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Open Innovation. Wahlfreiheit vs. Vertragszwang

©2013 Seminararbeit 45 Seiten

Zusammenfassung

Seit Henry W. Chesbrough sein Werk „Open Innovation: The New Imperative for Creating and Profiting from Technology“ veröffentlichte und damit den Begriff „Open Innovation“ prägte, wird zunehmend über einen Umschwung im Innovationsmanagement diskutiert.
Der Ansatz von „Open Innovation“ beschreibt demnach den aktiven und gezielten Einbezug der Außenwelt zur Verbesserung des eigenen Innovationspotenzials durch die Öffnung der Unternehmensgrenzen. Die strategische Nutzung der Außenwelt im Sinne der Innovationssteigerung lässt sich dabei auf drei Kernprozesse zurückführen:
Während beim Outside-In-Prozess die Internalisierung und die Verarbeitung von externem Wissen in die eigene Innovationsarbeit im Vordergrund steht. Beschreibt im Gegenzug der Inside-Out-Prozess die Ausgliederung und Verwertung internen Wissens außerhalb des Unternehmens.
Der Coupled-Prozess umfasst schließlich Innovationspartnerschaften und Ideennetzwerke, welche sich durch den Austausch und den gegenseitige Nutzen von eingebrachtem Wissen im Hinblick auf die Forschung und Entwicklung (F&E) auszeichnen.
Das Modell der offenen Innovation spiegelt dabei sinnbildlich den Wandel von der Industrie- zur Kommunikations- und Wissensgesellschaft wider und trägt zugleich den veränderten Anforderungen an neue Produkte, deren Entwicklung und der Ideenfindung Rechnung.
In der Praxis gestaltet sich die Realisierung der Innovationsöffnung jedoch nicht selten als problematisch. Neben strategischen und rechtlichen Überlegungen um die Öffnung des eigenen Unternehmens, muss oftmals geistiges Eigentum und externes Wissen erst mühsam und zwanghaft zugänglich gemacht werden, um es verwerten zu können.
Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, wie ein offeneres Innovationsmanagement sinnvoll umgesetzt werden kann und in welchem Rahmen der Zugriff auf externes geistiges Eigentum ggf. zwanghaft durchgesetzt werden kann.
Der erste Teil dieser Arbeit beleuchtet die betriebswirtschaftlichen Motive hinter „Open Innovation“, sowie die Risiken, die mit der Öffnung des F&E-Bereichs einhergehen. Neben Grenzen, werden sowohl unternehmensstrategische als auch rechtliche Schranken herausgearbeitet. Abschließend werden Lösungen vorgestellt, um den aufgezeigten Gefahren entgegenzutreten.
Der zweite Teil widmet sich umfassend der Systematik der Zwangslizensierung von geistigem Eigentum. Unter Berücksichtigung bisheriger Rechtsprechung und geltenden Rechts entsteht so ein Überblick über die Mechanismen und Möglichkeiten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

Erster Teil - Der „Open Innovation“-Ansatz als bewusste Offenheit und Kooperation
A. Begriffsdefinition „Open Innovation“
I. Allgemeine Definition
II. „Open Innovation“ und Schutzrechte
1. Urheberrecht
2. Patentrecht
B. Chancen und Möglichkeiten
I. Informationsaustausch „C2B“
II. Wissenstransfer „B2B“
1. Senkung der Entwicklungskosten und Generierung von Einnahmen durch
Auslizensierung
2. Größere Ideenbasis und Effizienz
a) „Transaction Networks“
b) Co-Creation Networks
3. Gesellschaftlicher Nutzen
C. Risiken und Gefahren
I. Technologietransfers und Wissensaustausch - „transaction networks“
1. Wirtschaftliches Risiko
2. Unvorhergesehene Ereignisse
3. Kartellrechtliche Schranken
4. Zusammenfassung
II. Gemeinsam betriebene Forschung und Entwicklung - die „co-creation“
1. „Co-creation“ in Unternehmensverbänden
a) Schutz des generierten Wissens
b) Regelung durch den Gesetzgeber - „Public Ordering“
(1) Erweiterung der „grace period“
(2) Ausnahmen für Patentverletzungen
c) Privatrechtliche Lösung - „Private Ordering“
2. „Co-creation“ in „Open Innovation Communities“
a) Die Defensivpublikation
b) Friedenspatent
c) Patentverteidigungspools
d) Defensivpatent
D. Zusammenfassung

