Interpersonale Kommunikation in Gesundheitsforen
Soziale Einflussgrößen auf Umdenkprozesse
Zusammenfassung
Die Zahl der Personen, die regelmäßig im Internet nach Gesundheitsinformationen suchen und sich dort mit anderen austauschen, steigt (Lausen, 2008, o.S.). Damit nimmt auch die Bedeutung interaktiver Onlineumgebungen zu. Onlineforen bieten großes Potential für den Aufbau interpersonaler Beziehungen und damit auch für soziale Beeinflussung durch den interaktiven Austausch.
Mit der zunehmenden Bedeutung des Internets für die Gesundheitskommunikation kommen auch viele Fragen auf. Im Rahmen der empirischen Untersuchung dieser Arbeit stehen folgende Forschungsfragen im Zentrum: Wie funktioniert die interpersonale Kommunikation in Gesundheitsforen und welche Auswirkungen hat die Forenkommunikation auf die persönliche Gesundheitskompetenz und auf gesundheitliche Entscheidungen? Welche sozialen Einflussgrößen führen zu Umdenkprozessen, so dass Forenteilnehmer ihr Denken oder ihre Einstellungen zu Gesundheitsthemen ändern oder sogar ihr Verhalten umstellen? Die sozialen Faktoren, welche die individuellen Umdenkprozesse von Forenteilnehmern beeinflussen könnten, sind noch wenig erforscht.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Kommunikation in Gesundheitsforen, um soziale Einflussgrößen zu identifizieren, die in der interpersonalen Onlinekommunikation beeinflussend auf Umdenkprozesse im Gesundheitsverhalten wirken. Ziel ist es, das Phänomen des sozialen Einflusses mit seinen Bedingungen und Konsequenzen zu erfassen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Traditionelle Gesundheitskommunikation
2.1.1 Protection Motivation Theory
2.1.2 Selbstwirksamkeit
2.2 Interpersonale Kommunikation
2.2.1 Begriffsspezifikation und Funktionen
2.2.2 Sozialer Einfluss und Umdenkprozesse
2.2.3 Elemente des Kommunikationsprozesses
2.2.4 Theorien computervermittelter Kommunikation
2.3 Online-Gesundheitskommunikation
2.3.1 Das Internet in der Gesundheitskommunikation
2.3.2 Onlineforen
3 Methodisches Vorgehen
3.1 Qualitatives Forschungsdesign
3.2 Untersuchungsgegenstand und Stichprobenauswahl
3.3 Datenerhebung
3.3.1 Leitfadeninterview
3.3.2 Entwicklung des Leitfadens
3.3.3 Durchführung der Interviews
3.4 Datenaufbereitung und -auswertung
4 Ergebnisse
4.1 Handlungsmuster und Strukturen
4.2 Umdenkprozesse
4.3 Soziale Einflussgrößen
4.3.1 Schlüsselkategorie
4.3.2 Weitere Einflussgrößen
4.4 Auswirkungen der Forenkommunikation
5 Methodendiskussion
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kognitive Bewertungsprozesse der PMT (Abbildungsauszug)
Abbildung 2: „Konstellation des Kodierens“
Abbildung 3: Umdenkprozesse
Abbildung 4: Kernkategorie „stellvertretende Erfahrungen“
1 Einleitung
Durch die vielen Möglichkeiten des Social Web hat sich die klassische Gesundheits- kommunikation zu weiten Teilen ins Internet verlagert. Die Kommunikation online geht aber nicht wie in der massenmedialen Gesundheitskommunikation primär von Instituti- onen, Krankenkassen oder Unternehmen aus, die ein Interesse an der Kommunikation von Gesundheitsprävention und -förderung haben. Auf Ebene einer Laienkommunikati- on wenden sich Internetnutzer auf der Suche nach Unterstützung und Hilfe, zum Bei- spiel in einem Onlineforum, an andere Betroffene. Mit zunehmenden partizipativen Möglichkeiten tauschen sie Informationen, Erfahrungen und Empfehlungen untereinan- der aus. Das nahezu unbegrenzte Angebot sowie der zeit- und ortsunabhängige Zugriff auf Gesundheitsthemen subjektiven Interesses wurden erst durch das Internet ermög- licht.
Die Zahl der Personen, die regelmäßig im Internet nach Gesundheitsinformationen suchen und sich dort mit anderen austauschen, steigt (Lausen, 2008, o.S.). Damit nimmt auch die Bedeutung interaktiver Onlineumgebungen zu. Onlineforen bieten großes Potential für den Aufbau interpersonaler Beziehungen und damit auch für soziale Beeinflussung durch den interaktiven Austausch.
