Die vergangene und zukünftige Entwicklung des deutschen Einzelhandels
Zusammenfassung
Ungeachtet dessen befindet sich der Einzelhandel in einem Strukturwandel. Die Umsätze und Haushaltseinkommen stagnieren, Absatzformen verändern sich ebenso wie die Ausgabenstruktur privater Haushalte, der Altersdurchschnitt und die Konsumgewohnheiten der Bevölkerung. Dabei unterlag dieser Wirtschaftszweig in seiner Geschichte bereits signifikanten Veränderungen. Zu nennen wären beispielsweise Schlüsselereignisse wie die Industrialisierung, Weltkriege, Wirtschaftskrisen und -wunder, Währungsreformen, die Wiedervereinigung sowie der Vorstoß des Internets. Diese Ereignisse und Themen wie die soziodemografische Veränderung Deutschlands und der fortschreitende Konzentrationsprozess in einer so bedeutsamen Branche sind der Anlass für eine Zu-kunftsbetrachtung, die die mögliche weitere Entwicklung des Einzelhandels in Deutsch-land aufzeigen soll. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf einer Zusammenfassung der bedeutendsten Befunde der Einzelhandelsentwicklung.
Im Folgenden wird der Einzelhandelsbegriff abgegrenzt und grundlegende Informatio-nen über den Einzelhandel vermittelt. Eine geschichtliche Betrachtung des Einzelhan-dels, in der die Entwicklung der vergangenen rund 130 Jahre mit ihren wesentlichen Ereignissen ausgeführt wird, wobei die Situation in der DDR nur eine knappe Erwäh-nung findet, sowie eine Darstellung des aktuellen Stands des deutschen Einzelhandels und seiner Bedeutung im gesamtwirtschaftlichen Kontext bilden die Grundlage für ei-nen Ausblick in die mögliche zukünftige Entwicklung des Einzelhandels hinsichtlich sich verändernder gesellschaftlicher Faktoren und Trends.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffserklärung und Abgrenzung
3. Geschichtliche Betrachtung
3.1. Industrialisierung
3.2. Erster Weltkrieg
3.3. Weimarer Republik
3.4. Drittes Reich
3.5. Wirtschaftswunder
3.6. Die Jahre 1950-1990
3.7. Von der Wiedervereinigung bis heute
4. Aktuelle Lage und Bedeutung
5. Mögliche zukünftige Entwicklung und Trends
5.1. Soziodemografischer Wandel
5.2. Verfügbares Einkommen und Ausgabenstruktur der Konsumenten
5.3. Veränderung des Konsumverhaltens
5.4. Flächenwachstum und Konzentrationsprozess
5.5. Markttendenzen
6. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einzelhandelsumsatz in der DDR in Mrd. DDR-Mark von 1949-1989
Abbildung 2: Umsatz im Einzelhandel nach Betriebsformen in Mio. DM 1962-1980
Abbildung 3: Umsatz im EH in Deutschland in Mrd. Euro in den Jahren 2000-2013
Abbildung 4: Anteil des Einzelhandels am privaten Konsum i. d. Jahren 2000-2012
Abbildung 5: Bevölkerung nach Altersgrupp. 2008 und 2030 in % d. Gesamtbevölk
Abbildung 6: Flächenentwicklung der Einkaufscenter von 2005-
1. Einleitung
Der deutsche Einzelhandel bildet mit einem Umsatz von jährlich über 425 Milliarden Euro, circa 3 Millionen Beschäftigten sowie 160.000 Auszubildenden und rund 400.000 Betrieben nach Industrie und Handwerk den drittgrößten Wirtschaftszweig in der Bundesrepublik1. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Einzelhandels wird zudem durch die Tatsache hervorgehoben, dass sich mit der Schwarz-Gruppe, Metro AG, sowie der Aldi-, Rewe-, und Edeka-Gruppe unter den zwanzig Umsatzstärksten deutschen Unternehmen allein fünf Einzelhandelsunternehmen befinden2. Im europäischen Kontext bildet der deutsche Einzelhandel mit mehr als 82 Millionen überdurchschnittlich kaufkräftigen Menschen den größten Verbrauchermarkt3.
