Ich werde mich in dieser Arbeit eingehend mit zwei Texten beschäftigen. In einem ersten Teil möchte ich die Psychoanalyse von Sigmund Freud unter die Lupe nehmen. Jeder kennt den breit verwendeten Begriff der Psychoanalyse, doch ich möchte einmal sehen, was Freud tatsächlich dazu geschrieben hat. Im zweiten Teil soll dieses Theoriewissen direkt auf einen literarischen Text angewandt werden: Ich werde den Text Rat Krespel von E.T.A. Hoffmann (1818) einer psychoanalytischen Lektüre unterziehen.
Die Fragestellung, die als roter Faden dienen soll, lautet: Könnte man E.T.A. Hoffmann als Vorläufer von Freud lesen? Hatte Hoffmann eine Vorahnung des Funktionierens der Psyche? Um diesen sehr weit gefassten Fragen näher zu kommen, sollen die folgenden konkreteren Fragen / Thesen herausgearbeitet werden: Ist Rat Krespel ein Zwangsneurotiker? Gibt es ein traumatisches Erlebnis, das eine Zwangsneurose erklären könnte?
Es wird sich in der Bearbeitung zeigen, ob Hoffmann eine Vorahnung bezüglich der Wichtigkeit von mentalen Seelenzuständen und deren Auswirkung auf die Handlungen der Personen hatte. Meistens werden in der Romantik innere psychische Vorgänge nach aussen verlagert, wie bei der bekannten Erzählung Frankenstein von Mary Shelley oder bei Stevensons Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Dabei möchte ich klarstellen, dass es mir nicht um eine Analyse des Autors selbst geht, sondern ich mich nur auf den Text konzentrieren werde. Man kann sich als Leser darüber hinaus fragen, warum E.T.A. Hoffmann ein Meister des Unheimlichen ist. Es gelingt ihm häufig, den schmalen Grad zwischen reiner Phantasiewelt und vollkommen rationaler Realität zu finden, um so ein Maximum an Spannung in seinen Erzählungen zu erzielen. Könnte dies darauf zurück zu führen sein, dass er unser Unbewusstes direkt anspricht? Ich denke schon, dass er es z. T. schafft, im Inneren unseres Gemüts gewisse `Saiten`, welche Teil einer unbewussten Ebene sind, zum Schwingen zu bringen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sigmund Freuds Psychoanalyse
2.1. Das Unbewusste und der Traum
2.2. Sexualität und infantile Sexualität
2.3. Der Ödipuskomplex
2.4. Das Über-Ich und die Traumarbeit
2.5. Traumdeutung und Neurose
3. Die Textanalyse des Rat Krespel
3.1. Die einführende Diskussion der Serapionsbrüder
3.2. Die Figur Rat Krespel
3.2.1. Allgemeines Verhalten Krespels
3.2.2. Rat Krespel und sein Haus
3.2.3. Der `tiefere` Krespel
3.3. Rat Krespel und seine Beziehungen
3.3.1. Krespel und die Violinen
3.3.2. Krespel und Antonie
3.3.3. Der Inzest als Antoniens Untergang
3.4. Rat Krespel und Angela oder die Urszene
3.4.1. Konsequenzen der Urszene
3.5. Antoniens Tod
4. Schlusswort
5. Bibliographie
1. Einleitung
Ich werde mich in dieser Arbeit eingehend mit zwei Texten beschäftigen. In einem ersten Teil möchte ich die Psychoanalyse von Sigmund Freud unter die Lupe nehmen. Jeder kennt den breit verwendeten Begriff der Psychoanalyse, doch ich möchte einmal sehen, was Freud tatsächlich dazu geschrieben hat. Im zweiten Teil soll dieses Theoriewissen direkt auf einen literarischen Text angewandt werden: Ich werde den Text Rat Krespel von E.T.A. Hoffmann (1818) einer psychoanalytischen Lektüre unterziehen.
Die Fragestellung, die als roter Faden dienen soll, lautet: Könnte man E.T.A. Hoffmann als Vorläufer von Freud lesen? Hatte Hoffmann eine Vorahnung des Funktionierens der Psyche? Um diesen sehr weit gefassten Fragen näher zu kommen, sollen die folgenden konkreteren Fragen / Thesen herausgearbeitet werden: Ist Rat Krespel ein Zwangsneurotiker? Gibt es ein traumatisches Erlebnis, das eine Zwangsneurose erklären könnte?