Mit der zunehmenden Bedeutung des Internets für die Gesundheitskommunikation kommen auch viele Fragen auf. Im Rahmen der empirischen Untersuchung dieser Ar- beit stehen folgende Forschungsfragen im Zentrum: Wie funktioniert die interpersonale Kommunikation in Gesundheitsforen und welche Auswirkungen hat die Forenkommuni- kation auf die persönliche Gesundheitskompetenz und auf gesundheitliche Entscheidun- gen? Welche sozialen Einflussgr öß en führen zu Umdenkprozessen, so dass Forenteil- nehmer ihr Denken oder ihre Einstellungen zu Gesundheitsthemenändern oder sogar ihr Verhalten umstellen? Die sozialen Faktoren, welche die individuellen Umdenkpro- zesse von Forenteilnehmern beeinflussen könnten, sind noch wenig erforscht.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Kommunikation in Gesundheitsforen, um soziale Einflussgrößen zu identifizieren, die in der interpersonalen Onlinekommunikation be- einflussend auf Umdenkprozesse im Gesundheitsverhalten wirken. Ziel ist es, das Phä- nomen des sozialen Einflusses mit seinen Bedingungen und Konsequenzen zu erfassen.
Zunächst wird eine Einordnung in den theoretischen Hintergrund zur Gesundheitskom- munikation vorgenommen. Hier wird auf eine Grundidee der Einstellungs- und Verhal- tensänderung durch Gesundheitsbotschaften eingegangen. Im Rahmen einer Begriffs- spezifikation von interpersonaler Kommunikation wird geklärt, wie sich diese von der Massenkommunikation abgrenzt und welche Rolle ihr in der Beeinflussung von Gesundheitseinstellungen und -verhalten zukommt. Der nächste Abschnitt befasst sich mit dem Internet in der Gesundheitskommunikation und Gesundheitsforen als Untersu- chungsgegenstand. Anschließend wird das methodische Vorgehen bei der empirischen Forschung beschrieben. Es wird auf die Konzeption und Durchführung der Untersu- chung anhand qualitativer Befragungen und ihrer Auswertung im Stil der Grounded Theory eingegangen. Auf die Vorstellung der Untersuchungsergebnisse folgt eine kriti- sche Reflexion des methodischen Vorgehens. Eine Diskussion und ein Fazit zu den Er- gebnissen schließen diese Arbeit ab.
2 Theoretischer Hintergrund
Den theoretischen Hintergrund dieser Arbeit bilden Forschungsstand und theoretische Ansätze zur Gesundheitskommunikation, zur interpersonalen Kommunikation und zur Onlinekommunikation. Im ersten Abschnitt wird näher auf das Gebiet der traditionellen Gesundheitskommunikation und auf die Protection Motivation Theory (PMT), einer klassischen Gesundheitstheorie, eingegangen. Am Beispiel der PMT wird ein Weg zur Intentionsbildung beim Gesundheitsverhalten erläutert und es werden die relevanten Konstrukte, insbesondere die Selbstwirksamkeit, mit ihrer theoretischen Relevanz für die vorliegende Arbeit vorgestellt.
Interpersonale Kommunikation stellt den Fokus dieser Arbeit dar. Sie ist oft Ursprung für Einstellungs- oder Verhaltensänderungen und daher ein wichtiger Faktor für die Wirkung auf Gesundheitseinstellungen und -verhalten (Schiavo, 2007, S. 98). Im folgenden zweiten Abschnitt wird daher auf Aspekte der interpersonalen (Gesundheits-) Kommunikation und der sozialen Beeinflussung eingegangen.
Durch die mit dem Internet aufgekommenen vielfältigen Möglichkeiten, sich online mit Freunden und Fremden über Gesundheitsthemen auszutauschen, stellt besonders die (interpersonale) Onlinekommunikation einen interessanten Aspekt dar, um Einflüsse auf das Gesundheitsverhalten zu untersuchen. Daher wird im letzten Abschnitt auf die Kommunikation in Gesundheitsforen eingegangen.
2.1 Traditionelle Gesundheitskommunikation
Die Disziplin der Gesundheitskommunikation beschäftigt sich damit, wie die Gesund- heit durch Kommunikation und Beeinflussung von Gesundheitseinstellungen oder -verhalten verbessert werden kann. Schiavo (2007, S. 7ff.) hat eine Reihe von verschie- denen Definitionen für Gesundheitskommunikation zusammengetragen und die meist- verwendeten und charakterisierenden Schlüsselbegriffe zusammengestellt. Demnach umfasst Gesundheitskommunikation informieren und beeinflussen von Individuen oder Gruppen, um Gesundheitsinformationen und -bedeutungen zu teilen und auszutauschen. Zielgruppen sollen dabei motiviert und unterstützt werden, ein Verhalten zu ändern oder beizubehalten (ebd.).