Ungeachtet dessen befindet sich der Einzelhandel in einem Strukturwandel. Die Umsät- ze und Haushaltseinkommen stagnieren, Absatzformen verändern sich ebenso wie die Ausgabenstruktur privater Haushalte, der Altersdurchschnitt und die Konsumgewohn- heiten der Bevölkerung. Dabei unterlag dieser Wirtschaftszweig in seiner Geschichte bereits signifikanten Veränderungen. Zu nennen wären beispielsweise Schlüsselereig- nisse wie die Industrialisierung, Weltkriege, Wirtschaftskrisen und -wunder, Währungs- reformen, die Wiedervereinigung sowie der Vorstoß des Internets. Diese Ereignisse und Themen wie die soziodemografische Veränderung Deutschlands und der fortschreitende Konzentrationsprozess in einer so bedeutsamen Branche sind der Anlass für eine Zu- kunftsbetrachtung, die die mögliche weitere Entwicklung des Einzelhandels in Deutsch- land aufzeigen soll. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf einer Zusammenfassung der be- deutendsten Befunde der Einzelhandelsentwicklung.
Im Folgenden wird der Einzelhandelsbegriff abgegrenzt und grundlegende Informationen über den Einzelhandel vermittelt. Eine geschichtliche Betrachtung des Einzelhandels, in der die Entwicklung der vergangenen rund 130 Jahre mit ihren wesentlichen Ereignissen ausgeführt wird, wobei die Situation in der DDR nur eine knappe Erwähnung findet, sowie eine Darstellung des aktuellen Stands des deutschen Einzelhandels und seiner Bedeutung im gesamtwirtschaftlichen Kontext bilden die Grundlage für einen Ausblick in die mögliche zukünftige Entwicklung des Einzelhandels hinsichtlich sich verändernder gesellschaftlicher Faktoren und Trends.
2. Begriffserklärung und Abgrenzung
Der Begriff Einzelhandel gehört zum tertiären Wirtschaftssektor und lässt sich in funk- tioneller und institutioneller Hinsicht definieren. Der funktionelle Einzelhandel be- schreibt den Verkauf von Handelswaren an den Endverbraucher, wohingegen die insti- tutionelle Sichtweise die Betriebe bezeichnet, die den Einzelhandel betreiben4. Die Handelswaren werden im Einzelhandel nicht selbst produziert oder verarbeitet, sondern in der Regel von anderen Marktteilnehmern wie zum Beispiel dem Großhandel oder der Industrie beschafft5. Darüber hinaus kann der Einzelhandel in drei Vertriebsformen un- terschieden werden, namentlich den stationären Handel (z.B. Märkte der ALDI Einkauf GmbH & Co. oHG), den Versandhandel (z.B. Otto Group) und den ambulanten Handel (z.B. Marktstand)6. Der Einzelhandel im engeren Sinn bezeichnet den Verkauf von Wa- ren an den Endverbraucher ohne die Sparten Kfz-Handel, Tankstellen, Brennstoffe und Apotheken7.
Der Einzelhandel erfüllt im wirtschaftlichen Zusammenhang Aufgaben wie die Verteilung der Güter, die Bildung eines Sortiments, die Lagerhaltung, Beratungen und Kundendienst sowie Marktbeobachtung und Markterschließung8.
3. Geschichtliche Betrachtung
Der deutsche Einzelhandel hat sich im Laufe der Jahrzehnte stark verändert. Er wurde beeinflusst durch Innovationen, wie Werbemethoden oder neuen Betriebsformen, und unstete Rahmenbedingungen, wie volkswirtschaftlichen Veränderungen oder Weltkriege. Als Bindeglied zwischen dem Erzeuger und dem Endverbraucher nahm die Bedeutung des Einzelhandels im Laufe der Geschichte immer weiter zu.
