Interne Voraussetzungen für Global Sourcing. Organisation und internationale Beschaffungssysteme
Zusammenfassung
Aus dem Inhalt:
- Organisation der globalen Beschaffung,
- Internationale Beschaffungssysteme,
- Herausforderung für die Personalpolitik
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Organisation der globalen Beschaffung
2.1 Entwicklung des Einkaufs in der Unternehmensorganisation
2.2 Wesentliche Einflussgrößen der Beschaffungsorganisation
2.3 Leitlinien für die Organisation von Global Sourcing
2.3.1 Segmentierung der Beschaffungsaufgaben
2.3.2 Zentralisierungsgrad der weltweiten Beschaffungsfunktion
2.3.3 Funktionsübergreifende Zusammenarbeit im Global Sourcing
2.3.4 Koordination in der Global Sourcing-Organisation
2.4 Möglichkeiten der Nutzung externer Einkauforganisationen
2.4.1 Outsourcing von Beschaffungsleistungen
2.4.2 International Procurement Offices
3 Internationale Beschaffungssysteme
3.1 Anforderungen an eine globale Systemstruktur
3.2 Operative Systeme im Global Sourcing (E-Procurement)
3.3 Strategische IT-Systeme für die Beschaffung (E-Sourcing)
4 Global Sourcing – Herausforderung für die Personalpolitik
4.1 Vom Einkäufer zum globalen Supply Manager
4.2 Personalmanagement für Global Sourcing
5 Literaturverzeichnis (inkl. weiterführender Literatur)
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Für die erfolgreiche Umsetzung von Global Sourcing, ist es notwendig, im internen Bereich des Unternehmens bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Dies gilt für Anpassungen im Bereich der Organisation ebenso wie für die Ausgestaltung der verwendeten IT-Systeme und veränderten Ansprüchen an die Qualifikation der Einkaufsmitarbeiter.
2 Organisation der globalen Beschaffung
Dieses Kapitel stellt dar, welche Anforderungen an die Organisation der Beschaffungsfunktion durch einen strategischen Ansatz für die Beschaffung - insbesondere Global Sourcing bestehen. Dazu wird zuerst die Entwicklung des Einkaufs in der Unternehmensorganisation nachvollzogen. Im Anschluss werden die im internationalen Umfeld relevanten Einflussgrößen auf die Einkaufsorganisation erarbeitet und die wichtigsten Parameter für die Organisation einer globalen Beschaffung beschrieben. Da Ausgestaltung und Umsetzung der Organisation von Unternehmen zu Unternehmen verschieden sind, und somit keine Optimallösung existiert (z.B. Leenders/ Johnson 2005, S.244; Schifferer 2005, Expertenbefragung), befassen sich die folgenden Ausführungen mit allgemeinen Gestaltungshinweisen.
2.1 Entwicklung des Einkaufs in der Unternehmensorganisation
Um nachzuvollziehen, welcher Problematik die Beschaffungsorganisation in Zeiten des Global Sourcing gegenübersteht, scheint es zweckmäßig, kurz die historische Entwicklung darzustellen. Wie schon in der Einführung erläutert, wandelt sich der Einkauf langsam von einer rein operativ ausgerichteten Versorgungsfunktion hin zum strategischen Supply Management.
So war die Bedeutung des Einkaufs für das Unternehmen lange Zeit auf die Funktion des „Bestellschreibers“ und „-abwicklers“ reduziert, mit kurzfristig ausgerichteten, rein operativen Zielen (Arnolds et al. 1996, S.35). Oft hat sich die Beschaffungsfunktion bis heute noch nicht aus dieser Rolle befreit und sich seiner neuen, strategischen Bedeutung entsprechend im Unternehmen positioniert (Adams 2005, Expertenbefragung). Eine Studie über die hierarchische Einordnung der Beschaffungsfunktion bestätigt dies: in nur 18% der befragten Unternehmen ist der Einkauf durch einen direkt zuständigen Manager in der obersten Führungsebene repräsentiert (Jahns 2005a, S.131) – obwohl hier ein Zusammenhang mit dem Unternehmenserfolg zu bestehen scheint. Wirtschaftlich besonders erfolgreiche Unternehmen haben den Einkauf weit häufiger im Top-Management verankert als dies bei durchschnittlichen Betrieben der Fall ist (WZL 2004, www.beschaffung-aktuell.de). Dies verwundert nicht, ermöglicht eine höhere hierarchische Einordnung doch, z.B. bei der Durchsetzung von Projekten wesentlich stärkere und gezieltere Einflussnahme (Koppelmann 2002a, S.10f., www.competence-site.de).
