Virtual Action Learning. Theoretische Grundlagen und Anwendung an einem Projektbeispiel
Zusammenfassung
Action Learning hat diese Problematik erkannt und versucht dieser mit einem alternativen Vorgehensmodell entgegen zu wirken. Der Fokus dieses Verfahrens liegt dabei auf dem Lernprozess an sich, welcher im normalen Projektalltag sonst kaum Beachtung findet. Im Gegensatz zum typischen ´Schullernen´, welches Wissen auf Vorrat ansammelt, kommt im Action Learning das Praxislernen als Kernelement hinzu. Action Learning basiert auf der Überzeugung, dass Mitarbeiter einer Organisation am besten anhand einer realen Herausforderung lernen. Bei diesem handlungsorientierten Lernen geht es darum, eine neuartige Situation ohne Vorwissen zu erforschen. Alle beteiligten Mitarbeiter verstehen sich dabei als Lernende, die nicht über die einzige Wahrheit verfügen und daher eine offene Haltung einnehmen können. Probleme werden so nicht nach einer vorgegebenen Schematik bearbeitet, sondern vielmehr sollen die Menschen durch einen stetigen Lernprozess dazu befähigt werden, Fehler zu erkennen und Lösungen aus sich selbst heraus zu erarbeiten. Dies wird nur funktionieren, wenn die Teilnehmer den Willen haben, Neues zu lernen und ihr Umfeld besser zu verstehen und persönliche Möglichkeiten der Einflussnahme zu entdecken. Weiterbildung geschieht damit zeitlich synchron zur Lösung des Problems und direkt vor Ort, ohne sich unmittelbar mit dem Arbeitsalltag zu vermischen. Dadurch wird im Action Learning eine Verknüpfung des Gelernten zum Arbeitsplatz hergestellt.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Textanalysen
2.1 Lerneinheit 1- Action Learning - Entstehung und Anwendung
2.2 Lerneinheit 2 - Bestandteile von Action Learning
2.3 Lerneinheit 3 - Lernen und Reflexion - Die verschiedenen Schulen im Action Learning
3 Reflexion
4 Projektbeschreibung-
5 Anhang
1 Einleitung
Egal ob im Alltag oder im Beruf, jeder Mensch sieht sich tagtäglich neuen Problemen ausgesetzt, für die es eine Lösung zu finden gilt. Im Arbeitsleben werden Problemstellungen meist in Form eines Projektes beauftragt. Durch eine Gruppe interner und externer Experten erfolgt dann, auf Basis der verschiedenen theoretischen Ablaufdefinitionen für ein Projekt, im ersten Schritt eine genaue Definition des Problems sowie dessen Ursprungs. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden dann im zweiten Schritt Lösungsmöglichkeiten abgeleitet, welche schließlich im dritten Schritt umgesetzt werden. Oftmals muss dann aber festgestellt werden, dass die eingeleiteten Lösungsschritte nicht den gewünschten Erfolg mit sich bringen bzw. neue Probleme entstanden sind. Die Folge daraus ist, dass ein Anschlussprojekt ins Leben gerufen wird, welches dann erneut nach der eben beschriebenen Schematik bearbeitet wird. Grundlegende Änderungen werden so oftmals blockiert und Chancen auf nachhaltige Veränderungen vergeben.
