Die heutige Gesellschaft ist hochgradig technisiert. Der Umgang mit elektronischen Geräten, die der Erfassung, Verarbeitung und Übertragung von Informationen dienen, ist für nahezu jedermann sowohl beruflich als auch privat allgegenwärtig. Daten werden zunehmend in sämtlichen denkbaren und undenkbaren Bereichen des Lebens erfasst.
Doch wie geht sowohl der Einzelne, als auch die gesamte Gesellschaft damit um, dass bei unseren Handlungen immer mehr Daten über uns und das was wir tun erfasst werden? Welche persönlichen Daten erachten wir als schützenswert und welche nicht?
Gerade vor dem Hintergrund der sogenannten globalen Überwachungs- und Spionageaffäre (auch NSA-Skandal oder Snowden-Leaks) stellt sich die Frage, wie die Öffentlichkeit mit dem Thema Datenschutz umgeht. In Politik und Medien findet seit Snowdens Enthüllungen eine breite öffentliche Diskussion über die Rechtmäßigkeit und Moral des NSA-Skandals statt. Allerdings ist in der Wahrnehmung des Autors öffentlicher Protest gegen die Geheimdiensttätigkeiten eher gering bis kaum vorhanden.
Im Gegensatz dazu, so die in dieser Arbeit vom Autor vertretene These, fand in der Vergangenheit bei vergleichbaren Ereignissen, bei denen es um die staatlich kontrollierte massenhafte Erfassung und systematische Auswertung von personenbezogenen Daten ging, wesentlich größerer öffentlicher Widerstand statt, der politische und gesellschaftliche Konsequenzen zur Folge hatte. Als Beispiel hierfür wird vom Autor die ursprünglich für 1981 geplante und erst 1987 durchgeführte Volkszählung in der Bundesrepublik Deutschland genannt.
Gegenstand dieser Arbeit ist die Frage: Gibt es einen Wandel in der öffentlichen Meinung zum Thema Datenschutz? Oder präziser formuliert: Hat sich die gesellschaftliche Mehrheitsmeinung in der Bundesrepublik Deutschland zum Thema Datenschutz in den letzten 30 Jahren geändert? Wenn ja, was sind mögliche Gründe dafür?
Inhalt
Glossar
1 Einleitung und Motivation
2 Datenschutz und öffentliche Meinung
2.1 Definition Datenschutz
2.2 Definition öffentliche Meinung
2.3 Entstehung öffentlicher Meinungen
3 Empirische Untersuchungen
4 Öffentliche Reaktionen
4.1 Volkszählung 1987 in der Bundesrepublik Deutschland
4.2 Globale Überwachungs- und Spionageaffäre 2013 (NSA-Skandal)
5 Fazit
Quellenverzeichnis
Glossar
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V
Branchenverband der deutschen Informations- und
Telekommunikationsbranche
Freie Demokratische Partei
Eine liberale politische Partei in Deustchland
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Eine Gewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund
IG Druck und Papier
Industriegewerkschaft Druck und Papier
Ehemalige Gewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund, fusionierte 1989 mit anderen Gewerkschaften zur IG Medien - Druck und Papier, Publizistik und Kunst, diese ging wiederum 2001 in der Vereinten
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf
Jusos
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD
Jugendorganisation der SPD
ÖTV
Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr
Ehemalige Gewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund, fusionierte 2001 mit anderen Gewerkschaften zur vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft
ver.di
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Eine politische Partei in Deutschland
1 Einleitung und Motivation
Die heutige Gesellschaft ist hochgradig technisiert. Der Umgang mit elektronischen Geräten, die der Erfassung, Verarbeitung und Übertragung von Informationen die- nen, ist für nahezu jedermann sowohl beruflich als auch privat allgegenwärtig. Da- ten werden zunehmend in sämtlichen denkbaren und undenkbaren Bereichen des Lebens erfasst. So speichern z.B. moderne Kraftfahrzeuge eine Vielzahl von Daten, die viel über das Fahrzeug und noch mehr über den Fahrer aussagen und übertra- gen diese zum Teil an die Hersteller. Deshalb fordern Experten auf dem 52. Ver- kehrsgerichtstag in Goslar eigene Datenschutzgesetzte für die „rollenden Smart- phones“ (Karg, 2014).
