Storytelling als Interventionstechnik in der Logotherapie. Beispiele zur praktischen Anwendung.
Zusammenfassung
Obwohl die Geschichte Vorgaben des Therapeuten enthält, lässt sie viel Freiraum für das ob und wie der Verarbeitung.
Die Arbeit führt in die Grundlagen des Geschichte erzählens und -erstellens ein und gibt konkrete Beispiele zu Erfahrungen der Autorin mit Storytelling im Therapiealltag.
Aus dem Inhalt:
- Das Sammeln von Informationen.
- Das Imaginieren der Geschichte.
- Geschichten als Beispiele.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. DEFINITION
3. KRITERIEN EINER SINNVOLLEN GESCHICHTE
4. AUSWIRKUNGEN
5. DER PROZESS
5.1 Eingangsphase /Arbeitsschritte
5.1.1 Das Sammeln von Informationen
5.1.2 Vorschlag für eine Checkliste:
5.2 Kreative Phase
5.2.1 Das Imaginieren der Geschichte
5.2.2 Wahl des Erzählmodells
5.2.3 Wahl des Gestaltungsmodells
5.3Therapeutische Phase
5.3.1 Der Prozess des Schreibens
5.3.2 Das Vortragen / Das Erzählen
5.3.3 Das Aufarbeiten
6. GESCHICHTEN ALS BEISPIELE
6.1 Die geschlossene Geschichte
6.2 Offenes Ende
6.3 Die Offene Geschichte
6.4 Die Interaktive Geschichte
6.5 Die spontane Geschichte
7. EINE FALLGESCHICHTE
7.1 Herausarbeiten von Ähnlichkeiten und Elementen der klassischen Tragödie
7.2 Herausarbeiten von Ähnlichkeiten und Elementen des Strukturphasenmodells
7.3 Herausarbeiten von Ähnlichkeiten und Elementen der epischen Form
7.4 Herausarbeiten von Ähnlichkeiten und Elementen der Drei-Ebenen Kommunikation
7.5 Herausarbeiten von Ähnlichkeiten und Elementen der Logotherapie
7.6 Herausarbeiten von Ähnlichkeiten und Elementen der logotherapeutischen Geschichte
7.6.1 Eingangsphase
7.6.2 Kreative Phase und therapeutische Phase
7.7 Herausarbeiten von Ähnlichkeiten und Elementen der logotherapeutischen Philosophie
7.8 Exploration/Anamnese/Verlauf
7.9 Ergebnis
8. ZUSAMMENFASSUNG UND ABSCHLUSS
9. LITERATURVERZEICHNIS (inklusive weiterführender Literatur)
10. ANHANG
1. EINLEITUNG
Storytelling, das Geschichtenerzählen, ist ein uraltes Ritual der Menschheit. Schon vor Millionen von Jahren diente dieses Medium als Informationsfluss um Geschehnisse (Schicksal) zu berichten (interpretieren, deuten), Erfahrungen auszutauschen, Gefühle zu verarbeiten, Sinnzusammenhänge zu verstehen, Geborgenheit, Sicherheit und Schutz zu spüren. Viele Assoziationen, die in Verbindung mit „eine Geschichte vorgelesen bekommen“ ausgelöst werden (Urvertrauen), fördern die Absichten des therapeutischen Prozesses. Das Storytelling / das Geschichten erzählen ist eine spezielle Form des Gesprächs.
Die Grundaussagen der Lehre von der Logotherapie und Existenzanalyse, ihr zugrunde liegendes Menschenbild und ihr geistiges Grundkonzept lassen den Schluss zu, dass die Technik des Geschichten Erzählens sich als hervorragendes therapeutisches Instrumentarium eignet, um das Thema eines Patienten aufzuarbeiten und dazu notwendige seelische Entwicklungen zu fördern.
