abgeordnetenwatch.de - Rückkehr des politisch interessierten Bürgers?
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Methoden und Theorie
3. Hintergründe
3.1. Politikverdrossenheit?
3.2. Die Entstehungsgeschichte des Internet
3.3. Elektronische Demokratie
4. Der Webauftritt „abgeordnetenwatch.de“
4.1. Enstehungsgeschichte von abgeordnetenwatch.de
4.2. Abgeordnetenprofile
4.2.1. Grunddaten
4.2.2. Parlamentarische Arbeit/Nebentätigkeiten
4.2.3. Bürgeranfragen
4.3. Nutzungsdaten
5. Analyse der Kommunikation
5.1. Untersuchungsdesign
5.2. Stichprobe und Untersuchungszeitraum
5.3. Ergebnisse
6. abgeordnetenwatch.de versus Facebook
6.1. Interaktion und Kommunikation
6.2. Informationen
6.3. Nutzung
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
„ Das Internet revolutioniert die Art und Weise, wie sich Menschen informieren, welchen Informationen sie vertrauen, wof ü r sie sich interessieren, was sie f ü r ver ä nderbar oder unver ä nderbar halten, und am Ende auch, wie und mit wem sie handeln “ (Metzges 2012: 262) Selbst steht das Internet zwar nicht im Mittelpunkt auf den folgenden Seiten, jedoch legitimiert sein Potenzial die exponierte Stellung am Anfang dieser Forschungsarbeit zum Thema politische Kommunikation. Denn „ [d]as Internet hat [ … ] das Potenzial, kulturelle Fundamente politischer Kommunikation und damit der Demokratie zu ver ä ndern “ (TAB 2005: 13). Metzges prognostiziert daher „ ein[e] Ver ä nderung der politischen Spielregeln und Verschiebungen von Macht und Einfluss “ (Metzges 2012: 262). Und dies in einer Zeit, in der „ Stichworte wie Politikverdrossenheit und Wahlm ü digkeit Sorgen einer Aush ö hlung der Demokratie „ von innen “ artikulieren “ (TAB 2005: 28). Keine Frage die Gesellschaft, die Politik und die Kommunikation befindet sich in enormen Wandlungsprozess. Ein Element, was durch diese Entwicklungen zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist die Bürger- Abgeordneten-Kommunikation. Sowieso sind „ [f] ü r die Demokratie [ … ] funktionierende informelle wie auch institutionalisierte Kommunikationsformen von entscheidender Bedeutung, vor allem zwischen politischen Funktionstr ä gern und B ü rgern “ (TAB 2005: 13). Ähnlich sieht es auch Römmele: „ [d]ie Kommunikation zwischen Parteien und W ä hlern ist eine notwendige Bedingung politischer Repr ä sentation “ (Vgl. Römmele 2005: 141). Im Spannungsfeld von technologischen Fortschritt und Demokratiemüdigkeit erwartet die politische Kommunikation eine schwierige Aufgabe - die Errichtung anerkannter Vermittlungsinstrumente. Das 2004 eröffnete Internetportal abgeordnetenwatch.de1 versucht die Imperative, die aus den erwähnten Transformationen erfolgen, aufzunehmen und die Kluft zwischen Bürger und Repräsentant zu überbrücken. Die „ö ffentliche Interaktion zwischen B ü rgern und B ü rgerinnen auf der einen Seite und den gew ä hlten Volksvertretern auf der anderen Seite “, die sich auf dem Portal Abgeordnetenwatch entwickelt hat, „ zeigt [ … ] das interaktive Potenzial des Internets f ü r den politischen Prozess “, und wird somit zu einem attraktiven Untersuchungsgegenstand. (Voss 2011: 41). Diese Forschungsarbeit untersucht, inwieweit diese neue Form bzw. Möglichkeit der Kommunikation und Politikbeteiligung genutzt wird. Dementsprechend bildet die folgende leitende Forschungsfrage Basis der Arbeit:
Kann abgeordnetenwatch.de als etablierte Vermittlungsinstanz zwischen Bürger und Abgeordneten gesehen werden?