Zweiter Teil - Die Zwanslizenz as geeignetes Mittel zur Rechtskorrektur?
A. Allgemeines
B. Ausgleich auf drei Ebenen
I. Die Ausgestaltung der Schutzrechte - Ausgleich auf erster Stufe?
1. Das Patentrecht
2. Das Urheberrecht
II. Die Schranken der Schutzrechte - Ausgleich auf zweiter Stufe?
1. Das Patentrecht - 2nd Level
a) Forschungsprivileg - § 11 Abs. 2 PatG
b) Zwangslizenz - § 24 Abs. 2 PatG
2. Das Urheberrecht - 2nd Level
III. Das Kartellrecht als Schranke - Ausgleich auf dritter Stufe?
1. Das Patentrecht - 3rd Level
a) Kartellrechtlicher Anspruch auf eine Zwangslizenz aus Art. 102 AEUV
b) Kartellrechtlicher Anspruch auf eine Zwangslizenz aus §§ 19, 20 GWB
c) Die Rechtsfolgenanordnung des § 33 GWB
2. Das Urheberrecht - 3rd Level
3. Bewertung
C. Ausblick.
D. Zusammenfassung.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung..

Literaturverzeichnis

Beiträge

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„Zu einer guten Innovationskultur gehören Vertrauen, Freiheit und Offenheit.“ Hans-Jörg Bullinger

Ehem. Präsident der Frauenhofer Gesellschaft

Seit Henry W. Chesbrough sein Werk „ Open Innovation: The New Imperative for Creating and Profiting from Technology “ 1 veröffentlichte und damit den Begriff „ Open Innovation “ prägte, wird zunehmend über einen Umschwung im Innovationsmanagement diskutiert.

Der Ansatz von „Open Innovation“ beschreibt demnach den aktiven und gezielten Einbezug der Außenwelt zur Verbesserung des eigenen Innovationspotenzials durch die Öffnung der Unternehmensgrenzen.2 Die strategische Nutzung der Außenwelt im Sinne der Innovationssteigerung lässt sich dabei auf drei Kernprozesse zurückführen:

Während beim Outside-In-Prozess die Internalisierung und die Verarbeitung von externem Wissen in die eigene Innovationsarbeit im Vordergrund steht. Beschreibt im Gegenzug der Inside-Out-Prozess die Ausgliederung und Verwertung internen Wissens außerhalb des Unternehmens.3

Der Coupled-Prozess umfasst schließlich Innovationspartnerschaften und Ideennetzwerke, welche sich durch den Austausch und den gegenseitige Nutzen von eingebrachtem Wissen im Hinblick auf die Forschung und Entwicklung (F&E) auszeichnen.4

Das Modell der offenen Innovation spiegelt dabei sinnbildlich den Wandel von der Industrie- zur Kommunikations- und Wissensgesellschaft wider und trägt zugleich den veränderten Anforderungen an neue Produkte, deren Entwicklung und der Ideenfindung Rechnung.5

In der Praxis gestaltet sich die Realisierung der Innovationsöffnung jedoch nicht selten als problematisch. Neben strategischen und rechtlichen Überlegungen um die Öffnung des eigenen Unternehmens, muss oftmals geistiges Eigentum und externes Wissen erst mühsam und zwanghaft zugänglich gemacht werden, um es verwerten zu können.

Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, wie ein offeneres Innovationsmanagement sinnvoll umgesetzt werden kann und in welchem Rahmen der Zugriff auf externes geistiges Eigentum ggf. zwanghaft durchgesetzt werden kann.

Der erste Teil dieser Arbeit beleuchtet die betriebswirtschaftlichen Motive hinter „Open Innovation“, sowie die Risiken, die mit der Öffnung des F&E-Bereichs einhergehen. Neben Grenzen, werden sowohl unternehmensstrategische als auch rechtliche Schranken herausgearbeitet. Abschließend werden Lösungen vorgestellt, um den aufgezeigten Gefahren entgegenzutreten.

Der zweite Teil widmet sich umfassend der Systematik der Zwangslizensierung von geistigem Eigentum. Unter Berücksichtigung bisheriger Rechtsprechung und geltenden Rechts entsteht so ein Überblick über die Mechanismen und Möglichkeiten des Instituts der Zwangslizenz.

