Lade Inhalt...

Unsicherheitsaspekte in der Immobilienwertermittlung

©2013 Bachelorarbeit 95 Seiten

Zusammenfassung

Die Assetklasse Immobilien hat in Deutschland eine herausragende Bedeutung, sowohl im privaten wie auch im gewerblichen Bereich. Einen zentralen Themenbereich der Immobilienökonomie stellt die Wertbestimmung von Immobilien auf Einzelobjektebene als auch auf Portfolioebene dar.
Die Feststellung von Werten ist alltäglich gefordert, sei es aufgrund einer Ehescheidung, eines Hauskaufs oder im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Zudem gewinnt die Immobilienbewertung auch im Rahmen des Risikomanagements immer mehr an Bedeutung, denn im Vergleich zu anderen Assetbewertungen wie bspw. von Aktien, stellt diese eine besonders knifflige Aufgabe dar.
Uneinheitliche Definitionen von Wertbegriffen und Vorgaben gesetzlicher Normen sorgen für Unsicherheit und Uneinigkeit bezüglichen der bestmöglichen Herangehensweise, während monetäre Vermögensgüter zumeist mit entsprechenden Wertfindungsmodellen und ohne jede Schwierigkeit bewertet werden können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Methodik und Zielsetzung

2 Begriffsdefinitionen und Grundlagen
2.1 Unsicherheit
2.1.1 Risiko
2.1.2 Ungewissh eit
2.2 Grundlagen und Zwecke der Immobilienwertermittlung in Deutschland
2.3 Das Ertragswertverfahren
2.3.1 Einführung
2.3.2 Bewertungsparameter der Ertragswertberechnung
2.4 Finanzmathematische/Stochastische Grundlagen
2.4.1 Wahrscheinlichkeitsrechnungen
2.4.2 Simulationsansätze
2.4.3 Regressions- und Korrelationsanalysen

3 Spezielle Anforderungen auf dem Immobilienmarkt
3.1 Bewertung von Immobilien
3.2 Bewertung von Immobilienanlagegesellschaften und Immobilienportfolios

4 Unsicherheitsaspekte in der Immobilienbewertung
4.1 Risikoquellen aufgrund der Besonderheiten des Immobilienmarktes
4.1.1 A ufwendungen und Erträge
4.1.2 Der Liegenschaftszinssatz
4.1.3 Das „magische Zieldreieck“
4.1.4 Defizit „Marktinformationen“
4.1.5 Strukturprobleme des Immobilienmarktes
4.1.6 Informations- und Transaktionskosten
4.1.7 Probleme bei der Anwendung von Datenbanken
4.2 Systemrisiken bei der Erstellung von Gutachten
4.2.1 Qualifikation und Ausbildung eines Sachverständigen
4.2.2 Der Gutachtenauftrag
4.2.3 Die Wahl des richtigen Verfahrens
4.2.4 Der Zeitfaktor und die Informationsbeschaffung bei der Erstellung von Wertgutachten
4.2.5 Feststellungen und Annahmen
4.2.6 Ermessensspielraum
4.2.7 Anwendung von Programmen zur Wertermittlung
4.2.8 Sicherheit und Unsicherheit einer Wertbeurteilung
4.2.9 Zusammenfassung und Haftung

5 Verfahren zur Berücksichtigung von Unsicherheitsaspekten
5.1 Qualitative Verfahren ohne Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen
5.1.1 Sensitivitätsanalysen
5.1.2 Szenarioanalysen
5.2 Quantitative Verfahren mit Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen
5.2.1 Historische Simulationen
5.2.2 Monte-Carlo-Simulationen

6 Auswertung der Verfahren zur Berücksichtigung von Unsicherheiten

7 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Differenzierung von Unsicherheiten

Abb. 2: Varianten des Ertragswertverfahrens

Abb. 3: Dichtefunktion f(x)

Abb. 4: Verteilungsfunktion F(x)

Abb. 5: Das „magische Dreieck“ rationaler Kapitalanlageentscheidungen

Abb. 6: Unterteilung der Gruppierung von Sachverständigen

Abb. 7: Wahl des Wertermittlungsverfahrens

Abb. 8: Arbeitsschritte bei der Erstellung von Gutachten

Abb. 9: Darstellung der Sicherheit von Wertbeurteilungen

Abb. 10: Szenarioanalyse - Ausprägungen der Zielgrößen

Abb. 11: Szenariotrichter

Abb. 12: Schritt 1 der Monte-Carlo-Simulation - Verteilungsannahmen

Abb. 13: Schritt 2 der Monte-Carlo-Simulation - Simulation

Abb. 14: Schritt 3 der Monte-Carlo-Simulation - Häufigkeitsverteilung

Abb. 15: Zusammenfassung Prozess der Monte-Carlo-Simulation

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht notwendiger Informationen zur Erstellung von Gutachten

Tabelle 2: Beispielaufgabe Eingangsgrößen Ertragswertberechnung

Tabelle 3: Beispielaufgabe Berechnung des Ertragswert

Tabelle 4: Auswirkungen von Änderungen des Rohertrags auf den Ertragswert

Tabelle 5: Einfluss von Liegenschaftszinssatz/Restnutzungsdauer auf den Ertragswert

Tabelle 6: Pro und Kontra der Verfahren zur Unsicherheitsmessung

Formelverzeichnis

Formel (1): Ertragswert EW

Formel (2): Reinertrag RE

Formel (3): Vervielfältiger V

Formel (4): Liegenschaftszinssatz p

Formel (5): Restnutzungsdauer RND

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Die Assetklasse Immobilien hat in Deutschland eine herausragende Bedeutung, sowohl im privaten wie auch im gewerblichen Bereich. Einen zentralen Themenbereich der Immobilienökonomie stellt die Wertbestimmung von Immobilien auf Einzelobjektebene als auch auf Portfolioebene dar.

Die Feststellung von Werten ist alltäglich gefordert, sei es aufgrund einer Ehescheidung, eines Hauskaufs oder im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Zudem gewinnt die Immobilienbewertung auch im Rahmen des Risikomanagements immer mehr an Bedeutung, denn im Vergleich zu anderen Assetbewertungen wie bspw. von Aktien, stellt diese eine besonders knifflige Aufgabe dar.[1]

Uneinheitliche Definitionen von Wertbegriffen und Vorgaben gesetzlicher Normen sorgen für Unsicherheit und Uneinigkeit bezüglichen der bestmöglichen Herangehensweise, während monetäre Vermögensgüter zumeist mit entsprechenden Wertfindungsmodellen und ohne jede Schwierigkeit bewertet werden können.

