapitel 1 zunächst die theoretischen Grundlagen zum Thema dieser Arbeit dargestellt. Diese gliedern sich in die Dokumentation von Informationen, sowie die Methodik, die Techniken und die Hilfsmittel der Organisationsanalyse (Kapitel 2). Die dargelegten Erkenntnisse werden dazu verwendet, die veränderten Aufgabenstellungen vom Bereich „Versand und Logistik“ durch eine Organisationsanalyse der Aufbau- und Ablauforganisation, der Datenstrukturen und der funktionalen Zusammenhänge zu ermitteln (Kapitel 3).
Am Ende der Organisationsanalyse kommt es bei der Potentialanalyse aufgrund der Vernetzung der ermittelten Informationen zu einem abschließenden Ergebnis.
Im Anschluss daran wird ein Soll-Konzept erstellt (Kapitel 4), in dem sämtliche Anforderungen, welche das System bzw. die Organisation zur Lösung der Schwachstellen erfüllen muss, festgelegt sind. Dabei werden zunächst verschiedene organisatorische- und Datenverarbeitungstechnische (DV-technische) Lösungen vorgestellt, welche die Anforderungen erfüllen.
Im Anschluss werden die Lösungen einem Wirtschaftlichkeitsvergleich (Kapitel 5) unterzogen, um besten Lösungen für die Anforderungen des Soll-Konzepts zu ermitteln.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Gedankenflussplan
2 Organisationsanalyse
In früheren Jahren waren Unternehmen darauf bedacht, ihre Organisation möglichst konstant zu halten, um an den bewährten Mitteln des Erfolges festzuhalten.
Seit einigen Jahren nimmt die Geschwindigkeit von Rahmen- und Umweltveränderungen aufgrund von: Bedürfnisveränderungen der Kunden, Entstehung neuer Märkte, Bildung neuer Unternehmensziele und Strategien, usw. (Ackermann, 1989, S. 137) ständig zu.
Daraus resultiert die Notwendigkeit, permanent organisatorische Anpassungsprozesse vorzunehmen. Die Grundlage für diese Umgestaltungen einer Organisation bilden laut Müller-Merbach (1995, S. 3-5, ergänzt von Prosch, 2000, S. II) die Ergebnisse der Organisationsanalyse, welche im Vorfeld notwendiger Entscheidungen durchgeführt werden sollte. An Stelle der Bezeichnung Organisationsanalyse werden häufig auch die Begriffe Strukturanalyse, Reorganisation, Effizienz-Studien oder gar Wertanalyse verwendet.
Die Personen von welchen die Organisationsanalyse in verschiedenen Teilschritten durchgeführt wird, werden als Analytiker bezeichnet (Müller-Merbach, 1980, S. 472).
Das Ergebnis soll ein realitätsnahes Modell sein, welches den Untersuchungsbereich und dessen wichtigsten Schnittstellen darstellt.
Dafür sind zum einen die aufbauorganisatorischen Zusammenhänge der Organisationseinheit und Stellen darzustellen, zum anderen die Informationsflüsse und die ablauforganisatorischen Prozesse. Dazu müssen für alle relevanten Teilbereiche die folgenden Fragen geklärt sein: „Wer macht was, wo, wann, womit, wie und woran“ (Wittlage, 1993, S. 47 und Kühlechner, 1994, S. 256)?
Hauptziel ist es für alle Prozesse und deren Teile innerhalb der Organisation zu klären,
- von welcher Person
- wird welche Tätigkeit
- an welchem Ort
- zu welchem Zeitpunkt
- mit welchem Sachmittel
- in welcher Form und
- an welchem Objekt
ausgeführt?
Weitere Ergebnisse nach Prosch können sein (2000, S. III):
- Maßnahmenpläne,
- Entwicklungsprognosen,
- Stufenkonzepte,
- Zusammenfassungen von Eindrücken,
- usw..
Zu den Aufgaben des Analytiker zählt es nicht vorher festgelegte Ergebnisse zu präsentieren, sondern das er (Prosch, 2000, S. IV):
- vorschlägt,
- hinweist,
- prognostiziert,
- kritisch würdigt,
- berichtet,
- zusammenfasst,
- darstellt und
- konzeptionell kurz-, mittel- und langfristig berät.
Im folgenden Abschnitt 2.1 wird zunächst erläutert, wie der Untersuchungsbereich für die Organisationsanalyse festgelegt wird. Danach folgen im nächsten Abschnitt 2.2 die möglichen Techniken zur Erlangung von Kenntnissen über eine bestehende Organisation. Im Anschluss wird in Abschnitt 2.3 beispielhaft die Vorgehensweise einer Organisationsanalyse geschildert. Schließlich wird in einem letzten Abschnitt 2.4 auf das modellieren von Ergebnissen mit der Hilfe von computergestützten Werkzeugen eingegangen.
2.1 Festlegung des Untersuchungsbereichs
Zur Erleichterung der Organisationsanalyse wird die Organisation anhand bestimmter Kriterien in Teilbereiche zerlegt und die Analyse nur in einem relevanten Teilbereich durchgeführt. Durch diese Vorgehensweise wird die Analyseaufgabe überschaubar, leichter zu handhaben und auf die Ziele der Organisationsanalyse ausgerichtet.
Um festzulegen, in welchem Teilbereich einer Organisation eine Analyse durchgeführt werden soll, schlägt Wedekind in Anlehnung an Kosiol fünf Kriterien zur Abgrenzung eines Untersuchungsbereichs vor (Wedekind, 1976, S. 35), die er zum Teil weiter untergliedert:
1. Sachliche Bildung eines Untersuchungsbereichs:
- nach Verrichtungen,
- nach dem Produkt und
- nach den Hilfsmitteln.