Die Arbeit arbeitet mit der Grundhypothese, dass die Möglichkeiten die AW den Bürgern und auch den Abgeordneten bietet noch nicht in zufriedenstellendem Maße genutzt wird. Im Fokus der Forschung werden vor allem die Aktivitäten auf dem Portal AW stehen. Daneben werden noch die Faktoren und Entwicklungen dargestellt, die diese neue Beteiligungsform möglich und erforderlich machen, um ein ausreichendes Hintergrundwissen zu gewährleisten. Zur Beantwortung der Forschungsfrage werden empirische Daten herangezogen. Aus diesen sollen Aussagen über die Akzeptanz der Plattform, sowohl mit Fokus auf die Nutzer als auch auf die Abgeordneten, getroffen werden können. Aus der Forschungsfrage folgen Anschlussfragen, die in der Arbeit ebenfalls beantwortet werden sollen: Wie entwickelte sich diese neue Form der politischen Kommunikation? Wie ist AW entstanden? Welche Informationen kann der Nutzer gewinnen?
Nach der thematischen Einführung werden im zweiten Abschnitt der Forschungsarbeit die Methoden und Theorieansätze, die zur Klärung der Forschungsfrage herangezogen werden, erläutert. Der dritte Abschnitt stellt die Hintergründe des oben diskutierten Wandels dar. Wie Abbildung 1 zeigt wird dieser Wandel entscheidend durch die Faktoren „ Medienwandel “ und „ Politischer Wandel “ beeinflusst, deswegen beschreibt dieser Abschnitt zum einen die Entwicklung des Internets sowie das Aufkommen elektornischer Demokratieformen und zum anderen den Wandel der politischen Einstellung der Bürger der letzten Jahrzehnte. Im folgenden Hauptteil steht AW im Zentrum des Interesses. In einer Fallstudie wird zunächst das Portal mit seinem Aufbau, Inhalt und Funktionen ausführlich vorgestellt. Empirische Nutzungsdaten sollen anschließend helfen die Rolle dieses Partizipationsinstrumentes in der bundesdeutschen Repräsentativdemokratie zu definieren. An diese Analyse anschließen soll ein Abgleich mit dem sozialen Netzwerk Facebook. Im Schlussteil folgt eine Zusammenfassung und abschliessende Bewertung der Ergebnisse dieser Forschungsarbeit. Darüber hinaus wird ein kurzer Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der untersuchten Instrumente gegeben werden.
2. Methoden und Theorie
Die Grundmethode dieser Forschungsarbeit bildet die Inhaltsanalyse von einschlägiger Forschungsliteratur. Speziell zum Thema AW ist diese noch recht überschaubar, jedoch ließen sich einige aufschlussreiche Analysen finden, die sich mit dem Angebot auseinandersetzen. Literatur zum Thema elektronische Demokratie hingegen ist hingegen wegen der Aktualität und gesellschaftlichen Relevanz in großer Zahl vorhanden. Die Analyse zur Klärung der Forschungsfrage wird aus einem Methodenmix von quantitativen und qualitativen Methoden bestehen. Den Kern und Hauptteil der Arbeit wird eine Fallstudie von abgeordnetenwatch.de bilden. Durch die fokussierte und differenzierte Betrachtung ist gewährleistet, dass die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevanten Aspekte identifiziert und für sich vorgestellt werden. Den Abschluss des Hauptteils wird, wie in der Einleitung bereits erwähnt ein Vergleich bilden. Winkler/Lauth verstehen „ [ … ] unter einem Vergleich das Inbeziehungsetzen von zwei oder mehreren begrifflich erfassten Objekten oder Eigenschaften [ … ], welches dazu dient, ihre Identit ä t, ihre Gleichheit, ihre Ä hnlichkeit oder ihre Verschiedenheit festzustellen “ (Lauth 2006: 42). Diese Kombination aus Fallstudie und Vergleich empfiehlt auch der Politikwissenschaftler Arend Lijphart grundsätzlich: „ But the case study method can and should be closely connected to the comparative method [ … ] “
(Lijphart 1971: 691). Im betreffenden Abschnitt folgt eine ausführliche Erläuterung der Bereiche, die als Indikatoren für den Vergleich herangezogen werden.Die empirische Untersuchung der Nutzungsdaten von AW wird dabei mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse durchgeführt, die genaue Beschreibung des Untersuchungsdesgins ist in Abschnitt 5.1 zu finden. Die Websiteanalyse von abgeordnetenwatch.de wird dagegen mit qualitativen Methoden untersucht. Hierbei wird die Auswertung vor allem nach Eva-Maria Jakob durchgeführt: „ Die Bewertungsanalyse erfolgt auf zwei Ebenen in verschiedenen Tiefen: auf der Ebene der Module [ … ] sowie auf das Teilnetz als Ganzes bezogen “ (Jakob 2005: 82). Dadurch sollen die Module und Bausteine der Website identifiziert werden, die dem Nutzer Orientierung und Funktion auf dem Angebot bieten.