Erster Teil - Der „Open Innovation“- Ansatz als bewusste Offenheit und Kooperation im Innovationsprozess

Die Globalisierung der Märkte, der steigende Wettbewerbsdruck und die gestiegenen Ansprüche der Wissens- und Kommunikationsgesellschaft stellen Unternehmen vor prekäre Situationen.6 Um sich auf dem globalen Markt zu behaupten, bemühen sich Unternehmen mittlerweile weniger über den Preis von der Konkurrenz abzusetzen, als über Qualität, Kundennähe und Innovationsfähigkeiten.7

Das fordert einerseits eine Verkürzung der Technologie- und Produktionszyklen. Andererseits steigen aber auch die Anforderungen an eine Neuentwicklung, um dem Wettbewerb und den unterschiedlichen Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden und den Absatz konstant zu halten. Dies führt zu einer Verdichtung der Innovationen in einem Produkt, was wiederum zu einer höheren Beanspruchung der F&E-Abteilungen mit sich bringt.8

Eine Erhöhung der Kapazitäten entsprechender Firmenteile wäre eine mögliche Konsequenz. Jedoch schrecken das oft unsichere Resultat einer solchen Maßnahme und die hohen Investitionskosten selbst große Konzerne ab.

Denn zum einen kann man die Idee, die zur Innovation führt, an sich nicht kaufen und zum anderen lassen sich getätigte Investitionen nicht ohne weiteres rückgängig machen.

Das klassische Modell, bei dem Forschung, Entwicklung, Produktion und Vermarktung linear auf unternehmensinterner Ebene abgewickelt werden, stößt deshalb zunehmend an seine Grenzen. Es bietet nicht die nötige Flexibilität um auf die Schnelllebigkeit und die Launen der medialen Gesellschaft und technologischen Welt angemessen zu reagieren. Zudem kann es, aufgrund zu geringer personeller Fluktuation, der Kreativität und Ideenvielfalt abträglich sein, wenn ausschließlich das interne Innovationspotential abgeschöpft wird.9

Ein offenerer und moderner Innovationsansatz könnte die traditionelle Innovationskultur neu strukturieren.

A. Begriffsdefinition „Open Innovation“

I. Allgemeine Definition

Nach der von Chesbrough 10 geprägten und eingangs erwähnten Begriffsdefinition, die in der einschlägigen Literatur zahlreiche Verwendung findet, fällt jedes Bestreben eines Unternehmens, über die Firmengrenzen hinaus Innovation und Wissen sowohl einzuholen als auch zu verbreiten (siehe „Outside-In“ und „Inside-Out“), unter den Begriff „Open Innovation“.11 Demensprechend gibt es zahlreiche Stufen und Facetten der Offenheit, da entsprechend viele Möglichkeiten bestehen, außerhalb des Unternehmens innovativ tätig zu werden. Solange das Unternehmen sich also externe Ressourcen zunutze macht, ist es definitiv offen.12

Der Begriff „Innovation“ hingegen umfasst in diesem Kontext alle Prozesse im Forschungsund Entwicklungsbereich - von der bloßen Idee bis hin zur Verwaltung des daraus entstehenden Schutzrechts. Somit insbesondere auch das Innovationsmanagement. Der relativ weite Rahmen, den der „Open Innovation“-Ansatz gewährt, erlaubt es dem Anwender den Grad an Offenheit zu praktizieren, der strategisch am sinnvollsten erscheint und den Wertvorstellungen entspricht.

II. „Open Innovation“ und Schutzrechte

Auf den ersten Blick könnte man glauben, dass der Grundgedanke von Schutzrechten dem offenen Ansatz des Innovationsaustauschs entgegensteht.

Und tatsächlich ist es so, dass das System der Schutzrechte gerade im Kontext „Open Innovation“ Fragen aufwirft.

Allen voran: Warum braucht man Schutzrechte, wenn man eigentlich der Öffnung entgegenstrebt?

1. Urheberrecht

Zwar spielen Patente aufgrund Ihrer seit Jahren steigenden Anzahl eine immer größere Rolle im Innovationsbereich.13

Doch ihren Ursprung findet „Open Innovation“ in der „Open Source“-Bewegung und damit im Urheberrecht.14

Software, genauer der Quellcode, fällt als Teil eines literarischen Werkes unter Urheberrechtsschutz - patentierbar ist er als solche jedoch nicht.15

In der Folge erwirbt der Programmierer automatisch das Urheberrecht (§ 7 UrhG).