2. Formale Bildung eines Untersuchungsbereichs:
- Nach dem Rang:
- Entscheidung,
- Ausführung.
- Nach der Phase:
- Planung,
- Ausführung,
- Kontrolle.
3. Personenbezogene Bildung eines Untersuchungsbereichs
4. Bildung des Untersuchungsbereichs nach Raum und Zeit
5. Bildung des Untersuchungsbereichs nach seiner Zugehörigkeit zu einer Organisationseinheit.
Die genannten Kriterien sollten lediglich als Hilfsmittel zur Strukturierung und Fokussierung angesehen werden, da trotz der Abgrenzung des Untersuchungsbereiches das relevante Umfeld bei der Analyse nicht außer Acht gelassen werden sollte. Die Wechselwirkungen zwischen dem festgelegten Untersuchungsbereich und dem Gesamtsystem können nur analysiert werden, wenn das Umfeld mit in die Analyse einbezogen wird (Wedekind, 1976, S. 36-37).
Nachdem in diesem Abschnitt erläutert wurde, wie der Untersuchungsbereich einer Organisationsanalyse abgegrenzt werden kann, folgt im nächsten Abschnitt die Erläuterung der anzuwendenden Techniken.
2.2 Techniken der Organisationsanalyse
Die Techniken der Organisationsanalyse sind Verfahren und Instrumente, die der Analytiker anwendet, um Kenntnisse über die Organisation oder deren Teilbereiche zu erlangen. Allerdings gibt es keine einheitliche Methode, die für jedes Problem die richtigen Erhebungs- und Auswertungsanweisungen bietet. Dementsprechend existieren verschiedene Methoden, welche eventuell kombiniert werden müssen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Informationsfenster Quelle: Molzberger in Krallmann 1999, S. 57.
Ihr Einsatz richtet sich nach den Anforderungen an die Organisationsanalyse, dem zu analysierenden Organisationsbereich und den Informationen, die der Systemanalytiker ermitteln möchte.
Krallmann (1999, S. 57) unterscheidet dabei vier Arten von Informationen, welche er unterteilt in bewusste und nicht bewusste, sowie Insiderinformationen und Informationen von Außenstehenden (vgl. Abb. 2).
Der Analytiker muss dabei beachten, dass es bei unzutreffenden Informationen zu falschen Schlüssen für die Praxis kommen kann (Prosch, 2000, S. 83). Darüber hinaus sollten die Erhebungsmethoden objektiv, vergleichbar, ökonomisch und nützlich sein (Lienert in Schnell, 1999, S. 144-145).
Zu den weiteren Kriterien, die eine Erhebungsmethode erfüllen sollte, gehört die Gültigkeit und Zuverlässigkeit der Informationen, die damit gewonnen werden können. Eine Erhebungsmethode ist z.B. unzuverlässig, wenn beim Wiederholen der Methode unterschiedliche Ergebnisse zustande kommen. Dabei sind konstante Erhebungsergebnisse noch keine Garantie für eine erfolgreiche Informationssammlung. In diesem Punkt greift die Gültigkeit der Informationen ein. Sie entscheidet, ob das Merkmal, welches gemessen wurde, wirklich das ist, welches gemessen werden sollte (Prosch, 2000, S. 89-90).
In diesem Abschnitt werden die Techniken der Organisationsanalyse in objektive und nicht-objektive Techniken unterschieden. Als objektive Techniken sind solche Instrumente zu verstehen, die nicht auf den Äußerungen von Personen aus dem Untersuchungsbereich beruhen. Dabei kann der Analytiker die Information ohne die Mithilfe von Informanten erfassen (Wittlage, 1993, S. 49). Darunter fallen z.B. die Beobachtung von Arbeitsabläufen und Tätigkeiten vor Ort, Messen und Zählen von Werkstücken, Belegen usw..
Mit der Anwendung der nicht-objektiven Techniken wird die Information über den Ist-Zustand eines Untersuchungsbereiches unter Mitwirkung der Mitarbeiter bei strukturierten Fragebögen, Prüf- und Checklisten, Interviews, Tagesberichte usw. gewonnen. Das bedeutet, die Mitarbeiter können Einfluss auf die Information nehmen (Wittlage, 1993, S. 49).
Aus diesem Grund müssen die Mitarbeiter rechtzeitig vor der Durchführung der Ist-Analyse über Sinn und Zweck, sowie die geplante Vergehensweise informiert werden. Dadurch wird den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, über die bevorstehende Analyse zu diskutieren und ihre Vorbehalte zu äußern. Dabei sollen die sachlichen und emotionalen Argumente der Mitarbeiter erfasst werden, wobei Krallmann (1999, S. 56) die sachlichen Argumente bevorzugt.
Darüber hinaus werden die Techniken weiter unterteilt in Primär- und Sekundärerhebungen (vgl. Abb. 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Methoden der Istaufnahme Quelle: in Anlehnung an Krallmann 1999, S. 60.
Die Primärerhebung greift auf erstmalige und eigens für den Erhebungszweck gewonnene Informationen zurück, während die Sekundärerhebung (siehe Kapitel 2.2) mit bereits vorhandene Dokumente und Quellen (Grochla, 1985, S. 360) arbeitet.
