In den letzten 20 Jahren erfreuen sich Delphi-Befragungen wachsender Popularität. Gründe hierfür sind:
• Entscheidungen in der Wirtschaft und Wissenschaft müssen von immer mehr Experten vorbereitet und getragen werden.
• Entscheidungen werden immer komplexer.
• Der Zeithorizont hat sich verlängert.
• Entscheidungen sind mit höheren Kosten verbunden.
Kerncharakteristika von Delphi-Befragungen bestehen in der Einbeziehung von Experten, der Durchführung mehrerer Befragungsrunden, kontrolliertem Feedback an die Experten und der Möglichkeit der Experten ihre Meinung zu verändern.
Ebenfalls haben sich Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen etabliert. Wie sich verschiedene Designelemente von klassischen Delphi-Befragungen auf Befragungen im Gesundheitswesen verändern, soll in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden. Es soll dabei auf einen möglichen Übertrag eines Critical Incident Reporting Systems (CIRS) vom SGB V-Sektor auf den SGB XI-Sektor eingegangen werden, d. h. welche Designelemente müssen gewählt werden, damit die Delphi-Befragung sinnvoll durchgeführt werden kann.
Die Arbeit beginnt mit Begriffsbestimmungen. Es werden Delphi-Befragungen, CIRS sowie die Sozialgesetzbücher V und XI definiert. Im fünften Kapitel wird die Delphi-Befragung tiefer beschrieben. Nach dem historischen Hintergrund folgt eine Beschreibung des klassischen Vorgehens bei Delphi-Befragungen. Im Anschluss werden vier Typen von Delphi-Befragungen vorgestellt. Im sechsten Kapitel wird sich mit den Designaspekten von Delphi-Befragungen zur Übertragung von CIRS vom SGB V-Sektor auf den SGB XI-Sektor befasst. Die Designelemente werden strukturiert nach Planung, Durchführung und Auswertung von Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen erläutert. Die Arbeit endet mit einem Fazit und der Beantwortung der Frage, ob die Delphi-Befragung ein geeignetes Instrument zur Realisierung des Übertrags von CIRS auf den SGB XI-Sektors ist.
I Inhaltsverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
III Tabellenverzeichnis
IV Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmung – Delphi-Befragungen
3 Begriffsbestimmung – Critical Incident Reporting System
4 Begriffsbestimmung – Sozialgesetzbuch V und XI
5 Delphi-Befragungen
5.1 Historischer Hintergrund von Delphi-Befragungen
5.2 Klassisches Vorgehen bei Delphi-Befragungen
5.3 Vier Typen von Delphi-Befragungen
6 Designaspekte von Delphi-Befragungen zur Übertragung von Critical Incident Reporting Systems vom SGB V-Sektor auf den SGB XI-Sektor
6.1 Planung von Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen
6.1.1 Anonymität als Kernelement bei Delphi-Befragungen
6.1.2 Pretests als Planungsinstrument bei Delphi-Befragungen
6.1.3 Auswahl der Expertengruppe
6.1.4 Kostenfaktor bei Delphi-Befragungen
6.2 Durchführung von Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen
6.2.1 Anzahl der Befragungsrunden bei der Durchführung von Delphi-Befragungen
6.2.2 Rücklaufquote und Panelmortalität bei Delphi-Befragungen
6.3 Auswertung von Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen
6.3.1 Feedback als zentrales Element bei Delphi-Befragungen
6.3.2 Abschlussberichte zum Ausgang von Delphi-Befragungen
7 Fazit
V Literaturverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Vorgehen bei der Delphi-Befragung
III Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Vier Typen von Delphi-Befragungen
Tab. 2: Veröffentlichte Artikel zu Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen
IV Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In den letzten 20 Jahren erfreuen sich Delphi-Befragungen wachsender Popularität. Gründe hierfür sind:
- Entscheidungen in der Wirtschaft und Wissenschaft müssen von immer mehr Experten vorbereitet und getragen werden.
- Entscheidungen werden immer komplexer.
- Der Zeithorizont hat sich verlängert.