Die besondere Schwierigkeit der Gutachtenerstellung im Immobiliensegment ist vor allem darin begründet, dass die normierten deutschen Verfahren zur Verkehrswertermittlung Mängel aufweisen, die es unmöglich machen, einen mathematisch exakten Wert zu bestimmen. Vielmehr ist der Wert zu schätzen, d.h. die üblichen Verfahren zielen darauf ab, den Preis zu finden, der am Wertermittlungsstichtag und im gewöhnlichen Geschäftsverkehr am wahrscheinlichsten zu erzielen wäre. Der Verkehrswert ist insofern ein unsicherer Faktor und zudem auch nicht unabhängig vom Ermessen des bewertenden Sachverständigen. Diese Unabhängigkeit resultiert vor allem durch die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe der Verfahrensvorschriften, wodurch der Sachverständige gewisse Ermessensspielräume hat. Wie bereits erwähnt sind Wertbegriffe uneinheitlich definiert, insofern ist es in der Bewertungspraxis auch kein seltenes Phänomen, dass von mehreren Gutachtern völlig unterschiedliche Ergebnisse für ein und dasselbe Objekt ermittelt werden. Zwar ist nach dem BauGB eine Definition für den Verkehrswert definiert, jedoch kann dieser eine Wert zweifellos nicht festgestellt werden, sondern ist vielmehr eine ganze Bandbreite möglicher Werte. [2][3]

Die vielseitigen und komplexen Eigenschaften des Vermögensgutes „Immobilie“ und die spezielle Charakteristik des Immobilienmarktes erschweren die Wertermittlung zusätzlich. Vergleicht man den Markt mit anderen Vermögensgütermärkten, besitzt dieser ein sehr eingeschränktes und kaum vergleichbares Marktgeschehen und weist demzufolge enorme Informationsmängel auf. Folglich kann kaum die Rede von einem standardisierten Markt sein, weshalb sich der Wert einer Liegenschaft auch nicht von jedem Laien feststellen lässt.

Vor all diesen Hintergründen ist die Heranziehung eines Sachverständigen unumgänglich. Diese können aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen Werte gutachterlich ermitteln, indem sie künftige Marktgeschehnisse theoretisch simulieren.

Trotz Sachkenntnis bringt die Objektbewertung für den Sachverständigen viele Herausforderungen mit sich, von denen bisher lediglich einige erläutert wurden. Infolgedessen ist die “Unsicherheit“ ein ständiger Begleiter im Sachverständigenwesen von Grundstücken und Gebäuden.

Zur Berücksichtigung dieser Schwachpunkte können verschiedene mathematischstatistische Methoden herangezogen werden. Ob die Anwendung und Vorgehensweise dieser Verfahren die Zuverlässigkeit der Verkehrswertermittlung erhöht, ist in der Literatur allerdings umstritten.[4][5][6]

Zwar setzt sich die wissenschaftliche Literatur in Teilen mit unsicheren Faktoren der Wertermittlung auseinander, jedoch nur im begrenzten Maße. Komplexe Auseinandersetzungen fanden indes nicht statt. Aus diesem Grunde behandelt die vorliegende Arbeit die theoretischen Grundlagen der Immobilienwertermittlung sowie deren Unsicherheits- und Risikoaspekte und stellt hierfür notwendige Anhaltspunkte und Definitionen aus bereits vorhandener Fachliteratur zusammen. Darüber hinaus soll aufgezeigt und analysiert werden, mit welchen Besonderheiten des Immobilienmarktes die Immobilienwertermittlung konfrontiert wird und welche Unsicherheitsaspekte im Rahmen der Gutachtenerstellung auftreten bzw. wo diese entstehen. Des Weiteren werden Methoden und Ansätze dargestellt, anhand derer die Zuverlässigkeit der üblichen Verfahren möglicherweise erhöht wird. Abschließend erfolgt eine Auswertung der zugrunde gelegten Untersuchung.

1.1 Problemstellung

Bereits im vorherigen Abschnitt wurde verdeutlicht, dass in unzähligen Situationen die Frage nach dem Wert einer Immobilie oder auch eines Immobilien-Portfolios auftaucht. Gründe wie beispielweise der Kauf, eine Veräußerung, eine Beleihung oder auch eine Ehescheidung können für Eigentümer, Nutzer wie auch finanzierende Institute eine Werteinschätzung erforderlich machen. Die präzise und verlässliche Bereitstellung von Objektwerten spielt dabei eine große wirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Rolle. Insbesondere die Immobilien- und Finanzmarktkrise vor einigen Jahren hat verdeutlicht, dass die Bewertung von Grundstücken und Gebäuden transparent, objektiv, reproduzierbar und mit aussagekräftigen Unsicherheitsmaßen versehen sein muss.

Vor allem beim Vermögensgut „Immobilie“ stellt dies aber nicht immer eine einfache Aufgabe dar. Die Individualität der Objekte, die geringe Informationseffizienz des Marktes sowie die mangelnde Konkretisierung der Normen sind nur einige der Aspekte, die zu einer erheblichen Datenunsicherheit in der Wertermittlung beitragen.

Nicht zuletzt deshalb sind wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Thema der Unsicherheit von Bewertungsverfahren- und ergebnissen zwingend erforderlich.[7][8]

1.2 Methodik und Zielsetzung

Das Hauptanliegen für die vorliegende Untersuchung ist es, dem Leser zu verdeutlichen, dass das Ziel der Immobilienwertermittlung, nämlich die Ermittlung des Verkehrswertes, eine komplexe und schwierige Aufgabe darstellt. Diese wird häufig unterschätzt und ist insbesondere für den Ersteller mit einer Reihe von Risikofaktoren verbunden.

Da unter den üblichen deutschen Methoden das Ertragswertverfahren die meiste Anwendung für die Feststellung von Verkehrswerten findet,[9] wird das Hauptaugenmerk der vorliegenden Untersuchung auf die Anwendung dieser Berechnungsmethode gelegt.

Schwerpunktmäßig erfolgt die kritische Auseinandersetzung mit Schwachpunkten des Verfahrens sowie weiterer Risikoaspekte, die im Rahmen der Gutachtenerstellung auftreten. Darüber hinaus werden qualitative bzw. quantitative Methoden zur Unsicherheitsmessung untersucht und die Sinnhaftigkeit des Zusammenwirkens mit dem Ertragswertverfahren kritisch hinterfragt.

Ziel ist es daher, dem Leser einen wissenschaftlich fundierten Überblick zu diesem Thema zu vermitteln.

