Nach einer kurzen Einleitung der Arbeit erfolgt eine Definition von "gitanos" gefolgt von einer kurzen Zusammenfassung der Situation der Zigeuner im Siglo de Oro. Anschließend werden Ort und Zeit der Handlung, Erzählperspektive und die Personen näher erläutert. Danach werden die Stereotype (Diebe, Kindesentführer, Schausteller und Wahrsager) anhand ausgewählter Textbeispiele analisiert. Ebenso wird auf die Gegenüberstellung von Gut und Böse, sowie auf den Schein als Sein eingegangen. Abschließend wird die Parallele zum Werk "el coloquio de los perros" gezogen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definition gitano
3 Zigeuner im Siglo de Oro
4 Novela de la Gitanilla
4.1 Ort und Zeit der Handlung
4.2 Erzählperspektive
4.3 Personen
4.3.1 Hauptfiguren
4.3.2 Nebenfiguren
4.4 Stereotype
4.4.1 Diebe
4.4.2 Kindesentführer
4.4.3 Schausteller und Wahrsager
4.5 Mehr Schein als Sein
4.6 Gegenüberstellung von Gut und Böse
5 Novela del coloquio de los perros
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
7.1 Bücher
7.2 Internetquellen
1 Einleitung
Der Begriff Zigeuner ist heutzutage jedem ein Begriff. In Deutschland wird dieser jedoch als diskriminierend eingestuft, weshalb diese Bevölkerungsschichten seit einiger Zeit als Sinti und Roma bezeichnet werden.[1] Es gibt vielerlei Dinge an die man bei dem Begriff Zigeuner denkt: Zigeunersoße, Zigeunermusik, Zigeunertanz und vieles mehr. Vor allem aber wird mit dem Wort eines assoziiert: Kriminalität. Meist geht es dabei um Diebstahl, Straßenkriminalität oder auch Kindesentführung. Zum Teil wird mit dem Begriff auch die Abzocke durch das Wahrsagen oder ähnlichen Maschen in Verbindung gebracht. Diese Stereotypen sind vor Jahrhunderten entstanden und sind auch heute noch weit vertreten, nicht zuletzt wegen der Medien, die auch oftmals ein falsches Bild vermitteln können.
In vielen Teilen Europas sind die Zigeuner eine unterdrückte und unerwünschte Minderheit, die für den Staat seit Jahrhunderten ein Dorn im Auge ist. Dies spiegelt sich unter anderem auch in der Literatur des Siglo de Oro wieder. Cervantes greift in seiner Novela de la Gitanilla nahezu alle Vorurteile auf, die über die Zigeuner vorherrschend sind. Dabei geht es jedoch nicht nur um die kriminelle Seite, sondern auch um die künstlerische, wie dem Tanzen und dem Singen. Des Weiteren lässt er die Protagonisten in einem guten Licht erscheinen, dem teilweise gar nicht so ist. Um genau diese Aspekte und um die Gegenüberstellung von Gut und Böse soll es in der vorliegenden Arbeit gehen. Außerdem wird zu Beginn auf die Definition des Begriffs gitano und auf die Zeit des Siglo de Oro im Zusammenhang mit den Zigeunern eingegangen, um im folgenden die Protagonisten zu charakterisieren. Danach folgt eine Auseinandersetzung mit einigen Stereotypen aus Cervantes Werk. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der bereits genannte Anschein, dass etwas als Gut erscheint, am Ende jedoch genau das Gegenteil ist. Im Anschluß daran erfolgt eine Gegenüberstellung von Gut und Böse. Am Ende der vorliegenden Arbeit wird noch einmal kurz auf die Novelle el coloquio de los perros eingegangen und inwieweit dieses mit la Gitanilla Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufweist. Im Fazit wird die Auswertung der vorangegangenen Kapitel dargelegt.