- Entscheidungen sind mit höheren Kosten verbunden.[1]
Kerncharakteristika von Delphi-Befragungen bestehen in der Einbeziehung von Experten, der Durchführung mehrerer Befragungsrunden, kontrolliertem Feedback an die Experten und der Möglichkeit der Experten ihre Meinung zu verändern.[2]
Ebenfalls haben sich Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen etabliert.[3] Wie sich verschiedene Designelemente von klassischen Delphi-Befragungen auf Befragungen im Gesundheitswesen verändern, soll in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden. Es soll dabei auf einen möglichen Übertrag eines Critical Incident Reporting Systems (CIRS) vom SGB V-Sektor auf den SGB XI-Sektor eingegangen werden, d. h. welche Designelemente müssen gewählt werden, damit die Delphi-Befragung sinnvoll durchgeführt werden kann.
Die Arbeit beginnt mit Begriffsbestimmungen. Es werden Delphi-Befragungen, CIRS sowie die Sozialgesetzbücher V und XI definiert. Im fünften Kapitel wird die Delphi-Befragung tiefer beschrieben. Nach dem historischen Hintergrund folgt eine Beschreibung des klassischen Vorgehens bei Delphi-Befragungen. Im Anschluss werden vier Typen von Delphi-Befragungen vorgestellt. Im sechsten Kapitel wird sich mit den Designaspekten von Delphi-Befragungen zur Übertragung von CIRS vom SGB V-Sektor auf den SGB XI-Sektor befasst. Die Designelemente werden strukturiert nach Planung, Durchführung und Auswertung von Delphi-Befragungen im Gesundheitswesen erläutert. Die Arbeit endet mit einem Fazit und der Beantwortung der Frage, ob die Delphi-Befragung ein geeignetes Instrument zur Realisierung des Übertrags von CIRS auf den SGB XI-Sektors ist.
2 Begriffsbestimmung – Delphi-Befragungen
Seit den 1950er Jahren haben sich zahlreiche Definitionen für die Delphi-Methode etabliert, bzw. über die Jahrzehnte ausdifferenziert.[4] Als Beispiel werden in der vorliegenden Arbeit folgende Definitionen präferiert: „The Delphi technique is a questionnaire method for organizing and sharing opinion through feedback“[5] , sowie
„Die Delphi-Methode ist ein (...) strukturierter Gruppenkommunikationsprozeß, in dessen Verlauf Sachverhalte, über die naturgemäß unsicheres und unvollständiges Wissen existiert, von Experten beurteilt werden.“[6]
3 Begriffsbestimmung – Critical Incident Reporting System
Ein Critical Incident Reporting System (CIRS) ist ein „Erfassungssystem für Risiken, Fehler und Beinahe-Schäden (...), das der Analyse (...) von vermeidbaren unerwünschten Ereignissen dient.“[7] CIRS ist somit ein Instrument des Risikomanagements. Es wurde ursprünglich für die Luftfahrtindustrie und Raumfahrt, in den 1980er Jahren entwickelt und hat sich heute ebenfalls im Gesundheitswesen etabliert.[8]
Ein Instrument des CIRS können Checklisten, z. B. OP-Checklisten sein. Im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und der SPD von 2013 sollen unter anderem solche OP-Checklisten als Qualitätsstandard eingeführt werden.[9] Die Evidenz von Checklisten im Gesundheitswesen als CIRS-Instrument sind bewiesen, so konnte z. B. in einer Studie mit rund 4000 Teilnehmern die Komplikationsrate von 11% auf 7% und die Mortalitätsrate im Krankenhaus von 1,5% auf 0,8% reduziert werden.[10]
4 Begriffsbestimmung – Sozialgesetzbuch V und XI
Das Sozialgesetzbuch V (SGB V) regelt die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland. Es betrifft u. a. die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung und die Rechtsbeziehung mit den Leistungserbringern im Gesundheitswesen. Es trat am 01.01.1989 in Kraft und besteht aus 13 Kapiteln mit 321 Paragraphen.[11] Das SGB XI regelt die soziale Pflegeversicherung und trat am 01.01.1995 in Kraft. Es besteht aus zwölf Kapiteln mit 130 Paragraphen.[12]
5 Delphi-Befragungen
In dem Folgenden Kapitel wird der historische Hintergrund und das klassische Vorgehen bei Delphi-Befragungen erläutert und letzteres graphisch dargestellt. Danach werden vier verschiedene Typen von Delphi-Befragungen beschrieben.