Die Ursachen für die Unterbewertung der Beschaffung lassen sich nicht eindeutig ergründen. Eine mögliche wird aber in der geringen Anerkennung der Beschaffung durch die Wissenschaft gesehen: z.B. die Einteilung der Beschaffungsfunktion in Porters populärem Wertkettenmodell als nicht wertschöpfenden Unterstützungsprozess. Darauf wird zurückgeführt, dass der Beschaffung auch in modernen Organisationsstrukturen oft noch keine bedeutende Rolle zuerkannt wird (z.B. Berning 2002, S.28ff. oder Buck 1998, S.54), und das obwohl die Prozessorientierung wohl als die derzeit dominierende Stoßrichtung in der Organisation bezeichnet werden kann (Droege 1998, S91ff.).
Für den Einkauf ergibt dies zum einen, dass er sich stärker an seinen internen Kun-den, wie z.B. der F&E- oder Produktionsabteilung, ausrichten muss (Boutellier/ Locker 1998, S.223). Zum anderen bedeutet es, dass im Zuge der höheren Marktorientierung auch die extern beschafften Leistungen sowie ihre optimale Nutzung im Sinne der Kunden verstärkt in den Fokus rücken – und somit der Beschaffungsfunktion zu einem beträchtlichen Bedeutungszuwachs verhelfen könnten (Thiemt 2003, S.52).
2.2 Wesentliche Einflussgrößen der Beschaffungsorganisation
Die Ausgestaltung der Organisation ist in jedem Unternehmen von einer Vielzahl von Faktoren abhängig (Schifferer 2001, S.125f.), die in ihrer Kombination verschiedene (Beschaffungs-)Prozesse ergeben und deshalb bei der Festlegung der Organisationsstrukturen berücksichtig werden müssen. Schwerpunktmäßig werden im folgenden Abschnitt die für Global Sourcing relevant erscheinenden Faktoren beschrieben.
So ist die Ausgestaltung der Beschaffungsfunktion grundsätzlich sehr stark von der Unternehmensorganisation abhängig, in die sie sich einfügt. Dabei ist von Interesse, wie sich das Unternehmen grundlegend aufgliedert, z.B. in Standorte, Divisionen oder Abteilungen, und nach welchem Aspekt (z.B. Produktfelder) diese Untergliederung erfolgt (Schifferer 2001, S.128ff.). Für die Organisation des Global Sourcing ist insbesondere die weltweite Verteilung der Unternehmenseinheiten von Belang, und wie diese in eine Beschaffungsorganisation integriert werden können (Wangerin/ Chapell 2002, S.84).
Darüber hinaus erfordert die Anzahl der zu bearbeitenden Beschaffungsmärkte eine darauf ausgerichtete Organisation. Um den lokalen Gegebenheiten weltweiter Märkte gerecht zu werden, muss nicht nur entsprechendes Know-how zur Verfügung stehen, viel mehr steigt auch die Komplexität der Beschaffungsprozesse, da ggf. eine länderspezifische Anpassung der Einkaufsinstrumente oder länderübergreifende Entscheidungsabstimmung erfolgen muss (Koppelmann 2004, S.225f.). Verfügt das Unternehmen über internationale Standorte, so sollten diese durch eine gemeinsame Beschaffungsstrategie koordiniert werden. Fehlen hingegen internationale Standorte kann auf externe Partner zurückgegriffen werden. Weiterhin ist für die allgemeine Gestaltung der Beschaffungsorganisation - national wie international – und bezogen auf das Gesamtunternehmen, noch Folgendes relevant:
- die Stellung in der Wertschöpfungskette (wegen der Umfang der Beschaffungsvolumina) (Droege 1998, S.13f.),
- die mengenmäßige Art des Fertigungsverfahren (Einzel-/Massenfertigung, wegen der Wiederholungshäufigkeit der Prozesse) (Schifferer 2001, S.135)
- das Produktprogramm (wegen der Variantenvielfalt der Beschaffungsobjekte) (Schifferer 2001, S.138f.),
- die Art und Menge der Beschaffungsobjekte (direkte oder indirekte Güter wegen deren Vielfalt und Beschaffungsvolumen) (Jahns 2005b, S.141)
- der Produktentwicklungsprozess (wegen der großen Unterschiede zwischen Serien- und Entwicklungseinkaufsprozessen) (Boutellier/ Corsten 2002, S.15).
