Diese Arbeit zeigt die Herausforderungen, die im Beschaffungsprozess bei internationaler Aktivität bestehen, auf.
Im ersten Abschnitt werden also Grundlagen zur Entscheidung über den durch Global Sourcing erfüllenden Bedarf behandelt. Danach werden wesentliche Aspekte der der internationalen Beschaffungsmarktwahl vorgestellt. Hierauf folgen Ausführungen zur Festlegung der Lieferanten, zuerst zur Auswahl, dann zu Verhandlung und Vertragsabschluss im internationalen Rahmen. Im daran anschließenden Abschnitt werden die Besonderheiten der Beschaffungslogistik im Global Sourcing ausgearbeitet. Den Abschluss dieser Arbeit bilden Ausführungen zum Lieferantenmanagement.
Aus dem Inhalt:
- Ermittlung der internationalen Bedarfsptentiale,
- Festlegung der Ländermärkte,
- Lieferantenauswahl,
- Verhandlung und Vertragsabschluss,
- Management
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Ermittlung der internationalen Bedarfspotentiale
2.1 Die Make-or-Buy-Entscheidung
2.2 Beschaffungsobjekte für das Global Sourcing
3 Festlegung der zu bearbeitenden Ländermärkte
3.1 Kriterien der Beschaffungsmarktwahl
3.1.1 Allgemeine Kriterien zur Länderbeurteilung
3.1.2 Beschaffungsmarktspezifische Kriterien
3.2 Länderauswahlverfahren
3.2.1 Auswahlprozess
3.2.2 Auswahlmethodik
4 Lieferantenauswahl im Global Sourcing
4.1 Identifikation von leistungsfähigen Lieferanten
4.2 Lieferantenauswahlkriterien im Global Sourcing
5 Verhandlung und Vertragsabschluss im internationalen Umfeld
5.1 Verhandlungsführung
5.2 Rechtsfragen des globalen Beschaffungsmanagements
6 Wesentliche Aspekte internationaler Beschaffungslogistik
6.1 Weltweite Transportlogistik
6.2 Global Sourcing und Bestandsmanagement
6.3 Beschaffungslogistik und Lieferantenmanagement
7 Management einer globalen Lieferantenstruktur
7.1 Lieferantenbeziehungen im Wandel
7.2 Bewertung internationaler Lieferanten
7.3 Lieferantenentwicklung im Global Sourcing
8 Literaturverzeichnis (inkl. weiterführender Literatur)
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Diese Arbeit zeigt die Herausforderungen, die im Beschaffungsprozess bei internationaler Aktivität bestehen, auf. Der Aufbau der Arbeit lehnt sich hierbei an folgendes Prozessmodell an:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Beschaffungsprozessmodell (Quelle: Gawlik 2004, S.179, leicht modifiziert)
Im ersten Abschnitt werden also Grundlagen zur Entscheidung über den durch Global Sourcing erfüllenden Bedarf behandelt. Danach werden wesentliche Aspekte der der internationalen Beschaffungsmarktwahl vorgestellt. Hierauf folgen Ausführungen zur Festlegung der Lieferanten, zuerst zur Auswahl, dann zu Verhandlung und Vertragsabschluss im internationalen Rahmen. Im daran anschließenden Abschnitt werden die Besonderheiten der Beschaffungslogistik im Global Sourcing ausgearbeitet. Den Abschluss dieser Arbeit bilden Ausführungen zum Lieferantenmanagement.
2 Ermittlung der internationalen Bedarfspotentiale
Der erste Schritt des Beschaffungsprozesses besteht in der Ermittlung der Produkte, die beschafft werden sollen. Dies mündet üblicherweise in einer Bedarfsanforderung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Bedarfsanforderungen (Quelle: Koppelmann 2004, S.160)
Aufgabe des Einkaufs ist die anforderungemäße Beschaffung der gewünschten Objekte (Koppelmann 2004, S.152f.). Die verschiedenen Anforderungen, die dabei an ein Beschaffungsobjekt bestehen, zeigt nebenstehende Abbildung.