Die Verschiebung eines Konfliktes/einer persönlichen Fragestellung in einen anderen Bezugrahmen/Kontext, den einer Geschichte und deren dortige Bearbeitung schaffen gleichermaßen Nähe und Distanz zwischen Therapeut und Klient wie der Patient es braucht, erhalten die Würde und die Intimität der Person. Die in der Geschichte stattfindende Lösung / Wandlung / Neuorientierung sind therapeutische Angebote, die vom Patienten nach dessen Möglichkeiten angenommen werden. Die Grundmotivation dazu kommt vom Patienten selbst, ist er es doch, der dem Therapeuten bewusst oder unbewusst den „Auftrag dazu“ erteilt, indem er sich in die therapeutische Situation und Beziehung einlässt. Die Sprache der Metapher, ihr Symbolcharakter, und die „magischen Möglichkeiten“ arbeiten tief im Unterbewusstsein und können dort verborgene Prozesse direkter ansprechen als in einem üblichen therapeutischen Gespräch. Im Reich der Phantasie wo alles möglich ist, kann sich der Patient ohne Konsequenzen mit seinen Themen, Gefühlen und „Hindernissen“ freier bewegen und auf spielerische Art und Weise auf „vorweggenommene“ Lösungen reagieren. Dies ist der im Anschluss an das Hören der Geschichte stattfindende gemeinsame Prozess zwischen dem Therapeuten und seinem Klienten.
Gleichzeitig transportiert der Therapeut, indem er selbst die Geschichte für diesen Patienten schreibt und auf dessen Fragestellung/Problem bezogen bleibt, sein (logo)- therapeutisches Angebot und seinen persönlichen Erfahrungsschatz. Er lenkt und beeinflusst den Informationsfluss nach den Grundaussagen der Lehre, deren Vertreter er ist und derer sich der Patient anvertraut. Diese Annahme soll anhand eines Grundkonzeptes für das Schreiben von therapeutischen Geschichten vorgestellt werden.
Eingangs ist mir wichtig zu erwähnen, dass, obwohl das Schreiben einer Geschichte als Vorgabe aufgefasst werden kann, die den Patienten in seinen Möglichkeiten einschränkt, es dem Leser immer frei steht, wie er diese therapeutische Technik aufnimmt, mit den Inhalten der Storien umgeht, ob er sie ganz oder teilweise annimmt, wie er die Botschaften der Geschichte annimmt, sich auseinandersetzt, verarbeitet, reflektiert.
Denn, obwohl die Geschichte Vorgaben des Therapeuten enthält, lässt sie viel Freiraum für das ob- und wie der Verarbeitung.
Weiters verstehe ich unter logotherapeutischem Storytelling:
1. Das Schreiben einer sinnvollen Geschichte
2. Das Vortragen dieser Geschichte
3. Das Herausarbeiten eines personalen Sinnes als logo therapeutisches Ziel beim Aufarbeiten dieser Geschichte von Erzähler/Therapeut und Hörer/Klient
2. DEFINITION
Vorschlag einer Definition:
Unter „Storytelling“ in der Logotherapie verstehe ich den sich in drei Phasen gliedernden unten beschriebenen Gesamtprozess, einer, für einen bestimmten Menschen oder eine bestimmte Personengruppe individuell geschriebenen, den Sinnfindungsprozess im Menschen evozierenden Geschichte, die sich mit den unten angeführten Kriterien auseinandersetzt.
Logotherapeutische Geschichten sind geprägt von der Einstellung, Haltung und Sichtweise, die der Therapeut zu sich selbst und zu seinem Klienten hat, von seinem Wissen, von den logotherapeutischen Techniken, die eingearbeitet werden und vom Engagement des Therapeuten und des Klienten.
3. KRITERIEN EINER SINNVOLLEN GESCHICHTE
Es muss …
- bereits eine stabile Klient/Therapeutenbeziehung aufgebaut sein,
- der Klient reflexionsbereit und -fähig sein,
- das Modell Storytelling vom Klienten bejaht werden,
- der Wille des Klienten vorhanden sein, sich mit den Inhalten der Story auseinanderzusetzen
- die Geschichte für den Klienten nachvollziehbar sein
- mindestens eine logotherapeutischen Technik in Darstellung und/oder Inhalt der Geschichte Anwendung finden
- die Bereitstellung von Sinnangeboten für den Klienten (Möglichkeiten, Fähigkeiten, Wertangebote) eingearbeitet sein
- eine sinnvolle Lösung des Konflikts (der Thematik) des Klienten angeboten werden
- die Absicht des Therapeuten bestehen, durch seine Geschichte die Sinnsuche im Patienten / Klienten selbst anzusprechen, anzuregen oder hervorlocken.
4. AUSWIRKUNGEN
Der Sinnfindungsprozess und seine Auswirkungen
Der Sinnfindungsprozess findet statt in der geistigen, der „dritten“ Dimension des Menschen.