Action Learning hat diese Problematik erkannt und versucht dieser mit einem alternativen Vorgehensmodell entgegen zu wirken. Der Fokus dieses Verfahrens liegt dabei auf dem Lernprozess an sich, welcher im normalen Projektalltag sonst kaum Beachtung findet. Im Gegensatz zum typischen ´Schullernen´, welches Wissen auf Vorrat ansammelt, kommt im Action Learning das Praxislernen als Kernelement hinzu. Action Learning basiert auf der Überzeugung, dass Mitarbeiter einer Organisation am besten anhand einer realen Herausforderung lernen. Bei diesem handlungsorientierten Lernen geht es darum, eine neuartige Situation ohne Vorwissen zu erforschen. Alle beteiligten Mitarbeiter verstehen sich dabei als Lernende, die nicht über die einzige Wahrheit verfügen und daher eine offene Haltung einnehmen können. Probleme werden so nicht nach einer vorgegebenen Schematik bearbeitet, sondern vielmehr sollen die Menschen durch einen stetigen Lernprozess dazu befähigt werden, Fehler zu erkennen und Lösungen aus sich selbst heraus zu erarbeiten. Dies wird nur funktionieren, wenn die Teilnehmer den Willen haben, Neues zu lernen und ihr Umfeld besser zu verstehen und persönliche Möglichkeiten der Einflussnahme zu entdecken. Weiterbildung geschieht damit zeitlich synchron zur Lösung des Problems und direkt vor Ort, ohne sich unmittelbar mit dem Arbeitsalltag zu vermischen. Dadurch wird im Action Learning eine Verknüpfung des Gelernten zum Arbeitsplatz hergestellt.
Die Entstehung und Lehre dieser Theorie sollen in folgender Arbeit kurz vorgestellt werden. Zum Abschluss wird das Ergebnis unserer ersten praktischen Anwendung von Action Learning, auf Basis eines selbsterdachten Problems, skizziert.
2 Textanalysen
Vor Beginn des Seminars war der Begriff Action Learning bzw. Virtual Action Learning für mich völlig unbekannt. Weder im bisherigen Studienverlauf, noch in meiner praktischen Tätigkeit hatte ich bisher Berührungspunkte mit dieser Form der Lernmethodik. Um die Idee und die Vorgehensweisen des Action Learning besser kennenzulernen, sollte zu Beginn des Semesters eine theoretische Aufarbeitung stattfinden, wofür insgesamt 3 wissenschaftliche Textausschnitte gelesen und bearbeitet werden sollten. Die daraus folgenden Zusammenfassungen werden innerhalb dieses Kapitels wiedergegeben.
2.1 Lerneinheit 1- Action Learning - Entstehung und Anwendung
1In dem Artikel „ABC of Action Learning“ befasst sich Revans, der gemeinhin als der Erfinder des Action Learnings gilt, tiefer mit den Hintergründen und wesentlichen Charakteristika von Action Learning. Revans beruft sich dabei als fundamentale Basis des Action Learning u.a. auf die Lehren von Aristoteles. Der Aristotelismus unterscheidet erstmals, im Unterschied zu seinen geistigen Vorgängern, 4 verschiedene Stufen des Wissens (Wissen, Erfahrung, Erinnerung und Wahrnehmung). Mit dieser Stufung beschreibt Aristoteles zudem eine neue Art und Weise, wie Wissen entsteht: Aus Wahrnehmung entsteht Erinnerung und aus Erinnerung durch Bündelung von Erinnerungsinhalten Erfahrung. Erfahrung besteht in einer Kenntnis vieler konkreter Einzelfälle und bezeichnet die bloße Faktenkenntnis. Wissen hingegen unterscheidet sich von Erfahrung dadurch, dass es
- allgemein ist;
- nicht nur das ´Dass´ eines Sachverhalts, sondern auch das ´Warum´ umfasst.
Mit diesen Herleitungen hat Aristoteles die Denkweise der westlichen Welt bis heute nachhaltig beeinflusst. Gleichzeitig wird damit erstmals die Bedeutung des Handelns einer Person hervorgehoben, welche auch die wesentliche Grundlage des Action Learnings bildet. Nach Aristoteles ist im Handeln die Erfahrung als Wissen des Einzelnen den allgemeinen Wissensformen überlegen. Das kritische Hinterfragen von Wissens-Doktrinen wurde so zur Methode. Gerade dieses kritische Hinterfragen ist ein fundamentaler Pfeiler des Actions Learnings. Revans betont, dass in einer Zeit des kontinuierlichen Wandels Organisationen nicht nur auf das vorhandene (Fach)Wissen vertrauen dürfen, da dies nur die Vergangenheit widerspiegelt. Die Zukunft beinhaltet jedoch Neues und Unbekanntes, das nicht mit bestehendem Wissen erklärt und gemeistert werden kann. Lernen muss daher über die reine Vermittlung von Wissen hinausgehen. Handeln und Lernen werden dabei zu einer Einheit: „Managers learn as they manage, and they manage because they have learned“.