Es wird sich in der Bearbeitung zeigen, ob Hoffmann eine Vorahnung bezüglich der Wichtigkeit von mentalen Seelenzuständen und deren Auswirkung auf die Handlungen der Personen hatte. Meistens werden in der Romantik innere psychische Vorgänge nach aussen verlagert, wie bei der bekannten Erzählung Frankenstein von Mary Shelley oder bei Stevensons Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Dabei möchte ich klarstellen, dass es mir nicht um eine Analyse des Autors selbst geht, sondern ich mich nur auf den Text konzentrieren werde. Man kann sich als Leser darüber hinaus fragen, warum E.T.A. Hoffmann ein Meister des Unheimlichen ist. Es gelingt ihm häufig, den schmalen Grad zwischen reiner Phantasiewelt und vollkommen rationaler Realität zu finden, um so ein Maximum an Spannung in seinen Erzählungen zu erzielen. Könnte dies darauf zurück zu führen sein, dass er unser Unbewusstes direkt anspricht? Ich denke schon, dass er es z. T. schafft, im Inneren unseres Gemüts gewisse `Saiten`, welche Teil einer unbewussten Ebene sind, zum Schwingen zu bringen.
Sigmund Freud hat mit seinem gesamten Oeuvre einen unermesslichen Einfluss auf die moderne Wissenschaft und Weltanschauung ausgeübt. Vielfach betrieb der Arzt eher Kulturwissenschaft als Medizin. Bekanntermassen war er es selbst, der die dritte Kränkung der Menschheit äusserte, welche seiner Meinung nach die empfindlichste für den Menschen sei. Freud ahnte, dass der Mensch nicht einmal „Herr ist im eigenen Hause“.[1] Damit meinte er, dass der Mensch über viele unbewusste Wünsche und Begierden verfügt, welche verdrängt werden müssen, da sonst ein kultiviertes Zusammenleben in einer modernen Gesellschaft nicht möglich wäre. Dieses Ableiten der libidinösen Energien auf andere nichtsexuelle Objekte wird von Freud mit dem Begriff der Sublimierung besetzt.[2]
Die Psychoanalyse ist in ihrer Formulierung von Freud selber aufs Engste mit anderen Disziplinen verknüpft. Allem voran ist sie mit der Mythologie verbunden. Man denke dabei an den Ödipuskomplex, welcher für Freud ein zentrales Moment bei der Entwicklung der psychischen Struktur eines Menschen bildet. Man kann auch den Umkehrschluss ziehen und sagen, dass die Mythen auf das Engste mit der menschlichen Psyche verknüpft sind und fundamentale Handlungstendenzen des Menschen offenbaren. Es war immerhin der bekannteste Ethnologe und Strukturalist, Claude Lévi-Strauss, welcher in seinen Mythologiques I-IV (1964-71), Vladimir Propp folgend, eine universell gültige Denkstruktur des Menschen anhand von Mythen herleiten wollte. Doch diese Frage nach der Relation von Sprache oder besser Handlungselementen (Mythem) und Kultur muss ich für diese Arbeit offen lassen. Laut Freud muss der Ödipuskomplex von jedem Kind auf dem Weg zum Erwachsensein überwunden und verarbeitet werden.[3] Damit ist die Psychoanalyse bereits im Kern mit der Literatur oder allgemeiner mit Sprache verbunden. Diesen Umstand hat Jacques Lacan in den 50er Jahren bei seiner erneuten Rezeption Freuds Schriften für die Nachwelt sehr fruchtbar gemacht. Liest man Freuds Werk, so merkt man schnell, dass wir es mit einem sehr kultivierten und belesenen Mann aus der Jahrhundertwende des 19. zum 20. Jahrhundert zu tun haben. Denken wir im Sinne Lacans, dass das Unbewusste strukturiert ist wie die Sprache, dann kann meine Arbeit an einem Text von E.T.A. Hoffmann, der vor der Niederschrift der Psychoanalyse entstand, durchaus interessante und aussagekräftige Ergebnisse liefern. Als Prämisse müssen wir allerdings eine universelle, psychische Struktur des menschlichen Bewusstseins durch die Zeit annehmen, da sonst meine gesamte Arbeit keine gültigen Schlüsse zulässt.