Doch wie geht sowohl der Einzelne, als auch die gesamte Gesellschaft damit um, dass bei unseren Handlungen immer mehr Daten über uns und das was wir tun erfasst werden? Welche persönlichen Daten erachten wir als schützenswert und welche nicht? Gibt es zwangsläufig einen Zielkonflikt zwischen innerer und äußerer Sicherheit und Privatsphäre?
Gerade vor dem Hintergrund der sogenannten globalen Überwachungs- und Spionageaffäre (auch NSA-Skandal oder Snowden-Leaks), die auf die Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden von Juni 2013 zurückgeht, stellt sich die Frage, wie die Öffentlichkeit mit dem Thema Datenschutz umgeht. In Politik und Medien findet seit Snowdens Enthüllungen eine breite öffentliche Diskussion über die Rechtmäßigkeit und Moral des NSA-Skandals statt. Allerdings ist in der Wahrnehmung des Autors öffentlicher Protest gegen die Geheimdiensttätigkeiten eher gering bis kaum vorhanden.
Im Gegensatz dazu, so die in dieser Arbeit vom Autor vertretene These, fand in der Vergangenheit bei vergleichbaren Ereignissen, bei denen es um die staatlich kontrollierte massenhafte Erfassung und systematische Auswertung von personenbezogenen Daten ging, wesentlich größerer öffentlicher Widerstand statt, der politische und gesellschaftliche Konsequenzen zur Folge hatte. Als Beispiel hierfür wird vom Autor die ursprünglich für 1981 geplante und erst 1987 durchgeführte Volkszählung in der Bundesrepublik Deutschland genannt.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Frage: Gibt es einen Wandel in der öf- fentlichen Meinung zum Thema Datenschutz? Oder präziser formuliert: Hat sich die gesellschaftliche Mehrheitsmeinung in der Bundesrepublik Deutschland zum Thema Datenschutz in den letzten 30 Jahren geändert? Wenn ja, was sind mögliche Gründe dafür?
Um die Forschungsfrage zu beantworten, ist die vorliegende Arbeit wie folgt aufgebaut. Im zweiten Kapitel wird zunächst betrachtet, wie öffentliche Meinungen grundsätzlich entstehen. Kapitel drei zeigt das aktuelle Meinungsbild zum Thema Datenschutz und sucht nach empirischen Erhebungen zur Forschungsfrage. Im vierten Kapitel werden daraufhin die öffentlichen Reaktionen auf die Volkszählung 1987 in der Bundesrepublik Deutschland und die aktuelle globale Überwachungsund Spionageaffäre gezeigt. Kapitel fünf enthält ein Fazit mit der persönlichen Meinung des Autors und einen Ausblick.
2 Datenschutz und öffentliche Meinung
2.1 Definition Datenschutz
Der Begriff Datenschutz wird in der wissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich interpretiert und definiert. Abhängig von der gewählten Perspektive, wird Daten- schutz als Schutz vor missbräuchlicher Datenverarbeitung, Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, Schutz des Persönlichkeitsrechts bei der Da- tenverarbeitung oder Schutz der Privatsphäre verstanden. Weiter gefasst wird Datenschutz auch als Schutz vor der unautorisierten Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten definiert. Datenschutz steht andererseits auch für die Transparenz im Umgang mit personenbezogenen Daten. Eine angstfreie Teilnahme am öffentlichen und politischen Leben (z.B. im Form einer politischen Demonstra- tion) ist für einen Bürger kaum möglich, der nicht weiß, wer welche Informationen über ihn hat (Tinnefeld, et al., 2012 S. 40).
2.2 Definition öffentliche Meinung
Der Begriff „öffentliche Meinung“ ist in der deutschen Wissenschaftsdiskussion sehr umstritten (Krüger, 2012 S. 157). Der Einfachheit halber, stellt der Autor dieser Arbeit drei Definitionen zur Auswahl:
1. Die Verteilung der Meinungen zu einem Thema unter den Bürgern einer poli- tisch verfassten Gemeinschaft, wie sie in Meinungsumfragen gemessen werden.
