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Das Kindeswohl. Wann liegt eine Gefährdung vor?

©2011 Seminararbeit 12 Seiten

Zusammenfassung


20. Mai 2011 13.44 Uhr, B.Z. „Eigentlich sollte er nur einen Kühlschrank liefern. Doch was ein Speditionsmitarbeiter am Donnerstag in einer Wohnung in Lichtenberg vorfand, veranlasste ihn zum Anruf bei der Polizei. Und die Beamten kamen nicht umsonst. Die Vier-Zimmer- Wohnung machte einen verwahrlosten Eindruck: Verklebte und stark verschmutzte Fußböden, Wäscheberge überall. Die wenigen Lebensmittel, die gefunden wurden, waren verdorben und lagen teilweise auf dem Boden. (...) Die Kinder, ein Junge (7) und seine Schwestern (2 und 3) hatten kaum Spielzeug, das meiste davon war auch noch kaputt.“ (vgl. http://www.bz-berlin.de/bezirk/lichtenberg/kinder-aus-dreck-wohnung-geholt- article1187031.html)

Es sind Meldungen wie diese, die die Öffentlichkeit erschüttern. Die vermehrten Berichte über vernachlässigte und misshandelte Kinder wecken die öffentliche Aufmerksamkeit. Es ist ein Gemisch aus Abscheu und Unverständnis welches den Eltern von vernachlässigten Kindern entgegengebracht wird. Doch auch immer wieder rücken die Jugendhilfe selbst und insbesondere die Jugendämter in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In den Medien wurde die Arbeit der Jugendämter meistens auf das Wächteramt reduziert. Als Wächtern des Kindeswohls werden ihnen aber gerade erhebliche Versäumnisse vorgeworfen. So werde stets zu spät eingegriffen oder auf Meldungen von besorgten Nachbarn überhaupt nicht reagiert. Doch wo liegen die Lücken im System? Wie kommt es dazu, dass eine Kindeswohlgefährdung zu Stande kommt, welche Möglichkeiten haben verschiedene Institutionen interventionistisch und/oder präventiv einzugreifen?
In diesem schriftlichen Referat soll zunächst der Begriff des Kindeswohls geklärt und Formen der Gefährdung aufgeführt werden. Weiterhin soll kritisch reflektiert werden wie eine Gefährdung des Kindeswohls zu erkennen ist und welche Möglichkeiten es für verschiedene Institutionen gibt helfend einzuschreiten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Der Begriff des Kindeswohls

3. Formen der Kindeswohlgefährdung und ihre Auswirkungen

4. Erkennen einer Kindeswohlgefährdung

5. Möglichkeiten zur Hilfe und relevante Institutionen bei einer Kindeswohlgefährdung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

20. Mai 2011 13.44 Uhr, B.Z. „Eigentlich sollte er nur einen Kühlschrank liefern. Doch was ein Speditionsmitarbeiter am Donnerstag in einer Wohnung in Lichtenberg vorfand, veranlasste ihn zum Anruf bei der Polizei. Und die Beamten kamen nicht umsonst. Die Vier-Zimmer- Wohnung machte einen verwahrlosten Eindruck: Verklebte und stark verschmutzte Fußböden, Wäscheberge überall. Die wenigen Lebensmittel, die gefunden wurden, waren verdorben und lagen teilweise auf dem Boden. (...) Die Kinder, ein Junge (7) und seine Schwestern (2 und 3) hatten kaum Spielzeug, das meiste davon war auch noch kaputt. " (vgl. http://www.bz-berlin.de/bezirk/lichtenberg/kinder-aus-dreck-wohnung-geholt- article1187031.html)

Es sind Meldungen wie diese, die die Öffentlichkeit erschüttern. Die vermehrten Berichte über vernachlässigte und misshandelte Kinder wecken die öffentliche Aufmerksamkeit. Es ist ein Gemisch aus Abscheu und Unverständnis welches den Eltern von vernachlässigten Kindern entgegengebracht wird. Doch auch immer wieder rücken die Jugendhilfe selbst und insbesondere die Jugendämter in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In den Medien wurde die Arbeit der Jugendämter meistens auf das Wächteramt reduziert. Als Wächtern des Kindeswohls werden ihnen aber gerade erhebliche Versäumnisse vorgeworfen. So werde stets zu spät eingegriffen oder auf Meldungen von besorgten Nachbarn überhaupt nicht reagiert. Doch wo liegen die Lücken im System? Wie kommt es dazu, dass eine Kindeswohlgefährdung zu Stande kommt, welche Möglichkeiten haben verschiedene Institutionen interventionistisch und/oder präventiv einzugreifen?