Diese Bedarfsanforderungen führen zu den möglichen Bezugsquellen. Grun-sätzlich muss hier entschieden werden, ob ein Objekt durch das Unternehmen selbst gefertigt oder von einem Lieferanten bezogen werden soll („Make-or-Buy“). Der Ablauf dieser Entscheidung wird im ersten Abschnitt dieser Arbeit behandelt. Im zweiten Teil wird dann in allgemeiner Form aufgezeigt, für welche Arten von Beschaffungsobjekten der Einsatz von Global Sourcing sinnvoll erscheint. Auf Ausführungen zur quantitativen Bedarfsermittlung wird verzichtet.
2.1 Die Make-or-Buy-Entscheidung
Die Sichtweise zur Frage nach Eigenfertigung oder Fremdbezug hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Lange Zeit war es für Unternehmen gar nicht möglich – sowohl absatz- als auch beschaffungsseitig – außerhalb des Heimatmarktes aktiv zu werden. Oft genug war bei neuen Produkten kein adäquater Lieferant verfügbar; das Unternehmen hatte also keine andere Wahl, als selbst zu fertigen (Boutellier 2003, S.456). Durch die Globalisierung nimmt die Make-or-Buy-Entscheidung eine immer wichtigere Rolle ein, da durch das Global Sourcing Lieferquellen auf der ganzen Welt genutzt werden können – und somit eine interne Fertigung immer seltener notwendig ist (Mühlmeyer/ Belz 2003, S.592).
Die Beschaffungsfunktion ist dabei mehrfach involviert. Zum einen bei der entscheidungsunterstützenden Informationsbeschaffung, z.B. durch Lieferantensuche, Angebotsvergleich etc.
Im Mittelpunkt steht vielmehr, wie die gewonnen Informationen eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass die optimale Entscheidung getroffen wird. Interne Funktionsbereiche haben ja aus dem Gedanken der Selbsterhaltung heraus oft kein besonderes Interesse daran, dass bisher von ihnen verantwortete Leistungen in Zukunft fremdbeschafft werden. Bekanntes Muster aus der Praxis ist z.B. die Festlegung solch genauer und hoher Bedarfsanforderungen, dass nur eine Eigenfertigung in Frage kommt (Berggren 2001, S.112). Die Beschaffung muss dem entgegenwirken, indem sie ihr internationales Markt- und Produktwissen so einsetzt, dass die tatsächlich optimale Entscheidung zustande kommt.
Wesentliche Entscheidungskriterien im Rahmen des Make-or-Buy sind die Kosten und die Komplexität des Produkts. Geht man davon aus, dass die Materialkosten weltweit nur geringfügig differieren (Buck 2005, Expertenbefragung), so ist vor allem der Lohnkostenanteil für ein Produkt entscheidend. Die Komplexität eines Produkts ergibt dagegen, ob und wie viele Lieferanten in der Lage sind, es zu liefern. Die Kombination der beiden Merkmale ergibt folgendes Portfolio, das zur Unterstützung bei Make-or-Buy-Entscheidungen dienen kann. Dieses Beispiel zeigt zudem, dass bereits bei der Make-or-Buy-Entscheidung Einsatzmöglichkeiten für Global Sourcing aufzeigt werden. Allerdings ist nicht allein der Lohnkostenanteil eines Beschaffungsobjekts dafür bestimmend, ob es inter-national beschafft wird. Welche Objekte grundsätzlich dafür geeignet sind, wird im nächsten Abschnitt behandelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Beispiel für ein Make-or-Buy-Entscheidungsportfolio (Quelle Boutellier/ Locker 1998, S.17, leicht modifiziert)
2.2 Beschaffungsobjekte für das Global Sourcing
Generell kann davon ausgegangen werden, dass heutzutage nahezu alle Güter und auch einige Dienstleistungen global beschafft werden können. Sinnvoll erscheint dies aber nur dort, wo die ökonomischen Fakten dafür sprechen. Insofern muss eine Auswahl der Objekte erfolgen, die sich aufgrund ihrer Eigenschaften besonders für ein Global Sourcing eignen (Orths 2003, S.145). In der Praxis haben sich hierfür Portfolios bewährt, die durch Kombination zweier oder mehr Merkmale die Beschaffungsobjekte gruppieren (Boutellier/ Locker 1998, S.142). Aufgrund der Vielzahl möglicher Differenzierungsmerkmale kann wohl keine Kombination als optimal bezeichnet werden. Vielmehr sollten verschiedene Portfolios zu einer schrittweisen Eingrenzung eingesetzt werden. Im Folgenden wird eine Auswahl relevant erscheinender Kriterien zur Abgrenzung der Objekte, die für eine Beschaffung im Rahmen von Global Sourcing geeignet erscheint, vorgestellt.
