Die folgende Ausarbeitung basiert auf einem Vortrag, den der Autor anlässlich seiner mündlichen Doktorprüfung gehalten hat. In diesem Vortrag wird der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten und Grenzen sich sich durch biografische Arbeit für Bildung, Erziehung und Unterricht in der Schule ergeben.
Inhaltsverzeichnis
A.Einleitende Bemerkungen
1.Anmerkungen zur Geschichte der Biografie
2.Begriffliche Klärungen
3.Eingrenzung und Präzisierung des Themas
4.Möglichkeiten und Grenzen biografisch orientierter Unterrichtsarbeit vor dem Hintergrund der Merkmale zur Biografiearbeit von H. G.Ruhe
4.1Merkmal Sinn
4.2Merkmale Kontinuität und Veränderung
4.3Merkmale Realität und Wirklichkeit
4.4Merkmal Kommunikation
4.5Merkmal Fragment
4.6Merkmal Gemeinschaft
4.7Merkmal Ganzheitlichkeit
5.Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussbemerkungen
6.Literaturverzeichnis
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A.Einleitende Bemerkungen
Die folgende Ausarbeitung basiert auf einem Vortrag, den der Autor am 26.6.2013 am Institut für Pädagogik an der Universität Kiel anlässlich der mündlichen Doktorprüfung gehalten hat. In diesem Vortrag möchte ich der Frage nachgehen, welche pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen sich durch biografische Arbeit für Bildung, Erziehung und Unterricht ergeben. Ausgehen werde ich von einer kurzen Darstellung der historischen Entwicklung des Biografiebegriffs. Anschließend folgen eine Klärung der verwendeten Begriffe und eine Präzisierung des Themas. Schließlich geht um die Erörterung des Themas: Möglichkeiten und Grenzen biografisch orientierter Unterrichtsarbeit. Ich werde dabei die Merkmale biografischer Arbeit von Hans Georg Ruhe als Ausgangspunkt für eine knappe Erörterung dieser Fragestellung verwenden(Ruhe, o.J.)
Das Manuskript des Vortrages ist leicht verändert und um einige Aspekte erweitert. Unter anderem sind die historischen Anmerkungen und die begriffliche Präzisierung etwas ausführlicher dargestellt. Ferner sind im Unterschied zum Vortrag die Merkmale Ruhes im Rahmen der Thematik vollständig als Grundlage der Erörterung verwendet worden.
1.Anmerkungen zur Geschichte der Biografie
In der Antike waren Biografien bereits verbreitet, aber sie dienten der Unterhaltung, Belehrung und Herrschaftslegitimation. Es gab keine individuellen Biografien im heutigen Sinne, sondern nur Charaktertypen.
Die erste Biografie der Weltliteratur mit individuellen Zügen hat Augustinus um 380 n.Chr. in seinen Confessiones vorgelegt.
Im 18. Jahrhundert, also in der europäischen Moderne, entstand die Idee der Biografie im heutigen Sinne. Beispiele dafür waren vor allem die Künstlerbiografien in der Renaissance (Ahlheit, S. 17). Aber es gab auch pädagogische –biografische Werke in Form der sogenannten Erziehungsromane.
Rousseau verfasste in seinem „Emile“ (1762) einen Gegenentwurf zur
eigenen Kindheit.
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Pestalozzi entwickelte in seinem Roman „Lienhard und Gertrud“ (1781- -87) eine erzählende Konzeption seiner Armenerziehung, die in der Realität gescheitert war.
Salzmann beschrieb in seinem „Konrad Kiefer“ Szenen aus dem Alltag der Familienerziehung( 1796).
Moritz zeigte in seinem „Anton Reiser“ (1785- 90) die lebensgeschichtliche Wirkung unzureichend erlebter pädagogischer Beziehungen (vergl. Bittner/Fröhlich 1997).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte Dilthey in seinen „Entwürfen zur Kritik der historischen Vernunft“ die These auf: Die Grundlage des Verstehens ist der Rückbezug auf das eigene Leben (vergl. Fröhlich in Bittner/Fröhlich ebenda, S.165 ff.)
Ende der 70er Jahre des 20.Jahrhunderts entdeckten Pädagogen im Zuge der sogenannten Alltagswende der Pädagogik die biografischen Ansätze für die Pädagogik neu. Zu Ihnen gehörten vor allem Werner Loch (1979) mit seinem anthropologischen Ansatz (vergl. Buck 2012), Baacke/Schulze (1979) und Schäfer (1997), die einen psychoanalytischen Ansatz verfolgten.
2.Begriffliche Klärungen
In diesem Vortrag möchte ich der Frage nachgehen, welche pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen sich durch biografische Arbeit für Bildung, Erziehung und Unterricht ergeben. Zu Beginn möchte ich wegen der nicht ganz einheitlichen Begrifflichkeit in der Literatur einige begriffliche Klärungen vornehmen.
Unter Biografie verstehe ich zunächst in diesem Zusammenhang dasjenige, was Loch „Lebensgeschichte“ nennt und nach Marotzki die subjektive und aktive Konstruktion oder die individuelle, gesellschaftliche und historische Deutung der objektiven Daten und Fakten eines Lebenslaufes meint. Dieser Begriff lässt sich vor dem Hintergrund verschiedener biografisch orientierter Biografieansätze weiter differenzieren. Biografie als gesellschaftliche Konstruktion von Rollen (z. B. Erwerbslebenslauf (soziologischer Ansatz, Kohli 1988), Biografie als Folge von Herausforderungen durch kritische Lebenssituationen (entwicklungspsychologischer Ansatz, Filipp 1981), Biografie als Bewältigung curricularer Situationen oder Entwicklungsaufgaben (phänomenologisch-anthropologischer Ansatz( Werner Loch 1979), Biografie als Wiedergewinnung des Narrativen (hermeneutisch- kommunikationstheoretischer Ansatz (Baacke 1979) und Biografie als Lern- und Bildungsgeschichte( bildungstheoretischer Ansatz( Henningsen 1989) (vergl. hierzu Bittner in Baacke/ Schulze ebenda, S. 24 ff.)
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