Die Arbeit ist wie folgt strukturiert und gliedert sich in insgesamt 7 Kapitel:

Nach einer kurzen Einleitung, in der die Ausgangssituation, die Problemstellung sowie eine entsprechende Zielsetzung dargestellt werden, setzt sich das zweite Kapitel mit den Grundlagen und Anforderungen an eine Immobilienwertermittlung in Deutschland auseinander. Es wird aufgezeigt, welche Informationen für eine fundierte Wertermittlung notwendig sind. Anschließend wird insbesondere das Ertragswertverfahren vertieft. Die Einschränkung auf dieses Verfahren erfolgt zum einen, um den Umfang dieser Untersuchung im Rahmen zu halten und zum anderen, da das Ertragswertverfahren am häufigsten zur Wertermittlung angewandt wird. Zudem werden eingangs die Begrifflichkeiten „Unsicherheit“ und „Risiko“ definiert.

Die speziellen Anforderungen auf dem Immobilienmarkt im Hinblick auf die Bewertung von Immobilien werden in Kapital 3 dargelegt. Dabei erfolgt die Unterteilung in die speziellen Anforderungen hinsichtlich der Bewertung einzelner Immobilien sowie weiterhin in Bezug auf Immobiliengesellschaften und Portfolios.

Kapitel 4 behandelt die bei der Immobilienwertermittlung vorhandenen Risikoquellen und thematisiert darüber hinaus die Risiken und die Schwierigkeiten, die eine Gutachtenerstellung mit sich bringt.

Darauf aufbauend gibt Kapitel 5 dem Leser einen Überblick über die verschiedenen mathematisch statistischen Ansätze und Methoden, anhand derer entsprechende Unsicherheiten der Grundstückswertermittlung Berücksichtigung finden können. Hieran angeknüpft werden im Kapitel 6 die zuvor vorgestellten Verfahren ausgewertet und deren Einsatzmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Ertragswertverfahren kritisch hinterfragt.

Abschließend werden im letzten Kapitel die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ausgewertet. Darüber hinaus soll dem Leser nach Möglichkeit ein Ausblick über künftige Entwicklungen gegeben werden.

2 Begriffsdefinitionen und Grundlagen

2.1 Unsicherheit

Entscheidungen unter Unsicherheit zählen zum Alltag der praktischen Immobilienbewertung. Insbesondere die Ermittlung im Rahmen des Ertragswertverfahrens birgt ein zentrales Problem, das in der Prognose künftiger Entwicklungen besteht. Sämtliche Bewertungsparameter sind am Wertermittlungstag über die gesamte Lebensdauer der zu bewertenden Immobilie zu bestimmen. Allerdings gilt der Immobilienmarkt als unvollkommener Markt. Diese Unvollkommenheit und die häufig mangelhaften Marktkenntnisse der Gutachter erschweren die Einschätzungen der zukünftigen Entwicklungen. Es kann zu Abweichungen des erwarteten Wertes kommen. Selbst Im Falle umfangreicher Marktkenntnisse und Erfahrungen aus der Bewertungspraxis eines Sachverständigen sind die Entwicklungen der Rahmenbedingungen und Marktentwicklungen nicht zuverlässig bestimmbar.

Beim Vermögensgut „Immobilie“ sorgt vor allem die Individualität von Bewertungsobjekten sowie die mangelnde Konkretisierung vorhandener Normen für Unsicherheiten, wodurch es zu einer ganzen Reihe unterschiedlicher Wertergebnisse kommen kann.

Je nach Art des Bewertungsobjektes, der verwendeten Inputvariablen sowie des angewandten Berechnungsverfahrens, kann das Ausmaß an Unsicherheiten unterschiedlich ausfallen.

Kurz gefasst, ist unter dem Begriff also als ein erwartetes Geschehen, welches aufgrund unvollständiger Informationen oder fehlender Kenntnisse des Bewerters von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht, zu verstehen. Diese Risiken sind bei der Wertermittlung zu berücksichtigen. [10][11][12]

Die Unsicherheit kann in verschiedene Formen unterteilt werden und ist auch als ein Risiko im weiteren Sinne zu verstehen. Die Differenzierung kann zum einen in den Begriff Ungewissheit und zum anderen in das Risiko im engeren Sinne erfolgen. Auf diese Formen der Unsicherheit wird im Folgenden eingegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Differenzierung von Unsicherheiten[13]

2.1.1 Risiko

Im Vergleich zu einer völligen Ungewissheit ist das Risiko im engeren Sinne quantifizierbar, d.h. es ist möglich, das Eintreten bestimmter Bedingungen auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsberechnungen zu berücksichtigen. [14][15]

Zu unterscheiden ist zwischen objektiven wie auch subjektiven Wahrscheinlichkeiten. Erstgenanntes kann unter Zuhilfenahme von statistischen bzw. mathematischen Verfahren berechnet werden.

Demgegenüber sind die subjektiven Wahrscheinlichkeiten lediglich auf der Grundlage von Kenntnissen und Erfahrungswerten hervorzubringen und nicht berechenbar.

Die Darstellung und Messung von Risiken erfolgt in der Regel aufgrund der Volatilität, d.h. der Streuung von Renditen um einen erwarteten Wert.[16][17]

2.1.2 Ungewissh eit

Ist es für den Gutachter weder subjektiv noch objektiv möglich, Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von z.B. bestimmten Werten oder Marktbedingungen anzugeben, d.h. besteht sozusagen eine völlige Unkenntnis über künftige Rahmenbedingungen oder das Eintreten bestimmter Zustände, spricht man von Ungewissheit. Ungewissheiten sind demzufolge auch nicht quantifizierbar.[18][19]

2.2 Grundlagen und Zwecke der Immobilienwertermittlung in Deutschland

Unzählige Anlässe auf dem Immobilienmarkt erfordern die Wertermittlung einer Sache. Dabei muss es sich nicht ausschließlich um ein Gebäude handeln, auch bei unbebauten Grundstücke oder einem komplettem Portfolio kann die Feststellung eines Wertes notwendig sein, d.h. die Ermittlung des Verkehrs- bzw. Marktwerts. Dies kann beispielsweise beim Erwerb oder einer Veräußerung, aber auch im Falle einer Zwangsversteigerung der Fall sein.[20]

Ermittelt wird der Verkehrswert aufgrund der zentralen Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Diese trat am 10. Juli 2010 in Kraft und löste damit die bis dato gültige Wertermittlungsverordnung (WertV) ab, die seit 1988 Anwendung fand. Die ImmoWertV regelt die Begrifflichkeiten und Verfahrensgrundsätze der Bewertung und ist grundsätzlich anzuwenden, wenn der Verkehrswert für eine Liegenschaft festzustellen ist.[21] Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der ImmoWertV einzig und allein um eine Richtlinie handelt, die keine abschließende Immobilienbewertung ermöglicht. Sie ist im deutschen Recht daher nur eine Norm.[22]