Einen theroetischen Rahmen um die Arbeit spannt die Theorie der „ E-Demokratie “. Diese soll als wichtiger Hintergrund dieser Arbeit im Kapitel 3 gesondert dargestellt werden. Zwei Thesen, welche in diesem Kontext immer wieder in die Diskussion kommen, sind die Mobilisierungsthese sowie die Theorie der deliberativen Demokratie. Die Mobilisierungsthese besagt, dass die Möglichkeiten des Internets zu einer Steigerung des staatsbürgerlichen Engagements in Sachen Politik führen (Vgl. TAB 2005: 84).
Denn das Internet „ erleichtere den Austausch von Ideen und vermehre das soziale Kapital, d.h. die Normen, Interaktionsnetzwerke und Vertrauensbeziehungen, die es den Menschen erleichtern, ihre Handlungen zum wechselseitigen Nutzen zu koordinieren und gef ü hlsm äß ige Gemeinschaftsbindungen zu entwickeln “ (Siedwald 2002: 2).
Als demokratietheoretische Basis dieser These kann das deliberative Modell gesehen werden. Das deliberative Modell „ stell[t] die Bedeutung ö ffentlicher Beratungsprozesse (engl. „ deliberation “ ) als zentrales Moment einer prozedural hergestellten Legitimation politischer Entscheidungen heraus “ (Haus 2005: 5). Bekanntester Vertreter dieses Modells in Deutschland ist Jürgen Habermas. In seinen Arbeiten zu diesem Thema stellt er das Normsetzungsverfahren in der Gesellschaft in den Mittelpunkt. Hierbei entwirft er eine diskursive Kommunikation als Idealtypus. Als Diskurs kann „ jeder Versuch der
Verst ä ndigung ü ber problematische Geltungsanspr ü che (...), sofern er unter Kommunikationsbedingungen stattfindet, die innerhalb eines (...) ö ffentlichen Raums das freie Prozessieren von Themen und Beitr ä gen, Informationen und Gr ü nden erm ö glicht “ (Haus 2005: 5) angesehen werden. Die Merkmale von Öffentlichkeit in seinem normativen Verständnis sind „ Gleichheit und Reziprozit ä t, Offenheit und diskursive Strukturen “ (Rhomberg 2008: 54) Eben jene Merkmale Anforderungen, die von den elektronischen Medien heute zur Verfügung gestellt werden können. Das abschließende Fazit am Ende dieser Forschungsarbeit soll auch mit Blick auf diese Thesen gezogen werden.