In der Methode des Action Learning spielen daher systematische Fragen eine viel größere Rolle als vorhandenes Wissen. Zunächst werden Fragen gestellt, um den Kern des Problems zu erfahren. Anschließend wird reflektiert, um geeignete Lösungen zu finden. Die Manager sollten dabei alles hinterfragen, was zur Lösung des Problems beitragen kann. Gegenseitiges Feedback und Reflektieren der Optionen verbessern dabei fortwährend die Lösung. Revans fasst diesen Zusammenhang in einer ´Lerngleichung´ zusammen:
L = P + Q
P = Programmed knowledge - Theoriewissen, bekannte Fakten, Lehrstoff Q = Questioning insight - Fragen und Reflektion des Problems
Action Learning basiert dabei auf der Überzeugung, dass Mitarbeiter einer Organisation am besten anhand einer realen Herausforderung lernen. In der praktischen Umsetzung arbeitet beim Action Learning ein Team an einem für das Unternehmen konkreten und relevanten Projekt und reflektiert gleichzeitig den Lernprozess. Durch die Anwendung von Action Learning entsteht ein gleichermaßen doppelter Nutzen: Einerseits wird ein Bedürfnis der Organisation befriedigt und andererseits werden Individuen und Gruppen weiterentwickelt.
Wie aus diesen Ausführungen zu erkennen ist, besitzt beim Action Learning das Zusammenspiel der Menschen innerhalb der ´Learning Community´ (das sog. ´Set´) eine besondere Bedeutung. Die teilnehmenden Personen werden in einem ´Set´ zusammengefasst und arbeiten aktiv an der Lösung des Problems. Im Set übernimmt jedes Mitglied nicht nur Verantwortung für den eigenen Lernerfolg, sondern auch für den Lernerfolg als Gruppe. Im Idealfall besitzen die Teilnehmer unterschiedliches, fachliches Wissen und Backgrounds. Es gibt auch Beispiele, bei denen es mehrere ´Sets´ innerhalb eines Unternehmens gibt. Diese treffen sich in regelmäßigen Abständen und diskutieren deren Ergebnisse, neue Fragen tauchen auf und werden in der Ursprungs-Gruppe weiterentwickelt.
Action Learning lässt sich damit zu folgender Definition zusammenfassen:
Action Learning (auch Handlungsorientiertes Lernen) ist eine Methode des Erfahrungslernens (´Learning by Doing´) in Unternehmen oder anderen Organisationen. Das Ziel ist die Weiterentwicklung einzelner Mitarbeiter und der positive Nutzen für das gesamte Unternehmen. Virtual Action Learning ist eine Weiterentwicklung der Grundidee des Action Learnings, wobei sich die Learning Community in einer virtuellen Welt (Telefonkonferenz, Videokonferenz oder Second Life im Web 2.0) trifft. Im Fortgang der Arbeit sollen diese Begriffe daher weitgehend synonym verwendet werden.
Für die Umsetzung von Action Learning Programmen nennt Revans insgesamt 20 relevante Voraussetzungen und Umsetzungsempfehlungen:
1. Lernen ist Teil des Tagesgeschäftes
Führungskräfte müssen täglich neue Probleme lösen und Herausforderungen meistern. Action Learning wird durch das Hinterfragen der Probleme und die Reflektion der Lösungen zum integralen Bestandteil des Tagesgeschäftes eines Managers.
2. Formales vorhandenes Wissen ist wichtig, aber nicht ausreichend
Reines Theoriewissen wird nur dann benötigt, wenn es zu bestehenden Problemen bereits gut ausgearbeitete Lösungen gibt. Reines Fachwissen ist daher stets limitiert und nur im Verbund mit neuen, aufschlussreichen Fragen effizient. Action Learning eröffnet so die Chance nicht nur ein Problem zu lösen, sondern auch neue Chancen zu erkennen.