2. Sigmund Freuds Psychoanalyse
2.1 Das Unbewusste und der Traum
Im Zentrum der gesamten Psychoanalyse stehen die seelischen Prozesse, welche laut Freud unbewusst ablaufen.[4] In den Träumen sieht er eine Schnittstelle des Bewusstseins und des Unbewussten.[5] Die Psychoanalyse ist als Technik zu verstehen, Träume zu studieren und auf einen tieferen Sinn hin zu interpretieren. Damit eine schlüssige Interpretation angestellt werden kann, müssen zweierlei Dinge festgelegt werden. Erstens muss die Natur der Träume, d. h. ihre Entstehungskonditionen und ihre Zusammensetzung, genauer studiert werden. Zweitens muss ein genereller Entschlüsselungsmechanismus der visuellen Traumgedanken gefunden werden. Denn wie die verbale Sprache ein Kode ist, so funktionieren laut Freud auch die Bilder, welche der Träumer im Schlaf sieht, als Signifikanten für verschlüsselte Signifikate.
Die Grundannahme von Freud ist folglich, dass sich verdrängte Wünsche und damit das Unbewusste auf eine verzerrte Weise in den Träumen der Individuen manifestieren. Der erfahrene Analytiker kann durch die Traumdeutung möglicherweise den Ursprung und Auslöser (Urszene) eines seelischen Leidens festmachen und somit gewisse psychische Erkrankungen heilen. Aber weshalb sollte das Unbewusste sich ausgerechnet während des Schlafens manifestieren? Freud geht davon aus, dass der Traum an und für sich als Schlafbewachungsinstanz dient, um dem Menschen die Erholung zukommen zu lassen, die er braucht.[6] Während des Schlafes erholt sich der Körper und der Mensch versucht Konditionen, die denen im Mutterleib ähneln, herzustellen.[7] Die geistige Aktivität wird auf ein Minimum reduziert und Freud selbst geht davon aus, dass dies in etwa derselbe Zustand sei, wie ihn ein Embryo im Mutterleib erlebt. Er benennt diesen Zustand Mutterleibsexistenz oder den vorweltlichen Zustand.[8] In diesem sehr introvertierten Zustand entstehen unsere Träume.
Obwohl Freud den Traum in seiner Grundannahme immer als Ausdruck eines Wunsches versteht, wäre es aber ein Fehler, anzunehmen, dass der gesamte Trauminhalt nur eine einzige Wunschäusserung darstellt. Der Traum setzt sich aus mehreren Schichten zusammen. Es werden zunächst einmal äussere Reize wie Gerüche, Geräusche und sonstige sinnliche Erfahrungen im Traum selber verarbeitet.[9] Aber nicht nur äussere Reize wirken auf das Geträumte ein, sondern auch Innere, insbesondere die Leibreize wie Hunger oder Durst.[10] Isst man vor dem Schlafengehen etwas sehr Salziges, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir von Wasserquellen und dergleichen träumen werden, an denen wir unseren Durst stillen können. D. h. der Traum möchte den Wunsch nach einem durststillenden Getränk durch eine Halluzination dieses erfüllen, damit wir in der Realität nicht aufstehen müssen, um zu trinken. Anhand dieses Beispiels sieht man sehr schön die Funktion des Traumes als Schlafhüter. Wenn immer möglich versucht uns der Traum gewünschte und ersehnte Dinge auf eine illusorische Weise erleben zu lassen, damit der Schlaf nicht unterbrochen werden muss.[11]
Eine weitere Schicht der Träume sind die so genannten Tagesreste.[12] Dabei handelt es sich um Erlebnisse des Tages oder des Vortages, welche vermeintlich auf völlig arbiträre Weise in den Traum eingeflochten und verarbeitet werden. Im Zentrum des Traumes (hier trifft das Unbewusste an die Oberfläche) steckt ein Wunsch, der nach Freud meist sexueller Natur ist.