Somit wird deutlich, dass auf die Organisation des Global Sourcing nicht nur offen-sichtliche, z.B. geographische, Einflüsse bestehen, sondern eine Vielzahl weiterer.
2.3 Leitlinien für die Organisation von Global Sourcing
Der letzte Abschnitt zeigte, welche Einflüsse auf die Organisation der Beschaffung (bei Global Sourcing) bestehen. Im Folgenden werden nun konkrete Empfehlungen für die Ausgestaltung einer globalen Beschaffungsorganisation gegeben. Für die Entscheidungsfindung steht grundsätzlich eine Vielzahl von Parametern bereit , von denen die als wesentlich für Global Sourcing erachteten nun beschrieben werden.
2.3.1 Segmentierung der Beschaffungsaufgaben
Von besonderer Bedeutung für den Erfolg eines Global Sourcing ist die Trennung strategischer und operativer Einkaufstätigkeiten. Nur diese Aufteilung sichert, dass sich die Mitarbeiter der Beschaffung im gegebenen Umfang mit den im Global Sourcing so wichtigen strategischen Auf-gaben befassen können (Schifferer 2001, S.214). Zur Unterscheidung kann die nachfolgende Abbildung herangezogen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Strategische und operative Beschaffungsaufgaben (Quelle: Boutellier/ Locker 1998, S.40)
Erfolgt eine solche Aufteilung nicht, werden Einkaufsmanager mit untergeordneten Aufgaben der kurzfristigen Bedarfsdeckung überlastet. Ihre Arbeit orientiert sich nur an den anfordernden Bereichen, nicht aber an den Beschaffungsmärkten (Pechek 2003, S.25ff.). Als Lösungswege bieten sich die organisatorische Trennung der Funktionen oder die Umgestaltung der Prozesse an: operative Aufgaben sind auf-grund ihrer erwähnten Merkmale relativ leicht zu standardisieren und daher prädestiniert für eine Prozessoptimierung und –automatisierung unter Zuhilfenahme von IT-Systemen (Arnold 1997, S.71f.). Dadurch ergeben sich die zeitlichen Freiräume für die strategischen Aufgaben des Global Sourcing, z.B. Beschaffungsmarktforschung oder Lieferantenmanagement (Krokowski 1998, S.46f.). Ein weiterer Vorteil wird darin gesehen, dass durch die Teilung der Aufgaben auch eine Entkopplung der (strategischen) Lieferantenverantwortung und der (operativen) Lieferantenbetreuung stattfindet, was zu mehr Transparenz bei den Beschaffungsentscheidungen führt (Droege 1998, S.107f.)
2.3.2 Zentralisierungsgrad der weltweiten Beschaffungsfunktion
Eng verknüpft mit der Frage der Aufgabenteilung ist die Frage nach Zentralisierung und Dezentralisierung der Beschaffung. Mit Global Sourcing ist, gemäß der in 2.4.1 erörterten Grundlagen, oft eine weltweite Ausbreitung der Unternehmensstandorte verbunden – und somit einer Dezentralisierung der Unternehmensfunktionen.
Oft bringt dies eine Streuung und letztlich den Verlust des strategischen Beschaffungswissens mit sich. Selbiges gilt für die Skaleneffekte bei der Bündelung der weltweiten Beschaffungsvolumina (Beßlich/ Lumbe 1994, S.30). Zugleich ergeben sich aber auch Vorteile: größere Nähe zu den lokalen Beschaffungsmärkten und damit spezifischeres Wissen, sowie leichterer Zugang zu diesen Märkten (Kleinaltenkamp 2003, S.168). Zudem kann bei dezentraler Ansiedelung schneller auf die spezifischen Bedürfnisse der Bedarfsträger reagiert werden (Boutellier/ Corsten 2002, S.25). Insofern besteht ein Zielkonflikt, da gewichtige Argumente für beide Ausprägungen des Zentralisierungsgrads existieren. Deshalb wird in der Praxis meist auf Mischlösungen ausgewichen, indem teilweise der Aufgaben dezentral und teilweise zentral bearbeitet werden.