Sinkende Logistikkosten gelten als ein Treiber der Globalisierungsentwicklung. Dennoch sind sie bei Auslandsbezug relativ gesehen höher als bei lokaler Beschaffung. Transportkosten als absolute Größe (in Abhängigkeit von Volumen und Gewicht der Produkte), aber auch relativ in Bezug auf den Gesamtwert des Produkts können daher als Kriterium dienen. Je höher die Transportkosten, desto weniger eignet sich eine Beschaffungsobjekt für Global Sourcing (Piontek 1997, S.23).
Ebenfalls ist die schon angesprochene Komplexität der Beschaffungsobjekte von Belang für ihre Eignung zur Beschaffung im Global Sourcing. Je komplexer nämlich ein Gut ist, desto höher ist der Abstimmungsbedarf mit dem Abnehmer vor, während und nach der Herstellung. Mit steigender Entfernung sinken aber die direkten Einflussmöglichkeiten, und die Kommunikation wird erschwert, trotz modernder Kommunikationssysteme. Global Sourcing aber bedingt potentiell große Entfernungen, weshalb komplexe Produkte hierfür weniger geeignet sind (Kaufmann 2001, S.396). Nur in dezentralisierten, global koordiniert agierenden Unternehmen kann ggf. durch den Einsatz der am nächsten liegenden Organisationseinheit das Distanzproblem gemildert bzw. gelöst werden.
Ebenso kann die Prognosesicherheit für den Verbrauch bzw. Bedarf an einem Pro-dukt entscheidungsrelevant sein. Je stärker die Schwankungen sind und je schwieriger der Bedarf zu prognostizieren ist, desto weniger ist ein Beschaffungsobjekt für Global Sourcing geeignet. Auch hier ist die Entfernung und die dadurch verloren gehende Flexibilität wohl das entscheidende Risiko (Faber 1998, S.109). Die bekannte XYZ-Analyse kann hier wertvolle Hinweise erbringen (Piontek 2004, S.140ff.).
Insbesondere wenn Kostenmotive die Grundlage einer Global Sourcing-Strategie bilden, sind die Faktorkosten entscheidend. Wie erwähnt können die reinen Materialkosten dabei als weltweit nahezu konstant angesetzt werden. Als weiterer Kostenfaktor sind vor allem die Arbeitskosten entscheidend. Da diese weltweit ein starkes Gefälle zeigen, ist der Lohnkostenanteil an einem Produkt ein Entscheidungsmerkmal für die Eignung zur internationalen Beschaffung. Je höher er ist, desto eher sollte auf Niedrigkostenregionen ausgewichen werden (Brandes/ Maiss 2005a, S.1, www.competence-site.de).
In diesem Zusammenhang ist auch der Wert bzw. das Beschaffungsvolumen der zu beziehenden Produkte entscheidend. Der zusätzliche Aufwand, der durch Global Sourcing entsteht, scheint nur gerechtfertigt, wenn entsprechende Volumina zu beschaffen sind (Krokowski 1998, S.239f.). Mit der ABC-Analyse steht auch hier bereits ein verbreitetes Instrument zur Verfügung (Piontek 2004, S.140ff.).