Im Speziellen wird durch das Einhalten der Kriterien der logotherapeutischen Schreibweise der Sinnanruf im Patienten/Klienten angesprochen. Sobald dieser den Patienten erreicht und sich somit Wahlmöglichkeiten eröffnen, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Steigerung der Motivation. Das Erkennen eines Sinnes eröffnet nach Frankl ein Gefühl, ein Spüren im Menschen das einem hinzieht zu Werten, die als Möglichkeiten darauf warten, verwirklicht zu werden. Veränderung, Neuorientierung wird möglich.
Durch die Indirekte Kommunikation bleibt man länger im Gespräch. Eine Story ist eine elegante, weil indirekte, und somit weniger kompromittierende, und gerade deshalb weniger abwehren müssende, und somit näher an sich heran lassende Möglichkeit, mit den Problembereichen des Patienten zu arbeiten, sie anzusprechen. Und das gilt für beide Seiten. Für den Patienten, dessen Emotionen besser kontrolliert werden können und der seine „Bösen und schlechten, abgelehnten Seiten“ leichter ansprechen und erklären kann, aber auch für den Therapeuten (je nach dessen Arbeitsweise und Charakter), der seinen Klienten besser unterstützen kann im therapeutischen Sinne. Trotzdem bleiben es Angebote, Möglichkeiten, die der Patient annehmen, sich damit auseinandersetzen oder sie ablehnen kann einbauen, die für die Prozesssituation von Bedeutung sind, auf direktem Wege kommuniziert.
5. DER PROZESS
Das logotherapeutische Storytelling unterteilt sich in drei Phasen:
- die Eingangsphase
- die kreative Phase
- die therapeutische Phase
5.1 Eingangsphase /Arbeitsschritte
Einerseits muss es „stimmig“ sein, andererseits in der Fantasie des Therapeuten die Annahme entstehen, dass der logotherapeutische Storytellingprozess in seiner Gesamtheit passt.
Es besteht eine stabile Patienten-Therapeutenbeziehung.
Dies gewährleistet, dass der Therapeut über seinen Patienten genug Informationen gesammelt hat und diese nicht in einer Art „ausfragen“ einholen muss (Der Therapeut beschließt aufgrund der Symptome und der Diagnose seines Patienten / Klienten, dass eine logotherapeutische Geschichte aktuell eine sinnvolle Möglichkeit im psychotherapeutischen Prozess seines Klienten darstellt. Das heißt: Er hat eine empathische Grundhaltung entwickelt, ein Gefühl im Begleitprozess, das ihm „sagt“, dass diese Technik jetzt gerade passen kann, das heißt, er entscheidet intuitiv, ob das Storytelling für seinen Klienten passend ist.).
5.1.1 Das Sammeln von Informationen
Hierbei ist wichtig darauf zu achten,wasein Patient erzählt, aber auch gleichsamwieein Patient erzählt (Otte, 2005). Zum Beispiel kommen keine Gefühle vor, gibt es nur rigide, stereotype Erklärungen, Beschimpfungen,...
Der Therapeut macht sich Notizen über die soziologischen, biologischen und psychologischen Bedingungen seines Klienten.
Der Therapeut notiert sich in Stichwortendie aktuellen Problemsituation, zum Beispiel Bettnässen, Außenseitersein seines Klienten, … und dessen bereits ausformuliertes Therapieziel. Vor allem arbeitet der Therapeut den / dieGrundkonflikt(e)heraus, also: worum geht es bei diesem Menschen, was ist sein innerpsychischer Konflikt und eventuelle akute Konfliktthemen in der derzeitigen Lebenssituation seines Klienten, was dient zur Aufrechterhaltung des Konfliktes, wovor hat er Angst ...
Weiters ist es wichtig die Ressourcen (was kann gut, was tut er gern) des Klienten zu notieren bzw. sich zu überlegen, welche Ressourcen dem Klienten bei der Bewältigung seines Konfliktes helfen können.
Der Logotherapeut macht eine phänomenologische Analyse der Person, das heißt: er schaut genau hin und nimmt seinen Klienten phänomeno-logisch, also wahrnehmend, wahr. Das „WIE“ ist diese Person, wie spricht sie, wie verhält sie sich, wie bewegt sie sich. Meiner Meinung nach drückt die Körpersprache eines Menschen seine unbewussten und bewussten Überzeugungen, Werte, Glaubenssätze, Wünsche, Motivationen, Zustände, aus. Seelische Defizite, Verletzungen, Ungleichgewichte, Verzerrungen usw. können so erkannt werden indem „Wie“ sich jemand ausdrückt. Dieses „Wie“ wird später als Gestaltungselement eingearbeitet und therapeutisch genutzt. Zum Beispiel für eine „Spiegelung“ genommen um zum Beispiel eine bestimmte Angewohnheit genau zu spiegeln (selben Gesichtsausdruck, selbe Wortwahl, selbe Stimmlage und Modulation,wie der Klient) während man diese Angewohnheit in ein Bild einbettet.