3.1. Industrialisierung
Den Grundstein des Einzelhandels in Deutschland wie wir ihn heute kennen, bildete die Epoche der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit war die deutsche Bevölkerungsentwicklung geprägt von der Urbanisierung sowie einem starken Bevölke- rungswachstum. Die industrielle Massenfertigung konnte die hohe Nachfrage nach Gü- tern bedienen und die Kaufkraft nahm massiv zu. Im Jahre 1885 entstand das von Leon- hard Tietz in Elberfeld nach französischem Vorbild gegründete erste deutsche Waren- haus9. Im Einzelhandel dieser Zeit wurden durch die Konsumenten erworbene Waren üblicherweise erst später oder in Raten bezahlt, wodurch auf Seiten der Einzelhändler große Risiken wie dem Zahlungsausfall oder der hohen benötigten Kapitalkraft lasteten. Um diese Teilzahlungsgeschäfte zu regeln, wurde im Jahr 1895 vom Reichsministerium der Justiz in Berlin über das Reichsgesetzblatt das "Gesetz, betreffend die Abzahlungs- geschäfte" erlassen10. Zugleich entstanden im Einzelhandel die auf früherer Grundlage von Raiffeisen und Schulze-Delitzsch aufbauenden Konsumgenossenschaften11. Im Jahr 1891 führte Großbritannien zum Schutz vor minderwertigen Waren die Kennzeichnung von Importen ein, die die Bezeichnung des Herkunftslandes zu tragen hatten12. Das Sie- gel "Made in Germany" galt fortan als Qualitätsmerkmal deutscher Güter.
Aus der Apotheke stammend, gelang es durch die Fortschritte in der Chemie, Markenar- tikel wie beispielsweise das Mundwasser Odol oder das Backpulver Dr. Oetker's in gleichbleibender Qualität zu produzieren und portionierte Verkaufsverpackungen zu geringen Preisen anzubieten. Dadurch forcierten die Markenhersteller die Werbemaß- nahmen wie zum Beispiel die bedruckten Verpackungen oder Zeitungsanzeigen, um für Bekanntheit und Qualität ihrer Produkte zu werben. Eine Flut von zum Teil unseriösen Werbekampagnen und verstärktem unlauterem Wettbewerb veranlasste einerseits Mar- kenartikelhersteller wie Fritz Henkel und August Oetker, die einen Markenverband mit dem Ziel der Bekämpfung der Preisschleuderei und dem Ausbau der Markenschutzrech- te gründeten, andererseits die preußische Regierung, die durch ordnungspolitische Maß- nahmen in Form von Gesetzen gegen die landschaftliche Verunstaltung und unsittliche Werbemaßnahmen vorging, zum Handeln13.
Die mittelständischen Einzelhändler standen Ende des 19. Jahrhunderts bis zu Beginn des ersten Weltkrieges im Jahr 1914 in starker Konkurrenz zu den Konsumgenossen- schaften und auch der Industrie, die durch die Werbemaßnahmen ihrer Produkte auf das Kaufverhalten der Kunden einwirkte. In den Städten entwickelten sich zunehmend die Betriebsformen der Kauf- und Warenhäuser sowie das Filialprinzip. Insbesondere die Kauf- und Warenhäuser entwarfen zahlreiche Verkaufsförderungsinstrumente (z.B. die Absatzförderung) und Werbemaßnahmen (z.B. Außenwerbung auf Litfaßsäulen) wie sie auch heute noch zu finden sind14.
3.2. Erster Weltkrieg
Im ersten Weltkrieg kam das rasante Wachstum des Einzelhandels zu einem jähen En- de. Die englische Blockade deutscher Seehäfen sowie schlechte Ernten führten zu Hamsterkäufen, daraus resultierenden Preissteigerungen und mündeten schließlich in einer Rationierung durch den Staat. Die Versorgungsengpässe fanden im so genannten Kohlrübenwinter 1916/1917 ihren Höhepunkt15. Vor allem viele Kleinbetriebe im Ein- zelhandel waren gezwungen das Geschäft aufzugeben. Wer in die Rationierung des Staates eingebunden war oder auf anderen Wegen Waren beschaffen konnte, hatte trotz des Krieges die Chance das Geschäft fortzuführen. Diese Entwicklung ging mit einem gleichzeitigen Wachstum des Schwarzmarktes und illegalen Lebensmittelverfälschun- gen einher.