Wenn der Entwickler es jetzt der Allgemeinheit zur freien Verfügung stellen will, ist ihm meist auch daran gelegen, dass potentielle Weiterentwicklungen, die auf seinem Quellcode basieren, ebenfalls wieder samt Quellcode veröffentlicht werden und im Sinne von „Open Source“ frei sind.

Heutzutage geschieht das durch Lizenzen. Der Urheber der Software koppelt die Nutzung des Quellcodes an Bedingungen - vergibt also Lizenzen. Prominentes Beispiel ist die „General Public License“ (GPL)16. Diese fordert, dass die veränderte Variante des Quellcodes ebenfalls unter dieselbe Lizenz gestellt werden muss. Das soll sicherstellen, dass der Nutzer des originären, unter GPL-Lizenz stehenden, Quellcodes, seine Weiterentwicklung ebenfalls zu denselben Bedingungen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt und so die „Freiheit“ nicht missbräuchlich ausnutzt, indem er sie forthin „proprietär“ vertreibt.17 Als Sanktion führt ein Verstoß gegen die Bedingungen der Lizenz - wie der eben erwähnte Missbrauch - zum Verlust des Nutzungsrechts an der Software.18

Wie man erkennen kann, funktioniert das System der freien Verbreitung unter gewissen Bedingungen nur dann, wenn man die Nutzung auch untersagen kann. Und genau hier kommen wieder die Schutzrechte bzw. deren Geltendmachung ins Spiel.19

2. Patentrecht

Einer der großen Unterschiede des Patentrechts zum Urheberrecht besteht darin, dass Patente nicht „einfach so“ vergeben werden. Während im Urheberrecht die Schöpfung des Werkes an sich zum Erwerb des Schutzrechts genügt (§7 UrhG), muss für die Erlangung eines Patents ein Patentanmeldungsprozess durchlaufen werden, der an Anforderungen und Kosten geknüpft ist.

Deshalb muss „Open Innovation“ auf der Ebene des Patentrechts umso mehr hinterfragt werden. Denn warum soll jemand nicht nur den Aufwand der Innovationstätigkeit tragen, sondern auch noch den Aufwand der Patentierung betreiben, um es in der Folge im Zuge von „Open Innovation“ wieder freizugeben?

Dafür finden sich zwei überzeugende Argumente.

Zum einen ist der Grad der Offenheit im „Open Innovation“-Paradigma - wie oben bereits erläutert - variabel. Dass bedeutet, dass jeder so viel offen legen kann, so viel er für richtig hält. Einem Unternehmen beispielsweise geht es kraft Natur der Sache in erster Linie darum, möglichst wirtschaftlich zu handeln. Deshalb öffnet und teilt es seine Innovationen, Erfindungen und Entwicklungen nur in dem Maße, in dem es am profitabelsten ist.20 Einem wirtschaftlich Handelnden geht es primär nicht um ideelle Werte oder um die Offenheit per se, sondern um die Profitsteigerung, die dadurch erreicht werden kann. Und da Patente ein probates Mittel sind, um sich vor Nachahmern zu schützen oder eine verfrühte Veröffentlichung zu verhindern, lenkt der Wissensaustausch innerhalb von „Open Innovation“-Projekten sehr früh die Aufmerksamkeit auf den Schutz der Entwicklung.21

Patente bieten demnach die Möglichkeit, eine Innovation zu schützen und so in ein verwertbares Gut zu verwandeln. Deshalb werden Patente auch in einem „offenen“ Unternehmen als Schutz- und Kontrollinstrument eingesetzt.22

Doch selbst wenn es nicht primär um die wirtschaftliche Verwertung geht, gibt es Gründe, eine Erfindung patentieren zu lassen.