Das Forschungsfeld der traditionellen Gesundheitskommunikation hat seit vielen Jahren seinen Forschungsschwerpunkt auf der Betrachtung massenmedialer Inhalte. Dazu ge- hören Präventions- oder Krankheitsbewältigungskampagnen von Akteuren der Gesund- heitsbranche, die ein Interesse daran haben, Verhaltens- oder Einstellungsänderungen zu bewirken. Mediale Gesundheitsinformationen werden von Institutionen, Krankenkassen oder Unternehmen in den traditionellen Massenmedien vermittelt, um auf gesundheits- gefährdendes Verhalten aufmerksam zu machen und um gesundheitsförderndes Verhal- ten zu unterstützen. Besondere Aufmerksamkeit wird in der traditionellen Gesundheits- kommunikation auf die Vermittlung einer Nachricht zwischen Sender und Empfänger sowie auf Voraussetzungen für gelingende Kommunikation gerichtet (Nöcker, 2011, S. 291). Bei der Produktion und Vermittlung gehen Akteure der Gesundheitsbranche oft davon aus, dass die Gesundheitsbotschaften von Rezipienten wahrgenommen und auch die enthaltenen Empfehlungen entsprechend angenommen und umgesetzt werden (Göpfert, 2001, S. 131). Doch das Wirkungspotential der massenmedialen Gesundheitsaufklärung ist primär in der Vermittlungsfunktion von Informationen zu sehen. Der Einfluss, den massenmediale Botschaften auf das menschliche Verhalten haben, ist entsprechend gering. Wirkungsvollere Einflussgrößen sind direkt beim Rezipienten und seinem sozialen Umfeld zu suchen (ebd., S. 132).
Die Veränderung der traditionellen Gesundheitskommunikation durch die interaktiven neuen Medien wird in Abschnitt 2.3 betrachtet.
Vor dem Hintergrund der erläuterten Gesundheitskommunikation versuchen Modelle und klassische Gesundheitstheorien die Strategien der Massenmedien und der unidirek- tionalen Massenkommunikation zu erklären und zu verbessern. Modelle und Theorien zu Wirkungen auf Gesundheitseinstellungen und -verhalten bilden das Grundgerüst für die Vermittlung von Gesundheitskommunikation (Neuhauser & Kreps, 2003, S. 542).
Im folgenden Abschnitt wird eine der klassischen Gesundheitstheorien vorgestellt, um aufzuzeigen, wie Gesundheitsbotschaften beim Rezipienten verarbeitet werden und wir- ken können.
2.1.1 Protection Motivation Theory
Die Protection Motivation Theory (PMT) von Rogers (1975; 1983) gehört zu den am umfangreichsten erforschten Theorien zu Gesundheitsverhaltensänderungen (Weinstein, 1993, S. 324). Anhand der PMT kann erklärt werden, wie Gesundheitsbotschaften beim Rezipienten zu Einstellungs- oder Verhaltensänderungen führen. Die in der Literatur am häufigsten erwähnten Gesundheitstheorien (Health Belief Model, Subjective Expected Utility Theory, Protection Motivation Theory, Theory of Reasoned Action) sind sich in ihren Grundzügen sehr ähnlich (Weinstein, 1993, S. 324). Sie haben beispielsweise ge- meinsam, dass sie Schritte zur Ausbildung einer Intention für eine Gesundheitsverhal- tensänderung betrachten (ebd.).
Die PMT identifiziert zunächst Komponenten einer Gesundheitsrisikobotschaft, die demnach aus der Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Bedrohung, also der wahrge- nommenen Verwundbarkeit sowie der Ernsthaftigkeit der Bedrohung, dem wahrge- nommenen Schweregrad besteht. Dazu kommt die Effektivität der Handlungsempfeh- lung, um der Bedrohung entgegen zu wirken, auch Handlungswirksamkeit genannt (Witte, Meyer & Martell, 2001, S. 15). In ihrer revidierten Version von 1983 umfasst die PMT auch die Selbstwirksamkeit als zentrale Variable. Alle vier zentralen Konstrukte der PMT können als besonders bedeutend und nützlich für die Gesundheitskommunika- tion bezeichnet werden (ebd., S. 19).
Die PMT erklärt, wie die oben aufgeführten Komponenten einer Gesundheitsbotschaft bei Konfrontation mit Gesundheitsbedrohungen dazu führen, dass Menschen ihre Ein- stellungen und Verhaltensweisen ändern (Floyd, Prentice-Dunn & Rogers, 2000, S. 420).
Durch die Inhalte der Gesundheitsbotschaft werden zwei kognitive Bewertungsprozes- se, die Bedrohungseinschätzung und die Bewältigungseinschätzung, aktiviert. Die bei- den Prozesse, die die Stärke einer Verhaltensintention bestimmen, stellen dar, wann die Kommunikation erfolgreich ist (Rogers, 1983, S. 158). Die Bedrohungseinschätzung er- folgt durch die kognitive Bewertung des Schweregrads und der Verwundbarkeit. Ver- wundbarkeit ist die Einschätzung der individuellen Wahrscheinlichkeit durch die Be- drohung zu erkranken (Rogers & Prentice-Dunn, 1997, S. 115). Die Bewältigungsein- schätzung bewertet Handlungs- und Selbstwirksamkeit bezogen auf das empfohlene Verhalten (Rogers, 1975, S. 98). Gemeint sind damit die Einschätzungen der Effektivität der empfohlenen Handlungsanweisung und der eigenen Kompetenz, das Verhalten aus- führen zu können.