2.2 Sexualität und infantile Sexualität
Sexuell oder libidinös nennt Freud alle Triebe, welche dem Individuum einen Lustgewinn verschaffen. Dabei muss ein sexueller Akt nicht auf eine Fortpflanzungsabsicht ausgerichtet sein. Diese Definition von Sexualität erlaubte es Freud sogar den Kleinkindern und Säuglingen sexuell-bestimmte Aktivitäten zu unterstellen.[13] Mit Libido meint Freud die triebhafte Kraft, welche uns zu sexuellen Tätigkeiten drängt.[14] Mit dem weiten Begriff von Sexualität, der alles umfasst, was eine Erregung und einen Lustgewinn erbringt, dabei aber von den Aktivitäten der Atmung, der Ausscheidungsfunktionen und der Stillung von Hunger oder Durst losgelöst ist, konnte Freud sehr viele Aktionen, wie das Küssen, homosexuelle Vereinigungen, das Masturbieren und alle Perversionen sowie die Fetische abdecken.[15]
Beim Säugling konstatiert Freud die Lust am Lutschen an der Mutterbrust als den ersten sexuellen Akt.[16] Diesen Schluss zog er, als er feststellte, dass ein Säugling, obwohl er ausreichend gestillt wurde, immer noch länger an der Mutterbrust lutschen möchte.[17] Freud hat noch weitere sexuelle Tätigkeiten an Kindern beobachtet, welche aus logischen Gründen noch nicht mit einer Fortpflanzungsintention in Verbindung gebracht werden können. Die Sexualorganisation des Kindes und die Entwicklung der Libido durchläuft viele Phasen (orale Phase, anale Phase usw.) und kann in viele einzelne Partialtriebe unterteilt werden, welche schliesslich während der Pubertät sämtlich unter den Fortpflanzungstrieb gestellt werden.[18] Prägt sich bei einem Individuum ein solcher Partialtrieb stärker aus, so wird daraus später ein sexueller Fetisch oder eine Perversion resultieren.[19] Wichtig ist für uns, dass für das Kind das erste Liebesobjekt in allen Fällen die Mutter(brust) ist.[20] Zunächst sind alle libidinösen Triebe autoerotisch, da das Kind völlig egoistisch und nur auf sich selbst fixiert ist. Das heisst, dass Lutschen empfindet das Kind als orales Vergn spätere psychische Herzstück der Psychoanalyse. Während des Durchlaufs dieses Komplexes entscheidet sich für Freud die gesamteügen. Der Reiz wird am eigenen Körper subjektiv (der Mund als erogene Zone) festgemacht und nicht auf ein äusserliches Objekt (die Brust) projiziert. Dies ist dann erst der nächste Schritt in der sexuellen Entwicklung des Kindes. Sobald die Mutter vom Kind als erstes Liebesobjekt ausserhalb des eigenen Körpers identifiziert wird, kommt es zur Initiation des Ödipuskomplexes.[21]
2.3 Der Ödipuskomplex
Der Ödipuskomplex bildet ein sehr wichtiges Urmoment nach Freuds Psychoanalyse.[22] Während des Durchlaufs dieses Komplexes entscheidet sich für Freud die gesamte spätere psychische (und vor allem sexuelle) Orientierung eines Individuums. Er geht davon aus, dass man die späteren sexuellen Neigungen eines Individuums immer wieder auf die Art und Weise, wie es diesen Komplex durchlief, festmachen könne. Damit ist klar, dass es sich um eine Urszene für Freud handelt, in der die fundamentalen psychischen Strukturen jedes Menschen gelegt werden. Der Komplex folgt wie es der Name andeutet, dem Drama König Ödipus des Sophokles.[23]
Freud sieht diese Handlung als das Grundschema an, welches jedes Kind durchläuft. Sobald es beginnt seine Libido auf Objekte ausserhalb seines Körpers zu verlagern, fällt seine erste Wahl auf die Mutter. Der Knabe möchte die Mutter für sich alleine haben und sieht im Vater einen Konkurrenten, der ihm seine Ansprüche auf die Mutter streitig macht.[24] Beim Mädchen verhält es sich analog. Dieses verlagert kurz nachdem es nicht mehr gestillt wird ihr Interesse aufgrund ihres Penisneides auf den Vater und sieht in der eigenen Mutter ihre Konkurrentin und Nebenbuhlerin.[25]
2.4 Das Über-Ich und die Traumarbeit
Es war notwendig, das infantile Denkverhalten im Bezug auf die sexuellen Grundkonstellationen kurz anzusprechen, weil Freud davon ausgeht, dass der Erwachsene während des Schlafens in diese infantile Denkweise zurückkehrt. Nun sehen wir die Probleme, welche innerhalb einer Persönlichkeit daraus erwachsen könnten. Bei einem Kleinkind, das noch keine kulturellen Regeln und Normen kennt, werden die inzestuösen Wünsche, welche es für seine Eltern hegt, durch das Ignorieren seiner Sexualität problemlos von der Gesellschaft verdrängt. Auf der Stufe der individuellen Persönlichkeit wird der Widerspruch zwischen infantiler Sexualität und Gesellschaftsnorm durch die Schaffung einer neuen Instanz während der Adoleszenz gelöst. Ich komme darauf gleich zurück. Das Bewusstsein für die Zuneigung und Abweisung gegenüber den Elternteilen, verursacht durch den Ödipuskomplex, geht dem Kleinkind später in einer so genannten Latenzperiode verloren.[26] In dieser Zeitspanne kommt es zum Untergang der infantilen Sexualität, d. h. es werden alle infantilen sexuellen Wünsche verdrängt und somit aus dem Bewusstsein verbannt. Freud stellt im Einklang mit dieser Beobachtung fest, dass man in infantilen Träumen keine Verzerrung der Wunschäusserungen erkennt.[27] Die Wünsche der Kinder in ihren Träumen widerspiegeln exakt, was sie wollen. Genau gleich, wie sie meist das sagen, was sie denken.