5.1 Historischer Hintergrund von Delphi-Befragungen
Namensgeber der Delphi-Befragung ist das Orakel von Delphi, welches etwa seit dem 8. Jhd. v. Chr. in einem Tempel, im heutigen Griechenland beherbergt war. Dieses Orakel wurde bei staatsrechtlichen Fragen oder politischen Entscheidungen zu Rate gezogen. Praktisch hieß das, dass sich die Priester des Orakels berieten und Antworten suchten. In der Neuzeit wurde die Delphi-Befragung erstmals unter ihrem Entdecker Abraham Kaplan 1950 publik. Später wurde sie unter Norman Dalkey und Olaf Helmer von der RAND Corporation (Research and Development) für militärische Zwecke eingesetzt, um u.a. mögliche Ziele der Sowjetunion auf die USA hervorzusagen. 1964 veröffentlichte die RAND Corporation die „Report on a Long Range Forecasting Study“, mit dem Ziel die technische und wissenschaftliche Entwicklung für 10 bis 15 Jahre zu schätzen. Damit erhielt die Delphi-Befragung erstmals in der Öffentlichkeit Bekanntheit. Seit den 1970er Jahren wurde die Delphi-Befragung auch in Deutschland, dort insbesondere für betriebswirtschaftliche Prognosezwecke, eingesetzt. Besonders bekannt wurde eine Delphi-Befragung vom National Institute of Science and Technology Policy (NISTEP) im Jahre 1971 zur Entwicklung von Wissenschaft und Technologie. Nach einer Ruhepause stieg seit den 1990er Jahren das Interesse an Delphi-Befragungen. Gründe waren zu dieser Zeit eine verstärkte allgemeine Unsicherheit der Bevölkerung, die Globalisierung und der technische Fortschritt.[13] „Das Delphi-Verfahren erfreut sich (...) insbesondere im europäischen und asiatischen Kontext zunehmender Beliebtheit (...)“.[14]
5.2 Klassisches Vorgehen bei Delphi-Befragungen
Bei der klassischen Delphi-Befragung wird folgendes Vorgehen abgehandelt, Abb. 1 stellt dieses Vorgehen graphisch dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Vorgehen bei der Delphi-Befragung
(Quelle: Pirk/Claes/Schöffski [2011], S. 256)
1. Bildung eines Monitoring-Teams. Abgrenzung der Aufgabe
2. Auswahl und Rekrutierung der Experten
3. Entwicklung eines Fragebogens für die erste Welle
4. Pretest
5. Erste Befragungs-Welle
6. Analyse des Rücklaufs der ersten Welle
7. Vorbereitung eines Fragebogens für die zweite Welle, inkl. Ergebnisse der ersten Welle
8. Pretest
9. Zweite Befragungs-Welle
10. Analyse des Rücklaufs der zweiten Welle
11. Ggf. Wiederholung der Schritte 7 bis 10
12. Analyse der gesamten Befragung
13. Auswertung, Präsentation, Abschlussbericht[15]
[...]
[1] Vgl. Häder/Häder [1998], S. 3 f.
[2] Vgl. Waterlander/Steenhuis/de Vet/Schuit/Seidell [2009], S. 325.
[3] Vgl. Keeney/Hasson/McKenna [2011], S. 42.
[4] Vgl. Häder [2014], S. 19.
[5] Bardecki [1984], S. 281.
[6] Häder/Häder [1995], S. 12.
[7] Schrappe [2010], S. 379.
[8] Vgl. ebd.
[9] Vgl. CDU/CSU/SPD [2013], S. 78.
[10] Vgl. Haynes et al. [2009], S. 495.
[11] Vgl. Schulin [2013], S. XXXIV.
[12] Vgl. Schulin [2013], S. LIV.
[13] Vgl. Häder [2014], S. 15 ff.
[14] von Oertzen/Cuhls/Kimpeler [2006], S. 14.
[15] Vgl. Steinmüller [1997], S. 76.