2 Definition gitano
Der spanische Begriff gitano leitet sich von egiptano ab und bezeichnet die aus Ägypten stammenden Zigeuner.[2] Laut dem Duden ist dieser ein Angehöriger des Volkes der Sinti und Roma oder bezeichnet umgangssprachlich und meist abwertend jemanden, “der ein unstetes Leben führt”.[3] Mit dieser Beschreibung werden oftmals die Vorurteile mit den Sinti und Roma in Verbindung gebracht, sie seien alle Diebe, Betrüger, Lügner und ähnliches. Auch Cervantes greift diese auf und beschreibt gleich zu Beginn seines Werkes die gitanos mit folgenden Worten:
Parece que los gitanos y gitanas solamente nacieron en el mundo para ser ladrones: nacen de padres ladrones, críanse con ladrones, estudian para ladrones, y, finalmente, salen con ser ladrones corrientes y molientes a todo ruedo, y la gana del hurtar y el hurtar son en ellos como ac[c]identes inseparables, que no se quitan sino con la muerte. [61]
Cervantes ist jedoch nur einer von vielen, der das Klischee, dass alle Zigeuner Ganoven seien, aufgreift und bedient und weiter darauf eingeht. Zur damaligen Zeit waren die gitanos nicht besonders angesehen, wie das nachfolgende Kapitel zeigt.
3 Zigeuner im Siglo de Oro
Das Goldene Zeitalter Spaniens dauerte von 1519 bis 1659 an.[4] Die ersten Zigeuner gab es jedoch schon einige Jahre vorher. Die ersten gitanos tauchen in Zaragoza im Jahr 1425 auf und erhalten einen Geleitbrief, der es ihnen gestattet durch Spanien zu reisen ohne Steuern oder Zoll zahlen zu müssen.[5] Im Jahr 1447 verbreiteten sich mehr und mehr Zigeuner im ganzen Land, denn viele von ihnen flüchten aus dem Süden Spaniens, der von Mohammedanern besetzt war.[6] Um die Jahrhundertwende wurde ein Gesetz erlassen, dass besagte, dass die gitanos das Land innerhalb von zwei Monaten verlassen sollten oder sie sollten sich einen ehrbaren Beruf suchen. Das Gesetz besagte:
„Seit vielen Jahren zieht ihr von Ort zu Ort, ohne Berufe oder eine andere Art des Lebensunterhalts zu haben, abgesehen davon, daß ihr um Almosen bittet, stehlt, schachert, betrügt und euch als Zauberer und Hellseher ausgebt und anderes begeht, was nicht erlaubt und ehrenhaft ist …“[7]
Die Gesetze wurden im Verlauf der Jahre weiter verschärft, in dem diejenigen, die nicht ausreisen wollten, zu mehreren Jahren Galeerenarbeit gezwungen wurden.[8] Letztendlich sollten die Zigeuner am Ende des 16. Jahrhunderts in Kastilien ausgerottet werden, wie Gilsenbach beschriebt: „Sie sollen in weit voneinander entfernten Provinzen leben und nur Gadsche heiraten dürfen, damit die Rasse ausgemerzt werde. Die Kinder sollen ihren Eltern weggenommen und in Heimen zu braven Christen erzogen werden.“[9]
Diese Gesetze entstanden nicht zuletzt deswegen, weil Spanien zur damaligen Zeit im Umbruch stand und viele Bettler und andere Kriminelle ihr Glück in den Städten versuchten. Diesen Aspekt nimmt Cervantes in seiner Novelle la Gitanilla auf. Er spielt ebenso einige Male auf die korrupten Machenschaften der Polizei und der Politiker an, die vor allem am Ende der Geschichte eine tragende Rolle spielen, wie die nächsten Kapitel aufzeigen sollen.[10]
4 Novela de la Gitanilla
4.1 Ort und Zeit der Handlung
Crióse Preciosa en diversas partes de Castilla, y a los quince años de su edad, su abuela putativa la volvió a la Corte y a su antiguo rancho, que es adonde ordinariamente le tienen los gitanos, en los campos de Santa Bárbara, pensando en la Corte vender su mercadería, donde todo se compra y todo se vende. Y la primera entrada que hizo Preciosa en Madrid fue un día de Santa Ana, patrona y abogada de la villa […]. [63]
Mit diesen Worten beschreibt Cervantes den Ort und die Zeit der Handlung des Werkes. Sie basiert auf der Epoche des Siglo de Oro und beginnt am Tag der heiligen Anna, dem 26.07.1610. Die Zigeunergeschichte dauert einige Monate an und vollzieht sich in mehreren Orten, denn die Zigeuner reisen stets durch ganz Spanien. Beginnend in Madrid reisen sie weiter in das Umland von Toledo, nach Extremadura, la Mancha und schließlich nach Murcia. Es werden noch weitere Reiseziele genannt, die jedoch für die drei Hauptprotagonisten keine Rolle spielen.