Auf diese Weise sichert man sich gegen Patentklagen ab. Es kann nämlich unter Umständen sein, dass durch eine Veröffentlichung der Erfindung ohne vorherige Patentierung, ein Dritter diese Patentlücke sieht und selbst diese Erfindung als Patent anmeldet.23

Zwar stellt fast jedes Patentgesetz weltweit die Anforderung, dass die Erfindung neu sein muss (siehe § 1 PatG, Art. 52 EPÜ, Art. 27 I TRIPS).24 Jedoch ist es fraglich, ob es den Patentämtern in der Praxis überhaupt möglich ist, jede Patentanmeldung soweit zu überprüfen und eine so weitreichende Recherche zu betreiben, dass sie mit Sicherheit sagen können, die Erfindung sei vorher noch auf keiner Plattform veröffentlich worden.25 Zudem sind Patentanwälte natürlich in der Lage, durch geschickte Umformulierung der Erfindungsbeschreibung ein Patent auf eine bereits lang bekannte und simple Konstruktion zu erwirken.26 Um nicht Gefahr zu laufen in ein Patentverletzungsverfahren bezüglich der eigenen Erfindung verwickelt zu werden, macht eine Patentierung auch hierbei Sinn.

Wie gezeigt, sind Schutzrechte und „Open Innovation“ enger miteinander verknüpft als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Konkrete Anwendungsmöglichkeiten der Schutzrechte werden im späteren Verlauf der Arbeit im Zusammenhang mit den Risiken von „Open Innovation“ beleuchtet.

B. Chancen und Möglichkeiten

Allein die enorme Zahl an Literatur die sich mit dem Thema „Open Innovation“ seit 2003 auseinandersetzt,27 lässt vermuten, dass die Materie großes Potential birgt. Mehrfach habe ich bereits den variablen Grad an Offenheit hervorgehoben, den „Open Innovation“ impliziert. Auch umfasst der Ansatz viele Arten das Unternehmen zur Interaktion über die eigenen Grenzen hinaus zu bewegen.

Hierbei muss beachtet werden, dass die Art der Implementierung von „Open Innovation“, von entscheidenden unternehmensstrategischen Entscheidungen begleitet werden muss.28 Die Wahlfreiheit in Bezug auf das Umfeld, die Bedingungen und nicht zuletzt den Kooperationspartner ist dabei besonders hervorzuheben.

Da Lizenzverträge dem Grundsatz der Privatautonomie (§ 311 Abs. 1 BGB) unterliegen, werden den Parteien bei der Ausgestaltung große Freiräume gelassen.29 Die Wahl des Vertragspartners, die Vertragsgestaltung und die Bedingungen können dabei sowohl positiven, als auch negativen Einfluss auf das Erreichen der eigenen Ziele haben.

Dadurch, dass der „Open Innovation“-Ansatz noch kaum im Gesetz Niederschlag gefunden hat, liegt es in der Hand der Unternehmen Wege zu finden und Möglichkeiten zu nutzen.

Die wesentlichen Schutzrechte bieten durch das Ausschluss- und Verwertungsrecht ausreichend Anreize für den Schutzrechtsinhaber seine Sonderstellung am Markt im Rahmen seines Ausschließlichkeitsrechts profitabel auszuschöpfen. Nun gilt es Anreize dafür zu finden, die Innovationsprozesse im Sinne von „Open Innovation“ ebenso profitabel zu gestalten und einen regen Wissenstransfer aufzubauen.

Im Sinne einer strukturierten Darstellung empfiehlt es sich die Folgenden dargestellten

Möglichkeiten danach zu gliedern, ob der Wissenstransfer auf gleicher Ebene - exemplarisch zwischen zwei Unternehmen („B2B“) - stattfindet oder auf nachrangige Innovationsquellen zugegriffen wird - beispielweise Kunden, Zulieferer, etc. („C2B“).

I. Informationsaustausch „C2B“

Ein Uhrenhersteller erstellt eine Webplattform, auf der Uhren- und Designliebhabern die

Möglichkeit gegeben wird, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und anhand eines Toolkits ihre „Traumuhr“ online zu designen. Den Entwurf können sie an besagten Hersteller übermitteln.

Die kreierten Uhrendesigns werden anschließend durch die Community bewertet und die besten 3 Modelle werden ausgezeichnet und gehen in Serie.30

So oder ähnlich könnte eine gelungene Einbeziehung von Kunden in den Innovationsprozess aussehen.

Bei einer Misserfolgsquote neuer Produkte zwischen 25% bis 40% auf Industriegütermärkten und 35% bis 60% auf Konsumgütermärkten,31 kann es sehr sinnvoll sein, in einem möglichst frühen Stadium des Entwicklungsprozesses verstärkt die Impulse von dem Ort einzuholen, an dem sie letztlich auch platziert werden sollen - namentlich beim Kunden.