Bei den Erwachsenen verhält es sich etwas anders. Durch den Verdrängungsmechanismus und nach Beendigung des Ödipuskomplexes wird, wie oben bereits erwähnt, innerhalb des Identitätskomplexes eine neue Instanz geschaffen. Es gibt das Es, das nach Freud für die Triebe, die Libido und das Unbewusste steht. Das Ich ist die Instanz des Bewusstseins. Zu diesen beiden Instanzen kommt durch die Verdrängung das Über-Ich hinzu. Dies ist die Instanz, in der sämtliche moralischen Wertevorstellungen der Gesellschaft im Individuum eingeschrieben werden. Dieses Über-Ich nimmt in der Traumarbeit eine zentrale Rolle ein. Es fungiert als Zensor. Während dieser Zensor bei den Kindern noch fehlt, übernimmt er bei den Erwachsenen die Funktion des Verzerrens des Trauminhaltes, damit das Geträumte nicht zu offensichtlich erkennbar ist und der Träumer, obwohl er einen bestimmten Traum hatte, nicht die tiefere unbewusste Bedeutung desselben erkennt. Dadurch wird er vor seinen eigenen Wünschen, die sich in seinen Träumen manifestieren und z. T. nicht konform mit moralischen Vorstellungen der Gesellschaft wären, geschützt.[28]
[...]
[1] Freud, Einf genernsch versucht Konditionen,ührungen in die Psychoanalyse, 1999 S. 273
[2] Lohmann, Sigmund Freud zur Einführung, 1986, S. 34
[3] Freud, Einf genernsch versucht Konditionen,ührungen in die Psychoanalyse, 1999 S. 196 und 314ff.
[4] Ibid. S.19
[5] Dabei kämpfte er gegen grosse Widerstände, da es sich bei den Träumen, um ein ungenaues und folglich unwissenschaftliches Feld handelte. Einerseits wurde ihm deshalb immer wieder ein Mangel an Empirie vorgeworfen, andererseits war es der kulturellen Elite völlig abwegig zu glauben, dass die gesamte Kultur, in welcher sie lebten lediglich aus einer Ablenkung (Sublimation) von sexuellen Trieben des Individuums geschaffen worden sei.
[6] Freud, Einf genernsch versucht Konditionen,ührungen in die Psychoanalyse, 1999 S. 84
[7] Ibid. S. 84 Das Zimmer wird dunkel gemacht, es sollte relativ ruhig sein und viele Leute nehmen während des Schlafens die typische Embryostellung ein.
[8] Ibid. S. 84
[9] Ibid. S. 84 Wer kennt das nicht, dass man in irgendeiner Weise von einer Glocke oder einem sonstigen Geläute träumt und als man erwacht, merkt, dass es der eigene Wecker oder ein nicht weit entfernter Kirchturm war, der da die ganze Zeit geläutet hat.
[10] Ibid. S. 90ff.
[11] Bei diesen Leibreizen, wie Hunger, Durst oder zum Wasserlösen müssen wir dann aber meistens doch erwachen, weil es sich um tatsächliche physische Bedürfnisse handelt.
