Beschreibung und körpersoziologische Analyse der Ökologiebewegung
Zusammenfassung
Gerade die Vielfältigkeit der Ökologiebewegung ist höchst faszinierend und bietet sich für eine genauere körpersoziologische Betrachtung an. Welche Rolle spielt der Körper für diese soziale Bewegung? Welche Problematiken in Bezug auf den Körper werden in der Ökologiebewegung thematisiert? Um welche Arten von Körpern handelt es sich? Welche Protestformen kommen zum Einsatz und wie macht sich die Bewegung den Körper zu nutze? Aufschluss über diese Fragestellungen zu geben, ist Ziel des vorliegenden Projektberichts.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Ökologiebewegung
3. Körpersoziologische Analyse
a. Körper und Prostest
b. Körper/Leib
4. Fazit /Kritik
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Es gibt wohl kaum eine soziale Bewegung, die so viele Bereiche umspannt und auf eine so lange Geschichte zurückblicken kann, wie die Ökologiebewegung. Ihre Themengebiete erstrecken sich von der Anti AKW-Bewegung über Tierschutz zu Umweltschutz bis hin zu neueren Problematiken die wie der Gentechnik. Die Ökologiebewegung birgt zusätzlich die Besonderheit, dass sie im Gegensatz zu vielen anderen sozialen Bewegungen bereits in die Politik vorgedrungen ist und sich dort, beispielsweise in Form der Partei der Grünen, erfolgreich etabliert hat. Dennoch befasst sich diese Bewegung mit eher unkonventionellen Themen wie etwa der Ernährung, sodass sie sich nicht nur in der Politik, sondern auch im Privaten im Sinne eines Lifestyles wiederfinden lässt.
Gerade die Vielfältigkeit der Ökologiebewegung ist höchst faszinierend und bietet sich für eine genauere körpersoziologische Betrachtung an. Welche Rolle spielt der Körper für diese soziale Bewegung? Welche Problematiken in Bezug auf den Körper werden in der Ökologiebewegung thematisiert? Um welche Arten von Körpern handelt es sich? Welche Protestformen kommen zum Einsatz und wie macht sich die Bewegung den Körper zu nutze? Aufschluss über diese Fragestellungen zu geben, ist Ziel des vorliegenden Projektberichts.
Um sich der Thematik „Körper und soziale Bewegung“ systematisch zu nähern, wird zunächst kurz die Ökologiebewegung als soziale Bewegung vorgestellt. Hier soll ein grober Überblick über die Bereiche, Zielsetzungen und Historie der Bewegung gegeben werden. Daran anschließend folgt die körpersoziologische Analyse. Dazu werden die einzelnen Protestformen der Ökologiebewegung in Bezug auf Körpereinsatz untersucht. Ferner wird dargestellt, in welcher Art und Weiße der Körper in dieser bestimmten Bewegung überhaupt von Bedeutung ist und um welche Körper es sich dabei handelt. Diese Analyse wird unter anderem durch die Anwendung von Plessners Körper/Leib-Modell abgerundet.
Abschließend soll ein Fazit zusammenfassend klären, welche Einblicke durch eine körpersoziologische Betrachtung in die Ökologiebewegung gewonnen werden können. Es soll einerseits deutlich werden, worin der Wert einer solchen Herangehensweise liegt, gleichzeitig ist es jedoch sinnvoll auch die Grenzen des körpersoziologischen Blickwinkels auf soziale Bewegungen wie der Ökologiebewegungen aufzuzeigen.