In den seltensten Fällen wird lediglich ein Instrument alleine eingesetzt, vielmehr ist es notwendig eine Kombination von verschiedenen Instrumenten einzusetzen.
An erster Stelle stehen dabei die Dokumentenanalyse und die Interviewmethode, wenn es sich um den Einsatz in und für Organisationen handelt (Prosch, 2000, S. 91).
Die folgenden Abschnitte stellen die einzelnen objektiven und nicht-objektiven Techniken der Organisation vor.
2.2.1 Objektive Techniken der Organisationsanalyse
Bei der Anwendung der objektiven Techniken entsteht Information über den Untersuchungsbereich, die nicht direkt von den zugehörigen Mitarbeitern beeinflusst werden kann. Die objektiven Techniken werden dabei unterteilt in das Messen und Zählen von Sachverhalten, das Analysieren von Dokumenten und das Beobachten von Sachverhalten (Wittlage, 1993, S. 49). Diese drei Techniken werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert.
2.2.1.1 Messen und Zählen
Beim Messen und Zählen von Sachlagen reduziert der Analytiker den Untersuchungsbereich auf ein einzelnes Untersuchungsobjekt, für welches er konkrete Zahlenwerte ermittelt.
Darüber hinaus ist es möglich, Umweltfaktoren des Arbeitsplatzes, Mengen der Bearbeitungsobjekte, eingesetzte Sachmittel oder Bearbeitungszeiten zu erfassen.
2.2.1.2 Dokumente analysieren
Bei der Analyse von Dokumenten wertet der Analytiker vorhandene Berichte, Protokolle, Statistiken und Aufzeichnungen über organisatorische Regelungen aus. Dabei sind unter Dokumenten alle Quellen zu verstehen, „aus denen relevante Informationen abgeleitet werden können“ (Prosch, 2000, S. 91).
Mit zunehmendem Einfluss von Informationstechniken kommt der Analyse von Dokumenten eine besondere Bedeutung zu (Wittlage, 1993, S. 101), da insbesondere die Auswertung von Formularen und Verfahrensanweisungen Kenntnisse über Informationsverarbeitungsprozesse liefern. Zusätzlich lassen sich aus Formularen die Datenstrukturen dieser Prozesse ableiten.
Zur Auswertung können unter anderem folgende 14 Dokumente herangezogen werden (Krallmann, 1999, S. 61-62):
- Organisations- und Aufgabenpläne,
- Stellen- und Arbeitsplatzbeschreibungen,
- Arbeitsablaufdiagramme,
- ausgefüllte Vordrucke und Datenträger,
- Statistiken und Berichte,
- Bilanzen,
- Betriebsabrechnungsbogen,
- Kennzahlen,
- Revisionsbericht,
- alte Planungsunterlagen,
- Inventurverzeichnis,
- Ausbildungsunterlagen,
- Telefonverzeichnisse und
- Raumpläne.
Die Unterlagen werden dabei vornehmlich (Wittlage, 1993, S. 102) verwendet zur:
- Vorabinformation,
- Kontrolle von auf anderem Wege gewonnener Information und
- Analyse bereits bestehender Anwendungssysteme der elektronischen Datenverarbeitung.
Die Dokumentenanalyse hat zwei Vorteile: Erstens ist der mit ihr verbundene Aufwand gering und zweitens werden die Mitarbeiter des Untersuchungsbereiches nicht durch die Arbeit des Analytikers gestört. Dies führt dazu, „dass durch die Erhebung selbst kein Einfluss auf das zugrunde liegende Datenmaterial ausgeübt wird“ (Prosch, 2000, S. 94).
Wichtig bei der Organisationsanalyse ist, dass man
- die Qualität der Unterlagen,
- die Vollständigkeit,
- die Aktualität der Unterlagen und
- die Gültigkeit der dargestellten Sachverhalte
berücksichtigt, um ein aussagefähiges Ergebnis zu erhalten (Aier, 2003, S. 4).
Weiterhin sind viele der Unterlagen nicht auf den Untersuchungszweck hin ausgerichtet. Aus diesem Grund muss der Analytiker eine Vorauswahl aus den Daten treffen und bewerten (Krallmann, 1999, S. 62). Eine vollständige Auswertung der Daten kann ferner aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht möglich sein (Prosch, 2000, S. 92).
Zu den weiteren Möglichkeiten zählt die Stichprobenauswahl, welche zufällig oder gezielt geschehen kann (Prosch, 2000, S. 92).
2.2.1.3 Beobachtungsmethode
Durch die Beobachtungsmethode kann der Analytiker neue Informationen gewinnen und bereits gewonnene Informationen überprüfen. Für folgende vier Aspekte können durch Beobachten neue Informationen ermittelt werden (Wittlage, 1993, S. 66):
- Sozialverhalten der im Untersuchungsbereich tätigen Personen,
- Arbeitsgestaltung,
- Arbeitsplatzgestaltung und
- Auslastung der Mitarbeiter.
Laut Krallmann (1999, S. 73) können drei verschiedene Beobachtungsformen nach dem Verhältnis zwischen Beobachtungsgegenstand und Beobachter unterschieden werden:
- Offene und verdeckte Beobachtung:
Bei der offenen Beobachtung ist diese für jeden erkennbar. Bei der verdeckten Beobachtung gibt sich der Untersuchende nicht zu erkennen.
- direkte und indirekte Beobachtung:
Eine direkte Beobachtung liegt vor, wenn der Beobachter die Zustände und Verhaltensweisen unmittelbar im Zeitpunkt ihres Geschehens aufnimmt. Werden die Zustände und Verhaltensweisen zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen, liegt eine indirekte Beobachtung vor.
