Amerikanische Geheimdienste, Terrorismus und Cyberwar
Zusammenfassung
Handlungen und Medienberichte lassen einen Täter Westen und Geheimdienste erkennen. Ich möchte diese Wahrnehmung aus politikwissenschaftlicher Sicht in ihrem zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang näher beleuchten – und damit die Täter – Opfer – Heldendarstellung in den Medien durch eine Betrachtung der Beziehung Geheimdienste zu Regierungen ergänzen und hinterfragen.
Diese Arbeit gibt daher einen kurzen Überblick über politische Entscheidungen der Zeit von 9/11 bis heute. Um zu verstehen, was sowohl inneramerikanisch als auch international kontrovers erscheint, gehe ich auf eine Eigenart der Amerikanischen Politik ein, die manche Maßnahmen und die Wahrnehmung der Macht Amerikas und speziell des Präsidenten George W. Bush erklärt: die Besonderheit der „Presidential Actions“, unilateralen Entscheidungen, die sich aus einer Interpretation des 2. Artikel der amerikanischen Verfassung ableiten lassen . Aus deren Machtpotential heraus erklärt sich die Entstehung eines Ungleichgewichtes und eine Gegenbewegung gegen Barack Obama, die nun zwei Jahre nach dem Tod von Osama bin Laden stattfindet. Aus dem Gefühl verminderter Bedrohung heraus verstärkt sich das Bewusstsein von Überwachung. Auf dieser Veränderung bauen die Medien das Täterbild Amerika auf.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. 1. Kapitel : 9/11 – die Welt verändert sich-
3. 2. Kapitel: Geheim- und Nachrichtendienste – National Security
4. 3. Kapitel: 9/11 – Veränderung - „Presidential Actions“
5. 4. Kapitel: Internationale Zusammenarbeit und Bündnisfall
6. 5. Kapitel – Aktuelle Situation 2013
7. Schlussbetrachtung
8. Abkürzungsverzeichnis
9. Literaturverzeichnis / Quellenangaben
Einführung
Anfang Juni 2013, wenige Tage vor einem Treffen zwischen dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama mit dem neuen Präsidenten der Chinesischen Volksrepublik ereignete sich die Enthüllung einiger Abhöraktionen der NSA durch den sich dazu bekennenden Edward Snowden[1]. Die Gespräche, in denen Amerika sich mit China bezüglich deren Cyberwar, Industriespionage und Hacking auseinandersetzen wollte[2], wurden derart von den Enthüllungen überschattet, dass das eigentliche Thema der chinesischen Aktivitäten und der Leugnung Chinas, Cyberspying oder Cyberwar durchzuführen, nicht mehr in der Presse behandelt wurde. Statt dessen wurden die Aktivitäten der USA gegen China thematisiert, und auch in der Folge gerieten mehr und mehr die westlichen Geheimdienste in den Fokus dieser Enthüllungen; es gab Schlagzeilen über Zwangslandungen von Flugzeugen südamerikanischer Regierungschefs bis hin zu Durchsuchung, Beschlagnahmungen und Zerstörungen von Computern in den Räumen westlicher (freier) Medien durch den britischen Geheimdienst[3].
Handlungen und Medienberichte lassen einen Täter Westen und Geheimdienste erkennen. Ich möchte diese Wahrnehmung aus politikwissenschaftlicher Sicht in ihrem zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang näher beleuchten – und damit die Täter – Opfer – Heldendarstellung in den Medien durch eine Betrachtung der Beziehung Geheimdienste zu Regierungen ergänzen und hinterfragen.