Abbildung 1 zeigt einen Auszug aus Rogers Darstellung der PMT (Rogers, 1983, S. 168). Am Ende der beiden Bewertungsprozesse steht die Schutzmotivation. Die Schutzmotivation, gemessen anhand von Verhaltensintentionen, stellt das Resultat effektiver Kommunikation dar (Rogers & Prentice-Dunn, 1997, S. 116). Sie resultiert aus der Konfrontation mit einer wahrgenommenen Gesundheitsbedrohung und dem Wunsch, negative Folgen zu vermeiden (Floyd et al., 2000, S. 408).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Kognitive Bewertungsprozesse der PMT (Abbildungsauszug)
Zu den Stimuli, welche diese Schritte initiieren, gehören zum Beispiel massenmediale oder sich aus der interpersonalen Kommunikation ergebende Furchtappelle, Interaktionen mit Peers, Handlungshinweise und persönliche oder stellvertretende Erfahrungen (Witte et al., 2001, S. 46). Die Informationsquellen, die den Bewältigungsprozess beeinflussen, können externer oder intrapersonaler Natur (Persönlichkeit, vorherige Erfahrungen) sein (Rogers, 1983, S. 167).
Die im Fokus stehenden Informationsquellen meiner Arbeit ergeben sich aus der inter- personalen Kommunikation in Gesundheitsforen. Diese bestehen zum größten Teil aus Informationen und Empfehlungen, die von Laien gemacht werden. Die externen Infor- mationsquellen, zu denen verbale Überredung und Beobachtungslernen gehören, spielen also eine zentralere Rolle für die Untersuchung in dieser Arbeit. Da sich verbale Über- redung und Lernen aus Beobachtungen beziehungsweise stellvertretenden Erfahrungen speziell auf die Selbstwirksamkeit auswirken, wird diesem Konstrukt der nächste Ab- schnitt gewidmet.
Die PMT geht nicht davon aus, dass Entscheidungen rational gemacht werden. Heurist- iken und Eigenschaften der Informationsquelle können die Einschätzung verzerren (Ro- gers, 1983, S. 171). So kann eine Information über den Schweregrad einer Krankheit als umso ernster wahrgenommen werden, je detailreicher die Information beschrieben wird. Ebenso können hervorgerufene Emotionalität und Ähnlichkeit zur Person, von welcher die Botschaft stammt, eine Auswirkung auf die Schutzintention haben (ebd.).
Relevanz für vorliegende Arbeit
Die PMT wurde schon in vielen verschiedenen Bereichen rund um Gesundheit und da- rüber hinaus - in Politik und Umwelt - angewendet (Rogers & Prentice-Dunn, 1997, S. 118). Aber gerade in der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung ist es von be- sonderer Bedeutung, Menschen erfolgreich veranlassen zu können, sich zu schützen. Bisherige Studien zur PMT untersuchten, wie Menschen motiviert werden können, Empfehlungen anzunehmen, die gesundheitsförderndes Verhalten bestärken oder ge- fährdendes Gesundheitsverhalten ändern (Prentice-Dunn & Rogers, 1986, S. 158ff.).
Die Forschungen zur PMT können von Institutionen, Krankenkassen und Unternehmen zur Ausrichtung massenmedialer Inhalte verwendet werden, um ihre Botschaften wirksamer auszurichten. Inwieweit die theoretischen Ansätze der PMT auf Kommunikation in Gesundheitsforen übertragen werden können, ist noch offen und nicht Ziel der Arbeit. Die PMT soll in Bezug auf die vorliegende Arbeit zeigen, wie die Entstehung von Intentionen zu Gesundheitsverhaltensänderungen theoretisch zu verorten ist.
Demnach bedeutet dies, dass Menschen scheinbar Empfehlungen akzeptieren und es zu Einstellungs-, Intentions-, oder Verhaltensänderungen kommt, wenn die Wahrnehmung des Schweregrads, der Verwundbarkeit und die Handlungs- sowie Selbstwirksamkeit hoch sind (Witte et al., 2001, S. 19).
Besonders die Beeinflussung der Handlungswirksamkeit und Selbstwirksamkeit kann eine Rolle in interaktiven Gesundheitsportalen spielen, da es hier zum Einfluss durch andere Personen kommt. Vor allem die Selbstwirksamkeit ist mit Einwirkungen durch andere Personen verbunden. Bevor die Elemente dieses Einflusses theoretisch betrachtet werden, geht es im nächsten Abschnitt detaillierter um das Konstrukt der Selbstwirk- samkeit.
2.1.2 Selbstwirksamkeit
Das Konstrukt Selbstwirksamkeit, wie es in der PMT Eingang findet, beruht auf dem Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung nach Banduras Sozial-kognitiver Lerntheorie (Bandura, 1977b). Alle psychologischen Veränderungsprozesse beruhen gemäß Bandura (1977b, S. 193) auf Veränderungen der eigenen Selbstwirksamkeit einer Person. In der Forschung wurde der Selbstwirksamkeit daher viel Beachtung als beeinflussende Vari- able auf kognitive, motivationale, affektive und selektive Prozesse geschenkt (Bandura, 1992, S. 10ff.).