- strukturierte und unstrukturierte Beobachtung:
Bei der strukturierten Beobachtung dokumentiert der Beobachter seine Beobachtungen nach im Voraus festgelegten Richtlinien, was bei der unstrukturierten Beobachtung nicht der Fall ist.
Daneben gibt es nach Prosch (2000, S. 95) die Zweiteilung in:
- Teilnehmende Beobachtung:
Der Beobachter spielt eine Rolle im Beobachtungsumfeld (z.B. Abteilungsleiter macht Notizen über Beobachtungen bei Rundgängen).
- Nichtteilnehmende Beobachtung:
Der Beobachter steht außerhalb des Beobachtungsumfelds (z.B. Beobachter macht Notizen über Beobachtungen durch Glasscheibe).
Bei der Beobachtungsmethode kann es zu einer Verfälschung der Ergebnisse aufgrund der Beeinträchtigung der normalen Verhaltensweise durch die Beobachtung kommen (Stahlknecht, 2002, S. 237). Um dies zu reduzieren oder zu vermeiden, sollte die Beobachtung über einen längeren Zeitraum oder verdeckt durchgeführt werden.
2.2.2 Nicht-objektive Techniken der Organisationsanalyse
Mitarbeiter in Organisationen haben in der Regel die detaillierteste Information über ihren eigenen Bereich.
Häufig jedoch ist die Information nicht dokumentiert und nur den einzelnen Mitarbeitern bekannt.
In diesem Fall kommt es zur Anwendung der nicht-objektiven Techniken. Dabei können 2 Typen der nicht-objektiven Techniken der Organisationsanalyse unterschieden werden (vgl. Abb. 2 und Wittlage, 1993, S. 49):
- Interviewmethode und
- Berichtsmethode.
Die Methoden werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert.
2.2.2.1 Interview
Beim Interview findet eine persönliche Befragung der betreffenden Mitarbeiter statt. Dies kann zur Erfassung folgender Information führen (Wittlage, 1993, S. 50):
- Tatsachen,
- Bewertung von Tatsachen,
- Gefühle,
- Verhaltensmaßstäbe,
- gegenwärtiges oder vergangenes Verhalten und
- bewusste Gründe für Bewertungen, Gefühle, Strategien und Verhalten.
Der Analytiker muss beachten, dass bei Interviews „Motive der Eitelkeit, Prahlsucht, Schönfärberei, Vertuschen von Unfähigkeit und die Furcht vor Neuerungen zu groben Verzerrungen führen können“ (Wedekind, 1973, S. 47). Vor allem das Verhältnis zwischen Sonderfällen und Standardabläufen wird häufig falsch eingeschätzt. Der Analytiker muss mit der Aussage rechnen, dass „ eigentlich alles“ aus Sonderfällen und „eigentlich nichts“ aus Standardabläufen besteht (Wedekind, 1973, S. 47).
Die Qualität des Interviews und der daraus gewonnenen Informationen wird nicht zuletzt beeinflusst von den Persönlichkeiten, den Erfahrungen, den Einstellungen, den Erwartungen, den Motiven, den Wahrnehmungen und dem Verhalten der Interviewpartner (Grochla, 1985, S. 362).
Zusätzlich kann es zu einer Verfälschung der Information des Interviewtem, aufgrund der Qualität der sozialen Beziehung zwischen Analytiker und Interviewtem, kommen. Dabei ist es wichtig Fragen und Begriffe dem sozialen Niveau des Gesprächspartners anzupassen (Aier, 2003, S. 8).
Der Analytiker legt er einen gewissen inhaltlichen Aufbau bzw. eine sinnvolle Reihenfolge der Fragen, zur Erreichung eines während des Gesprächs anstrebten Zieles, fest (Aier, 2003, S. 8). Grochla und Krallmann unterscheiden auf Grund der unterschiedlichen Zielsetzungen drei verschiedene Typen von Interviews (Grochla, 1985, S. 361-362 und Krallmann, 1999, S. 62-64):
- Standardisierte Interviews:
Bei standardisierten Interviews ist die Reihenfolge und der Wortlaut der Fragen sowie der Antworten schriftlich fixiert. Bei diesem Interviewtyp sind keine Zusatzfragen vorgesehen. Ziel dieses Interviewtyps ist die Gewinnung vergleichbarer Antworten. Der Extremfall ist das interaktive Ausfüllen eines Fragebogens.
- Halbstandardisierte Interviews:
Bei diesem Interviewtyp sind weder der Wortlaut noch der Ablauf des Interviews genau festgelegt. Es soll zwar eine bestimmte Information erhoben werden, jedoch kann der Analytiker im Gespräch entscheiden, wie er es logisch aufbaut und wie er die Fragen formuliert.
Standardisierte Interviews erlauben keine individuelle Anpassung an die Gedankengänge des Interviewten. Bei den halbstandardisierten Interviews hat der Analytiker diese Freiheit. Jedoch sind halbstandardisierte Interviews untereinander schlechter vergleichbar wie standardisierte. Es sind in der Regel nur einige Hauptfragen standardisiert. Der Interviewpartner hat die Möglichkeit, fakultative Unterfragen zu stellen.