3.3. Weimarer Republik
Die anfänglichen Jahre der Weimarer Republik waren geprägt von Hyperinflation und Arbeitslosigkeit, was sich wiederum besonders negativ auf den Einzelhandel auswirkte. Gründe dafür waren vor allem in hohen Reparationsverpflichtungen gegenüber den Alli- ierten sowie nachlässiger politischer Maßnahmen zu finden. Die hohe Arbeitslosigkeit sorgte für einen starken Kaufkraftverlust und vor allem die Sparer verloren durch die zunehmende Entwertung der Währung ihre Vermögen. Im Jahr 1923 entsprach der Wert eines Dollars etwa 4,2 Billionen Reichsmark16. Erst ein anschließender Währungsschnitt sowie die Einführung der Rentenmark, einer Interimswährung, und einer damit verbundenen Neuordnung des deutschen Währungssystems sorgten für eine leichte Normalisierung der Wirtschaftslage17. Der mittelständische Einzelhandel besaß in diesem Zeitraum einen Marktanteil von knapp 80%. Der Rest entfiel auf die Kauf- und Warenhäuser, Filialisten sowie die groß aufkommenden Versandhäuser. Während der Weimarer Republik wurden namenhafte Versandhäuser wie beispielsweise der Baur Versand im Jahr 192318 oder Quelle GmbH im Jahr 192719 gegründet.
Der Zusammenbruch der New Yorker Börse am 25. Oktober 1929, dem so genannten "Schwarzen Freitag", leitete die bis 1933 andauernde Weltwirtschaftskrise ein. Innerhalb dieses Zeitraums gingen in der Weimarer Republik tausende Unternehmen bankrott und die Zahl der Arbeitslosen stieg mit über 6 Millionen Menschen auf circa 25% an20. Der Einzelhandel war dabei von den negativen Bedingungen in besonderem Maße betroffen. Die Einzelhandelsumsätze fielen um circa 40% und der Wettbewerb wandelte sich zum ruinösen Kampf um die Existenz. Der nicht-mittelständische Fachhandel verlor gegenüber den Waren- und Versandhäusern sowie Filialisten zunehmend an Boden21. Die Weltwirtschaftskrise endete in Deutschland mit dem Ende der Weimarer Republik und markierte den Beginn des Nationalsozialismus.
3.4. Drittes Reich
Zu Beginn des dritten Reiches war eine erneute Erholung der wirtschaftlichen Situation und auch des Einzelhandels zu verzeichnen. Durch die NSDAP wurde eine Politik ge- gen die Großunternehmen im Einzelhandel und somit ein Expansionsstop per Gesetz verfolgt, namentlich dem "Gesetz zum Schutze des deutschen Einzelhandels"22.
[...]
1 Vgl. http://www.einzelhandel.de, Stand 11.09.2013.
2 Vgl. http://www.faz.net, Stand 15.09.2013.
3 Vgl. http://www.gtai.de, Stand 04.10.2013.
4 Vgl. Breitschuh, J. (2008), S. 8.
5 Vgl. http://www.stadtumbaunrw.de, Stand 15.09.2013.
6 Vgl. http://www.unternehmerpositionen.de, Stand 07.09.2013.
7 Vgl. http://www.handelsblatt.com, Stand 15.09.2013.
8 Vgl. http://www.einzelhandel.de, Stand 05.10.2013
9 Vgl. http://www.muelheim-ruhr.de, Stand 04.10.2013.
10 RGBl (1894), S. 450-451.
11 Vgl. Lukas, K. (1972), S. 19.
12 Vgl. http://www.spiegel.de, Stand 04.10.2013.
13 Vgl. Schindelbeck, D. (2004), S. 69-73.
14 Vgl. o.V. (2005), S. 42-44.
15 Vgl. http://www.stern.de, Stand 05.10.2013.
16 Vgl. http://www.faz.net, Stand 05.10.2013.
17 Vgl. Mai, G. (2009), S. 36.
18 Vgl. http://www.berufsstart.de, Stand 05.10.2013.
19 Vgl. http://www.sueddeutsche.de, Stand 05.10.2013.
20 Vgl. https://www.in-die-zukunft-gedacht.de, Stand 05.10.2013.
21 Vgl. Briesen, D. (2001), S. 64-65.
22 Vgl. Briesen, D. (2001), S. 66-70; RGBl I(1933), S. 262.