Die „subjektive Gewissheit, neue oder schwierige Anforderungssituationen aufgrund ei- gener Kompetenz bewältigen zu können“ (Schwarzer, 2004, S. 6) führt dazu, dass Men- schen auch mehr Engagement in das Erreichen einer Sache stecken (Bandura, 1977a, S. 194). Wenn Menschen also nicht davon überzeugt sind, dass sie ein Verhalten ausführen können, dann werden sie es auch nicht beabsichtigen eine Veränderung anzustreben. Schwarzer (2004, S. 12) spricht daher auch von einem „Spezialfall von Optimismus“. Selbstwirksamkeit stellt auch ein vielbetrachtetes Konstrukt in der Gesundheitsfor- schung dar. Strecher, McEvoy DeVellis, Becker & Rosenstock (1986) haben eine Über- sicht zu viele Studien, welche die Selbstwirksamkeit im Gesundheitsbereich untersuch- ten, zusammengetragen. Diese Studien, die beispielsweise zur Raucherentwöhnung oder Gewichtskontrolle durchgeführt wurden, kamen zu dem Ergebnis, dass Selbstwirksam- keit eng mit Gesundheitsverhaltensänderungen verbunden ist (ebd., S. 87).
Gemäß Bandura (1977a) gibt es vier Einflussfaktoren auf die Selbstwirksamkeitserwartung. Zum einen sind dies die Ergebnisse eigener Erfolge oder Misserfolge. Aber auch stellvertretende Erfahrungen, die an Verhaltensmodellen beobachtet werden, beeinflussen die Selbstwirksamkeit. Weiterhin zählt er verbale Überredung (unter anderem im Sinne von sozialer Einflussnahme) und physiologische Zustände als Einflussfaktoren auf die Selbstwirksamkeitserwartung auf (ebd., S. 195).
Vor dem Hintergrund der vorliegenden Studie scheinen besonders die stellvertretenden Erfahrungen und die Überredung interessant, da hier andere Personen eine beeinflus- sende Rolle spielen. Sind also stellvertretende Erfahrungen und Überredung Teil des Austausches in Gesundheitsforen, dann kann dies ein Hinweis darauf sein, dass die Selbstwirksamkeit dadurch beeinflusst wird. Gemäß der PMT könnte dies wiederrum eine Ursache dafür sein, dass Verhaltensänderungen hervorgerufen werden. Wenn Men- schen also anhand der Verhaltensweisen anderer sehen, wie ein bestimmtes Verhalten mit Erfolg ausgeführt wird, dann tendieren sie in der Regel auch dazu, sich so zu verhal- ten (Bandura, 1977a, S. 197). Im Unterschied zu Banduras Verständnis des Modelller- nens, können im Forum nur verbale Beschreibungen anderer als Verhaltensmodell die- nen.
Die empirische Untersuchung dieser Arbeit verfolgt nicht das Ziel, Hypothesen die in eben aufgeführter Form erstellt werden können, zu überprüfen. Vielmehr soll das Ziel dieser Arbeit darin bestehen, die Einflussfaktoren, die sich speziell in der interpersona- len Kommunikation ergeben, zu identifizieren. Dabei werden nicht nur Botschaftsinhal- te, sondern der gesamte Kommunikationsprozess, der eine beeinflussende Rolle auf Umdenkprozesse ausübt, wird in der Studie betrachtet. Doch zunächst wird auf die interpersonale Kommunikation und ihre Rolle im Beeinflussungsprozess eingegangen.
2.2 Interpersonale Kommunikation
Während Massenmedien gut für die Verbreitung und Vermittlung von Informationen geeignet sind, kommt der interpersonalen Kommunikation eine größere Bedeutung zu, wenn es um Prozesse der sozialen Beeinflussung geht (Bonfadelli, 1988, S. 90). Die einfache Vorstellung, dass massenmediale Inhalte aufgenommen werden und danach das Verhalten geändert wird, trifft nicht zu. Die interpersonale Kommunikation nimmt besonders im Bereich der auf Verhaltensänderung abzielenden Gesundheitskommunikation eine wichtige Rolle ein (Schiavo, 2007, S. 91f.).
Das folgende Kapitel erläutert den Begriff der interpersonalen Kommunikation, auch unter den Bedingungen im Internet. Nach einer Abgrenzung zur massenmedialen Kommunikation wird ihre Rolle in der Gesundheitskommunikation betrachtet.