Die Definition des Verkehrswertes ist im § 194 BauGB aufgeführt. Hierunter ist der Wert zu verstehen, der sich voraussichtlich am Markt unter üblichen Bedingungen zu den jeweiligen Marktverhältnissen eines bestimmten Stichtages am wahrscheinlichsten erzielen lässt. Der Verkehrswert ist demnach eine geschätzte Größe und kein theoretisch und mathematisch genau bestimmbarer Wert. Vielmehr ist der ermittelte Preis von den tatsächlichen Merkmalen des Bewertungsobjektes und den Gegebenheiten des Marktes geprägt. Um möglichst sichere und objektive Orientierungsmaßstäbe für die Wertermittlung einer Liegenschaft zu besitzen, sind präzise Kenntnisse über die aktuelle Marktsituation und den Bewertungsgegenstand zwingend erforderlich.[23][24]

Häufig wird anstelle des Verkehrswertes auch vom Marktwert gesprochen. Dieser ist nicht im Baugesetzbuch definiert, wird allerdings in diversen Normen und der Bewertungspraxis regelmäßig als Ersatz für den Begriff des Verkehrswertes angewandt und kann inhaltlich mit ihm gleichgesetzt werden.[25]

Die eigentliche Wertermittlung findet in aller Regel mit Hilfe eines Sachverständigen statt. Dieser setzt für die Wertfeststellung die bewertungsrelevanten Daten an, die auf Grundlage einer umfangreichen Begehung des Objektes, vorhandener Objektunterlagen sowie anhand von Markt- und Regionalkenntnissen ermittelt wurden.[26]

Die Ermittlung der wertrelevanten Daten dient dazu, „(...) einen Interessenausgleich zwischen dem „Anbieter“ und dem „Nachfrager“ herbeizuführen.“[27] Dabei ist es nicht selten der Fall, dass die Parteien unterschiedliche Vorstellungen über den Wert haben.

Trotz dessen ist für alle Beteiligten das Hauptziel der Gutachtenerstellung, einen Marktwert bzw. Verkehrswert für das entsprechende Grundstück, Gebäude oder auch Immobilienportfolio zu ermitteln. Der ermittelte Wert sollte dabei frei von subjektiven Einwirkungen einzelner Sachverständiger sein. Persönliche Interessen, Vorlieben etc. dürfen daher keine Rolle spielen.[28]

Aufzustellen ist ein Gutachten nach den normierten Methoden der ImmoWertV, sogenannte Rechenmodelle, nach denen die Preise des Immobilienmarktes so realitätsnah wie möglich zu ermitteln sind. Die Anwendung dieser Verfahren ist rechtlich vorgeschrieben. Generell ist zwischen drei grundlegenden sowie international angewandten Verfahren zu unterscheiden:

Vergleichswertverfahren (§§ 15, 16 ImmoWertV)

Ertragswertverfahren (§§ 17-20, ImmoWertV)

Sachwertverfahren (§§ 21-23, ImmoWertV).

Alle weiteren Methoden lassen sich grundsätzlich auf die drei klassischen Verfahren zurückführen. [29][30]

Die Wahl des Verfahrens erfolgt im Allgemeinen nach der Art der zu bewertenden Immobile, wobei die Grundüberlegungen des üblichen Geschäftsverkehrs sowie die Umstände des entsprechenden Einzelfalls zu berücksichtigen sind. [31]

Laut SOMMER/KRÖLL wird davon ausgegangen, dass das Sachwertverfahren nur noch selten zur Anwendung kommt und somit kaum Bedeutung in der Bewertungspraxis besitzt. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Immobilien beim Sachwertverfahren nach den Herstellungskosten des Gebäudes bemessen werden, dieses ist in der Praxis jedoch kaum relevant.[32]

Beim Vergleichswertverfahren erfolgt die Wertermittlung anhand von Vergleichsobjekten. Allerdings ist ein Vergleich nicht bei allen Objektarten möglich oder es fehlt eine ausreichende Anzahl an Vergleichsobjekten, um die Repräsentativität zu gewährleisten.

Am häufigsten kommt das Ertragswertverfahren zur Anwendung, da die überwiegende Anzahl an Liegenschaften nach der Ertragsfähigkeit beurteilt wird.[33]

Aus diesem Grund baut die vorliegende Arbeit in erster Linie auf die Anwendung und Probleme des Ertragswertverfahrens auf.

2.3 Das Ertragswertverfahren

2.3.1 Einführung

Das Ertragswertverfahren kommt bei Grundstücken zur Anwendung, die vorrangig für die Erzielung von Erträgen bestimmt sind, z.B. bei Grundstücken, die zur Vermietung oder Verpachtung, gewerblichen Nutzung oder auch öffentlichen Nutzung verwendet werden. Bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens wird deutlich, dass der Verkehrswert vor allem durch die Erwartungen der Zukunft festgelegt wird, da dieser aus den nachhaltig zu erzielenden Erträgen bzw. den zukünftig erzielbaren Nettoerträgen und der künftigen Nutzung abgeleitet wird. Dabei wird unterstellt, dass der erzielbare Reinertrag der baulichen Anlage über die gesamte Restnutzungsdauer unverändert bleibt.

Für den Käufer spielt es hierbei die größte Rolle, welche Verzinsung ihm der aufgewendete Kaufpreis bringt.[34][35]

Definiert ist der Ertragswert „als der Gegenwartswert aller marktüblich erzielbaren Reinerträge, die sich über die Restnutzungsdauer (RND) jährlich konstant aus der Liegenschaft erzielen lassen.“[36] Er umfasst einerseits den Ertragswert des Gebäudes sowie den Bodenwert des Grundstücks, genauer gesagt die „(...) Summe der Barwerte aller zukünftigen Reinerträge, die der Eigentümer aus seinem Grundstück erzielen kann“[37]. Insofern stellt er einen Erfolgswert der Zukunft dar.