3. Hintergründe
3.1. Politikverdrossenheit?
Seit Jahrzehnten bereits hält sich in der deutschen Politikwissenschaft hartnäckig eine These, die mit dem Begriffskonstrukt „Politikverdrossenheit“ beschrieben wird. Es ist einer der am stärksten diskutierten Begriffe, der oftmals „ als Ursache, als Folge und als Ü berbegriff f ü r eine ganze Reihe von politischen Problemen und Entwicklungen pr ä sentiert [wird] “
(Arzheimer 2005: 17). Dieser Abschnitt dient nicht dazu eine Antwort auf die Existenzberechtigung dieses Begriffes zu finden, sondern soll lediglich Aspekte aufzeigen, die die Entstehung von Angeboten wie AW begünstigten.
Der Politikwissenschaftler Peter Lösche gibt folgende Definition von Politikverdrossenheit:
„Parteien-, Politik- und Demokratieverdrossenheit ist die pauschale Negativbewertung von Parteien, Politik und Demokratie seitens der Bürger und die Entfernung der Bürger von den Parteien, der Politik und der Demokratie, wobei die Entfernung als Zustand wie als Bewegung, als Distanz und Distanzierung, als Ferne und Rückzug gelesen werden kann“ (Lösche 1995: 385).
Historisch hat dieser Begriff mehrere Entwicklungsstufen durchschritten, wie Kai Arzheimer ausführlich in seiner Arbeit belegt (Vgl. Arzheimer 2005: 34). Trotz dieser langen Tradition konnte die Politikwissenschaft noch keine Einigung über seine Verwendung erzielen. Als empirische Stützen für diesen Begriff und damit Ausdruck dieser negativen Bewertung der Bürger werden oft der Mitgliederschwund der Parteien und die sinkende Wahlbeteiligung genannt (Vgl. Arzheimer 2005: 16). Beide Aspekte sind statistisch eindeutig belegbar und nicht von der Hand zu weisen. Vom Mitgliederschwund betroffen sind vor allem die beiden großen Volksparteien CDU und SPD (Vgl. Abbildung 2). Die Wahlbeteiligung sinkt seit Mitte der 70er Jahre kontinuierlich nach unten (Vgl. Abbildung 3). Als Problemsegment in Sachen Wahlbeteiligung können die jüngeren Wähler unter 40 Jahre ausgemacht werden. Auch das politische Interesse spielt beim Begriff Politikverdrossenheit eine Rolle, jedoch zeigt „ [d]ie Entwicklung dieses Interesses ü ber die vergangenen 30 Jahre hinweg [ … ] im Durchschnitt der Bev ö lkerung keinerlei Trend, sondern lediglich situations (und eventuell
stichprobenbedingte) Fluktuationen [ … ] “ (Westle 2012: S. 52). Die Publikation „ Die verstimmte Demokratie “ von Alexander Geisler und Stephan Braun, die sich der Thematik aus verschiedenen Perspektiven zu nähern versucht, lässt Politiker, Wissenschaftler, Journalisten die Dinge aus ihrer Sicht schildern. Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, als aktive Politikerin direkt betroffen, hat sich vom Begriff der Politikverdrossenheit gelöst und den Terminus „ Entkopplung “ verwendet, um die sozialgesellschaftlichen Probleme zu beschreiben (Vgl. Nahles 2012). Zwei Ausprägungen ihrer Argumentation sind insbesondere für diese Arbeit interessant. Nahles sind zum einen eine „ demokratische Entkopplung zwischen politischen Eliten und Parteien und einer differenzierten Gesellschaft “, zum anderen eine „ demokratische Entkopplung zwischen konzentrierter Macht und wachsendem Partizipationsinteresse “ (Nahles 2012: 95). Es zeigt sich, dass es unterschiedliche Ansichten, Beurteilungen und Begriffe gibt um die Phänomene zu beschreiben. Eine feste Definition erweist sich somit als schwierig. Auch Arzheimer bezeichnete nach einer eingehenden empirischen Analyse den Politikverdrossenheitsbegriff als „ problematisch “ und bescheinigte ihm „ erhebliche Defizite “ (Arzheimer 2005: 293ff.). Ein einziger Grundkonsens unter den Forschern besteht lediglich darin, dass der Begriff „ mit Verdrossenheit eine negative oder neutrale Einstellung gegen ü ber politischen Objekten bezeichne[t] “ (Arzheimer 2005: 294). Auch wenn AW nicht als direkte Antwort auf diese Entwicklungen ins Leben gerufen wurde (Vgl. Abschnitt 4.1), so kann dennoch eine Korrelation mit den oben genannten sozialen Phänomenen nicht verneint werden. AW selbst sieht sich als einen Lösungsansatz in Bezug auf genannten Probleme, als „ [ … ] Internetplattform, die diesen immer breiteren Graben zwischen B ü rgern und Abgeordneten ü berwindet “ (abgeordnetenwatch.de 2011: 8).