Vorhandenes Versorgungsrisiko bei bestehenden (nationalen) Lieferanten kann erfordern, die bisher betrachteten Beschaffungsmärkte auszuweiten. So können neue Bezugsquellen gefunden und das Versorgungsrisiko verringert werden (Orths 2003, S.38f.). Allerdings wurde in 2.4.2 schon angeführt, dass das Motiv der Risikostreuung umstritten ist.
Zur Beurteilung, welche Produkte global beschafft werden sollen, kommen in der Praxis Portfolios mit verschiedenen Merkmalskombinationen zum Einsatz. Verbreitet ist bspw. das in 2.3.1 beschriebene Normstrategie-Portfolio, welches die Merkmale Versorgungsrisiko und Beschaffungsvolumen kombiniert. Hieraus lässt sich ableiten, wie auch schon angedeutet, dass sich vor allem Hebelprodukte und Strategische Produkte für eine Beschaffung durch Global Sourcing anbieten. C-Artikel bzw. (un)kritische Materialien eignen sich, wegen dem - relativ gesehen - hohen Abwicklungsaufwand, eher für eine lokale Beschaffung (Boutellier/ Corsten 2002, S.60).
Bei der Anwendung der Portfoliotechnik ist jedoch generell zu bedenken, dass sie zeitpunktbezogen betrachtet und die Dynamik der heutigen Märkte nur unzureichend berücksichtigen kann. Daher empfiehlt sich eine regelmäßige Überprüfung der Entwicklung (Jahns 2005a, S.84). Dies gilt auch für das in 4.1.1 gezeigte Portfolio. Es lässt eine Unterscheidung der Güter hinsichtlich der Eignung für Global Sourcing zu und gibt zudem Hinweise für die Beschaffungsmarktwahl, z.B. ob in Niedrigkostenländern beschafft werden soll. Ähnliches lässt sich auch bei der Verwendung anderer Merkmalskombinationen feststellen. Insofern kann ein Zusammenhang zwischen Bedarfsanalyse und Beschaffungsmarktwahl konstatiert werden.
3 Festlegung der zu bearbeitenden Ländermärkte
Das vorige Kapitel ergab, dass schon die Bedarfsanalyse Hinweise zur Wahl der Beschaffungsmärkte gibt. Allerdings ist eine noch genauere Eingrenzung nötig, denn wegen des hohen Informationsbedarf zu jedem einzelnen Land sowie steigende Managementkomplexität durch unterschiedliche Mentalitäten und Marktstrukturen muss eine Beschränkung auf ausgewählte Länder erfolgen (Kerkhoff 2005, S.95).
Diese Marktauswahl im Global Sourcing erfordert einen strategischen Ansatz. Je nach Strategie des Unternehmens sind unterschiedliche Ziele und Risikobereitschaft vorhanden. Bestimmte Märkte erscheinen aufgrund ihrer Charakteristika dann mehr oder weniger zur Bearbeitung geeignet (Paterna 2005, S.2, www.competence-site.de). Zur Entscheidungsunterstützung werden verschiedene Kriterien zur Beurteilung des Marktes herangezogen. Eine Übersicht dieser bildet den ersten Abschnitt dieses Kapitels. Im zweiten Teil wird dann der Auswahlprozess kurz vorgestellt.
3.1 Kriterien der Beschaffungsmarktwahl
Art und Umfang der Kriterien hängen auch von der Strategie des Unternehmens ab. Deshalb müssen nicht alle im Folgenden erwähnten Beobachtungsbereiche für jedes Unternehmen gleich relevant sein.