Diese Arbeit gibt daher einen kurzen Überblick über politische Entscheidungen der Zeit von 9/11 bis heute. Um zu verstehen, was sowohl inneramerikanisch als auch international kontrovers erscheint, gehe ich auf eine Eigenart der Amerikanischen Politik ein, die manche Maßnahmen und die Wahrnehmung der Macht Amerikas und speziell des Präsidenten George W. Bush erklärt: die Besonderheit der „Presidential Actions“, unilateralen Entscheidungen, die sich aus einer Interpretation des 2. Artikel der amerikanischen Verfassung ableiten lassen[4]. Aus deren Machtpotential heraus erklärt sich die Entstehung eines Ungleichgewichtes und eine Gegenbewegung gegen Barack Obama, die nun zwei Jahre nach dem Tod von Osama bin Laden stattfindet. Aus dem Gefühl verminderter Bedrohung heraus verstärkt sich das Bewusstsein von Überwachung. Auf dieser Veränderung bauen die Medien das Täterbild Amerika auf. Im Weiteren wird auch die Bedeutung von Geheimdiensten in ihrer Informationsbeschaffung für Regierungen am Beispiel der amerikanischen Regierung nach 9/11, das sich in dem Zitat bündeln lässt:
„Für die Zivilisten ebenso wie für die Soldaten bedeutet Krieg das Versagen der Nachrichtendienste.“[5]
In der Schlussbetrachtung gehe ich auf Ambivalenzen und Dilemmata ein, die sich aus der jetzigen Situation ergeben. Hierbei betrachte ich nicht das internationale Recht, sondern reflektiere, dass der NATO-Bündnisfall, der im Zusammenhang mit 9/11 erklärt wurde, eine politische Situation herstellt, bis heute Gültigkeit hat und damit einen Ausnahmezustand definiert, der zur Normalität geworden ist, jedoch den Blick auf hinzugekommene Probleme auf internationaler Bühne verstellt.
1. Kapitel : 9/11 – die Welt verändert sich-
Am 11. September 2001 flogen zwei Flugzeuge in die Türme des World Trade Center, ein drittes Flugzeug wurde auf das Pentagon gelenkt, ein viertes brachte sich selbst in Pennsylvania durch Entscheidung der Passagiere und des Captains zum Absturz, bevor es weitere Ziele in Amerika treffen konnte.[6]
Es war, für alle sichtbar, eine Kriegserklärung eigener Art, die die NATO den Angriffsfall nach Artikel 5 ausrufen lies. Damit befanden sich erstmalig alle NATO-Mitgliedsstaaten im Angriffs- und Verteidigungszustand.
„The President is also gratified by the action taken today by the North Atlantic Treaty Organization, NATO, in which they invoked Article 5, saying that an attack on one NATO nation is an attack on all NATO nations. The President is also gratified by the United Nations Security Council Resolution that passed today condemning this attack and saying that it was a threat to international peace and security. Finally, as the President said in his remarks this morning, freedom and democracy are under attack. The American people need to know that we are facing a different enemy than we have ever faced”.[7]
Die Attacke von 9/11 war bis heute beispiellos. Hinzu kam: Amerika war zum zweiten Mal, nach Pearl Harbor, einem Überraschungsangriff ausgesetzt.
Dies führte zu mehreren Ausnahmezuständen. Zum einen beim Präsidenten:
„September 11 redefined sacrifice. It redefined duty. And it redefined my job. The story of that week is the key to understanding my presidency. There were so many decisions that followed, many of them controversial and complex. Yet after 9/11, I felt my responsibility was clear. For as long as I held office, I could never forget what happened to America that day. I would pour my heart and soul into protecting the country, whatever it took.”[8]
Darüber hinaus jedoch kam auch die Frage auf, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Dies brachte in direkter Folge die Geheimdienste in Erklärungsnot.
2. Kapitel: Geheim- und Nachrichtendienste – National Security
„Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges hatten die Vereinigten Staaten überhaupt keine nennenswerte Auslandsaufklärung und wenige Wochen nach Kriegsende immer noch so gut wie keine. In wahnwitziger Hast wurde der Nachrichtendienst demobilisiert, und übrig blieben einige hundert Mann, die ein paar Jahre Erfahrung in der Welt der Geheimnisse hatten und von dem Willen beseelt waren, den Kampf gegen einen neuen Feind fortzusetzen. [..] <<Bis zum letzten Krieg hatten die Vereinigten Staaten keinerlei geheimen Nachrichtendienst im Ausland. Nie besaßen sie ein koordiniertes System der Informationsgewinnung, sie haben es nicht mal jetzt.>> [..] Nach dem Zusammenbruch des britischen Weltreiches waren die Vereinigten Staaten die einzige Macht, die sich dem Sowjetkommunismus entgegenstellen konnte; und deshalb musste Amerika seine Feinde unbedingt kennenlernen, es musste den Präsidenten in Stand setzen, Vorsorge zu treffen, es musste Feuer mit Feuer bekämpfen, wenn es um das Zünden der Lunte ging. Die Hauptmission der CIA bestand darin, den Präsidenten vor einem Überraschungsangriff, einem zweiten Pearl Harbor, zu warnen.[9]
Dies definierte die Rolle der amerikanischen Geheimdienste auf Schutz und Informationsbeschaffung mit dem Fokus zur Verhinderung von Angriffen, jedoch keiner aktiven Angreiferposition, in der die Geheimdienste als eine der Formen des Angriffes mit der Absicht des Eigennutzens und/oder der Schädigung eines Dritten verwendet werden. Weder die Handlungen noch die Informationsbeschaffung dienten also dem Angriff – sondern Schutz und Verteidigung.