- Nicht-standardisierte Interviews:
Nicht-standardisierte Interviews haben keine vorformulierten Fragen, jedoch sollte ein „roter Faden“ vorhanden sein. Durch diesen Interviewtyp ist es dem Analytiker möglich, spontan den Gedanken des Interviewten zu folgen und Zusatzfragen zu stellen. Nicht-standardisierte Interviews liefern üblicherweise keine Ergebnisse für die Organisationsanalyse, sondern dienen mehr dazu, den psychologischen Zustand des Interviewten und die Einschätzung von Sachverhalten zu prüfen.
Krallmann (1999, S. 62-64) unterscheidet zusätzlich zwischen dem verdeckten Interview, bei dem der Mitarbeiter nicht bemerken soll, das er interviewt wird und dem offenen Interview.
Die generellen Schwierigkeiten bei der Interviewmethode liegen in der Erfassung von Informationen, welche zum Teil den Persönlichkeitsbereich des Analytikers und des Befragten betreffen. Dabei können persönliche Vorurteile entstehen bzw. vorhanden sein, welche das Auftreten persönlicher Emotionen hervorrufen und das Ergebnis beeinträchtigen (vgl. Abb. 4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei einem Fragebogen sind die Fragen und der Ablauf der Befragung fest vorgegeben. Dabei sollte mit Einführungsfragen begonnen werden und später mit Kontrollfragen zur Überprüfung des Wahrheitsgehalts fortgefahren werden. Grundsätzlich sollten dabei Suggestivfragen vermieden werden (Aier, 2003, S. 6).
Krallmann (1999, S. 68) unterscheidet 4 Typen von Fragen:
- Offenen Fragen:
Die Antwortalternative ist nicht vorgegeben, so dass der Befragte die Antwort selbst formulieren kann. Dadurch ergibt sich der Nachteil, dass die Auswertung bzw. der Vergleich der Antworten komplizierter wird. Ein Vorteil der offenen Frage ist, dass spontane Antworten erfasst werden können und der Befragte die Möglichkeit hat, differenzierter zu antworten.
- Geschlossene Fragen:
Die Antwortalternative ist vorgegeben, wodurch es zu normierten Antworten kommt.
Der Vorteil dabei ist die Vollständig- und Vergleichbarkeit der Antworten. Der Nachteil ist, dass im voraus nicht bedachte Antwortalternativen fehlen.
- Direkte Fragen:
Die Frage spricht den Befragten ohne Umschweife an bzw. der Tatbestand wird direkt abgefragt.
- Indirekten Fragen:
Die Frage spricht den Befragten auf Umwegen an bzw. es wird versucht die Antwort über Umwege zu erhalten.
Die Erhebung von Informationen mittels Fragebogen stellt quasi einen Extremfall des standardisierten Interviews dar, mit dem Unterschied, dass der Befragte die Fragen des Analytikers in dessen Abwesenheit beantwortet. Da der Befragte weitgehend auf sich allein gestellt ist, müssen Inhalt und Aufbau des Fragebogens sehr gut vorbereitet, sowie die Fragen präzise und verständlich sein, um Unklarheit oder Missverständnisse zu vermeiden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Fragebögen durch vorherige Tests auf ihre Eindeutig- und Vollständigkeit zu überprüfen (Aier, 2003, S. 6).
Darüber hinaus ist es wichtig einen Abgabezeitpunkt festzulegen, da der Analytiker keinen direkten Einfluss auf das Ausfüllen des Fragebogens hat (Pärli in Krallmann, 1999, S. 69).
Fragebögen liefern sehr gut vergleichbare Informationen, sind jedoch aufgrund des großen Aufwands bei der Erstellung nur dann sinnvoll, wenn eine große Anzahl an Personen zu befragen ist (Wittlage, 1993, S. 62). Darüber hinaus ist die Zuverlässigkeit des Fragebogens gering (siehe Kapitel 3.2), da bei wiederholter Durchführung unterschiedliche Ergebnisse aufgrund von zufällig gewählten Antworten auftreten können (Prosch, 2000, S. 89).
2.2.2.2 Methode der Selbstaufschreibung
Formfreie Berichte und Aufschreibungen werden nach Anweisung des Analytikers von den Befragten selbst angefertigt. Dabei gibt es vom Analytiker gewisse Vorgaben bezüglich Richtlinien und Zwangsbestandteilen die vom Befragten zu beachten sind (Aier, 2003, S. 5). Die Berichte und Aufschreibungen beziehen sich in der Regel auf Information über Arbeitsabläufe und Mengen in den jeweiligen Teilbereichen. Grundsätzlich wird zwischen Tages-, Aufgaben- und Tätigkeitsberichten unterschieden.
Dabei besteht insbesondere bei der Selbstaufschreibung die Gefahr, dass der Befragte die Aufzeichnungen zu seinen Gunsten beeinflusst. Berichte und Aufschreibungen sind daher grundsätzlich durch Vergleich mit anderen Ergebnissen der Organisationsanalyse auf Plausibilität und ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.
In wie weit sich welche Methode zur Erfassung von Daten eignet und wie groß der Aufwand für die Anwendung der jeweiligen Methode ist, wurde in der folgenden Tabelle 1 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Methoden der Istaufnahme Quelle: in Anlehnung an Aier 2003, S. 14.
Im nächsten Abschnitt wird näher auf die Methodik der Organisationsanalyse eingegangen.
2.3 Methodik der Organisationsanalyse
Die Methodik der Organisationsanalyse legt eine zeitlich-inhaltliche Vorgehensweise für den Analyseprozess mit Hilfe eines Rasters, in dem die zeitliche Folge und der inhaltliche Zusammenhang zwischen den bei der Organisationsanalyse anzuwendenden Techniken beschrieben wird, fest (Wittlage, 1993, S. 29).