3.1.1 Allgemeine Kriterien zur Länderbeurteilung
Gleichwohl wird das politische und rechtliche Risiko für die meisten Unternehmen von Bedeutung sein. Dazu gehören Faktoren wie die Sicherheit des herrschenden politischen Systems eines Landes, das Risiko eines politischen Umsturzes, aber auch die Einstellung der politischen Führung gegenüber der freien Wirtschaft (Pi-ontek 1997, S.103). Ebenso von Bedeutung sind rechtliche Aspekte, wie z.B. bürokratische Hemmnisse (Genehmigungen, Ausfuhrzölle etc.), die Durchsetzbarkeit von Verträgen oder die Möglichkeiten, geistiges Eigentum auf Basis eines funktionierenden Rechtssystems zu sichern (Arnolds et al. 1996, S.273).
Von gleicher Bedeutung sind volkswirtschaftliche Kriterien. Dabei wird die allge-meine ökonomische Entwicklung eines Landes betrachtet, z.B. Inflation/ Währungs-stabilität, Wirtschaftswachstum, Zinsniveau oder Kapitalverfügbarkeit (Koppelmann 2004, S.214). Aber auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt, z.B. Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte oder Lohnkostenentwicklung sind hier von Interesse (Brandes/Maiss 2005a, S.1, www.competence-site.de).
Dazu kommen auf der übergeordneten Ebene noch soziokulturelle Kriterien. Probleme in der Beziehung zwischen Lieferant und Abnehmer sind nicht selten kulturell bedingt. Vor allem Unterschiede in Kommunikationsstil, Sprache und Mentalität bereiten in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten (Piontek 1997, S.103). Je höher die kulturelle Distanz, desto problematischer kann sich eine Zusammenarbeit gestalten. Aber auch die gesellschaftliche Situation innerhalb eines Landes, z.B. die Ausprägung sozialer Unterschiede und daraus möglicherweise resultierende Spannungen, müssen zur Beurteilung der Stabilität eines Landes herangezogen werden (Koppelmann 2004, S.219).
Zuletzt kann auch noch der allgemeine zivilisatorische Entwicklungsstand des Landes von Interesse sein, wie die Infrastruktur (etwa Verkehrswesen, Kommunikationsnetze), das Bildungssystem und daraus abgeleitet des Qualifikationsniveau der Bewohner, sowie der technologische Stand der Industrien (Koppelmann 2004, S.214).
3.1.2 Beschaffungsmarktspezifische Kriterien
Neben der allgemeinen Situation eines Landes ist auch die Situation spezifisch auf den Beschaffungsmärkten von Bedeutung für eine erfolgreiche Aktivität.
Um die Kernaufgabe der Beschaffung, die Versorgung der anderen Unternehmens-bereiche mit benötigten Materialien (und Leistungen), erfolgreich erbringen zu können, müssen vor allem folgende Bedingungen erfüllt sein: Mengenmäßige Verfüg-barkeit, zufrieden stellende Qualität, akzeptabler Preis, Anlieferung zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort (Eberle 2005, S.75f.).
Neben der Leistungsfähigkeit der einzelnen Lieferanten ist in diesem Zusammen-hang auch die Struktur des Beschaffungsmarktes von Interesse. Vor allem die Anzahl und Machtverteilung der Marktteilnehmer hat hier direkten Einfluss auf Ziele der Versorgung. So kann es in Boommärkten schon einmal dazu kommen, dass leistungsfähige Lieferanten vor einer Vielzahl von Abnehmern stehen, und diese nicht alle bedienen können (Brandes/ Maiss 2005b, S.3, www.competence-site.de). Ebenso ändert sich die Machtverteilung - nicht selten zu Ungunsten des beschaffenden Unternehmens - wenn durch Fusionen von Lieferanten oder aber staatliche Eingriffe oligopolistische oder gar monopolistische Marktstrukturen entstehen (Buck 1998, S.227f.).
Die Marktstruktur ist wesentlichstes Betrachtungselement der beschaffungsspezifischen Länderanalyse. Andere Faktoren hängen stark mit der Leistungsfähigkeit der einzelnen Lieferanten zusammen..
3.2 Länderauswahlverfahren
Die bisher behandelten Kriterien zur Länderauswahl werden nun systematisiert. Dazu wird zuerst der Länderauswahlprozess beschrieben und dann mögliche Auswahlmethoden sowie ergänzende Tools hierzu vorgestellt.