Im Allgemeinen gehört das Ertragswertverfahren daher zu den Barwertverfahren, dessen grundlegende Eigenschaft darin besteht, künftig erwartete Erträge über die gesamte Lebensdauer eines Objektes auf den Wertermittlungsstichtag abzuzinsen, um dem Anwender auf diese Weise einen Aufschluss über die zukünftige Ertragskraft zu geben. Das Ertragswertverfahren kommt international zur Anwendung. Zwar gibt es gewisse Abwandlungen des Verfahrens wie beispielsweise die Discounted-Cashflow-Methode (DCF), letztlich beruht aber auch dieses Verfahren auf dem normierten Ertragswertverfahren, d.h. auf Basis einer prognostizierten Ertragsentwicklung. Geregelt wird das Ertragswertverfahren in den §§ 17-20 der ImmoWertV.[38]

Die in der ImmoWertV geregelte sowie international angewandte Standardform des Ertragswertverfahrens geht am Stichtag der Wertermittlung von den marktüblich erzielbaren Erträgen aus und setzt diese in der Berechnung an. Andere wertbeeinflussende Parameter wie u.a. die Bewirtschaftungskosten, Instandhaltungskosten etc. werden dagegen nach der erwarteten Entwicklung auf dem Immobilienmarkt angesetzt. Die Berücksichtigung dieser Faktoren erfolgt anhand des sogenannten Liegenschaftszinssatzes. Da diese Methode international Anwendung findet, wird sie auch als “all over capitalization method“ bzw. der Liegenschaftszins als “all over capitalization rate“ bezeichnet.

Von besonderer Relevanz in der deutschen Bewertungspraxis ist, dass die verwendeten Eingangsparameter stimmen. Zudem sollte sich das Verfahren nach der Definition des Verkehrswertes richten, der sozusagen dem Marktwert entspricht und sich an dem tatsächlichen Geschehen auf dem Immobilienmarkt orientiert.[39][40][41][42][43]

Zusammengefasst ist es somit die Aufgabe der Ertragswertberechnung, sämtliche zukünftig anfallende Erträge zu den allgemeinen Marktverhältnissen des Wertermittlungsstichtags zu erfassen. Die Erträge sind dabei um die Bewirtschaftungskosten einer Immobilie zu bereinigen, d.h. um alle Kosten, die im Rahmen der Bewirtschaftung anfallen. Nach Abzug dieser Kosten erhält man den für die Berechnung notwendigen Reinertrag (RE). Um die Wertverhältnisse des Wertermittlungsstichtages zu berücksichtigen, sind die künftig erzielbaren Reinerträge auf den Tag der Wertermittlung abzuzinsen.[44]

Grundsätzlich ist zwischen drei Varianten des Ertragswertverfahrens zu unterscheiden, die international mit unterschiedlichen Ausprägungen am häufigsten angewendet werden. Sie unterscheiden sich ausschließlich in der Darstellung der Ergebnisse. Ansonsten sollten alle Methoden zum selben Ergebnis führen und sind sachlich identisch:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Varianten des Ertragswertverfahrens[45]

2.3.2 Bewertungsparameter der Ertragswertberechnung

Nach der ImmoWertV sind für die Berechnung des Ertragswertes nach der allgemeinen Ertragswertformel die folgenden Eingangsgrößen notwendig:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Setzt man diese Variablen in einen mathematischen Zusammenhang, ergibt sich die folgende Formel für die Berechnung des Ertragswerts (EW):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[46]

Zur Berechnung der eingesetzten Parameter der allgemeinen Ertragswertformel sind darüber hinaus die folgenden Daten relevant:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zum besseren Verständnis der Berechnung werden dem Leser die einzelnen Inputvariablen im Folgenden erläutert:

Reinertrag (RE)

Der Reinertrag ergibt sich nach § 18 der ImmoWertV aus dem ermittelten Rohertrag. Dieser wird um die Kosten, die für Bewirtschaftung der Immobilie anfallen, vermindert. Die Verminderung erfolgt lediglich um die nicht umlagefähigen Bewirtschaftungskosten. [47][48][49]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der ermittelte Rohertrag (RoE) umfasst dabei sämtliche Erträge, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines Objektes nachhaltig erzielt werden, z.B. durch Miet- oder Pachteinnahmen. Er bildet die Ausgangsgröße der Berechnung. Sofern für die Nutzung des Grundstücks keine Erträge erzielt oder diese von sonst üblichen abweichen, ist es erforderlich, die nachhaltig erzielbaren ortsüblichen Mieten zugrunde zu legen und Abweichungen ggf. über Zu- und Abschläge zu berücksichtigen.[50][51]

Neben den nachhaltig erzielbaren Erträgen ist für die Ermittlung des Reinertrages ebenso die Höhe der Bewirtschaftungskosten (BWK) relevant. Hierunter fallen üblicherweise die Verwaltungs-, Instandhaltungs- und die Betriebskosten sowie die Mietausfallwagnis. Im Bereich des Mietwohnungsbaus sind laut Betriebskostenverordnung (BetrKV) die Betriebskosten im Normalfall umlagefähig und werden vollständig auf den Mieter umgelegt. Nicht umlagefähig hingegen sind Kosten der Verwaltung sowie die Instandhaltungskosten. Im Bereich der gewerblichen Vermietung sind Umlagen auf den Mieter nicht vorgegeben. Es kann selbstverantwortlich vereinbart werden, welche Partei welche Kosten zu tragen hat.[52]

Der Vervielfältiger (V)

Die Berechnung des Vervielfältigers erfolgt nach Rentenformeln, wobei vorausgesetzt wird, dass die erzielbaren Reinerträge für einen bestimmten Zeitraum bzw. der Restnutzungsdauer einer baulichen Anlage unverändert bleiben. Aus diesem Grund werden im Ertragswertverfahren auch nachhaltig erzielbare, d.h. gleichbleibende Erträge angesetzt. Der Vervielfältiger wird mathematisch aus der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszinssatz abgeleitet, er stellt sozusagen eine mathematische Verknüpfung des Liegenschaftszinssatzes mit der Restnutzungsdauer des Gebäudes dar. Durch Multiplikation der Reinerträge der baulichen Anlage mit dem Vervielfältiger wird der Wert des Gebäudes errechnet. Anhand der Multiplikation mit dem Vervielfältiger wird die Addition einzelner jährlicher Barwerte (=diskontierte Erträge) ersetzt.[53][54][55]

Die Formel für den Vervielfältiger lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei gilt:

p= Liegenschaftszins

n= Restnutzungsdauer

V = Vervielfältiger.[56][57]

Der Liegenschaftszinssatz (p)

Nach § 14 Abs. 3 der ImmoWertV erfolgt anhand des Liegenschaftszinssatzes die durchschnittliche marktübliche Verzinsung von Immobilien-Verkehrswerten.[58] Die Ableitung des LZ erfolgt aus Kaufpreisen, die die Beurteilung hinsichtlich erwarteter Wert- und Ertragsentwicklungen des Immobilienmarktes darstellen sollen. Somit reflektiert der LZ die aktuelle Markteinschätzung hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung. Er drückt sozusagen das Ertragsrisiko einer Immobilie aus.[59]

Der Liegenschaftszinssatz wird erheblich von der Immobilienart beeinflusst und ist üblicherweise geringer als die üblichen Kapitalmarktzinssätze. Er ist daher grundsätzlich nicht mit ihnen gleichzusetzen. Dass der Liegenschaftszins i.d.R. kleiner ist, ist vor allem darin begründet, dass Grund und Boden gegenüber Geldvermögen als wesentlich wertbeständiger gelten.