Als grundlegende Gestaltungsleitlinie hat sich die Dezentralisierung der operativen und die Zentralisierung der strategischen Aufgaben durchgesetzt (Schifferer 2005, Expertenbefragung). Strategische, zentral gebündelte Aufgaben des Global Sourcing sind beispielsweise die internationale Beschaffungsmarktforschung, das globale Lieferantenmanagement und die Koordination der weltweiten, dezentralen Beschaffungseinheiten (Bellmann 2002, S.377). Gleichzeitig sichern die operativen Einheiten eine bedarfsgenaue Versorgung der lokalen Standorte und dienen als Ansprechpartner für die Lieferanten vor Ort (Meyerrose/ Hupfauer 2001, S.101f.).
Je nach Unternehmensstruktur kann die strategische Global Sourcing-Abteilung als zentrale Stabsstelle (bei starker Dezentralisierung), als Linienfunktion (bei starker Zentralisierung) oder als Matrixorganisation (bei stark heterogenem Bedarf der Business Units) angelegt werden (Boutellier/ Locker 1998, S.142f.).
2.3.3 Funktionsübergreifende Zusammenarbeit im Global Sourcing
Wesentliches Ziel der prozessorientierten Organisation ist eine verbesserte, weil ganzheitliche Problemlösung. Dies kann im Rahmen von interdisziplinären Teams geschehen, die mit Vertretern verschiedener, prozessual zusammenhängender Ab-teilungen besetzt sind (Koppelmann/ Glantschnig 1994, S.3f.).
In der Praxis scheint dies aber noch nicht ausreichend berücksichtigt. Deshalb ist mit Widerständen aus den anderen Funktionsbereichen zu rechnen. Gerade im Global Sourcing werden von den dezentralen, nationalen Einheiten mitunter bewusst vorhandene globale Standards unterlaufen (Read 2005, Expertenbefragung). So könnte über die Festsetzung sehr spezifischer Anforderungen an die Fähigkeiten eines auszuwählenden Lieferanten durch die Bedarfsträger gezielt auf die Auswahl eines bestimmten „Hauslieferanten“ hingearbeitet werden (Berggren 2001, S.112); oder aber, die Beschaffung wird erst sehr spät in Produktentwicklungsprozesse eingebunden– und kann so kaum mehr kostensenkend eingreifen (Pechek 2003, S.25).
Im Global Sourcing muss deshalb sichergestellt sein, dass die Beschaffung weltweit in alle bedeutenden Entwicklungsprojekte eingebunden ist.
2.3.4 Koordination in der Global Sourcing-Organisation
Wie die vorhergehenden Ausführungen gezeigt haben, steigen die Anforderungen an die moderne Organisation des Global Sourcing nicht nur durch die Prozessorientierung, sondern auch durch die Internationalität. Welche Probleme hierbei auftreten können und wie diese allgemein zu lösen sind, wird nun kurz behandelt.
Bei globaler Verteilung der Organisationseinheiten kommt es, um der Komplexität der Prozesse gerecht zu werden, oft zu Mehrfachunterstellungen bei der fachlichen und disziplinarischen Zuordnung. Zwar kann diesem Problem, z.B. durch Einsatz einer Matrix-Organisation und entsprechender Koordinationsregeln begegnet werden (Schifferer 2001, S.237ff.). Für eine erfolgreiche prozessorientierte Zusammenarbeit ist jedoch vor allem die räumliche Nähe entscheidend (Boutellier/ Corsten 2002, S.92). Deshalb sollte vor allem bei operativen Einkaufseinheiten die Distanz zum Bedarfsträger möglichst gering sein.