Einige Autoren schlagen eine starre zeitlich-inhaltliche Abfolge für die einzelnen Analyseaktivitäten in Form von Phasenschemata für die Strukturierung von größeren
Vorhaben vor. Diese Vorgehensweise ist jedoch durch die sich in der Praxis zeitlich und inhaltlich überlappenden Einzelaktivitäten nicht praktikabel.
Müller-Merbach (1988, S. 53-55) schlägt daher ein Komponentenschema vor, dass im Rahmen dieser Arbeit als Methodik für die Organisationsanalyse eingesetzt werden soll.
Die Organisationsanalyse ist aufgrund ihrer Komplexität nicht in einem Schritt lösbar. Daher wird die gesamte Analyseaufgabe in die vier Teilaufgaben:
- Analyse der Aufbauorganisation,
- Analyse der Ablauforganisation,
- Analyse der Informationsstrukturen und
- Analyse der Steuerungsvorgänge
zerlegt. Bei der Analyse der Steuerungsvorgänge werden die Ergebnisse der Teilaufgaben wieder zum Ergebnis der Gesamtaufgabe zusammengeführt.
Durch diese Vorgehensweise wird der Analytiker genötigt, sich in jeder Teilaufgabe nur auf Einzelaspekte zu konzentrieren. Dies gewährleistet, dass die Übersichtlichkeit gewahrt bleibt.
Der Analytiker geht bei jeder Teilaufgabe entsprechend des Top-Down-Prinzips vom Allgemeinen zum Speziellen vor. Wittlage macht entsprechend diesem den Vorschlag einer Unterteilung in Globalübersicht, Detaillierung und Spezifikation (Wittlage, 1993, S. 36).
2.4 Ergebnisse modellieren
Die Ergebnisse der Organisationsanalyse liegen zunächst in nicht sehr übersichtlicher verbaler Form vor. Diese Darstellungsform eignet sich schlecht zur weiteren Verwendung. Durch eine graphische Darstellung der Ergebnisse können die Einzelergebnisse und die Zusammenhänge zwischen ihnen verdeutlicht werden. Die Ergebnisse können per Hand oder mit (computergestützten) Hilfsmitteln graphisch dargestellt werden.
2.4.1 Anforderungen an das Modellierungshilfsmittel
Die Modellierungshilfsmittel müssen ebenfalls wie die Ergebnisse der Organisationsanalyse und die Darstellung dieser, bestimmte Anforderungen erfüllen.
Scholz und Vrohlings (1994, S. 41-42) formulieren aus dieser Bedingung folgende fünf Anforderungen an ein Werkzeug für die Organisationsmodellierung:
1. Verständliche Darstellung:
Die Darstellung soll möglichst kurz und prägnant sein. Besonders geeignet sind Ablaufdiagramme, in denen einzelne Arbeitsschritte und deren Abhängigkeiten in Input-Output-Beziehungen klar werden. Ferner sollte eine einheitliche und verständliche Prozesssprache (Notation) zum Einsatz kommen.
2. Wahl des Detaillierungsgrades:
Die Darstellung soll verschiedene Prozesse und deren Facetten darstellen können. Der Grad der Detaillierung hängt hierbei von den Bedürfnissen der Verwender der Analyse ab.
3. Modellierung von Funktionen und Aktivitäten:
Es sollen übersichtlich die Funktionen oder Aktivitäten dargestellt und deren Steuerungsbeziehungen klar werden.
4. Zuordnung zu ausführenden Organisationseinheiten:
Aus der Darstellung soll hervorgehen, wer einen Prozess oder (eine) Aktivität(en) ausführt, um das Ineinandergreifen von Ablauf- und Aufbauorganisation zeigen zu können.
5. Zuordnung von Sachmitteln zu Funktionen:
Die Zuordnung von Sachmitteln zu den Teilprozessen, bei denen sie zum Einsatz kommen, soll verdeutlicht werden.
Ein Modellierungshilfsmittel muss diesen Anforderungen genügen, um dem Analytiker bei der Reduzierung der Komplexität einer Analyseaufgabe zu helfen.
Im nächsten Abschnitt wird näher auf die Modellierungshilfsmittel eingegangen.
2.4.2 Modellierungshilfsmittel
Bei den Modellierungshilfsmitteln ist grundsätzlich zwischen manuellen und computergestützten Werkzeugen zu unterscheiden. Manuelle Hilfsmittel beschränken sich auf die verbale Darstellung der Befunde und die graphische Darstellung einzelner Ergebnisse. Computergestützte Modellierungshilfsmittel, die hier Modellierungstools genannt werden, nehmen diese Beschreibungsmöglichkeiten auf und fügen, mit den Möglichkeiten der Informationstechnik, eine verstärkte Graphikorientierung und eine durchgängige Modellierungsmethodik hinzu.
Bei den manuellen Modellierungshilfsmitteln unterscheidet Wittlage (1993, S. 106-108) nach Hilfsmitteln, die auf verbalen, tabellarischen, graphischen und mathematischen Darstellungsformen beruhen. Sie besitzen aber in ihrer Gesamtheit keine aktiven Verknüpfungen.
Empfehlenswert ist bei der Modellierung und Darstellung der Ergebnisse von Analysen laut Scholz und Vrohlings (Scholz, 1994, S. 45) die hierarchische Form der graphischen Darstellung. Die Vorteile von Modellierungstools sind, dass mit ihrer Hilfe viel Zeit und Arbeitskapazität eingespart werden kann. Darüber hinaus sind umfassendere Modelle einer Organisation erstellbar.