Die Ableitung und Veröffentlichung durchschnittlicher Liegenschaftszinssatze erfolgt in Deutschland durch lokale Gutachterausschüsse. Anderenfalls kann die Ermittlung eigenständig durch die jeweiligen Sachverständigen aus Marktdaten und Kaufpreisen abgeleitet bzw. errechnet werden. Letzteres erfordert jedoch genaue Kenntnisse über die lokale Marktsituation.

Besonders relevant ist die Höhe des angesetzten Zinssatzes für die Berechnung des Gebäudewertes. Die Höhe des LZ hat einen erheblichen Einfluss auf den Ertragswert. Sie ist abhängig von den Gegebenheiten des lokalen Immobilienmarktes am Wertermittlungsstichtag. Wird ein geringer Liegenschaftszinssatz angesetzt, fällt der

Vervielfältiger umso höher aus. Folglich wäre auch der Wert der Liegenschaft höher bzw. wertvoller. Andersrum führt ein hoch angesetzter Zinssatz zu einem geringeren Vervielfältiger und daher zu einem geringeren Gebäudeertragswert.[60][61]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Bodenwert ist mit dem Wert eines unbebauten Grundstücks gleichzusetzen. Die Bestimmung des Bodenwertes erfolgt mit Hilfe von Bodenrichtwertkarten, die dem Anwender für verschiedene Nutzungsarten Aufschluss über durchschnittliche Grundstückpreise bzw. Lagewerte geben. Dabei berücksichtigt die Bodenrichtwertkarte die typischen Gegebenheiten in den entsprechenden Gebieten [62][63]

Die Ermittlung des Bodenwerts erfolgt bei Anwendung des allgemeinen Ertragswertverfahrens zunächst getrennt vom Wert der baulichen Anlage. [64]

Restnutzungsdauer (RND)

Die Bestimmung der Restnutzungsdauer (RND) erfolgt durch die Subtraktion des gegenwärtigen Gebäudealters von der Gesamtnutzungsdauer (GND) des Gebäudes. Unter der RND einer Liegenschaft ist die Anzahl der Jahre zu verstehen, die eine Immobilie wahrscheinlich noch wirtschaftlich genutzt werden kann, vorausgesetzt die Unterhaltung und die Nutzung erfolgte ordnungsgemäß.

Folgende Formel wird für die Ermittlung der Restnutzungsdauer herangezogen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[65]

2.4 Finanzmathematische/Stochastische Grundlagen

Um in Deutschland den Verkehrswert eines bebauten oder auch unbebauten Grundstücks zu ermitteln, sind gewisse mathematische bzw. stochastische Grundkenntnisse nötig. Die unterschiedlichen Verfahren greifen dabei auf verschiedene finanzmathematische Grundlagen zurück - das Vergleichswertverfahren bspw. stützt sich auf statistische Bereiche, wobei Begriffe wie der Mittelwert, die Standardabweichung oder auch Regressionsrechnung regelmäßig Anwendung finden. Das Sachwertverfahren hingegen benötigt neben Ableitungen von Indexreihen und Faktoren hauptsächlich die vier Grundrechenarten. [66]

Das Ertragswertverfahren bietet zwei Möglichkeiten - einerseits lässt sich das Verfahren nach der Immobilienwertermittlungsverordnung betrachten - wobei „(...) die jährlich erzielbaren Erträge über die Restnutzungsdauer der Immobilie auf den Stichtag abgezinst werden.“[67] Dabei ist der Liegenschaftszinssatz, also derjenige Zinssatz mit dem der Verkehrswert von Liegenschaften im Durchschnitt zu marktüblichen Bedingungen verzinst wird, entscheidend. Auf der anderen Seite lässt sich das Ertragswertverfahren auch von der finanzmathematischen Seite betrachten, indem den jährlich erwarteten und erzielbaren Erträgen eine Alternativanlage in der Art eines Anlagezinssatzes gegenüber gestellt wird. Geht man davon aus, dass diese Erträge auch tatsächlich erzielt werden und die Laufzeiten ähnlich sind, kann anhand einer Rentenrechnung entschieden werden, welche Alternative die bessere Variante ist. [68][69]

Neben den finanzmathematischen Grundkenntnissen, die für die Anwendung der Verfahren zur Verkehrswertermittlung Voraussetzung sind, werden zudem - insbesondere bei der Einbeziehung von Simulationsansätzen - gewisse stochastische Grundlagen notwendig.

Für die bessere Verständlichkeit der Simulationsmethoden zur Berücksichtigung von Unsicherheit und Risiko, die in Kapitel 5 dieser Arbeit untersucht werden, ist es hilfreich, einige Grundkenntnisse im Hinblick auf die Stochastik zu besitzen. Aus diesem Grund sollen dem Leser im Weiteren die notwendigen Grundlagen näher gebracht werden.

2.4.1 Wahrscheinlichkeitsrechnungen

Wahrscheinlichkeitsrechnungen kommen bei dieser Untersuchung insbesondere bei den quantitativen Verfahren - Kapitel 5 - zur Berücksichtigung von Unsicherheiten zum Einsatz. Vorgänge der Wahrscheinlichkeitsrechnung sind jene, deren Ausgang ungewiss ist. Sie können dem Anwender anhand einer Wahrscheinlichkeitsverteilung Aussagen zu Eintrittswahrscheinlichkeiten von zufällig ausgewählten Variablen geben, indem mithilfe stochastischer Vorgänge der Zufall betragsmäßig dargestellt wird. Differenziert werden kann zwischen diskreten sowie stetigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen, wobei bei ersterem die Anzahl der Merkmalsausprägungen begrenzt und zählbar ist, bei zweitgenanntem die Ausprägungen hingegen unbegrenzt sind und gruppiert bzw. klassifiziert werden können. [70]

[71]

Wahrscheinlichkeitsverteilungen können in Funktionen - der sogenannten Dichtefunktion f(x) - die sich anschließend in eine Verteilungsfunktion F(x) übertragen lässt, dargestellt werden. Die Wahrscheinlichkeit mit der die zufällig gewählte Variable einen geringeren oder einen höheren Wert annimmt, kann mithilfe der Verteilungsfunktion ermittelt werden.[72]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Dichtefunktion f(x)[73]

Bereits die Dichtefunktion f(x) lässt erkennen, dass die Fläche, die vom Graphen eingeschlossen wird, stets die 1 einschließt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Verteilungsfunktion F(x)[74]

Umschließt man den Graphen bei 1 und zieht eine vertikale Linie bis diese den Graphen schneidet, sagt die Verteilungsfunktion F(X) aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass x kleiner als 1 ist, bei 0,8 liegt.