2.2.1 Begriffsspezifikation und Funktionen
Interpersonale Kommunikation wird in der Literatur meist als „ face-to-face interaction “ (Littlejohn, 1978, S. 204, Hervorheb. i.O.) definiert, die aus direkter, mündlicher Kom- munikation besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kommunikation von mindestens zwei Personen geführt wird, die sich in physikalischer Nähe zueinander befinden (Barnlund, 1968, S. 8). Ein weiteres Kriterium interpersonaler Kommunikation ist der interaktive Austausch, bei dem der Gesprächspartner auf das vom anderen Gesagte Be- zug nimmt und somit ein Austausch von Botschaften stattfinden kann (ebd., S. 9). Bei der Face-to-Face-Kommunikation ist der Kommunikationsprozess neben den verbalen Äußerungen auch von nonverbalen Reizen geprägt. Ebenso findet interpersonale Kom- munikation flexibel und auf informelle Art und Weise zwischen den Kommunizierenden statt (ebd., S. 10).
Durch die in den letzten Jahrzehnten stark zugenommene Kommunikation unter Medieneinsatz, findet interpersonale Kommunikation nicht mehr nur face-to-face, sondern zunehmend durch Medien vermittelt statt.
Neudefinition durch Möglichkeiten des Internet
Betrachtet man interpersonale Kommunikation im Online-Kontext so fallen zwei Krite- rien der oben aufgeführten Definition auf, die so nicht übernommen werden können. Die schriftliche Onlinekommunikation findet nicht face-to-face und damit, von experi- mentellen Untersuchungsdesigns abgesehen, auch nicht bei physikalischer Nähe der Kommunizierenden statt. Das Internet als technisches Verbreitungsmittel von interper- sonaler Kommunikation ermöglicht den kommunikativen Austausch über zeitliche und räumliche Distanz der Kommunizierenden hinweg. So gesehen handelt es sich dabei um Kommunikation unter Verwendung von Medien, also computervermittelter Kommuni- kation (CMC, nach dem englischen Begriff computer-mediated communication).
In dieser Arbeit wird trotz der Differenzierung der Begriff interpersonale Kommunikati- on verwendet, da angenommen wird, dass trotz der physikalischen Entfernung, auch Nähe stattfinden kann. Nähe zwischen den Kommunizierenden meint dann allerdings nicht die geografische Nähe, sondern das, was die Gesprächspartner miteinander verbindet, also eine soziale Nähe. In Onlineforen kann diese Verbundenheit zum Beispiel darin bestehen, dass hier Personen mit gleichen Interessen zusammenkommen.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Abwesenheit nonverbaler Signale in der Onlinekommunikation. Die Wahrnehmung der Kommunikationspartner untereinander ist an die physikalischen Grenzen, die das Medium mitbringt, gebunden. Welche Auswirkungen dies auf die Kommunikation hat, wird in Abschnitt 2.2.4 erläutert.
Funktionen interpersonaler Kommunikation
Die „Kommunikation auf der Humanebene“ (Merten, 1977, S. 162) erfüllt ein breites Spektrum an Funktionen, welche sich in der alltäglichen Kommunikation kaum von den Funktionen der Massenkommunikation unterscheiden. Klemm (2000, S. 52) unterscheidet das Vermitteln von Informationen, die Verständigung über Meinungen und Einstellungen, die Initiierung und Koordination von Handlungen, die Herstellung und Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten, das Stiften von Identität und Gemeinschaft sowie die politische und kulturelle Teilhabe.
Abgrenzung zur massenmedialen Kommunikation
Im Gegensatz zur interpersonalen Kommunikation sind die Aussagen in der Massen- kommunikation einseitig und werden indirekt durch Medien an ein disperses Publikum vermittelt (Maletzke, 1963, S. 32). Die Hauptaufgabe der Massenmedien ist dabei in der Vermittlungsfunktion vom Sender zum Empfänger zu sehen. Die massenmedialen Aus- sagen sind personell undefiniert und richten sich an eine weite, unbegrenzte Empfänger- schaft (ebd.). Durch das Aufkommen des Internets verschwammen die Grenzen zwi- schen Massenkommunikation und interpersonaler Kommunikation zunehmend. Welche Vorteile dadurch in der Online-Gesundheitskommunikation entstehen, wird in Kapitel
2.3 erläutert.
Interpersonale Kommunikation in der Gesundheitskommunikation
Gesundheitskommunikation geschieht nicht nur auf massenmedialer Ebene. Auch auf Ebenen der intrapersonalen und interpersonalen Kommunikation sowie auf der Organi- sationsebene findet Gesundheitskommunikation statt (Nöcker, 2011, S. 291). Besonders der interpersonalen Kommunikation wird eine entscheidende Rolle in der Gesundheitskommunikation zugesprochen. Während den Massenmedien primär eine in- formationsvermittelnde Rolle in der Gesundheitsaufklärung zukommt, wird das Wir- kungspotential interpersonaler Kommunikation für Verhaltensänderungen als größer eingeschätzt (Göpfert, 2001, S. 131).
Bei der interpersonalen Gesundheitskommunikation geht es um die Kommunikation mindestens zweier Personen über beispielsweise Informationen zu Behandlungsmög- lichkeiten oder die Evaluierung des Gesundheitszustandes (Nöcker, 2011, S. 291). Man geht davon aus, dass diese Kommunikation medizinische Auswirkungen Personen ha- ben kann (ebd.).