In dieser Arbeit wurde Visio Standard 5.0 von Visio Corporation zur graphischen Darstellung der Ergebnisse verwendet, da dieses die Anforderungen an Modellierungstools (siehe Kapitel 2.4.1) erfüllt.
2.5 Potentialanalyse
Aufgabe der Potentialanalyse ist die Erfassung vorhandener Schwachstellen, welche im Laufe der Istaufnahme von den Mitarbeitern bereits genannt oder zusätzlich mit Hilfe von Fragebögen ermittelt wurden.
Dazu kommen Unzulänglichkeiten, Unregelmäßigkeiten und Anomalien, die dem Analytiker bereits im Laufe der Aufnahmephase aufgefallen sind und von diesem festgehalten wurden.
Bevor nun vom Analytiker Verbesserungsvorschläge eingereicht werden, empfiehlt es sich, die Schwachstellen zu bewerten und nach folgenden vier Kriterien zu gliedern (Krallmann, 1999, S. 90-91):
- Organisatorische Schwachstellen:
Entstehen durch aufbau- oder ablauforganisatorische Festlegungen oder deren Fehlen. Dazu zählt z.B. das Fehlen von Vertretungsregeln im Krankheitsfalle.
- Informationelle Schwachstellen:
Treten bei unzureichenden, unterbrochenen oder lang dauernden Informationsflüssen auf. In vielen Fällen besteht ein Zusammenhang zwischen informationellen und organisatorischen Schwachstellen. Typische informationelle Schwachstellen sind z.B. Medienbrüche durch welche die wiederholte Eingabe bereits per PC erfasster Informationen notwendig wird.
- Technische Schwachstellen:
Sie ergeben sich durch Unzulänglichkeiten in der technischen Ausstattung in den untersuchten Bereichen. Dazu zählen z.B. häufige Defekte an bestimmten Maschinen.
- Sonstige Schwachstellen:
Hierunter fallen alle Schwachstellen welche nicht eindeutig einer der drei vorherigen Kategorien zugeordnet werden können.
Innerhalb der Kategorien sind die Schwachstellen aufgrund der vorherigen Bewertung zu gliedern. Dabei werden die weniger bedeutenden Schwachstellen zuerst und die wichtigsten zum Schluss genannt (Krallmann, 1999, S. 91).
In dieser Arbeit wurden die Kriterien von Krallmann bei der Potentialanalyse an das Komponentenschema von Müller-Merbach (siehe Kapitel 2.3) angepasst. Dabei wurden die aufbauorganisatorischen, ablauforganisatorischen und informationellen Schwachstellen von Krallmann direkt auf die Komponenten von Müller-Merbach übertragen. Lediglich der Informationsstruktur wurden die Technischen Schwachstellen zugeordnet, da diese beim Informationsfluss zusammenwirken. Die sonstigen Schwachstellen von Krallmann wurden unter den Steuerungsvorgängen von Müller-Merbach zusammengefasst.
Zur Ermittlung der Verbesserungspotentiale innerhalb der Werkslogistik der wurde in den Bereichen Versandplanung, Disposition, Produktionsplanung und Verkehrsabteilung standardisierte Interviews durchgeführt. Die Fragen bezogen sich dabei auf „Bereich(e) der/die von dem Problem betroffen ist/sind“, „Beschreibung des Problems“ und „Hilfsmittel oder Programme die von dem Problem betroffen sind“.
Zusätzlich wurde eine Kundenbefragung zur Ermittlung der Zufriedenheit der Kunden mit dem Service der Werkslogistik durchgeführt. Diese Befragung wird quartalsweise mit einem standardisierten Fragebogen durchgeführt (siehe Anhang B). Die darin enthaltenen Themenfelder sind „Lieferverhalten“, „Frühzeitige Information“, „Zuverlässigkeit“ und „EDI (Electronic Data Interchange)“.
Der Fragebogen wurde an 16 Kunden versendet, von denen 15 den Fragebogen ausgefüllt zurücksendeten.
Alle 15 Fragebögen wurden für die Auswertung verwendet.
3 Organisationsanalyse der Werkslogistik
In diesem Kapitel werden die Techniken und die Methodik für Organisationsanalysen aus Kapitel 2 auf den Logistikbereich angewendet.
Im ersten Schritt wird zunächst der Untersuchungsbereich festgelegt und die verwendeten Techniken der Organisationsanalyse den einzelnen Komponenten des Komponentenschemas zugeordnet.
Dabei folgt zuerst die Zerlegung in die Analyse der Aufbauorganisation (Abschnitt 3.2.1), Analyse der Ablauforganisation (Abschnitt 3.2.2) und Analyse der Informationsstrukturen Abschnitt 3.2.3). Erst bei der Analyse der Steuerungsvorgänge (Abschnitt 3.2.4) werden die Ergebnisse der Teilaufgaben wieder zum Ergebnis der Gesamtaufgabe zusammengeführt.
3.1 Festlegung des Untersuchungsbereichs
Durch die Organisationsanalyse der Werkslogistik soll die derzeitige Auslastung des LKW- und Waggon-Versandes, sowie das noch zur Verfügung stehende Potential ermittelt werden
Im Mittelpunkt der Untersuchung standen die Auslastung und die Abläufe aller Organisationseinheiten, Prozesse und Objekte, die mit der Planung, Kontrolle und Steuerung des Güterversandes im Werk in Verbindung stehen.