2.4.2 Simulationsansätze

Anhand von Simulationen können mithilfe von Zufallszahlen reale Prozesse nachgebildet werden. Aus diesen Simulationen können Erkenntnisse gewonnen werden, die sich auf die Wirklichkeit übertragen lassen. Sinnvoll ist der Einsatz von Simulationsansätzen dann, wenn der Aufwand bei Schwierigkeiten am echten Objekt zu groß ist. Für die Simulation von tatsächlich existierenden Prozessen gibt es eine Reihe von verschiedenen Methoden, die in Kapital 5 der Arbeit untersucht werden.[75][76]

2.4.3 Regressions- und Korrelationsanalysen

Mithilfe von Regressions- und Korrelationsanalysen können statistische Zusammenhänge oder Beziehungen zwischen Variablen (x,y) auf einem metrischen Skalenniveau aufzeigt werden, wobei anhand der Regressionsanalyse die Art der Beziehung aufgezeigt wird, d.h. dem Anwender wird Aufschluss darüber gegeben, warum eine bestimmte Ausprägung einer abhängigen Variable (y) zur einer bestimmten Ausprägung einer unabhängigen Variable führt. Die Korrelationsanalyse dagegen verdeutlicht die Intensität bzw. Enge des linearen Zusammenhangs zweier Merkmale.[77][78]

3 Spezielle Anforderungen auf dem Immobilienmarkt

3.1 Bewertung von Immobilien

Zahlreiche spezielle Merkmale kennzeichnen den Immobilienmarkt und differenzieren ihn von anderen Vermögensgütermärkten. Für die Analyse von Unsicherheiten im Rahmen der Wertermittlung ist eine Untersuchung der besonderen Markt-Charakteristik in Bezug auf die Bewertung daher unumgänglich. Aus diesem Grund werden im Folgenden die Besonderheiten der Immobilie sowie die ihres Marktes thematisiert und Unterschiede zu anderen Vermögensgütern aufgezeigt.

Die erste Eigenart offenbart sich hinsichtlich der Feststellung und Beurteilung aktueller Werte. Vergleicht man Immobilienwerte mit bspw. Wertpapieren, stellt man fest, Immobilienwerte sind abhängig von zahlreichen Einflussfaktoren und lassen sich nicht ohne weiteres und tagesaktuell an jeder Ecke ablesen. Werte von Wertpapieren hingegen können stets aus Kurstabellen bzw. den Börsennachrichten täglich und aktuell abgerufen werden, da diese unabdinglich zum aktuellen Kurs international gehandelt werden.[79] Nicht zuletzt deshalb stellt die Ermittlung von Verkehrswerten eines der zentralen Inhalte der Immobilienökonomie dar.

Immobilien unterscheiden sich grundsätzlich deutlich von anderen Wirtschaftsgütern. Zunächst kennzeichnet sich der Immobilienmarkt durch seine Heterogenität, die das Geschehen besonders intransparent und kaum quantifizierbar gestaltet. Begründet ist die Heterogenität insbesondere durch ihre Standortgebundenheit. Zudem ergeben sich durch die heterogene Eigenschaft u.a. Unterschiede hinsichtlich ihrer Lage, Ausstattung und der Art der baulichen Nutzung. Besonderheiten einzelner Regionen und Präferenzdifferenzierungen der Nutzer separieren den Immobilienmarkt, sodass anstelle des einen Immobilienmarktes eher von einer Vielzahl von Teilmärkten zu sprechen ist. Bereits aus diesen Lageunterschieden ergibt sich, dass eine vollkommene Identität und somit Vergleichbarkeit von Objekten nicht möglich ist.[80][81][82]

Die im vorherigen Abschnitt angesprochene Immobilität sorgt zudem für Schwierigkeiten bei einer fehlerhaften Standortbeurteilung, denn eine einfache Verlagerung des Objektes ist nahezu unmöglich.

Weitere Besonderheiten ergeben sich hinsichtlich der Langlebigkeit von Liegenschaften. Da Erträge häufig erst nach Jahre nach dem Kauf anfallen, müssen sie größtenteils prognostiziert werden. Ertragsprognosen über die gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer bzw. Restnutzungsdauer eines Objektes zu geben, kann jedoch eine enorme Herausforderung für den Gutachter darstellen. Vorhersagen über die Zukunft sind meist unsicher, eine Wahrscheinlichkeit der Fehleinschätzung besteht daher.

Hinzu kommt, dass die Eigenschaften des Vermögensgutes Immobilie die Informationsgewinnung erschweren. Das meist hohe Investitionsvolumen der Anschaffung sowie die hinzukommenden Transaktionskosten sorgen dafür, dass Immobilien möglichst langfristig gehalten werden. Die Fungibilität ist daher deutlich geringer als die anderer Vermögensgüter. Zusätzlich werden Immobilien aufgrund ihrer langen Lebensdauer nur selten gehandelt. Demzufolge sind Marktdaten zu Transaktionen nur begrenztem Maße vorhanden, was folglich für geringe Markttransparenz sorgt und die Bewertung aufgrund mangelnder Vergleichsdaten verkompliziert.

Darüber hinaus wird die Wertfindung durch eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsvorschriften erschwert. Diese resultieren aufgrund von unterschiedlichen Betrachtungsweisen sowie einer mangelnden Konkretisierung. In der Folge sind unterschiedliche Werte für ein und dieselbe Immobilie keine Seltenheit. [83][84][85]

Um diese Unvollkommenheiten des Marktes bei der Immobilienbewertung zu berücksichtigen, werden Sachverständige benötigt, die den Wert einer Immobilie unter Berücksichtigung des Marktes gutachterlich ermitteln.

[...]