Compliance
Durch das Aufkommen des Internets und den vielfältigen partizipativen Möglichkeiten für den Online-Austausch unter Patienten steht in der interpersonalen Kommunikation nicht mehr nur das Arzt-Patienten-Verhältnis im Vordergrund. Auch für gesundheitliche Laien ergeben sich neue Chancen sich an anderen Menschen und Meinungen zu orien- tieren. Damit wird auch das traditionelle Compliance-Prinzip in Frage gestellt. Unter Compliance in der Gesundheitskommunikation versteht man, dass Patienten den Emp- fehlungen von Ärzten Folge leisten (Nöcker, 2011, S. 292). Mit den vielfach verfügba- ren Informationen und Empfehlungen, die von Betroffenen im Internet ausgetauscht werden, kann sich Compliance auch auf die Ratschläge und Empfehlungen von Laien beziehen. Unter welchen Voraussetzungen diese Form von Compliance, also das Akzep- tieren von Empfehlungen, in Gesundheitsforen stattfindet, wird mit der empirischen Studie dieser Arbeit erforscht.
Das Prinzip Compliance bezieht sich vor allem auf den inhaltlichen Aspekt einer Emp- fehlung. Bei der Interpretation und den Auswirkungen von Kommunikation spielen ver- schiedene Konzepte, mit denen interpersonale Kommunikation beschrieben werden kann, eine wichtige Rolle. Im nächsten Abschnitt wird definiert, was unter sozialer Be- einflussung und sozialen Einflussgrößen verstanden wird. In diesem Zusammenhang wird auch auf das in dieser Arbeit vorliegende Verständnis von Umdenken und Um- denkprozessen eingegangen.
2.2.2 Sozialer Einfluss und Umdenkprozesse
Unter sozialem Einfluss versteht man „eine Veränderung der Urteile, Meinungen und Einstellungen einer Person infolge der Konfrontation mit den Auffassungen anderer Menschen“ (de Montmollin, 1977, zitiert nach van Avermaet, 2003, S. 452). In dieser Definition inbegriffen ist auch die persuasive Kommunikation, die beabsichtigt auf eine Änderung abzielt (van Avermaet, 2003, S. 452).
Es gibt verschiedene Formen sozialen Einflusses. Deutsch und Gerard (1955, S. 629) unterscheiden auf Seiten der Zielperson, also derjenigen Person, die ihre Einstellungen oder Meinungen ändert beziehungsweise anpasst, zwei Typen von sozialem Einfluss. Zum einen den normativen sozialen Einfluss, nach dem Menschen ihre Einstellungen angleichen, um Anerkennung durch andere Personen zu erhalten oder um Ablehnung zu vermeiden. Zum anderen den informationellen Einfluss, bei dem die von anderen erhaltenen Informationen aufgrund der Überzeugung von deren Richtigkeit, der „evidence about reality“ (ebd., S. 629) angenommen werden.
Umdenkprozesse
Sozialer Einfluss, wie oben definiert, bewirkt Veränderungen von Einstellungen, Über- zeugungen, Meinungen, Werten und Verhalten. Anders ausgedrückt, ruft sozialer Ein- fluss Umdenkprozesse hervor, die zu genannten Auswirkungen führen können. Alle Faktoren, die auf Umdenkprozesse Einfluss nehmen und sozialer Natur - also aus der Kommunikation heraus - sind, werden unter sozialen Einflussgrößen zusammengefasst.
Damit gesundheitliches Umdenken in Gesundheitsforen passiert, müssen also Einflussgrößen vorhanden sein. Diese Einflussgrößen sollen durch vorliegende Arbeit in der interpersonalen Kommunikation identifiziert werden.
Umdenken wird als Prozess betrachtet, weil angenommen wird, dass eine Vielzahl an Faktoren zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Kommunikation ein Umdenken auslö- sen kann. Als Folge wird sowohl die Bildung einer Intention zur Verhaltensänderung, als auch die bereits erfolgte Änderung von Einstellungen oder Verhalten verstanden.
Ob der Einfluss bewusst oder unbewusst abläuft, hängt von der Intention des Senders und der Verarbeitung der Botschaft durch den Empfänger ab. Wie und ob es schließlich zu Beeinflussung kommt, ist von verschiedenen Elementen des Kommunikationsprozesses abhängig. Im nächsten Kapitel werden die zentralen Elemente, die eine Rolle im kommunikativen Beeinflussungsprozess spielen, erläutert.
2.2.3 Elemente des Kommunikationsprozesses
Bei der Beschäftigung mit interpersonaler Kommunikation ist eine Betrachtung der Elemente Sender, Kanal, Botschaft und Empfänger sinnvoll. Die Eigenschaften dieser Elemente beeinflussen auf unterschiedliche Art den Kommunikationsprozess (Forgas, 1995, S. 106).