2. Die Meinungen von an dem Thema besonders interessierten Bürgern und von damit in verschiedenen Rollen befassten politischen und gesellschaftlichen Eli- ten (Elitenkonzept).
3. Die im öffentlichen Raum durch die Medien vertretenen Auffassungen, also die „veröffentlichte Meinung“ (Rattinger, 2007 S. 313).
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird vorrangig die erste Definition für den Begriff öffentliche Meinung verwendet.
2.3 Entstehung öffentlicher Meinungen
Bevor die öffentliche Meinung zum Thema Datenschutz untersucht wird, sucht dieses Kapitel eine Antwort auf die Frage, wie öffentliche Meinungen entstehen. Hierzu existieren diverse Theorien, die von der Soziologie adaptiert sind.
In den 1950er und 1960er Jahren herrschte das beispielsweise von Wilhelm Hen- nis und Herbert Blumer vertretene Elitenkonzept vor. Diesem Konzept liegt die Theorie zugrunde, dass politische und gesellschaftliche Eliten (z.B. Parteien, Verei- ne, Gewerkschaften) die Gesellschaft maßgeblich beeinflussen und den „Volkswil- len formen“ (Krüger, 2012 S. 155). Einen vergleichbaren Ansatz, bezogen auf die Außen- und Sicherheitspolitik, bieten die Theorien von Walter Lippmann und Gab- riel Almond, die unter dem Begriff „Almond-Lippmann-Komplex“ bekannt wurden. Kernaussage ist hier, dass ein breites öffentliches Interesse an Außen- und Sicher- heitspolitik kaum bis nicht vorhanden sei. Darüber hinaus sei die öffentliche Mei- nung nach Almond und Lippmann manipulierbar, irrational und volatil weshalb sie eine fragwürdige Basis für die (Außen-) Politik darstellt (Rattinger, 2007 S. 313). Diese Ansicht besteht zum Teil bis heute fort. Wobei durch konkrete Anlässe, wie zum Beispiel die Drohung eines atomaren Erstschlags während des Kalten Krieges, die Außen- und Sicherheitspolitik in den medialen Fokus rückt und sich durchaus eine fundierte Meinung der Öffentlichkeit bilden kann (Krüger, 2012 S. 155).
Die auf Lippmann und Almond zurückgehende Meinung wurde Anfang der 1990er Jahre durch Benjamin Page und Robert Shapiro erschüttert. Beide untersuchten Daten aus politischen Umfragen der US-Bevölkerung von 1930 bis 1990. Auf Grundlage dieser breiten empirischen Basis widerlegten Sie die bis dahin verbrei- tete Annahme, dass die politischen Einstellungen der Bevölkerung nicht rational und volatil sind. Was nicht heißt, dass die Einstellungen eines Individuums keinen Schwankungen unterliegen. Gesamtgesellschaftlich betrachtet, beruht die öffentli- che Meinung jedoch auf ihr zugrunde liegenden, stabilen Einstellungen (Page, et al., 1992 S. xi). Weiterhin führen Page und Shapiro an, dass die öffentliche Meinung zwar zum einen stabil ist, sich aber gleichzeitig auch neuen Gegebenheiten anpasst. Dies passiert auf Grundlage der Informationen, die der Öffentlichkeit zur Verfü- gung stehen und hauptsächlich durch Massenmedien verbreitet werden.
Zum anderen reagiert die Öffentlichkeit mit rationalen Korrekturen ihrer zugrunde liegenden Einstellungen auf neue Situationen (Page, et al., 1992 S. xi).
Die Relevanz der Massenmedien für die öffentliche Meinungsbildung wird von diversen Institutionen und Autoren untersucht, so z.B. von der bayerischen Landeszentrale für neue Medien in ihrer Studie zur Relevanz der Medien für die Meinungsbildung (Bayerische Landeszentrale für neue Medien, 2013).
