Außenpolitische Ziele Bismarcks
Von den Reichseinigungskriegen bis zur Abdankung
Zusammenfassung
Diese Hausarbeit wird sich im Folgenden mit der Außen- und Kolonialpolitik Otto von Bismarcks von den Reichseinigungskriegen bis zu seiner Abdankung beschäftigen. Um Kenntnisse zur Ausgangslage der intereuropäischen Politik in den 1860ern aus deutscher Sicht zu erlangen, wird zuerst auf die politische Grundhaltung Bismarcks im Allgemeinen eingegangen. Welche Ziele verfolgte der „eiserne“ Kanzler und mit Hilfe welcher Mittel versuchte er diese zu erreichen? Danach werden die Reichseinigungskriege nähere Beleuchtung finden, während derer der damalige preußische Ministerpräsident auf eindrucksvolle Weise sein politisches Geschick bewies.
Dann wird die von Bismarck betriebene Bündnispolitik beleuchtet. Wie schaffte es der deutsche Kanzler ein diplomatisches System zu etablieren, welches das Deutsche Reich gegen Aggressoren schützte und wie genau sah dieses System aus?
Im Anschluss daran wird die Haltung des Regierungschefs in Bezug zu den Kolonien näher beleuchtet. Welchen Stellenwert maß er den überseeischen Besitzungen zu? Ging es um Prestige oder standen wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund? Inwieweit entsprach Bismarcks persönliche Einschätzung tatsächlich realen Gegebenheiten?
Zuletzt wird kurz auf die politischen Leitlinien der beiden wichtigsten Nachfolger Otto von Bismarcks und deren Bedeutung für die Geschichte des Deutschen Reiches eingegangen. Auf diese Weise wird versucht Unterschiede zu der Politik des „eisernen“ Kanzlers herauszuarbeiten, anhand derer die Entwicklung der Jahre nach 1890 historisch eingeordnet werden soll.
Zwar wurde über Otto von Bismarck, sowie dessen Außenpolitik, seit Ende des 19. Jahrhunderts schon eine Vielzahl an Werken veröffentlicht, doch erfreut sich die Forschung zu dem Thema noch immer größter Aktualität. Über die Hälfte der in dieser Hausarbeit verwendeten Literatur ist nach der Jahrtausendwende entstanden, demnach gestaltete es sich als relativ leicht den aktuellen Forschungsstand nachzuvollziehen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Außen- und Kolonialpolitik unter Otto von Bismarck
2.1 Politisches Selbstverständnis Bismarcks
2.2 Reichseinigungskriege
2.3 Bündnispolitik
2.4 Kolonialpolitik
3 Außen- und Kolonialpolitik nach Bismarck
4 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Mit der Ernennung Otto von Bismarcks zum Ministerpräsidenten von Preußen im Jahr 1862 begann eine entscheidende Phase in der deutschen Politik. Heute vor allem für das von ihm etablierte bismarcksche Bündnissystem[1] bekannt, schien sich der Politiker im Besonderen durch sein unvergleichliches Gespür für politische Verhältnisse auszuzeichnen, mit dem er bis zu seiner Abdankung am 20. März 1890[2] die Politik Preußens und des Deutschen Reiches maßgeblich bestimmte.
Diese Hausarbeit wird sich im Folgenden mit der Außen- und Kolonialpolitik Otto von Bismarcks von den Reichseinigungskriegen bis zu seiner Abdankung beschäftigen. Um Kenntnisse zur Ausgangslage der intereuropäischen Politik in den 1860ern aus deutscher Sicht zu erlangen, wird zuerst auf die politische Grundhaltung Bismarcks im Allgemeinen eingegangen. Welche Ziele verfolgte der „eiserne“ Kanzler und mit Hilfe welcher Mittel versuchte er diese zu erreichen? Danach werden die Reichseinigungskriege nähere Beleuchtung finden, während derer der damalige preußische Ministerpräsident auf eindrucksvolle Weise sein politisches Geschick bewies.
Dann wird die von Bismarck betriebene Bündnispolitik beleuchtet. Wie schaffte es der deutsche Kanzler ein diplomatisches System zu etablieren, welches das Deutsche Reich gegen Aggressoren schützte und wie genau sah dieses System aus?
Im Anschluss daran wird die Haltung des Regierungschefs in Bezug zu den Kolonien näher beleuchtet. Welchen Stellenwert maß er den überseeischen Besitzungen zu? Ging es um Prestige oder standen wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund? Inwieweit entsprach Bismarcks persönliche Einschätzung tatsächlich realen Gegebenheiten?
Zuletzt wird kurz auf die politischen Leitlinien der beiden wichtigsten Nachfolger Otto von Bismarcks und deren Bedeutung für die Geschichte des Deutschen Reiches eingegangen. Auf diese Weise wird versucht Unterschiede zu der Politik des „eisernen“ Kanzlers herauszuarbeiten, anhand derer die Entwicklung der Jahre nach 1890 historisch eingeordnet werden soll.