2. Die Ökologiebewegung
Die Umwelt- und Naturschutzdebatte war in Deutschland in der Nachkriegszeit kaum präsent, schwappte aber in den 1960er Jahren zunehmend von den USA auf Deutschland über. Es bildeten sich zunächst Bürgerinitiativen mit dem Ziel der Verbesserung der Lebensbedingungen im näheren Wohnumfeld. Daraus entstand 1972 der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), welcher innerhalb der Ökologiebewegung sehr an Bedeutung gewann (vgl. Kern 2008, S.107). Vor allem während der Wirtschaftskrise in den 1970ern beschleunigte die Bundesregierung den Ausbau der Kernenergie, was die Sensibilisierung der Bevölkerung für Umweltfragen noch steigerte (ebd.). Im Jahr 1980 erhielt die Ökologiebewegung zum einen Einzug in die politische Landschaft durch die Gründung der Grünen, sowie zunehmende Institutionalisierung durch die Niederlassung der Organisation Greenpeace in Deutschland. Weitere große Umweltschutzorganisationen gewannen immer mehr an Einfluss, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der World Wide Fund for Nature (WWF), wohingegen kleinere, lokale Umweltgruppen an Bedeutung verloren. Die führenden Thematiken bezogen sich zu diesem Zeitpunkt vornehmlich auf den sauren Regen, sowie das Waldsterben (ebd.). Aufgrund des Reaktorunglücks von Tschernobyl 1986 wurde schließlich das Bundesumweltministerium eingerichtet. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands verlagerte sich die Aufmerksamkeit auf das Schlagwort der „Nachhaltigen Entwicklung“ (vgl. Kern 2008, S.108). Hierbei ging es hauptsächlich um „die Verbindung zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungsaspekten“ (ebd.). Im Zuge dessen bildeten sich mitunter der Ausstieg aus der Atomenergie, sowie der weltweite Klimaschutz als Hauptziele der Ökologiebewegung heraus.
Obwohl die Ökologiebewegung sehr weitreichend ist und viele verschiedene Gebiete umfasst, lassen sich dennoch verschiedene Strömungen der Bewegung klassifizieren. Zunächst ist hier der traditionelle Naturschutz zu nennen. Er gilt als Vorläufer der modernen Ökologiebewegung und stellt die Bewahrung der Natur in den Mittelpunkt (vgl. Kern 2008, S.108). „Das Ziel besteht darin, der Gesellschaft Territorien abzuringen, in denen sich die Natur möglichst unberührt vom Menschen entwickeln kann“(ebd.). Diese Strömung zeichnet sich unter anderem durch einen geringen Grad an Ideologisierung aus.
Als zweite Strömung sind lokale Umweltgruppen und Bürgerinitiativen zu nennen. „Ihr Ziel besteht in der Erhaltung oder Verwirklichung einer möglichst hohen Lebensqualität“ (Kern 2008, S.109). Unter diesen Bereich fallen Bürger (meist Anwohner), die sich zusammenschließen um bestimmten Maßnahmen in ihrer direkten Umgebung entgegenzuwirken. Solche Maßnahmen reichen von der Schaffung eines Atomlagers wie in Gorleben über den Bau von Staudämmen, Flugplätzen, bis hin zur Abholzung von Wäldern.
Die dritte Strömung ist im Gegensatz dazu auf internationaler Ebene angesiedelt. Hier handelt es sich um internationale Organisationen (z.B. Greenpeace), die sich mit globalen Umweltproblemen beschäftigen, wie dem Klimawandel, Gentechnologie und dergleichen (ebd.).
Die politische Ökologie bildet die vierte Strömung der Ökologiebewegung. Darunter ist die Etablierung ökologischer Themen in die Politik zu verstehen, die durch verschiedenen grüne Listen vertreten wurde und in Form der Partei der Grünen 1983 den Einzug in den deutschen Bundestag erhielt (ebd.).
Schließlich lässt sich als fünfte Strömung der sogenannte Ökozentrismus charakterisieren, welcher die Auffassung vertritt, „dass die Bewahrung und der Schutz der Natur einen intrinsischen Wert darstellen, vollkommen unabhängig von menschlichen Interessen“(Kern 2008, S.110). Bekannte Vertreter dieser teilweise radikalen Strömung sind Organisationen wie Earth First! oder Sea Shepherds.
Die Ziele der Ökologiebewegung sind ähnlich vielfältig wie ihre Teilbereiche. Diese reichen vom Ausstieg aus der Atomenergie (Anti-AKW-Bewegung), über Klimaschutz, umweltfreundliche Verkehrspolitik und Müllentsorgung, über die oben genannten Themen wie Landschafts- und Naturschutz, sowie Vermeidung von Gentechnik bis hin zum Tierschutz. Unter letzterem sind weitere Ziele zusammengefasst wie etwa der Verzicht von Tierversuchen, das Verbot quälender Schlachtmethoden, Reformen bzw. Stopp der Nutztierhaltung, Verbot der Genmanipulation an Tieren, etc. (vgl. Roth/Rucht 2008, S.232).
[...]