Im Gegensatz zu klassischen Kundenumfragen und Marketingaktivitäten, die meist auf die

Zeit kurz vor oder nach Markteinführung beschränkt sind, vermag die Einbindung des Kunden am Anfang der Entwicklung bereits essentielle Schritte in Richtung Kundenorientiertheit zu tun.32

Neben Zulieferern, Vertriebsstätten, Handelspartnern, Universitäten und anderen branchenfremden Partnern, können auch fortschrittliche und kompetente Kunden und Anwender, die große Verwendungserfahrung haben (sog. „Lead-User“33 ), wertvolle und richtungsweisende Wissens- und Ideenquellen sein.

Sie können ihr kreatives Potential sowie Verbesserungsvorschläge in Neuentwicklungen einfließen lassen und so das Produkt aus der Kundenperspektive optimieren.34

Diese Art von „Open Innovation“ („Outside-In“) ist zum einen effektiv, und zum anderen relativ kostengünstig, da sich Kunden und Liebhaber des Produkts mehr aus ideellen als aus monetären Gründen an der Entwicklung beteiligen.

II. Wissenstransfer „B2B“

Neben dem „Anzapfen“ des Kunden, bergen Wissenstransfers zwischen Unternehmen und Institutionen enormes Potential.

Nehmen wir beispielsweise einen Videokamerahersteller, der in Kooperation mit einem Fotokamerahersteller ein besonders kompaktes und stabiles Kameramodul entwickelt hat. Während der Videokamerahersteller die Erfindung in seine digitalen Videokameras verbaut, nutzt der Fotokamerahersteller das Modul im Fotografiesektor.

Und um noch mehr Einnahmen zu erwirtschaften, vergeben beide zusätzliche Lizenzen zur Nutzung als Kameramodul in Smartphones an einen Mobiltelefonhersteller und als Rückfahrkamera an einen Fahrzeughersteller.35

Im Idealfall halbieren die beiden Partner ihre Entwicklungskosten und vervielfachen die

Einnahmen durch die Vergabe von Lizenzen an andere Unternehmen.36 Und das, ohne den Wettbewerbsdruck für sich in ihrem Marktsegment zu erhöhen.

1. Senkung der Entwicklungskosten und Generierung von Einnahmen durch Auslizensierung

Zwei evidente Vorteile dieser „Open Innovation“-Praxis („Coupled-Prozesse“) sind rein wirtschaftliche.

Die Schonung des F&E-Budgets durch die Verteilung der Entwicklungskosten auf mehrere Schultern und die zusätzlichen Gelder, die die Auslizensierungen einbringen, wissen zu überzeugen.

Man beachte in diesem Kontext, die strategische Art der Auslizensierung und der Entwicklung durch die richtige Wahl des Kooperationspartners und der Lizenznehmer in oben angeführtem Beispiel - dank dem Grundsatz der Privatautonomie im Hinblick auf das „Mit Wem“ und der angepassten Stufe der Offenheit.37

2. Größere Ideenbasis und Effizienz

Ein weiterer Aspekt, der die abstrakte Ebene des Innovationsprozesses betrifft, ist der vergrößerte Ideen- und Wissenspool, der im Falle von Kooperationsentwicklungen entsteht. Neue Impulse und das Zusammentragen von Know-how, Markterfahrungen und Ergebnisse älterer Forschungen schaffen Dynamik und erhöhen die Kreativität.38 Sie Kooperation erschöpft sich dabei nicht in der bloßen Addition von Ideen. Vielmehr potenzieren sie sich durch das Zusammenwirken.

Eine höhere Entwicklungseffizienz wird auch durch den Ausgleich von unternehmensspezifischen Defiziten im Rahmen einer Zusammenarbeit erzielt.

Informationslücken beispielsweise, die den Innovationsprozess ausbremsen, könnten durch das Know-how des Kooperationspartners geschlossen werden. Auch Standortprobleme, wie rechtliche Hürden oder die ungenügende Kenntnis des Marktes, können durch das Hinzuziehen eines Partners gelöst werden.39

Im Rahmen einer umfassenden Betrachtung sollte jedoch noch weiter zwischen zwei Ebenen der Innovationskooperation unterschieden werden.

a) „ Transaction Networks “

Anders als im Eingangsbeispiel haben auch sog. „transaction networks“40 ihre Berechtigung.