Zwar wurde über Otto von Bismarck, sowie dessen Außenpolitik, seit Ende des 19. Jahrhunderts schon eine Vielzahl an Werken veröffentlicht, doch erfreut sich die Forschung zu dem Thema noch immer größter Aktualität. Über die Hälfte der in dieser Hausarbeit verwendeten Literatur ist nach der Jahrtausendwende entstanden, demnach gestaltete es sich als relativ leicht den aktuellen Forschungsstand nachzuvollziehen. Ein wenig schwerer stellte sich die Recherche zu den Nachfolgern Bismarcks dar, da beispielsweise über Chlodwig von Hohenlohe wenig zu finden war. Selbst zu den bedeutenderen deutschen Kanzlern nach 1890, wie die in der Hausarbeit erwähnten von Caprivi oder von Bülow, lassen sich nur schwer ausführlichere Forschungen finden.
2 Außen- und Kolonialpolitik unter Otto von Bismarck
2.1 Politisches Selbstverständnis Bismarcks
Das politische Selbstverständnis Otto von Bismarcks war von Autorität geprägt. Er war ein sehr pragmatischer Politiker, der wenig von Ideologien und Prinzipien hielt, dessen Loyalität aber stets dem preußischen Vaterland galt, dessen Interessen er bereit war mit allen erforderlichen Mitteln durchzusetzen und zu schützen.[3]
Bei seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten und Außenminister von Preußen im Jahre 1862 machte er gegenüber Wilhelm I. deutlich, dass er die geplante Heeresreform, deren Umsetzung die Regierung in eine handfeste Krise stürzte, notfalls auch gegen den Widerstand der liberalen Kräfte im Parlament mit allen Mitteln durchsetzen würde. Der preußische König, der über diesen Konflikt zeitweise sogar kurz davor stand seine Abdankung zugunsten des liberal eingestellten Kronprinzen Friedrich III. einzureichen, war, laut Bismarcks eigenen Aufzeichnungen, begeistert vom Elan des jungen Politikers.[4] Der neu ernannte Ministerpräsident schaffte es auf diese Weise sich eine außergewöhnliche Vertrauensstellung bei Wilhelm I. zu erarbeiten und erlangte eine Art „Vollmacht“, die seinen Handlungsspielraum in einem derartigen Maße erweiterte, welches bei einem Ministerpräsidenten zu dieser Zeit nicht üblich war.[5]
Die maßgeblichen Ziele der Politik Bismarcks, welche stets oberste Priorität genossen, waren die Machterweiterung Preußens in Europa, in späteren Jahren dann die Sicherung des bereits gewonnenen Einflusses und Territoriums, sowie das Erreichen der offizielle Duldung der expansiven Politik durch die übrigen Großmächte. Preußen sollte anerkannte Großmacht werden.[6] Als ersten Schritt dazu war es aus seiner Sicht von Nöten, dass Preußen es langfristig schaffte Österreich den führenden Rang im deutschen Raum streitig zu machen und seine Machtansprüche vollständig zu neutralisieren.[7] Wie bereits erwähnt, fand bei Bismarck die Idee des deutschen Nationalismus wenig Anklang, sah er in ihm später doch höchstens das Mittel zum Zweck, um die Deutschen in einem gemeinsamen Reich unter Preußens Führung zu einen. Die Erfolge in der Außenpolitik sollten sich zudem positiv auf seine Innenpolitik auswirken, auf diese Weise erhoffte er sich eine Stärkung der kaiserlichen Monarchie und der staatlichen Obrigkeit gegenüber revolutionären Kräften, die demokratisierende Tendenzen verfolgten. Zudem sollten auch die Rechte des Adels und vor allem die Sonderstellung des Militärs geschützt und weiter gestärkt werden um deren vorhandenen Einfluss noch weiter auszubauen.[8]
Der Beginn seiner politischen Laufbahn war geprägt von der inneren Auseinandersetzung mit den Liberalen. Anfänglich versuchte er noch auf das andere Lager zuzugehen und legte eine gewisse Verhandlungsbereitschaft an den Tag. Die von ihm als Angebot an die Liberalen gedachte Blut-und-Eisen-Rede[9] wurde ihm jedoch als Beweis für den Versuch mit Gewalt und übersteigerter Risikobereitschaft in außenpolitischen Fragen zu regieren zum Verhängnis, da sie die Opposition noch weiter von der Regierung entfernte. Dem Ministerpräsidenten blieb nach eigener Auffassung nichts anderes übrig, als den politischen Gegner mit aller Härte zu bekämpfen.[10] In der Folge dieses Konflikts, in dem das Parlament der Regierung ab dem Jahr 1962 unter anderem den Haushalt verweigerte,[11] griff Bismarck zu rigorosen Mitteln, so drohte er liberalen Beamten und Abgeordneten mit Entlassung oder schaffte die Pressefreiheit unter Missachtung der Verfassung, ab.[12] Selbst der Gedanke eines Staatstreichs, bewerkstelligt durch Abschaffung von Wahlrecht und Verfassung, wurde kurz in Erwägung gezogen, jedoch schnell wieder verworfen, da keine politische Ordnung, die aus diesen Umtrieben erwachsen wäre, lange Bestand gehabt hätte.