In diesem schriftlichen Referat soll zunächst der Begriff des Kindeswohls geklärt und Formen der Gefährdung aufgeführt werden. Weiterhin soll kritisch reflektiert werden wie eine Gefährdung des Kindeswohls zu erkennen ist und welche Möglichkeiten es für verschiedene Institutionen gibt helfend einzuschreiten.

2. Der Begriff des Kindeswohls

Auf den ersten Blick erscheint der Begriff Kindeswohl unkompliziert. So hat jeder eine Vorstellung davon, was sich hinter diesem Begriff verbirgt. Doch wird der Versuch gestartet, den Begriff zu beschreiben und das Kindeswohl zu definieren wird es schwierig.

Mit Kindeswohl wird ein Rechtsgut aus dem deutschen Familienrecht bezeichnet, welches das gesamte Wohlergehen, als auch die gesunde Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen umfasst. Das Kindeswohl ist ein zentraler Begriff und ein Entscheidungsmaßstab im Rahmen des Familienrechts des BGB, insbesondere unter dem Titel der „Elterlichen Sorge" und von Sorgerechtsmaßnahmen. Das Kindeswohl ist in diesem Zusammenhang einerseits eine zentrale Rechtsnorm (oder Generalklausel), andererseits ein unbestimmter Begriff, der ausgehend vom Einzelfall stets konkretisiert werden muss. Eine genaue Definition liegt nicht vor.

Schone (2008) weist darauf hin, Kindeswohlgefährdung kein beobachtbarer Sachverhalt, sondern ein rechtliches und normatives Konstrukt ist (vgl. Schone 2008). Der Begriff Kindeswohl soll trotz seiner Unbestimmtheit zwei wichtige Aufgaben erfüllen. Er soll als „Instrument und Kriterium der Auslegung von z. B. Kindesinteressen dienen", zugleich „fehlt es ihm selbst an schlüssiger Auslegung". (vgl. Detterborn 2007) Er dient somit zum einen als Legitimationsgrundlage für staatliche Eingriffe und zum anderen als sachlicher Maßstab in gerichtlichen Verfahren, an dem sich die Notwendigkeit gerichtlicher Maßnahmen festmachen lässt. Oder anders ausgedrückt: Der Begriff Kindeswohl ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung keinen Anspruch auf Wahrheit per Definition beanspruchen kann.

Kindeswohl ist also kein empirischer Begriff, der beobachtbare Fakten benennt, sondern vielmehr ein hypothetisches Konstrukt, welches durch die gegebenen Umstände auszulegen ist. Da Lebensumstände von Fall zu Fall unterschiedlich sind, muss bei der Definition des Kindeswohls Raum bleiben, um die variierenden Umstände einbeziehen zu können.

Das Dilemma der Begriffsbestimmung zeigt sich deutlich im Gesetzbuch, in dem an keiner Stelle steht, was eigentlich unter Kindeswohl deutlich zu verstehen ist (vgl. Detterborn 2001). Hintergrund des Kindeswohlbegriffs sind die Kinderrechte, welche auf internationaler Ebene in der UN-Kinderrechtskonvention rechtlich niedergelegt worden sind. Der Leitgedanke hierbei ist, dass Kindern eigene Rechte zustehen und jedes Kind einen Anspruch darauf hat, dass seine grundlegenden Bedürfnisse respektiert und befriedigt werden, soweit dies möglich ist. (vgl. Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention). Die Grundrechte des Kindes und Jugendlichen sind in Artikel 1 GG (Schutz der Menschenwürde) und Artikel 2 GG (Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit) festgehalten. Zusätzlich sind bedeutsame Kinderrechte, die dem Wohl des Kindes entsprechen in § 1 SGB VIII formuliert: ,,Jeder junge Mensch hat eine Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit." (vgl. Detterborn 2001, S.48) Detterborn schlägt vor, unter „familienrechtspsychologischem Aspekt als Kindeswohl die für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes oder Jugendlichen günstige Relation zwischen seiner Bedürfnislage und seinen Lebensbedingungen zu verstehen" (vgl. Detterborn 2007, S. 50).