Im Fokus steht nicht die gemeinsame Entwicklung, sondern der Austausch von Technologien und bereits geschütztem Wissen. Genaugenommen ist die Tatsache Lizenzverträge zu schließen und internes Wissen zu verkaufen an sich nicht neu. Vielmehr wird dies seit jeher praktiziert.41 Die Methodik fällt jedoch unter die Begriffsdefinition und ist aus forschungstheoretischer Sicht ebenfalls „Open Innovation".42

Der Vorteil liegt klar in der leichteren Umsetzung eines solchen Transfers.

Erstens ist der Informationsfluss kontrollierbarer. Das bedeutet, dass man nicht automatisch alle gewonnen Erkenntnisse aus der Forschung und Entwicklung preisgibt, sondern an gegebenem Punkt nochmal die Möglichkeit hat zu evaluieren, ob und was nach außen getragen werden soll.43

Und zweitens bedeutet dies, dass wenn der Informationsaustausch während der Entwicklungsphase nicht unmittelbar geschieht, der Entwickler zumeist die Chance hat, den Wissensaustauschprozess anzuhalten, die Erfindung zunächst mit einem Schutzrecht versehen zu lassen und als Lizenz innerhalb des „transaction networks“ anzubieten.44

Welche Bedeutung diese Art von Wissenstransfer hat, zeigt die Tatsache, dass Unternehmen für die Lizenz an einem Patent oder Know-how eine Gegenleistung über das Monetäre hinaus erwarten.45

Vielmehr werden im Austausch ähnlich bedeutende Nutzungsrechte eingefordert. Eine „high potential“ Erfindung könnte für ein Unternehmen schließlich auch unerwartet hohe Gewinnchancen eröffnen kann und so den Wettbewerb verhärten.46

Aufgrund der erheblichen Kontrollmöglichkeiten des Wissenstransfers und der Möglichkeit, die Entwicklung vor Weitergabe schützen zu lassen, bietet sich dieses Modell insbesondere unter direkten Wettbewerbern in stark technologisierten Branchen an. Da sich hier eine unbeabsichtigte Stärkung der Konkurrenz durch zu regen Informationsfluss - wie er beispielsweise in „co-creation networks“ vorkommt und dort sogar erwünscht ist - besonders verheerend auf die eigene Markposition auswirken kann.47

b) Co-Creation Networks

Der wesentliche Unterschied zu reinen „transaction networks“ liegt darin, dass anstatt die fertige Technologie zu teilen, die Kooperation bereits im Entwicklungsstadium ansetzt.48

Explizit bedeutet das, dass beide Kooperationspartner von Anfang an den gleichen Zugang zu den Informationen haben, die im Innovationsprozess entstehen. Es ist demnach nicht möglich das potentiell wertvollste Wissen gegenüber dem Partner zurückzuhalten.

Andererseits bedeutet der ungefilterte Austausch auch, dass alle Ideen und Ansätze innerhalb der Forschung so zusammenwirken, dass daraus das größte Potenzial entsteht und die Entwicklung so am effektivsten ist.49

Bei solch einer offenen Forschungsform drängt sich jedoch aus dem Schatten der

herausragenden Vorteile die Frage auf, wie die geistigen Eigentumsrechte an den daraus hervorgehenden Entwicklungen verteilt sind. Oder wie mit auftretenden Problemen und Vereinbarungsverstößen (z. B. verfrühten Veröffentlichungen) umgegangen werden soll.

3. Gesellschaftlicher Nutzen

Die Vorteile, die bisher für „Open Innovation“ ins Feld geführt wurden, haben gemein, dass sie im Besonderen Anreize für denjenigen schaffen, der „Open Innovation“ praktiziert. Ein im Gesamtkontext wesentlicher Aspekt ist jedoch auch der Nutzen für die Gesellschaft, der daraus entspringt.

Die Formel hierfür simpel. Wie gezeigt, potenziert mehr Offenheit im Innovationsprozess

durch das Zusammenwirken der Impulse die entstehenden Ideen.50 Mehr Ideen bedeuten mehr Entwicklungen. Das führt zu einem schnelleren technischen Fortschritt, der wohl für jede Gesellschaft erstrebenswert ist.

Jedes neue Wissen nutzt ja als Basis vorhandenes Wissen und baut darauf auf.51 Und je größer die Basis, desto mehr „Neues“ kann darauf gedeihen.