2.2 Reichseinigungskriege
Als Reichseinigungskriege werden die drei Konflikte bezeichnet, die Preußen zwischen den Jahren 1864 und 1871 führte und an deren Ende die Gründung des Deutschen Kaiserreichs stand. Am Beispiel seines Verhaltens während dieser drei Konflikte lässt sich Bismarcks außergewöhnliches politisches Talent aufzeigen, da er über eine sehr kurze Zeitspanne hinweg die Deutsche Frage klärte, indem er den deutschen Nationalstaat unter preußischer Führung schuf.[13]
Den ersten der Reichseinigungskriege stellt der Deutsch-Dänischen Krieg dar. Dieser Konflikt aus dem Jahr 1864 überschattete die innenpolitischen Querelen Preußens sehr schnell. Nach dem Tod Friedrichs VII. von Dänemark im Jahre 1863 war die Zukunft der Herzogtümer Schleswig und Holstein ungewiss, da der Dänische König Christian IX. sich anschickte Schleswig ins dänische Königreich einzugliedern, während Friedrich von Augustenburg, von deutschen Nationalisten unterstützt, seine Erbansprüche geltend machte und für die beiden Herzogtümer als eigenständigen Staat eine Eingliederung in den deutschen Bund vorsah.[14]
Bismarck unterstützte weder die Pläne der Dänen, noch die der deutschen Nationalisten und Liberalen, er sah Schleswig und Holstein als Teile des preußischen Machtbereichs an, was zu dieser Zeit jedoch nicht durchzusetzen war, sodass Preußen letztendlich in Einvernehmen mit Wien entschied, dass die Londoner Verträge, die den Status des dänischen Staates in Grenzfragen klärte, eingehalten werden müssten.[15] In dieser Angelegenheit passierte es zum ersten Mal, dass Preußen und Österreich gemeinsam ankündigten, die Beschlüsse des deutschen Bundestages notfalls übergehen zu müssen. Diese Kooperation stellte für Bismarck lediglich ein „ befristetes Arrangement mit dem Ziel [dar] , die eigenen Risiken zu minimieren und sich alle Optionen offen zu halten. “[16]
1864 kam es im Februar zum Krieg zwischen dem Deutschen Bund und Dänemark, den Bismarck durch politisches Taktieren in die Länge zog. Eine Besonderheit dieses Feldzuges stellt die Tatsache dar, dass mit Bismarck zum ersten Mal „ ein ziviler Politiker das Sagen hatte “[17]. Zwar gab es erste Friedensverhandlungen bereits im April, doch konnte erst im August ein Frieden geschlossen werden, in dem Dänemark den vollständigen Verzicht auf Schleswig und Holstein erklärte.[18] Der anfänglich angedachten Idee einen eigenen Staat unter von Augustenburg zu bilden, der dann Teil des Deutschen Bundes werden würde, wurde nicht entsprochen, da der Ministerpräsident versuchte den im Entstehen begriffenen Staat zu sehr an Preußen zu binden. Stattdessen wurden beide Herzogtümer einer gemeinsamen Verwaltung von Preußen und Österreich unterstellt, was unweigerlich zu einem Wiederaufflammen des alten Gegensatzes führte.[19]
Die außenpolitischen Erfolge und die nationalistische Grundstimmung halfen Bismarck bei der Lösung der innenpolitischen Probleme, da einige Liberale damit begannen umzudenken und sich mit der Herangehensweise des Ministerpräsidenten anzufreunden, da die bekämpfte Heeresreform augenscheinlich Früchte trug.[20]
[...]
[1] Kolb, S. 97.
[2] ibidem, S. 126.
[3] Haffer, S. 277.
[4] Eyck, S. 53.
[5] Clark, S. 597.
[6] Mann, S. 155 – 156.
[7] Nipperdey, S. 11.
[8] Kolb, S. 59.
[9] Rose, S. 11.
[10] Kolb, S. 55 – 57.
[11] Eyck, S. 51.
[12] Ibidem, S. 58 – 59.
[13] Nipperdey, S. 11.
[14] Clark, S. 598 – 600.
[15] Rose, S. 14.
[16] Clark, S. 601.
[17] Ibidem, S. 603.
[18] Haffer, S. 383 – 385.
[19] Rose, S. 16.
[20] Clark, S. 605.