Grundsätzlich bietet sich die Trennung von operativen und strategischen Aufgaben an. Verbunden mit der Dezentralisierung ergibt sich jedoch ebenfalls der Bedarf nach gezielter Koordination, um eine vollständige Entfremdung der beiden unstrittig verbundenen Aufgabengebiete zu verhindern. Eine Entkopplung könnte dazu führen, dass die Strategien, die vorgegeben werden, operativ nur unzureichend umgesetzt werden (Boutellier/ Locker 1998, S.55f.). Dies scheint im Global Sourcing insbesondere bei starker Zentralisierung oder ausgeprägter Dezentralisierung der strategischen Aufgaben zutreffend zu sein. Wo im ersten Fall die Umsetzung von Gesamtstrategien als solche gefährdet ist (z.B. weil die zur Umsetzung nötige Nähe fehlt), ist im zweiten Fall schon die Erarbeitung allgemeingültiger Strategien für die unabhängigen Einheiten das Problem (z.B. weil diese ihre Unabhängigkeit wahren wollen).
Um in Konfliktfällen steuernd einzugreifen, haben sich in der Praxis so genannte übergeordnete Entscheidungsgremien durchgesetzt. So sind Purchasing Councils ein Weg, um die Abstimmung zwischen zentraler Strategie und dezentralen Organisationseinheiten zu verbessern (Boutellier/ Corsten 2002, S.78). Lead Buyer-Konzepte eignen sich dagegen besonders, um in stark dezentralisierten Strukturen die Vorteile der Bündelung nicht aufgeben zu müssen, und um schnelle Entscheidungswege zu etablieren. Bei diesem Konzept verhandelt ein Einkaufsmanager (z.B. der mit Sitz am volumenstärksten Unternehmensstandort) mit Abschlussvollmacht in Vertretung für alle Business Units mit bestimmten Lieferanten (Boutellier/ Locker 1998, S.126f.). Dies entspricht auch der Forderung nach dem „one face to the supplier“-Konzept, das die interne Koordination und eine einheitlichere Zusammenarbeit mit den Lieferanten zum Ziel hat (Koppelmann 2002a, S.18, www.competence-site.de).
Ein weiterer Schlüsselbegriff zur internationalen Koordination ist „Virtualität“. Hiermit ist die Abstimmung dezentraler Einheiten unter Nutzung moderner Kommunikationssysteme gemeint. Ziel ist es, Aufgaben genau dort erledigen zu lassen, wo sie das optimale Ergebnis erwarten lassen (Schifferer 2001, S.252f.). So könnten z.B. dezentrale Organisationseinheiten im Ausland die Beschaffungsmarktforschung für ihren Markt durchführen. Ihre Ergebnisse werden dann in weltweit verfügbaren IT-Systemen bereitgestellt und so den anderen Business Units zugänglich gemacht.
Aber auch für die internationale Beschaffungsabwicklung sind IT-Systeme von Nut-zen. So können standardisierte, operative Prozesse problemlos durch Abbildung in Software-Systemen dezentralisiert und dabei dennoch eine weltweit einheitliche Durchführung eingehalten werden (Dillmann/ Sioulvegas 2002, S.95). Die Koordination beschränkt sich hier auf die Bereitstellung eines entsprechenden E-Procurement-Systems.
Zusammenfassend lassen sich für die Ausgestaltung einer Global Sourcing-Organisation folgende Leitlinien festhalten:
- die klare Aufteilung strategischer und operativer Beschaffungsaufgaben
- Zentralisierung strategischer Aufgaben, Dezentralisierung der operativen
- Koordination der weltweiten Einheiten und Aktivitäten durch übergeordnete Gremien, die Vergabe von Lead Buying-Mandaten und dem Einsatz von moderner IT-Systemen.
Ein verbreitetes Organisationskonzept, das wesentliche Teile der vorgestellten Parameter berücksichtigt, ist das Materialgruppenmanagement. Es wird in Anhang A detailliert vorgestellt.
2.4 Möglichkeiten der Nutzung externer Einkauforganisationen
Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Organisation des Global Sourcing, wenn ein Unternehmen nicht über internationale Standorte verfügt. In diesen Fällen wird meist auf externe Dienstleister zurückgegriffen. Zu Anfang wird in diesem Zusammenhang kurz das Outsourcing von Beschaffungsleistungen im internationalen Rahmen kritisch betrachtet.