Schließlich impliziert der offene Ansatz, dass externen Entwicklern auch Zugang zu diesem Wissen gewährt wird - sei es durch die Patentschrift, Lizenzen oder innerhalb eines „Open Innovation“-Netzwerks. Das umfangreichste Wissen wäre schließlich wirkungslos, wenn es nicht in den Köpfen derer steckte, die damit etwas anzufangen wissen.

[...]


1 Harvard Business School Press, 2003.

2 Bartl, 3.

3 Gassmann/Enkel, zfo 2006, 132.

4 Gassmann/Enkel, zfo 2006, 136.

5 Bartl, 3.

6 Bartl, 3; Gassmann/Enkel, zfo 2006, 132.

7 Faber, Vorwort VII.

8 Bartl, 3.

9 Bartl, 3.

10 Chesbrough, Henry William, Open Innovation: The New Imperative for Creating and Profiting from Technology.

11 Dahlander, Gann, Research Policy 39 (2010), 699.

12 Lee/Nyst é n-Haarala/Huhtilainen, 3.

13 Europ ä isches Patentamt, http://www.epo.org/about-us/annual-reports-statistics/statistics/filings_de.html.

14 Piller, Harvard Business Manager 25 (2003), Ausgabe 12, 37 f.

15 Hang, 16; EuGH, 2. Mai 2012, Az.: C-406/10.

16 http://www.gnu.org/licenses/gpl.html.

17 Hang, 10 f.

18 Marx, 49.

19 Hilty, 176.

20 Lee/Nyst é n-Haarala/Huhtilainen, 3.

21 Puchberger, Open Innovation und Patente.

22 Puchberger, Open Innovation und Patente.

23 Schultz/Urban, Harvard Journal of Law & Technology 26 (2012), Nr. 1, 6.

24 Koikkara, 15.

25 Schultz/Urban, Harvard Journal of Law & Technology 26 (2012), Nr. 1, 27 f.

26 Schultz/Urban, Harvard Journal of Law & Technology 26 (2012), Nr. 1, 28; U.S. Patent No. 5,842,927 (1.12.1998).

27 150 Werke (siehe Lee/Nyst é n-Haarala/Huhtilainen, 2; Dahlander, Gann, Research Policy 39 (2010), 699 f.)

28 Lee/Nyst é n-Haarala/Huhtilainen, 4.

29 §15 Abs. 1 und 2 PatG hebt die Verkehrsfähigkeit und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten ebenfalls hervor; Bartenbach, Rz. 16, 355.

30 Bartl, 6.

31 Gassmann/Enkel, zfo 2006, 132.

32 Bartl, 5.

33 Kunde/Nutzer, der solche Anforderungen an ein Produkt hat, welche erst in Zukunft für die breite Masse von Relevanz sein werden. Zudem profitiert er selbst durch die Befriedigung dieser Anforderungen. - siehe von Hippel, S. 107.

34 Bartl, 5.

35 Puchberger, Open Innovation und Patente.

36 Puchberger, Open Innovation und Patente.

37 Bartenbach, Rz. 16, 355.

38 Chesbrough, New Puzzles and New Findings, S.17 ff.

39 Bartenbach, Rz. 8.

40 Valkokari/Paasi/Luoma, 7.

41 Bartl, 4.

42 Bartl, 4.

43 Lee/Nyst é n-Haarala/Huhtilainen, 5.

44 Valkokari/Paasi/Luoma, 7.

45 Gassmann/Bader, Patentmanagement, 27 f.; Hoppen, 759.

46 RG 23.4.1932, GRUR 1932 865, 867; Bartenbach, Rz. 26.

47 Gassmann/Enkel, Marketing Review St. Gallen, 26 (2009), Nr. 2, 6.

48 Valkokari/Paasi/Luoma, 7.

49 Chesbrough, New Puzzles and New Findings, S.17 ff.

50 Chesbrough, New Puzzles and New Findings, S.17 ff.

51 Hilty, 173.

Details

Seiten
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783656558446
ISBN (Paperback)
9783656558514
DOI
10.3239/9783656558446
Dateigröße
744 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München – Juristische Fakultät / Max-Planck-Institut
Erscheinungsdatum
2013 (Dezember)
Note
11,2
Schlagworte
Open Innovation Zwangslizenz Zwangslizenzen
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Titel: Open Innovation. Wahlfreiheit vs. Vertragszwang