Daher wurden insbesondere Daten zu den folgenden sechs Bereichen gesammelt:
- Produktionsplanung
- Versandplanung
- Disposition
- Service
- Kundendienst und
- Versand.
Nach der Festlegung des Untersuchungsbereichs folgen nun im nächsten Abschnitt die angewendeten Methoden und Techniken der Organisationsanalyse.
3.2 Methoden und Techniken der Organisationsanalyse
Die in Abschnitt 2.3 vorgestellte Methodik der Organisationsanalyse wird im folgenden den Komponenten zugeordnet, in denen sie eingesetzt wurden. Die Ergebnisse sind zum besseren Verständnis in graphischer und verbaler Form dargestellt. Alle graphischen Darstellungen sind zur besseren Ansicht noch einmal auf der CD im Anhang F gespeichert.
3.2.1 Analyse der Aufbauorganisation
Im Rahmen der Analyse der Aufbauorganisation wird die statische Aufgabenhierarchie einer Organisation mit Hilfe der Aufgabenanalyse und Synthese erfasst (Kosiol in Krallmann, 1999, S. 209 u. Corsten, 2000, S. 83). Die Gestaltung der Struktur vollzieht sich dabei durch die Abstimmung der Arbeitsteilung, sowie der Teilaktivitäten (Corsten, 2000, S. 83).
Die Daten der Aufbauorganisation wurden durch nicht-standardisierte Interviews der Mitarbeiter in den Bereichen Versandplanung, Produktionsplanung, Verkehrsabteilung und Disposition, sowie internen Informationsquellen ermittelt.
3.2.1.1 Aufbauorganisation der Werkslogistik
Die Werkslogistik unterteilt sich in die drei Hauptbereiche
- Betriebslogistik,
- Produktionsplanung, Versandplanung, Disposition, Verkehrsabteilung und
- Wagen- und Zubehörverkauf.
Die Bereiche sind in den Abbildungen 5 bis 8 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Aufbau Werkslogistik
Die Betriebslogistik teilt sich auf in die Bereiche innerbetrieblicher Transport, indirekte Lager, Postbüro, SAP-Koordination, direkte Lager, Werksbahn, Rückversand, Wareneingang und Werkstätten (vgl. Abb. 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Aufbau Betriebslogistik
Der Bereich von Herr H.-J. Eberts ist unterteilt in die Produktionslogistik K1/K16, K19/K25 und K20, sowie den Versand, den Service/Projekte, die Datenverarbeitungs-Systeme (DV-Systeme), die Verkehrsabteilung/Zoll und die Bestandsüberwachung (vgl. Abb. 7).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Aufbau Produktionsplanung, Versandplanung, Disposition und Verkehrsabteilung
Der Bereich von Herr U. Welker Unterteilt sich in die Teilbereiche Mitarbeiter-Leasing und Motorpool/Werkstatt (vgl. Abb. 8).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Aufbau Wagen- und Zubehörverkauf
Die Mitarbeiter der Werkslogistik sind in der Regel einem Teilbereich fest zugeordnet. Innerhalb dieses Bereiches können die Mitarbeiter neben ihrer „normalen“ Tätigkeit in Ausnahmefällen einen großen Teil der Aufgaben ihrer Kollegen erfüllen.
Hauptbestandteil der weiteren Analyse war der Bereich Produktionsplanung, Versandplanung, Disposition und Verkehrsabteilung von Herr H.-J. Eberts.
Dabei stehen die Leiter fett gedruckt über ihrem jeweiligen Bereich. Die Mitarbeiter in der oberen Zeile jedes Bereiches übernehmen in der Regel die Vertretung der Leitung im Krankheitsfalle, Urlaub, usw..
Auf die Vertreterstruktur wird in Kapitel 3.2.2.2 näher eingegangen.
3.2.1.2 Potentialanalyse des Aufbaus
Beim Aufbau der Werkslogistik ist erkennbar, dass es sich um eine sehr komplexe Organisation mit mehreren Teilbereichen handelt. Innerhalb dieser Teilbereiche existiert kein einheitliches Informationssystem, stattdessen wurden eigenständige Softwarelösungen eingeführt bzw. von den Mitarbeitern selbst entwickelt. Dadurch entstanden im Laufe der Zeit 16 verschiedene Softwarelösungen zur Datenverarbeitung und Kommunikation innerhalb der Werkslogistik. Dazu zählen:
- MGO (Material Global Organisation)
- Prolag 2 (Produktions-Lager)
- PLAIN (Planning and Information Network)
- KPPMS (Kapazitäts-, Produktions-, Planungs- und Monitoring-System)
- FELOS (Fertigungs- und Logistik System)
- Motoren DID (Motoren-Direct-Injection-Diesel)
- MAIS (Material-Information-System)
- ISA-Tracking-Tool (Industrie-Standard-Architekture-Tracking-Tool)
- SAP (Systems/Applications Products)
- RAIL (spezifische Datenbank zur Bahnabfertigung)
- maschinelles Zollabfertigungssystem
- Lotus Notes
- Zugausgang (Programm zur Freigabe von Waggons)
- Ersatzteilbedarfsliste
- SOFAS (Sonder-Fahrten-System)
- GATEWAY (Programm zum erstellen von Bahn-Frachtbriefen)
Aufgrund dieser Vielzahl eigenständiger bzw. Stand-Alone Softwarelösungen in den verschiedenen Teilbereichen kam es im Aufbau der Werkslogistik zu sogenannten DV-Insellösungen (Neuhäuser-Metternich, 2000, Teil 2, S. 147-3).
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