Da, wie soeben beschrieben, die öffentliche Meinung auf Einstellungen beruht, soll im Folgenden kurz auf das Verhältnis von Meinung, Einstellung und Werten einge- gangen werden. Hierzu bedient sich der Autor dieser Arbeit einem von der Sozio- logie adaptierten sozialpsychologischen Konstrukt, das auf dem sogenannten Drei- komponentenmodell beruht (Güttler, 1996). Das Konstrukt findet Anwendung in der Wahl- und Meinungsforschung. Dem dreistufigen Modell (Dreikomponenten- modell oder Strukturmodell der Einstellung) liegt die Annahme zugrunde, dass Meinungen Antworten auf konkrete Fragestellungen sind. Diese sind hoch volatil und meist kurzfristig, beruhen jedoch auf zugrunde liegenden (stabilen) Einstel- lungen. Diese das Verhalten eines Individuums steuernden Einstellungen bestehen gemäß des Modells aus den folgenden drei Komponenten:
1. Die kognitive Komponente bezieht sich auf Informationen und das Wissen über ein Einstellungsobjekt.
2. Die affektive Komponente beinhaltet die subjektive (gefühlsmäßige) Bewer- tung des Einstellungsobjekts.
3. Die Verhaltenskomponente besteht sowohl aus offen gezeigtem Verhalten als auch der Absicht, sich in bestimmter Weise gegenüber einem Einstel- lungsobjekt zu verhalten (Güttler, 1996).
Letztere umfasst häufig die Rahmenbedingungen in einer konkreten Situation. Demzufolge beziehen sich Einstellungen auf Sachverhalte, über die man bereits nachgedacht hat und sind weniger volatil als Meinungen, auch wenn sie durch affektive Komponenten beeinflusst werden. Den Einstellungen eines Individuums liegen wiederum Wertorientierungen zu Grunde.
Werte sind bei einem Individuum kaum veränderbar und bestimmen in ihrer gesellschaftlichen Gesamtheit meist einen Kulturkreis. Ein Wertewandel wird meist nur durch einen Generationenwechsel herbeigeführt (Krüger, 2012 S. 157).
Mit Hilfe von Umfragen ist es nicht möglich, zwischen Meinungen, Einstellungen und Werteorientierungen zu differenzieren. In der Regel nimmt man an Meinun- gen abzufragen. Bei Panelumfragen werden dieselben Personen immer wieder über einen längeren Zeitraum befragt. Allerdings zeigt sich auch hier, dass man von deren Ergebnissen nicht zwangsläufig auf Einstellungen zurückschließen kann. Page und Shapiro führen hierzu ein Beispiel von den National Election Stu- dies 1956, 1958 und 1960 an. Zur Frage, ob die Versorgung mit elektrischem Strom entweder von Privatfirmen oder dem Staat erfolgen sollte, blieben nur 24 Prozent der Befragten konsequent bei einer Meinung (Page, et al., 1992 S. 6).
Demzufolge kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden, bei welchen Umfrageer- gebnissen es sich um Meinungen und bei welchen um Einstellungen handelt. Somit ist es durchaus denkbar, dass die Gruppe der Befragten bei der nächsten Befragung ihre Meinung ins Gegenteil ändert. Die Frage nach den Gründen für die Volatilität der öffentlichen Meinung bleibt damit offen. Laut Page und Shaprio ist jedoch der entscheidende Aspekt, dass sich die Meinungen gesamtgesellschaftlich gesehen kaum verändern (Page, et al., 1992 S. 20). In der Masse der die öffentliche Meinung bildenden Bevölkerung, bleibt der Anteil derer, die eine jeweilige Meinung vertre- ten, gleich.
Zusammenfassend lässt sich zur Entstehung öffentlicher Meinungen sagen: Die öffentliche Mehrheitsmeinung, wie sie in Meinungsumfragen ermittelt wird, ist hochgradig volatil und beeinflusst von der medialen Berichterstattung. Sie gründet jedoch auf stabilen Einstellungen, die über die Gesamtheit der (befragten) Öffent- lichkeit stabil ist, auch wenn sich individuelle Einstellungen durchaus ändern. Die Einstellungen eines Individuums beruhen wiederum auf Werten, die nahezu un- veränderbar sind und sich im Wesentlichen aus dem Kulturkreis des Individuums bestimmen.
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