5.1.2 Vorschlag für eine Checkliste:
Vor dem Start empfiehlt es sich ein Kontrollblatt anzulegen um alle Informationen und Eindrücke zuzuordnen. Das ist gleichzeitig auch für den Therapeuten eine Überprüfung, ob er alle wichtigen Lebensbereiche seines Patienten schon angesprochen hat und er kann die bisher zusammengetragenen Informationen „katalogisieren“. So ist es in den kommenden Stunden einfach, auf elegante Weise die Restinformationen einzuholen und zu analysieren. Diese Informationscheckliste kann stets erweitert werden und ist Basis für alle weiteren Geschichten. Sie beinhaltet im Wesentlichen folgende drei Bereiche:
Das Zuordnen von Informationen:
(die soziologischen, biologischen und psychologischen Grundbedingungen erfahren)
Problemformulierung:
Was ist das Problem dieser konkreten Person. Wie hat er es schon zu lösen versucht und ist gescheitert. Der Grundkonflikt und die sich daraus ergebenden aktuellen Konflikte aus der Sicht des Therapeuten.
Zielformulierung:
Was ist Zweck und Ziel dieser Geschichte, was konkret soll sie aussagen, was konkret soll sie im Klienten ansprechen, wecken, verändern, bewirken. Dabei ist zu beachten, dass das definierte Ziel innerhalb dieses zu bearbeitende Problembereichs liegt und diesen lösen soll.
Lösungsraum aufspannen:
Welche Möglichkeiten bieten sich meinem Klienten generell in seiner Situation.
Ein Beispiel für eine Checkliste / Datenanalyse als Rahmen für das Schreiben einer individuellen, konkret auf einen Aspekt im Verlauf der Therapie
bezogenen, Lösungsvorschlag als Angebot des Therapeuten für seine Klienten / Patienten findet sich im Anhang dieser Arbeit im Kapitel Fallgeschichte.
5.2 Kreative Phase
5.2.1 Das Imaginieren der Geschichte
Es entsteht eine Geschichte in der Fantasie, die in schriftlicher Notizform festgehalten wird.
Themenwahl:
Zunächst entscheidet sich der Therapeut ob er für den Grundkonflikt oder für ein aktuelles Konfliktthema er eine Geschichte schreiben will. Nun macht sich der Therapeut ein Bild darüber, welche Bedeutung dieses Thema für den Patienten bzw. für dessen Umwelt hat und wie die Umwelt auf den Konflikt reagiert/rückmeldet.
Kontext:
Kontext überlegen, in welchen man die Geschichte stellt. Dieser Kontext muss für den Patienten bedeutend sein und angenommen werden können. In welche Situation stellt der Autor die Geschichte. In welchen Ort und in welche Zeit wird die Geschichte verpackt zum Beispiel in die Welt der Zwerge, der Pokemons, der Unterwasserwelt, oder wähle ich Abstraktes, zum Beispiel ein Quadrat und einen Zylinder.. Der gewählte Kontext muss vom Patienten angenommen werden können, bzw. Bedeutung haben.
Figuren:
Wer kommt in die Geschichte?
Kontext der Handlung:
Was soll geschehen, die Handlung selbst wird beschrieben
Wahl der Gestaltungselemente:
Welche logotherapeutische Methode möchte ich in die Geschichte einbauen?
Ressourcen:
Welche Ressourcen werden speziell für diese Thematik gebraucht?
Höhepunkt und Lösungsweg:
Wann und wie wird der Konflikt, das Problem, gelöst? Besonders herausarbeiten kann man das Moment der Krise und die sich dadurch ergebenden therapeutischen Möglichkeiten. Durch die Betroffenheit (Ich-Nähe ist spürbar) und die damit faktische „psychische Offenheit“ des Hörers hat der Therapeut das Veränderungspotential evoziert.
An die Lösung wird die Identifikationsfigur mit einer Intervention, im Falle der vorliegenden Arbeit mit einer logotherapeutischen Methode geführt. Zum Beispiel: die kopernikanische Wende vollziehen heißt: das Wozu und das Wofür finden, Urvertrauen wecken, Mut erleben, Wahlmöglichkeiten eröffnen, Freiraum und Freiheit erspüren, Verantwortung erkennen, Werte und Gewissen erforschen, Entscheidungen treffen lernen ...