[12] Ibid. S. 201 und Laplanche, Das Vokabular der Psychoanalyse, 1972 S. 490ff.
[13] Besonders diese Annahme brachte dem Arzt zu seiner Zeit harte Kritik ein, da er mit seiner Theorie die Vorstellung des unschuldigen Kindes für viele Leute völlig zerstörte.
[14] Ibid. S. 299 und Laplanche, Das Vokabular der Psychoanalyse, 1972 S. „ Von Freud postulierte Energie als Substrat der Umwandlungen des Sexualtriebs im Hinblick auf das Objekt, im Hinblick auf das Ziel, im Hinblick auf die Quelle der sexuellen Erregung. “ S. 284ff.
[15] Ibid. S. 291
[16] Ibid. S. 300
[17] Ibid. S. 300
[18] Ibid. S. 314 vgl. dazu Freud, Die drei Abhandlungen zur Sexualtherorie, 1999.
[19] Freud, Einf genernsch versucht Konditionen,ührungen in die Psychoanalyse, 1999 S. 302
[20] Ibid. S. 314
[21] Ibid. S. 315
[22] Def. Ödipuskomplex: „ Organisierte Gesamtheit von Liebes- und feindseligen Wünschen, die das Kind seinen Eltern gegenüber empfindet. “ In: Laplanche, Das Vokabular der Psychoanalyse, 1972 S. 351
[23] Die Kernhandlung ist: Ein wegen eines Orakelspruchs ausgesetzter Sohn (Ödipus) wird von Stiefeltern aufgezogen. Als er herangewachsen ist, konsultiert er selber das Orakel und hört denselben Spruch, wie seine wahren Eltern vor ihm: Er werde seinen Vater töten und seine Mutter heiraten. Ödipus nicht wissend, dass er bis anhin bei Stiefeltern gelebt hat, verlässt diese aus Angst, dass sich der Orakelspruch bewahrheiten könnte. Diese Aktion löst allerdings genau das Gegenteil aus. Wie es der „Zufall“ will, begegnet er an einer Wegkreuzung seinem wahren Vater und erschlägt diesen unwissentlich. Danach zieht er weiter und befreit die Stadt Theben von den Überfällen des Ungeheuers Sphinx und bekommt als Belohnung die Königin, Iokaste, seine wahre Mutter, zur Frau.
[24] Freud, Einf genernsch versucht Konditionen,ührungen in die Psychoanalyse, 1999 S. 318
[25] Der Penisneid ist nach Freud die treibende Kraft für die Zuwendung zum Vater. Da sie selber nicht über einen Penis verfügt, fühlt sich das Mädchen beschädigt und wünscht ebenfalls einen Penis zu besitzen. Dieser Wunsch wird zweierlei abgeleitet. Erstens möchte es einen Penis in sich haben, was zum Koituswunsch führt. Zweitens erweckt der Penisneid in einem weiteren Schritt den Kinderwunsch beim Mädchen um ihre Beschädigung zu kurieren. In: Laplanche, Das Vokabular der Psychoanalyse, 1972 S. 375ff.
[26] Als Latenzperiode bezeichnet Freud eine Phase, welche ab dem 5. oder 6. Lebensjahr beginnt und sich bis zur Pubertät erstreckt.
[27] Freud, Einf genernsch versucht Konditionen,ührungen in die Psychoanalyse, 1999 S. 136
[28] Ibid. S. 136 Freud selbst stellt den seelischen Sachverhalt durch eine Räumlichkeitsmetapher dar. Man stelle sich zwei Räume vor, welche durch eine Tür verbunden sind. Ein Raum steht für das Bewusste und der andere für das Unbewusste. An dieser Verbindungstüre steht ein Wächter. Dieser Wächter (Über-Ich) kommt einem Zensor gleich, der nur bestimmte Dinge (Gedanken, Wünsche, Begierden) durch die Türe und somit vom Unbewussten zum Bewussten passieren lässt. Wenn nun ein Erwachsener schläft ist dieser Wächter etwas weniger wachsam und lässt zum Teil Wünsche und Gedanken in das Bewusstsein vordringen. Dabei zensiert er aber den Inhalt gerade genügend, dass der Wunsch, obwohl er dem Träumer im Traum eigentlich erscheint, trotzdem nicht ganz bewusst wird.