3.2. Die Entstehungsgeschichte des Internet
Die Erfindung und Weiterentwicklung netzbasierter Kommunikation stellt eine der wichtigsten Entwicklungen der letzten 100 Jahre dar. Das Internet, als letzte Evolutionsstufe, das „in vielen Bereichen unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt“ (TAB 2005: 16). Dieser Abschnitt beleuchtet kurz die wichtigsten Meilensteine der Entstehung des Internet. Es soll nur ein grober Überblick gegeben werden, ohne genauer auf technische Details einzugehen, da dies den Rahmen der Arbeit deutlich übersteigen würde.
Erste Überlegungen zum Aufbau eines rechnergestützten Kommunikationsnetzes entstanden während dem Kalten Krieg zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion. Wie viele wichtige Entwicklungen, hat damit auch das Internet sein Dasein einem gewissen militärischen Nutzen zu verdanken. In dieser Frühphase der netzbasierten
Kommunikation kann die Auflegung des ARPA2 -Programms 1962 auf US-amerikanischer Seite als Ursprung gesehen werden. Nach einer längeren Entwicklungszeit wurde im Zuge dieses Programms 1969 das erste ARPANET zwischen mehreren amerikanischen Universitäten gestartet, dies kann als Geburtsstunde des Internets gesehen werden. Der Zugang dieses weltweit ersten computergestützten Kommunikationsnetzes war zunächst nur militärischen Forschungseinrichtungen sowie ausgewählten Universitäten vorbehalten. Das Hauptaugenmerk lag in dieser frühen Entwicklungsphase fast ausschließlich auf dem Datentransfer (Vgl. Friedewald 1999: S. 333 ff.).
Die zweite Phase kann als Reifephase bezeichnet werden und ist gekennzeichnet durch technische Weiterentwicklung und geographische Verbreitung. Nach und nach schlossen sich immer mehr Einrichtungen an das ARPANET an, während die militärisch genutzten Verbindungsknoten in ein eigenes Netz verlagert wurden. Vor allem Universitäten nahmen das Angebot an, was dem Netz einen akademischen Charakter verlieh. In Europa begannen mit Frankreich und den nordischen Staaten 1988 die ersten Staaten eine Verbindung herzustellen. „ Eine nicht unwesentliche Rolle spielte dabei die Tatsache, dass die TCP/IP Protokolle ab Anfang der Achtzigerjahre vor allem Unix-Anwendern im Bildungsbereich praktisch kostenlos zur Verf ü gung standen “ (Friedewald 1999: 334). Neben dem ARPANET bildeten sich zu dieser Zeit jedoch auch kleinere regionale Netzwerke, die es auch Unternehmen ermöglichten an der Netzkommunikation teilzunehmen.
„ Mit der Entwicklung des World Wide Web (WWW) und der Webbrowser hat sich hier eine - gerade mit Blick auf die massenhafte Nutzung - einschneidende Ver ä nderung ergeben. “
(TAB 2005: 17) Der Physiker Tim Berners-Lee entwickelte das Netzwerk zur internen und externen Kommunikation am CERN-Forschungsinstitut in Genf (Friedewald 1999: 334). In der Folge wuchs das WWW rasant an, neue Nutzegruppen schlossen sich ebenso an wie private Internet-Provider. „ Das Web kommt in seiner Funktionsweise dem klassischen Verteilmassenmedium am n ä chsten und erm ö glicht eine unidirektionale und asynchrone Kommunikation “ (ebd.).