5.2.2 Wahl des Erzählmodells
Welches Erzählmodell passt am Besten für den Transfer von Informationen und zur Persönlichkeit des Klienten. Auswahl der epischen Form, zum Beispiel Märchen, Brief,...
5.2.3 Wahl des Gestaltungsmodells
Soll diese spezielle Geschichte ein geschlossenes oder ein offenes Ende haben?
In der Praxis zeigt sich, dass das Geschichten schreiben als kreativer Prozess viele Möglichkeiten hat.
Die geschlossene Geschichte
Der Therapeut selbst schreibt die gesamte Geschichte, liest diese vor und arbeitet sie mit dem Hörer zusammen nach.
Das offene Ende
zum Weiterphantasieren von Seite des Patienten, das gemeinsame Entwickeln des Endes einer Geschichte von Patient und Therapeut.
Die offene Geschichte
In diesem Fall wird die gesamte Geschichte mit dem Patienten gemeinsam entwickelt. Im unten angeführten Beispiel entstand die Geschichte durch dialoge Erzählung. Im Wesentlichen erzählt die Klientin, ich beschränke mich auf therapeutische Vorschläge.
Die interaktive Geschichte
Wenn zum Beispiel Informationslücken in der Traumaverarbeitung nicht nachgefragt werden können, weil Inhalte verdrängt sind. Informationslücken werden in der Geschichte thematisiert durch nachfragen in der Geschichte selbst. Zum Beispiel „…. aber leider hat die kleine Maus heute dazu gar keine Lust …..“ daraufhin fragt der Therapeut seine Klienten, ein 14- jähriges Mädchen. „ X, hast du eine Idee, weshalb die kleine Maus in der Geschichte heute gar keine Lust hat?“
Die spontane Geschichte
Als spontaner Einfall des Therapeuten für die therapeutische Situation.
Im nächsten Kapitel „Beispiele“ bringe ich für jede der angesprochenen Gestaltungsmodelle eine Geschichte, die aus meinem Arbeitsalltag als Psychotherapeutin für Existenzanalyse und Logotherapie entnommen ist. Nachdem alle Überlegungen abgeschlossen sind beginnt mit dem Schreiben der Geschichte selbst die Therapeutische Phase, die als solche natürlich auch als ein kreativer und intuitiver Vorgang zu verstehen ist.
5.3 Therapeutische Phase
Der erste Teil der therapeutischen Phase besteht aus:dem Schreiben der Geschichte selbst, dem Storytelling ( das Erzählen der Geschichte) und der Phase der Aufarbeitung mit dem Patienten.
5.3.1 Der Prozess des Schreibens
Auf der Basis der geleisteten Vorbereitungen und des gewählten therapeutischen Erzählmodells schreibt man nun die Geschichte unter Einbeziehung aller Gestaltungselemente und Aufbauelemente, wie in den zuvor beschriebenen Kapiteln. Da das ein kreativer und offener Prozess ist, kann es sein, da sich die Geschichte auch anders entwickelt als geplant und ich dann im Nachhinein überprüfe, ob alle Kriterien für eine therapeutische Geschichte erfüllt sind, oder einer neuerlichen Überarbeitung unterzogen werden muss.
5.3.2 Das Vortragen / Das Erzählen
Die Geschichte wird nun vorgetragen / vorgelesen. Dies ist der zweite Teil der therapeutischen Phase. Es sprengt den Rahmen dieser Arbeit, sich mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinander zu setzten, Wie man eine Geschichte sprechtechnisch beeinflussen kann. Es muss genügen hier allgemein Anerkanntes zu erwähnen, wie zum Beispiel der Erzähler durch Betonung / Tonation / Stimmhöhe, das Einlegen von Pausen, Geräuschen, Augenkontakt, aber auch durch Mimik und Gestik die Bedeutung einer Textstelle herausstreichen oder für den Hörer uninteressant, unwichtig erscheinen lassen kann, generell gesprochen: beeinflussen kann. (zum Beispiel. kann ich als Therapeut Textstellen, die unerwünschtes Verhalten beschreiben, auf eine Art und Weise aussprechen (zum Beispiel durch eine Stimme die oberflächlich und entwertend klingt) dass dadurch im Patienten eine Phantasie ausgelöst wird, dass dieses Verhalten als wenig attraktiv bewertet wird, beziehungsweise „besser in Zukunft sein gelassen wird“.)
5.3.3 Das Aufarbeiten
Die Geschichte wird aufgearbeitet.