[1] Vgl. Kurt M. Maier, S. 287-288, Frankfurt Main 2007

[2]Vgl. Hans-Hermann-Francke/Heinz Rehkugler, Vorwort VIII-X, München 2011

[3]Vgl. Björn Haack, S. 1-3, Bonn 2006

[4] Vgl. Kurt M. Maier, 287-294, Frankfurt Main 2007

[5] Vgl. Hans-Hermann-Francke/Heinz Rehkugler, Vorwort VIII-X, München 2011

[6] Vgl. Björn Haack, S. 1-3, Bonn 2006

[7] Vgl. gih.uni-hannover.de , URL: http://www.gih.uni-hannover.de, Abruf: 07.06.2013, 15:16 Uhr

[8] Vgl. Stefan Haas, S. V, Wiesbaden 2010

[9] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S. 8, Köln 2008

[10] Vgl. Daniel Ranker, S.390, Berlin 2006

[11] Vgl. Hans-Hermann Francke/Heinz Rehkugler, S. 409, München 2011

[12] Vgl. Kurt M. Maier, S. 6, Frankfurt Main 2007

[13] Eigene Darstellung in Anlehnung an Kurt M. Maier, S. 6, Frankfurt Main 2007

[14] Vgl. Hans-Hermann Francke/Heinz Rehkugler, S. 409, München 2011

[15] Vgl. Steffen Heinig, S. 19, Berlin 2013

[16] Vgl. Marianne Moll-Amreim, S. 44-45, Wiesbaden 2009

[17] Vgl. Kurt M. Maier, S. 6-7, Frankfurt Main 2007

[18] Vgl. Ebenda, S.409-410

[19] Vgl. Steffen Heinig, S. 19, Berlin 2013

[20] Vgl. Bernhard Metzger, S. 15, Freiburg 2013

[21] Vgl. Sprengnetter/Kierig, S. 10-16, Norderstedt 2010

[22] Vgl. Sprengnetter/Kierig, S. 13, Norderstedt 2010

[23] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S. 3-6, Köln 2013

[24] Vgl. Manfred Kühnberger/Helmut Wilke, S. 12-13, Stuttgart 2010

[25] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S. 5-6, Köln 2013

[26] Vgl. Stefan Haas, S. 20, Wiesbaden 2010

[27] Bernhard Metzger, S. 13, München 2005

[28] Vgl. A Wiedemann, S. 85-86, Frankfurt Main 2009

[29] Vgl. Bernhard Metzger, S. 16-17, Freiburg 2013

[30] Vgl. Manfred Kühnberger, Helmut Wilke, S. 23-24. Stuttgart 2010

[31] Vgl. Ebenda, S. 25

[32] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S. 8, Köln 2008

[33] Vgl. Ebenda, S. 8

[34] Vgl. Hanspeter Gondring, S. 961, München 2013

[35] Vgl. Simon/Gilich, S. 157, Köln 2012

[36] Simon/Gilich, S. 470, Köln 2012

[37] Egon Murfeld, S. 1056-1057, Hamburg 2006

[38] Vgl. Manfred Kühnberger/Helmut Wilke, S. 23, Stuttgart 2010

[39] Vgl. Hans-Herrmann Francke, Heinz Rehkugler, S. 279, München 2011

[40]Vgl. Bernhard Metzger, S. 63, München 2008

[41] Vgl. Ebenda, S. 63-64

[42] Vgl. Hans-Herrmann Francke, Heinz Rehkugler, S. 272-273, München 2011

[43] Vgl. Egon Murfeld, S. 1056-1057, Hamburg 2006

[44] Vgl. Manfred Kühnberger/Helmut Wilke, S. 38, Stuttgart 2010

[45] Eigene Darstellung nach Hans-Herrmann Francke, Heinz Rehkugler, S. 273-279, München 2011

[46] Vgl. Wolfgang Kleiber, S. 1358-1360, Köln 2012

[47] Vgl. Bernhard Metzger, S. 68-69, München 2008

[48] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S 40-44, Köln 2008

[49] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S 40-44, Köln 2008

[50] Vgl. Goetz Sommer, Ralf Kröll, S. 46, Köln 2008

[51] Vgl. Wilfried Mannek, S. 58-61, Regensburg 2010

[52] Vgl. Kathrin Köhling, S. 122-124, Köln 2011

[53] Vgl. Wolfgang Kleiber, S. 1475, Köln 2012

[54] Vgl. Hans Otto Sprengnetter, Jochem Kierig, S. 164 , Norderstedt 2010

[55] Vgl. Marianne Moll-Amrein, S. 134, Wiesbaden 2009

[56] Vgl. Hans Otto Sprengnetter, Jochem Kierig, S. 164 , Norderstedt 2010

[57] Vgl. Wolfgang Kleiber, S. 1475-1477, Köln 2012

[58] Vgl. Wolfgang Kleiber, S. 842, Köln 2012

[59] Vgl. Stefan Haas, S. 83, Wiesbaden 2010

[60] Vgl. Bernhard Metzger, S. 90-92, München 2008

[61] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S. 12-13, Köln 2008

[62] Vgl. Stefan Haas, S. 95, Wiesbaden 2010

[63]Vgl. Norbert Steinbeck, S. 143, Berlin 2010

[64] Vgl. Ebenda, S. 12-13

[65] Vgl. Goetz Sommer/Ralf Kröll, S. 143, Köln 2008

[66] Vgl. Simon/Gilich, S. 439, Köln 2012

[67] Vgl. Ebenda, S. 439

[68] Vgl. Simon/Gilich, S. 439, Köln 2012

[69] Vgl. Martin Horchler, S. 60, Frankfurt Main 2009

[70] Vgl. Günther Bourier, Wiesbaden 2011

[71] Vgl. Stefan Haas, S. 52, Wiesbaden 2010

[72] Vgl. Ebenda, S. 52

[73] Eigene Darstellung in Anlehnung an Stefan Haas, S. 52, Wiesbaden 2010

[74] Eigene Darstellung in Anlehnung an Stefan Haas, S. 52, Wiesbaden 2010

[75] Vgl. Stefan Haas, S. 53, Wiesbaden 2010

[76] Vgl. Thomas Plehn, S. 2, München 2009

[77] Vgl. Stefan Haas, S. 53, Wiesbaden 2010

[78] Vgl. Siegfried Schumann, S. 220, München 2012

[79] Vgl. Marlies Brunner, S. 272-274, Wiesbaden 2009

[80] Vgl. Daniel Edelhoff, S. 14, Köln 2011

[81] Vgl. Michaela Hellerforth, S. 3-4, München 2012

[82] Vgl. Kurt M. Maier, S. 64-65, Frankfurt Main 2007

[83] Vgl. Karl-Werner Schulte, S. 30, München 2008

[84] Vgl. Hanspeter Gondring, S. 17, München 2013

[85] Vgl. Karl-Werner Schulte, S. 30, München 2008

Details

Seiten
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783656578987
ISBN (Paperback)
9783656578963
DOI
10.3239/9783656578987
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Erscheinungsdatum
2014 (Januar)
Schlagworte
unsicherheitsaspekte immobilienwertermittlung
Zurück

Titel: Unsicherheitsaspekte in der Immobilienwertermittlung
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
95 Seiten