Den vorerst letzten Evolutionsschritt nahm das Internet Anfang dieses Jahrtausends. Es lässt sich kein richtiger Zeitpunkt bestimmen, an dem die Elemente des Web 2.0 eingeführt wurden, jedoch ist man sich in der Forschung einig, den Aufsatz „ What Is Web 2.0? “ des Iren Tim O´Reilly als Anfangspunkt zu setzen (Vgl. Meckel/Stanoevska-Slabeva 2008: 16). Mit dem Begriff Web 2.0 werden „ einerseits eine Reihe von Technologien und Anwendungen bezeichnet, andererseits werden darunter eine Reihe zum Teil gravierender Verhaltens ä nderungen von Intemetnutzern subsumiert “ (ebd.). Die Begriffseinführung war gleichzeitig der Versuch eine deutliche Abgrenzung zum vorigen Web zu schaffen. Stanoevska-Slabevadie bezeichnete das Web 1.0, den gedachten Vorgänger des Web 2.0, lediglich als „ eine globale Informationsplattform dar, welche Interaktion mit dem Kunden haupts ä chlich ü ber die bereitgestellten Inhalte erm ö glichte “ (Meckel/Stanoevska-Slabeva 2008: 15). Dementsprechend liegt der Kern des Web 2.0 darin, dass „ Benutzer [ … ] eigenst ä ndig Inhalte und Plattformen [generieren] ü ber die sie in eigener Regie in direkten Dialog untereinander, mit ihrer Umwelt und den Unternehmen treten “ (ebd.). Das „ Web 2.0 wird also ü ber eine neue Qualit ä t der Internetnutzung gegen ü ber den bishe-rigen M ö glichkeiten definiert, die sich vorrangig auf die beiden Dimensionen „ gruppenbezogene Kommunikation “ und „ Gestaltung der Inhalte “ bezieht “ (Albrecht 2008: 27). Während die Entwicklungen in den vorherigen Phasen vor allem technisch geprägt sind, ist es nun das Nutzerverhalten und die Interaktivität die den Fortschritt bedeuten. Durch diesen letzten Schritt haben sich auch der Demokratie und Politik in der Bundesrepublik Deutschland neue Möglichkeiten erföffnet.
Angesichts der Internetnutzung in Deutschland lässt sich feststellen, dass „ das Internet ein etabliertes Kommunikationsmedium und [ … ] Verbreitungsweg “ ist (Eimeren/Frees 2012: 362). Mit einer Durchdringung von 75,9% der Bevölkerung liegt Deutschland im oberen Bereich in Sachen Internetzugang. Durchschnittlich 133 Minuten verbrachten die Deutschen im Jahr 2012 im Internet, damit rangiert es hinter der Fernseh- und Hörfunknutzung auf Platz Drei (Vgl. ebd.: 377). Am häufigsten genutzte Anwendungen im Internet sind Kommunikationsanwendungen wie E-Mail oder soziale Netzwerke, sowie die Informationssuche (Vgl. Abbildung 4). Die Teilhabe an politischen Prozessen spielt derweil noch keine große Rolle.
3.3. Elektronische Demokratie
Den Begriff „ E-Demokratie “ mit seiner Geschichte, seinen unterschiedlichen Ausprägungen und seinem gesellschaftlichen Nutzen ausführlich darstellen, würde den Rahmen dieser Forschungsarbeit übersteigen. Deswegen wird in diesem Abschnitt lediglich ein grober Überblick gegeben und der Teilbereich „ elektronische Partizipation “ ausführlicher dargestellt. Somit soll ein gewisses Hintergrundwissen zur besseren Einordnung von AW hergestellt werden.
Die ersten Überlegungen, sich die Möglichkeiten der elektronischen Medien für demokratische Prozesse zu nutzen zu machen stammen aus den 70er Jahren.
[...]
1 Im weiteren Text oftmals mit AW abgekürzt.
2 Advanced Research Projects Agency.