Die Geschichte gemeinsam verarbeiten und diskutieren ist, wie der gesamte Storytellingprozess, kreativ, intuitiv und offen. Geprägt von den therapeutischen Fähigkeiten, der Erfahrung und der Persönlichkeit des Therapeuten sowie seiner Bereitschaft sich phänomenologisch auf den Patienten / Klienten stets „neu einzustellen“ (pacen und leaden) und den Prozess nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten des „Empfängers“ „fein abzustimmen“, also spontan einzustellen und nicht die zu Beginn festgelegten Ziele stur weiterzuverfolgen.
Bei dieser Arbeit ergeben sich unzählige Möglichkeiten, einige notwendige Arbeitsschritte seien aufgezählt, wie zum Beispiel die Wahlmöglichkeiten der Figuren der Handlung gemeinsam diskutieren, sich in ihre Rollen einfühlen, die Welt aus der Sicht der Figuren betrachten und sich Lösungen erdenken bzw. deren Standpunkte erläutern.
Sich die Geschichte aus einer anderen Perspektive erzählen lassen, der Geschichte neue Kapitel hinzufügen.
Die Meinung des Patienten über die Geschichte erzählen lassen, die Geschichte aus seiner Sicht erzählen lassen, sich mit ihm über seine Interpretation unterhalten,.
Für mich erscheinen folgende Möglichkeiten als sinnvoll und daher baue ich diese stets in den Aufarbeitungsprozess ein:
dem Hörer Fragen stellen
1. Fragen über Inhalte der Geschichte: Zum Beispiel: „ Wie geht es dem kleinen Bär, was enttäuscht ihn so“?
2. Fragen über die Geschichte selbst: Zum Beispiel „Wie findest du die Geschichte des Bären, gefällt dir die Geschichte?
3. Fragen in Bezug zur persönlichen Lebenssituation: Zum Beispiel: „Geht es dir auch manchmal so wie dem kleinen Bären“?
4. Fragen bereits während der Geschichte stellen – interaktiv- , „Was soll sich der kleine Bär wünschen, was will er denn wissen, was soll die Fee denn wissen, wie soll die Fee denn helfen,...“
den Hörer Erzählen lassen
1. frei, ohne Vorgabe
2. aus der Sicht einer anderen Person aus dem Umfeld oder innerhalb der Geschichte
3. weiter erzählen lassen
zusammen diskutieren
1. Textsequenzen herausnehmen und diese zu einem Bild verarbeiten oder dann in direkten Bezug zum Leben /zur Situation des Pat. stellen
2. Handlungen in der Geschichte oder Personen der Geschichte in Frage stellen und andere Möglichkeiten suchen und besprechen
den Hörer gestalten lassen, darstellend verarbeiten
1. Rollenspiel daraus entwickeln oder nachmalen, zeichnen, basteln, Materialien suchen und ein Kunstwerk daraus machen zum Beispiel Collagen
2. Symbole suchen und zuordnen
6. GESCHICHTEN ALS BEISPIELE
Die folgenden Beispiele und Geschichten sind alle von mir verfasst, beziehungsweise im gemeinsamen Prozess des Klienten /Patienten mit mir.
Erklärungen habe ich nur soweit angeführt, wie diese nach meiner Auffassung für das Erfassen der Absicht der Geschichte als therapeutische Intervention notwendig sind. Die Ausführungen sollen eine Idee davon geben wie ich arbeite und bei welchen Bedingungen ich mich für dieses Modell entscheide, wie ich es anwende, wie flexibel und kreativ dieses Medium ist.
Wichtiges habe ich in Kursivschrift Arial hervorgehoben.
Für mich ist das logotherapeutische Storytelling ein wichtiges therapeutisches Element am Wege der psychischen Entwicklung eines Menschen, wenn dieser dieses bejaht. Geschichten waren für Menschen immer schon bedeutend, das Geschichten erzählen war immer schon Bestandteil unserer zwischen-menschlichen Begegnung, Storytelling bewahrt noch dazu unserer kreativen Potentiale. Das sich treffen im „Raum der unendlichen Möglichkeiten“, wo Bewusstes und Unbewusstes verschiedener Individuen sich berühren, hat noch ungeahnte Möglichkeiten heilender Wirkung.
6.1 Die geschlossene Geschichte
„Das Bäumlein“
Diese Geschichte wird als Fallbeispiel für das Thema dieser Arbeit im Detail am Ende dieser Arbeit betrachtet.
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