Von 1993 an, kurz nach der Amtsübernahme Bill Clintons, mehrten sich die Pannen und Skandale. Attentate auf CIA Angehörige, versuchtes Attentat auf George HW Bush, dem 41. Präsidenten während eines Auslandsaufenthaltes, das Aufdecken eines Skandales, dass die CIA den Präsidenten über die militärische Situation der Sowjetunion wissentlich falsch unterrichtete, das Bombenattentat auf das unterirdische Parkdeck des World Trade Center, ein Geheimagent, der dem KGB die Namen aller tätigen US-Spione meldete, und Clintons Unterstützung von Aristide, die die CIA zwang, sich gegen ihre eigenen Agenten in Haiti und den von ihnen während des Militärputsches gebildeten Geheimdienstes zu wenden. Darüber hinaus ignorierte Bill Clinton die Meldungen aus Ruanda. Er wollte sich dort nicht verstricken lassen. Dies alles führte zu einem zerrütteten Verhältnis zwischen dem Amt des Präsident und den Geheimdiensten.[10]Es folgten Versuche der Umstrukturierung der CIA.
Die CIA litt unter anderem unter einer immensen Datensammlung einerseits, und mangelnden Auswertungsmöglichkeiten und Profiling-Spezialisten andererseits. Ökonomische Interessen traten in den Vordergrund, so dass die CIA ihrer Aufgabe der Informationsbeschaffung zur nationalen Sicherheit nicht nachkommen konnte und in Skandale verwickelt wurde.[11]Neben den Anforderungen der Bill Clinton Administration nach ökonomischer Informationslieferung beinhaltete auch die erste Direktive von George W. Bush die Definition, ökonomische Interessen seien im Zusammenhang mit nationaler Sicherheit[12]zu sehen. Dies erhöhte die Datensammlung bei gleichzeitiger mangelnder qualitativer Auswertung.
„Vor nicht allzu langer Zeit warnten die für die Spionagearbeit Verantwortlichen in einem Bericht ans Weiße Haus, die Vereinigten Staaten müssten eine neue Form der Sammlung, Analyse und Bearbeitung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse finden. Gelänge das nicht, so die Autoren, könnte es zu einer Katastrophe kommen. Das war am 11. September 1998.[13]
1998 hatte Bin Laden öffentlich seine Absicht bekundet, Amerikaner zu töten:[14]Nachdem man auf Bin Laden im Sudan aufmerksam geworden war, verfolgte man seine Spur nach Afghanistan und wieder zurück.[15]Aktionen gegen ihn scheiterten oder wurden nicht genehmigt oder abgebrochen. Was man über ihn wusste, wurde jedoch in den regelmäßigen Presidential Briefings gemeldet.
[...]
[1]http://www.nytimes.com/2013/06/10/us/former-cia-worker-says-he-leaked-surveillance-data.html?pagewanted=all&_r=0 zuletzt abgerufen am 21. August 2013
[2]http://www.huffingtonpost.com/2013/06/07/obama-xi_n_3403168.html zuletzt abgerufen am 21. August 2013
[3]http://www.bbc.co.uk/news/uk-23776063 Zuletzt abgerufen am 21. August 2013
[4]Howell, 2003, S7
[5]Weiner, 2012; kb17
[6]GW Bush, 2010, S.130/131
[7]http://georgewbush-whitehouse.archives.gov/news/releases/2001/09/20010912-8.html
Zuletzt abgerufen am 23. August 2013
im gleichen Protokoll wird das Telefonat mit Putin erwähnt, der ebenfalls Zusammenarbeit versprach.
[8]GW Bush, 2010, S 151
[9]Weiner, 2012, S20
[10]Weiner, 2012, 575-585
[11]Weiner 2012, S 594
[12]https://www.fas.org/irp/offdocs/nspd/nspd-1.htm zuletzt abgerufen am 26. August 2013
[13]Weiner, 2012, S18
[14]Weiner, 2012; S607
[15]Weiner, 2012, S600 ff