Coester hat 1982 eine umfassende Studie erstellt, in der er rechtliche Kindeswohl-Kriterien aufstellt. Demnach lassen sich Kindeswohlkriterien, wie sie sich damals aus Gesetz und Rechtsprechung ergeben haben, unterscheiden. Nach Coester (1983) lassen sich folgende Kindeswohlkriterien definieren:

I Rechtliche Aussagen zum Kindeswohl

Kontinuität und Stabilität von Erziehungsverhältnissen.

Die inneren Bindungen des Kindes.

Die positiven Beziehungen zu beiden Eltern.

Die Haltung der Eltern und des Kindes zur Gestaltung der nachehelichen Beziehungen.

Der Kindeswille

II Maßstäbe der umgebenden Rechtsordnung

Die Erziehungsziele der Selbstentfaltung und Anpassung.

Der Vorzug des partnerschaftlichen Erziehungsstiles

(vgl. Vgl. Coester, in 1982/83, S. 176 - 203)

Die Kriterien folgen verschiedenen Prinzipien. Dem Bindungsprinzip, dem Förderungsprinzip hinsichtlich Erziehung sowie Pflege, Versorgung und Betreuung und dem Kontinuitätsprinzip. Das Kindeswohl ist dann gewährleistet wenn das Kind in Beziehungen und Umwelt aufwachsen kann, welche eine körperliche, emotionale und kognitive Entwicklung ermöglichen und für das Kind keinerlei Gefahren vorliegen.

Die Tatsache, dass das Kindeswohl keine einheitliche Definition erfährt mag auf den ersten Blick als Missstand erscheinen, jedoch bietet es der Justiz weiterhin die Möglichkeit breitgefächert einzugreifen, wenn es den Anschein macht eine Gefährdung eines Minderjährigen liege vor. Dettenborn (2001) sagt, dass die veränderten gesellschaftlichen Maßstäbe, die Tendenzen der Auslegung beeinflussen und ,,dass dadurch soziale Dynamik und neue fachliche Erkenntnisse berücksichtigt werden können."(vgl. Detterborn 2001, S. 10) Er erkennt den positiven Aspekt dieses Begriffes, der flexibel für jede Generation bestimmt werden kann.

3. Formen der Kindeswohlgefährdung und ihre Auswirkungen

In Deutschland sowie in den meisten westlichen Ländern darf der Staat nur in begründeten Ausnahmefällen in das Erziehungsrecht der Eltern eingreifen. Als ein Maßstab dient der Rechtsprechung für den Eingriff in das Erziehungsrecht die Gefährdung des Kindeswohls. Ebenso undefiniert wie der Begriff des Kindeswohls ist auch der seiner Gefährdung. Die Kindeswohlgefährdung bedarf einer Auslegung durch die Rechtsprechung, so entscheidet ein Richter darüber, ob eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt oder nicht. Hierbei sind wie bereits beschrieben die jeweiligen Umstände zu beachten. Grundsätzlich kann von einer Gefährdung ausgegangen werden wenn eine erhebliche seelische oder körperliche Gefahr für den Minderjährigen besteht. Im Bundesgesetzbuch ist die wie folgt vermerkt: „Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind." (§ 1666,1 BGB)

Ist die Befriedigung folgender Grundbedürfnisse eines Kindes nicht gegeben oder gefährdet, kann nach dem Handbuch des Allgemeinen Sozialdienstes (ASD) von Kindeswohlgefährdung gesprochen werden:

[...]

Details

Seiten
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783656593249
ISBN (Buch)
9783656593218
Dateigröße
895 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg
Erscheinungsdatum
2014 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
kindeswohl wann gefährdung
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Titel: Das Kindeswohl. Wann liegt eine Gefährdung vor?
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