3. Probleme benötigen aufschlussreiche Fragen
Die Bewertung der Lösungsoptionen unterliegt stets den Erfahrungen und dem Wertesystem des Managers und ist daher immer auch subjektiv. Persönliche Erfahrungen der Vergangenheit beeinflussen so die Bereitschaft Risiken einzugehen und limitieren die Chance. Dies kann durch systematisches Hinterfragen reduziert werden.
4. Lernen umfasst Handeln
Der Lernerfolg wird nur eintreten, wenn eine reale Umsetzung der Lösungsideen erfolgt. Das Aufschreiben und Diskutieren von Konzepten reicht nicht aus.
5. Lernen ist freiwillig
Der Wille zu lernen muss aus eigenem Antrieb erfolgen und man muss selbst davon überzeugt sein.
6. Reale Probleme geben Ansporn
Je wichtiger und dringlicher das zu lösende Problem ist, desto stärker ist die Motivation und damit auch der Lernerfolg.
7. Regelmäßiges Feedback
Regelmäßiges Feedback über den Stand der Lösung und auch über die getätigten Lernerfolge sind unbedingt nötig, um einen Fortschritt zu erzielen.
8. Ein gewisses Risiko erhöht den Output
Theoretische Case Studies und reine Gedankenspiele führen zu keinem Lernerfolg. Das Problem muss real und mit echten Konsequenzen verbunden sein.
9. Neuinterpretation von vergangenen Erfahrungen
Effizientes Lernen und Fortschritt erfordert das Hinterfragen und neue Interpretieren von gemachten Erfahrungen.
10. Die Bedeutung von Gleichgestellten
Ein echter Erfahrungsaustausch ist eher mit Managern auf der gleiche Ebene und vergleichbaren Erfahrungen und Ziele möglich, als mit unterstellen Mitarbeitern oder Außenstehenden.
11. ´Das Set´ - als wichtigste Einheit im Action Learning
Im Set übernimmt jedes Mitglied nicht nur Verantwortung für den eigenen Lernerfolg, sondern auch für den Lernerfolg als Gruppe. Die richtige Zusammenstellung der Gruppe ist daher erfolgsentscheidend.
12. Die Unterstützung durch Experten
(Wissens)experten sollten nur dann im Einzelfall hinzugezogen werden, wenn das notwendige Fachwissen nicht durch Hinterfragen der Gruppenmitglieder erarbeitet werden kann. Die ungesteuerte Nutzung von Spezialisten gefährdet den Action Learning Prozess und hemmt die Kreativität der Gruppe.
13. Der Einsatz von Management Trainern
Trainer können eingesetzt werden, um die Rahmenbedingungen des Action Learning Prozesses aufzusetzen und zu unterstützen. Im Rahmen des Hinterfragens und Reflektierens sollten sich die Trainer aber unbedingt zurücknehmen, um einen vorbehaltlosen Prozess nicht zu stören.
14. Das Miteinander- und Voneinander-Lernen
Der regelmäßige gemeinsame, soziale Austausch von Gruppen untereinander und einzelnen Beteiligten hilft bei Problemlösungen im Arbeitsumfeld sowie im Verbesserungsprozess des Action Learning Programms.
15. Die Rolle des Moderators
Der Moderator unterstützt die teilnehmenden Personen bei der Reflexion und Auswertung der Erfahrungen, die im Projekt gemacht wurden. Er unterstützt bei der Lösung von Konflikten, fördert ein Klima des Vertrauens und fokussiert die Diskussion. Er sollte jedoch nicht pro-aktiv die Lösungsfindung beeinflussen.
16. Erfolgsmessung erfolgt an den Ergebnissen des Handelns
Die Bewertung der Lernerfolge kann nicht durch externe Evaluation erfolgen, sondern nur durch einen regelmäßigen Soll-Ist-Abgleich durch die betroffenen Manager.
17. neue Fragen
Neue Fragen ohne Vorwissen und Vorurteile öffnen neue Türen und somit vielversprechende Wege zur Erkenntnis.
[...]
1 Die folgende Zusammenfassung basiert auf den Texten von Revans (o.J.) The Characteristic Assumptions of Action Learning; Revans (o.J.): ABC of Action Learning. Philosophy and differentiation