Sender
Nachrichten enthalten in der Regel immer eine Selbstoffenbarung des Senders (Schulz von Thun, 2001, S. 99). Die Eigenschaften des Senders, die sich aus seiner Nachricht schließen lassen, beeinflussen, wie die Nachricht auf den Empfänger wirkt. Diese Selbstoffenbarungen führen dazu, dass sich der Empfänger einen Eindruck vom Sender der Nachricht verschaffen kann. Der Eindruck, den der Sender einer Botschaft hinter- lässt, kann die Interpretation und Wirkung seiner Aussagen beeinflussen. Hinter der Botschaft, die eine Person sendet, steckt fast immer auch die Absicht „auf den Empfän- ger Einfluss zu nehmen “ (ebd., S. 29, Hervorheb. i.O.). Die Kommunikation ist also in- tentional auf Seiten des Senders, je nachdem welche Ziele dieser verfolgt.
Botschaft
Schulz von Thun (ebd., S. 26ff.) unterscheidet in seinem bekannten Kommunikations- modell die Botschaften einer Nachricht, nach dem Sachinhalt, der Selbstoffenbarung, der Beziehung und dem Appell. Über alle vier Seiten dieses Modells kann eine Betrach- tung menschlicher Kommunikation vorgenommen werden. Was ist der sachliche Inhalt der Botschaft und ist dieser klar und verständlich? Welche Informationen geben die Per- sonen dabei über sich selbst preis? In welchem Verhältnis stehen die Kommunizieren- den untereinander? Was möchte mir der Sender mit dieser Nachricht sagen?
Einstellungen sind jedoch nicht nur dadurch beeinflusst, was Menschen inhaltlich sagen oder tun, sondern auch die Art und Weise, wie diese Information vom Sender dargestellt wird, spielt eine beeinflussende Rolle (Schiavo, 2007, S. 98). Die Intention des Senders kann sich also auch anhand der Darstellungsform seiner Botschaft erschließen lassen.
Schließlich geht es um die Frage, wie die Nachricht auf den Empfänger wirkt und wie dieser damit umgeht.
Empfänger
Informationen auf Seiten des Empfängers spielen ebenfalls eine Rolle dabei, wie beein- flussend eine Nachricht im Kommunikationsprozess ist. Kognitive Ansätze zur Bedeu- tungszuschreibung einer Botschaft durch den Rezipienten beschäftigen sich damit, wie die Inhalte vom Empfänger wahrgenommen und verstanden werden (Bonfadelli, 1980, S. 89). Dabei spielen die vorhandenen Wissensstrukturen beim Empfänger eine entscheidende Rolle dabei, wie der Empfänger Inhalte verarbeitet.
Wie Aussagen verarbeitet werden, hängt davon ab, ob der Empfänger einer Nachricht motiviert und fähig ist, sich mit der Botschaft auseinanderzusetzen und wie stark er durch das Thema involviert ist. Das Elaboration Likelihood Model (ELM) von Petty und Cacioppo (1986) geht davon aus, dass das Ausmaß der gedanklichen Auseinandersetzung mit einer Botschaft dazu führt, dass es zu unterschiedlich starker Einstellungsänderung kommt (ebd., S. 131).
Bezogen auf die vorliegende Studie rechtfertigen die Annahmen des ELM die Vermu- tung, dass Einstellungsänderungen im Forum vorkommen. Denn Personen, die sich in Gesundheitsforen aufhalten, um sich dort zu informieren und auszutauschen, haben die- sen Weg gewählt, weil sie motiviert und fähig sind, sich mit einem Thema auch ausei- nanderzusetzen. Dabei kann ebenfalls angenommen werden, dass die Personen auch im entsprechenden Thema involviert sind, da sie persönlich oder Angehörige in irgendeiner Weise betroffen sind.
Der Kommunikationsprozess darf allerdings nicht unter strikter Trennung nach den oben aufgeführten Elementen gesehen werden. Er muss als dynamisch und fortlaufend betrachtet werden, bei dem gemeinsame Interessen und (Vor-)Wissen der Kommunizierenden in die Kommunikation mit hineinspielen (Forgas, 1995, S. 107).
Kanal
Für die mediale Kommunikation muss auch der gewählte Kanal als beeinflussendes Element im Kommunikationsprozess betrachtet werden. Zu den Restriktionen und phy- sikalischen Grenzen medialer Kommunikationskanäle gehört das Ausmaß indem soziale Hintergrundinformationen vorhanden sind. Man kann sich nicht sehen, nicht hören oder nicht berühren. Die textbasierte Onlinekommunikation ist davon gekennzeichnet, dass hier viele Hintergrundinformationen ausgeblendet sind, die unter Face-to-Face- Bedingungen vorhanden wären. Dabei führen soziale Hintergrundinformationen, wie zum Beispiel Stimme, Körpersprache und Mimik dazu, dass man sich einen Eindruck von anderen Personen macht, um diese besser einschätzen zu können (Döring, 2000, S. 355). In der Onlinekommunikation bleiben hierfür nur wenige Merkmale, an denen man sich orientieren kann.
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