3.2.1 Auswahlprozess
Die Länderauswahl bedingt einen hohen Informationsbedarf. Um den Arbeitsaufwand möglichst gering zu halten, werden in der Praxis oft Stufenmodelle zur Markt-wahl herangezogen. So kann möglichst früh der Kreis der potentiellen Märkte – und damit der Marktforschungsaufwand eingeschränkt werden (Piontek 1997, S.48).
Die erste Stufe bilden dabei Kriterien, die aus sachlichen, strategischen aber auch ethischen Gründen die Aktivität in einem Land von Grund auf ausschließen – auch bekannt als Knock-out-Kriterien. Dazu gehören bspw. die grundlegende Beschränkung auf bestimmte Regionen oder die ethische Grundhaltung des Managements, z.B. gegenüber einem bestimmten politischen System (Piontek 1997, S.49).
In der zweiten und dritten Stufe werden dann die Länder anhand der in 4.2.1.1 er-wähnten Kriterien beurteilt. Die aufgrund der Beurteilung ungeeigneten fallen aus der Betrachtung heraus (Koppelmann 2004, S.211ff.).
Die letzte Stufe ergibt dann anhand der Analyse der Marktstruktur die Märkte, die für eine Beschaffung in Frage kommen (Piontek 1997, S.52).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Trichtermodell zur Marktwahl (Quelle: zit. nach Kop-pelmann 2004, S.210).
Anhand des Trichter-modells in der neben-stehenden Abbildung kann der Prozess visualisiert werden:
Grundsätzlich kann der Prozess natürlich variieren. Aus den genannten Gründen soll-te aber in jedem Fall schrittweise vorgegangen werden.
3.2.2 Auswahlmethodik
Die Länderauswahl kann mit mehreren, auch kombinierbaren Methoden geschehen. Ein verbreitetes quantitatives Verfahren ist dabei das Scoring-Verfahren, das sich zur numerischen Gewichtung der Auswahlkriterien eignet (Wagner 2003, S.706). Die Checklistentechnik dagegen kann für qualitative Merkmale angewandt werden (Preißler 2000, S.258). Es scheint nicht sinnvoll, nur auf ein Verfahren zu setzen. Mehr Aussagekraft hat vielleicht die Scoring-Methode, dafür kann die Checklisten-Technik schneller zu Ergebnissen führen, z.B. durch k. o.-Kriterien.
Oft ist die Auswahl und Bewertung der Kriterien von subjektiven Einflüssen geprägt. Da außerdem die Informationssammlung und -auswertung zur Beurteilung von Ländermärkten meist sehr aufwändig ist, behilft sich die Praxis mit so genannten „Index-Verfahren“ (Thiemt 2003, S.255). Diese drücken anhand einer Kennzahl, die auf der aggregierten Bewertung einzelner Kriterien beruht, die Risikohaftigkeit eines Landes aus. Der bekannteste solcher Indizes ist wohl der BERI-Index (Koppelmann 2004, S.217ff.). Der Nachteil allerdings ist, dass auch bei den Indizes die Kriterien z.T. subjektiv ausgewählt worden und außerdem nicht spezifisch auf den Bedarf des Unternehmens zugeschnitten sind. Es empfiehlt sich eine Mischlösung, bei der aufwändig zu recherchierende, allgemeine Bereiche durch Indizes, strategisch bedeutsame aber in jedem Fall durch das Unternehmen selbst abgedeckt werden (Thiemt 2003, S.256.). Abschließend muss noch erwähnt werden, dass, welches Verfahren auch immer zum Einsatz kommt, Märkte großer Dynamik unterliegen (Large 1999, S.88f.). Deshalb ist die Länderanalyse nicht ein-malig, sondern regelmäßig durchzuführen.
In diesem Abschnitt wurde deutlich, dass bei der Auswahl der im Global Sourcing zu bearbeitenden Länder vor allem die damit verbundenen Risiken betrachtet werden.
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