Lade Inhalt...

"Das Konzept der Menschenwürde und die realistische Utopie der Menschenrechte" nach Jürgen Habermas

©2014 Essay 5 Seiten

Zusammenfassung

In seinem 2010 erschienenen Essay „Das Konzept der Menschenwürde und die realistische Utopie der Menschenrechte“ verteidigt Jürgen Habermas die Menschenwürde gegen den Vorwurf einer Attrappe, hinter der sich nur diverse und zum Teil diffuse Menschenrechtsansprüche verbergen würden und argumentiert, dass ein politisches Konzept, in dessen Mittelpunkt die Menschenrechte stehen, ohne den Begriff der Menschenwürde nicht auskommen könne. Habermas vertritt hierbei die These, dass es einen engen begrifflichen Zusammenhang zwischen der Menschenwürde den und Menschenrechten gibt (S. 344) und das letztere selbst eine Spezifizierung und Verrechtlichung der Menschenwürde darstellen würden.

Leseprobe

In seinem 2010 erschienenen Essay „Das Konzept der Menschenwürde und die realistische Utopie der Menschenrechte“ verteidigt Jürgen Habermas die Menschenwürde gegen den Vorwurf einer Attrappe, hinter der sich nur diverse und zum Teil diffuse Menschenrechtsansprüche verbergen würden und argumentiert, dass ein politisches Konzept, in dessen Mittelpunkt die Menschenrechte stehen, ohne den Begriff der Menschenwürde nicht auskommen könne. Habermas vertritt hierbei die These, dass es einen engen begrifflichen Zusammenhang zwischen der Menschenwürde den und Menschenrechten gibt (S. 344) und das letztere selbst eine Spezifizierung und Verrechtlichung der Menschenwürde darstellen würden. Die Menschenwürde sei ein Begriff, den lange Zeit nur Philosophen benutzten bevor er erst in der jüngeren Geschichte und nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges selbst kodifiziert wurde (S.344).

Die Menschenrechte sind lange Zeit ohne einen ausdrücklichen Verweis auf die Menschenwürde proklamiert worden, auch wenn der Begriff selbst seine Ursprünge in der Antike hat und bei Immanuel Kant seine heutige Fassung findet. Die menschliche Würde als solche hätte jedoch den Menschenrechten immer zu Grunde gelegen, da sich deren Proklamation nämlich auf die „Empörung der Beleidigten über die Verletzung ihrer menschlichen Würde“ berufen würde. Doch erst nach den Erfahrungen des Holocaust und dem Menschenbild der NS-Diktatur wurde der Begriff, der nicht nur Einzug in das deutsche Grundgesetzt sondern auch die Charta der Vereinten Nationen hielt, populär.

Mit der Entwicklung des Begriffs stützte man sich auf das Kantische Verständnis der Menschenwürde, nach welcher Menschen nie zum bloßen Mittel für Zwecke gemacht werden dürfen, da sie ihren Zweck in sich selbst tragen. Hierfür führt Habermas das Beispiel des „Luftsicherungsgesetzes“ aus dem Jahr 2006 an, bei welchem das Bundesverfassungsgericht das Abschießen von Flugzeugen zur Verhinderung eines terroristischen Anschlages wie vom 11. September 2011 mit Bezug auf die Unantastbarkeit der menschlichen Würde als verfassungswidrig erklärte.

Wie bereits erwähnt, sieht Habermas einen begrifflichen Zusammenhang zwischen der Menschenwürde und den Menschenrechten. Um aufzuzeigen, dass die Würde ein normativer Grundbegriff ist, aus welchem sich die Menschenrechte durch eine Spezifizierung ableiten lassen (S. 345, geht Habermas argumentativ in drei Schritten vor: (1) Nennung von rechtstheoretischen Gründen für die Rolle der Menschenwürde als moralische Quelle der Menschenrechte; (2) Untersuchung der Rolle der Menschenwürde bei der Komposition der Menschenrechte aus Vernunftsmoral und Rechtsform; (3) Die Entstehung einer realistischen Utopie der Menschenrechte aus eben jenem Ursprung aus der Menschenwürde (S. 345).

(1) Habermas schreibt der Menschenwürde als Begriff eine Kompromissfunktion zu, nach welcher diese im Zuge der Ausdifferenzierung und Ausbreitung des Menschenrechtsgedanken eine Überwindung scheinbar unüberbrückbarer Differenzen erlaubte, da sich die Parteien oft auf einen Konsens einigen konnten, nach welchem die menschlichen Würde ein zentrales Element eben jener Menschenrechte sei. Habermas argumentiert, dass der Begriff der Würde hierbei nicht nur durch veränderte historische Kontexte entstand, sondern bereits von Beginn an Teil der Menschenrechtskonzeption war, nämlich als „jene normative Substanz der gleichen Menschenwürde eines jeden, die die Menschenrechte gewissermaßen ausbuchstabieren“ (S. 345). Die Erfahrungen von Verletzungen der menschlichen Würde, wie beispielsweise soziale Ungleichheit oder Marginalisierung, hätte eine „Entdeckungsfunktion“, die dann zu einer „weitergehenden Ausschöpfung der normativen Gehalts verbürgter Grundrechte wie zur Entdeckung und Konstruktion neuer Grundrechte führen“ würde. (S. 346)

Demnach war der historische Verlauf zunächst der, dass zuerst einzelne Menschenrechte erkämpft wurden, deren Begründung dann mit dem Verständnis einer menschlichen Würde begründet wurde und daraus ein Menschenrecht ableitete. Dies erlaubt folglich auch die logische Sortierung aller Rechte, denn diese muss erfolgen, da Menschenrechte unteilbar sind: „Grundrechte können das moralische Versprechen, die Menschenwürde eines jeden zu achten, nur dann politisch einlösen, wenn sie in allen ihren Kategorien gleichmäßig zusammenwirken“ (S. 346). Dieses Zusammenwirken der vier Kategorien von Rechten (liberale Freiheitsrechte, demokratische Teilnahmerechte, soziale und kulturelle Rechte) setzt aber voraus in einer rechtsstaatlichen Ordnung zu leben, von der eben jene Rechte zusammenhängend verwirklicht und geschützt werden.

Habermas bezeichnet die Menschenwürde demnach als einen „Seismograph“ für die Konstitution der bestehenden demokratischen Rechtsordnung, die genau jene Rechte betrifft „die sich die Bürger eines politischen Gemeinwesens geben müssen, damit sie sich gegenseitig als Mitglieder einer freiwilligen Assoziation von Freien und Gleichen achten können. Die Gewährleistung dieser Menschenrechte erzeugt erst den Status von Bürgern, die als Subjekte gleicher Rechte einen Anspruch darauf haben, in ihrer menschlichen Würde respektiert zu werden“ (S. 347). Der Begriff der Menschenwürde fungiere demnach als ein begriffliches Scharnier zwischen der Moral der Achtung des gleichen Rechts für jeden und dem positiven Recht und der demokratischen Rechtssetzung (S 347). Das Ergebnis dessen sei eine auf dem Konzept der Menschenrechte basierende bzw. begründete politische Ordnung.

[...]

Details

Seiten
Jahr
2014
ISBN (eBook)
9783656691747
ISBN (Buch)
9783656691716
Dateigröße
445 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Erscheinungsdatum
2014 (Juli)
Note
1,5
Schlagworte
konzept menschenwürde utopie menschenrechte jürgen habermas
Zurück

Titel: "Das Konzept der Menschenwürde und die realistische Utopie der Menschenrechte" nach Jürgen Habermas