2.4.1 Outsourcing von Beschaffungsleistungen
Nachdem die Beschaffung lange Zeit treibende Kraft hinter der Frage des „Make-or-Buy“ war, rückt sie nun selbst zunehmend in den Fokus des Outsourcing (BME/ Accenture 2003, S.1, www.competence-site.de). Gerade bei Einführung von Global Sourcing ist der Informationsbedarf enorm, und durch die vorhandene Beschaffungsorganisation kaum zu bewältigen (Boutellier/ Locker 1998, S.153). Die fehlende Erfahrung und das fehlende Wissen über die weltweiten Beschaffungsmärkte können aber externe Dienstleister beisteuern, die sich auf die Bearbeitung weltweiter Beschaffungsmärkte spezialisiert haben. Sie verfügen in der Regel über umfassendes Wissen lokaler Märkte, nationaler Steuer- und Handelsvorschriften sowie den Umgang mit Lieferanten (Krokowski 1998, S.51f.).
Die Vorteile liegen auf der Hand: schnell und ohne hohe Investitionen lassen sich internationale Beschaffungsquellen erschließen, die sonst kaum hätten gefunden werden können. So lassen sich bei vielen Bezugsteilen meist schnell hohe Einsparpotentiale realisieren (Adams 2005, Expertenbefragung). Allerdings scheint dies nur kurzfristig geeignet. Global Sourcing bedeutet einen strategischen Ansatz für die internationale Beschaffung zu wählen, mit den Implikationen. Langfristig nur auf externe Dienstleister zurückzugreifen scheint daher wenig sinnvoll, weil sonst das für Global Sourcing nötige Wissen nur unzureichend aufgebaut wird. Außerdem müssen evt. strategisch relevante Informationen weitergegeben werden müssen. Lediglich für die operative Abwicklung im Ausland kann bei fehlenden eigenen Standorten vor Ort auch längerfristig der Einsatz von externen Dienstleistern sinnvoll sein (Schifferer 2005, Expertenbefragung). Eine verbreitete Variante für Outsourcing der Beschaffung im Global Sourcing sind auch „International Procurement Offices“ (IPOs).
2.4.2 International Procurement Offices
Grundsätzlich sind für IPOs zwei Ausprägungen vorstellbar: die Bündelung und Ausgliederung der Beschaffungsaktivitäten in eine eigenständige Gesellschaft durch das beschaffende Unternehmen selbst oder aber die Nutzung von IPOs als externen Dienstleistern, was für Unternehmen mit fehlender internationaler Präsenz und/ oder Know-how interessant ist (Droege 1998, S.123f.).
IPOs sollen für die nutzenden Unternehmen die Barrieren zum Eintritt in Beschaffungsmärkte senken (z.B. Sprache, Kultur, Marktstruktur); sie sind daher oft in industriellen Ballungszentren mit globaler Bedeutung angesiedelt (Boutellier/ Locker 1998, S.146).
Die Aufgaben, die durch IPOs betreut werden, reichen dabei von operativen Tätigkeiten (z.B. Beschaffungslogistik, Unterstützung des Lieferantenmanagement) bis hin zu strategischen Beschaffungsaktivitäten (z.B. Lieferantenauswahl, Vertragsverhandlungen) (Krokowski 1998, S52f.). Der Umfang in der Praxis hängt mit Sicherheit davon ab, wie vertrauensvoll die Verbindung des nutzenden Unternehmens zum IPO ist. Strategische Aufgaben an einen externen Dienstleister zu vergeben, sollte dabei durchaus kritisch gesehen werden.
Die Vorteile der IPOs variieren mit den zu verantwortenden Aufgabenumfängen. In jedem Fall profitiert das nutzende Unternehmen vom breiten Fachwissen der IPO-Mitarbeiter über die lokalen Märkte. Zudem ermöglichen IPOs die internationale Beschaffung – und damit die Realisierung signifikanter Kostenvorteile bei den eingekauften Materialien (Schifferer 2001, S.248f.).
Es bestehen allerdings auch Nachteile. Für nutzende Unternehmen gelten dabei vor allem die klassischen Kritikpunkte des Outsourcing (Schnittstellen- und Problematik des Know-how-Verlusts) (Boutellier/ Zagler 2000, S.68f.). Bei Ausgliederung innerhalb eines Konzerns, lässt sich durch eine gezielte Koordination der IPOs zumindest die Schnittstellenproblematik teilweise beheben (Jahns 2005a, S.278f.). Die notwendige Bereitstellung finanzieller Ressourcen, sowohl für ihren Aufbau, als auch für ihren Unterhalt, ist jedoch ein wesentlicher Nachteil (Krokowski 1998, S.54f.).
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