4.2 Erzählperspektive
Die Handlung der Novela de la Gitanilla wird von einem auktorialen Erzähler in der dritten Person Singular erzählt, der allwissend ist und über die Gedanken, Gefühle und alle sonstigen Sachverhalte der Geschichte Bescheid weiß. Jedoch werden viele Details, wie beispielsweise der echte Name von Preciosa von den Protagonisten selbst preisgegeben.
4.3 Personen
Die Personen in der Novela de la Gitanilla können in drei verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Zur ersten und gleichzeitig größten Sparte gehören die Zigeuner, zu denen unter anderem auch die drei Hauptakteure Preciosa, Andrés und la vieja gehören. Die zweite Gruppe wird durch die Adligen vertreten, die immer wieder in der Geschichte auftreten, ebenso wie andere Nebenfiguren, die keiner speziellen Gruppe angehören.
4.3.1 Hauptfiguren
4.3.1.1 La vieja
La vieja ist eine schlaue und gewiefte ältere Dame, die mit allen Tricks der Diebeskunst vertraut ist. Sie legt einen großen Wert auf den Ruf der Zigeuner und ist immer auf ihren und den Vorteil ihrer anderen Stammesgefährten bedacht. Ihr Können lehrt sie vor allem ihrer vermeintlichen Enkeltochter Preciosa.
4.3.1.2 Preciosa
Der Begriff preciosa bezeichnet etwas als bildhübsch, wunderschön, reizend und entzückend.[11] Als genau solch ein Geschöpf wird die fünfzehnjährige Preciosa von Cervantes dargestellt. Sie ist jedoch nicht nur eine Augenweide mit ihren goldblonden Haaren und smaragdgrünen Augen, sondern auch klug, witzig, eine hervorragende Tänzerin, Sängerin und Wahrsagerin. Sie wuchs in verschiedenen Gegenden Kastiliens auf und reist mit ihrem Stamm umher, bis sie schließlich in Madrid Juan de Cárcamo kennenlernt.
[...]
[1] Vgl. Duden (2013): Suchbegriff „Zigeuner“, [Online], Verfügbar unter: http://www.duden.de/rechtschreibung/Zigeuner, Stand: 12.05.2014.
[2] Real Academia Española (2014): Suchbegriff “gitano”, [Online], Verfügbar unter: http://lema.rae.es/drae/?val=gitano, Stand: 05.05.2014.
[3] Duden (2013): Suchbegriff „Zigeuner“, [Online], Verfügbar unter: http://www.duden.de/rechtschreibung/Zigeuner, Stand: 02.05.2014.
[4] Vgl. Bauer, Matthias (1994): Der Schelmenroman, Stuttgart: J. B. Metzler Verlag, S. 32.
[5] Vgl. Gilsenbach, Reimar (1997): Weltchronik der Zigeuner: Teil 1: Von den Anfängen bis 1599, Frankfurt am Main: Peter Lang GmbH, S. 66.
[6] Vgl. ebd., S.83.
[7] Vgl. Gilsenbach, Reimar (1997): Weltchronik der Zigeuner: Teil 1: Von den Anfängen bis 1599, Frankfurt am Main: Peter Lang GmbH, S. 116.
[8] Vgl. ebd., S.148.
[9] Ebd., S. 206.
[10] Vgl. Bennassar, Bartolomé / Vincent, Bernard (1999): Spanien: 16. Und 17. Jahrhundert, Stuttgart: Klett-Cotta, S. 145.
[11] PONS (2013): Suchbegriff “precioso“, [Online], Verfügbar unter: http://de.pons.com/%C3%BCbersetzung?q=precioso&l=dees&in=&lf=de, Stand: 01.05.2014.