Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit ist ein brisantes und komplexes Thema. Die Auffassungen reichen von der Notwendigkeit einer klaren Hierarchie und Leitung im Sinne einer Orientierung und Strukturierung bis hin zur Bewertung von Leitung als überflüssiges, gar hemmendes Konstrukt in Einrichtungen Sozialer Arbeit. Es stellt sich die Frage, wie Leitung im Sinne von Weisungsbefugnis und Hierarchie mit Sozialer Arbeit, die „in die Kraft der Menschen, ihr Leben selbst zu gestalten“ vertraut, zusammenpasst? Welche Aufgaben hat die Leitung innerhalb eines Teams in Einrichtungen Sozialer Arbeit und welche besondere Bedeutung kommt ihr im Zusammenhang mit Veränderungen zu? Dies sind die grundlegenden Fragestellungen, mit denen sich diese Arbeit befasst.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit
2.1 Begriffsbestimmungen
2.2 Leitungskompetenzen
2.3 Herausforderungen an Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit
3. Veränderungsprozesse in Organisationen
3.1 Organisationsentwicklung
3.2 Veränderungsprozesse in Einrichtungen Sozialer Arbeit
3.3 Change Management
4. Verantwortung von Leitung in Veränderungsprozessen
5. Fazit
Quellenangabe
1. Einleitung
Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit ist ein brisantes und komplexes Thema. Die Auffassungen reichen von der Notwendigkeit einer klaren Hierarchie und Leitung im Sinne einer Orientierung und Strukturierung bis hin zur Bewertung von Leitung als überflüssiges, gar hemmendes Konstrukt in Einrichtungen Sozialer Arbeit. Es stellt sich die Frage, wie Leitung im Sinne von Weisungsbefugnis und Hierarchie mit Sozialer Arbeit, die Äin die Kraft der Menschen, ihr Leben selbst zu gestalten“1 vertraut, zusammenpasst? Welche Aufgaben hat die Leitung innerhalb eines Teams in Einrichtungen Sozialer Arbeit und welche besondere Bedeutung kommt ihr im Zusammenhang mit Veränderungen zu? Dies sind die grundlegenden Fragestellungen, mit denen sich diese Arbeit befasst.
In Bezug zur zunehmenden Ökonomisierung und Komplexität Sozialer Arbeit im gesellschaftlichen Kontext werden spezifische Anforderungen an die Rolle der Leitung deutlich. Im historischen Verlauf wandelte sich diese von einer ‚patriarchalischen‘ Organisationshierarchie zum ‚Management Sozialer Arbeit‘.2 Dieser Wandel veränderte die Herausforderungen an Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit immens. Hinzu kommen Veränderungsprozesse, die sich aus aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen ergeben wie beispielsweise die zunehmende Ökonomisierung Sozialer Arbeit, die deutlich höhere Ansprüche an die Effizienz sowie die Effektivität der Dienstleistung stellt.
Diese Arbeit verdeutlicht die Bedeutung von Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit in Veränderungsprozessen. Hierfür ist es zunächst erforderlich, die Begriffe Organisation, Einrichtungen Sozialer Arbeit, Leitung und Führung zu definieren und die entsprechend notwendigen Leitungskompetenzen sowie die besonderen Herausforderungen von Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit darzustellen. Anschließend werden Veränderungsprozesse in Einrichtungen Sozialer Arbeit vor allem im Zusammenhang einer Organisationsentwicklung beschrieben und das ‚Change Management‘ als eine Form der Gestaltung dieser Veränderungsprozesse verdeutlicht. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die dargestellten Inhalte zusammengeführt und die besondere Verantwortung von Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit in Veränderungsprozessen herausgestellt.
Abschließend werden Schlussfolgerungen im Hinblick auf die übergeordnete Fragestellung zusammengefasst und reflektiert.
2. Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit
Grundlegend für die Darstellung der Bedeutung von Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit in Veränderungsprozessen ist nicht nur die Definition von Leitung und Leitungshandeln, sondern auch die Rahmenbedingungen, in denen sich Leitung bewegt.
2.1 Begriffsbestimmungen
‚Organisationen‘ sind Äoffene Systeme […], die durch die wechselseitige Abhängigkeit verschiedenster Faktoren wie Umwelt, Strukturen, Technologie und Ziele der Organisation sowie Verhalten und Kommunikation der Mitglieder geprägt sind“3. Sie sind somit sowohl durch die Mitglieder und deren Handeln als auch durch die innere Struktur gekennzeichnet. Um diese innere Struktur zu gestalten und weiterzuentwickeln, benötigen Organisationen Personen, die Änach innen und außen Steuerungsfunktionen übernehmen“4. Die Übernahme derartiger Steuerungsfunktionen ist Aufgabe von Leitung. Organisation und Leitung bedingen sich demnach gegenseitig.
‚Einrichtungen Sozialer Arbeit‘ bieten eine bestimmte Dienstleistung im Sinne der Sozialgesetzgebung und damit des Sozialsystems an. Dort, Äwo gesellschaftliche Akzeptanz für bestimmte soziale Notlagen gegeben ist, entstehen Handlungsfelder des Sozialsystems“5. In diesen Handlungsfeldern sind Einrichtungen Sozialer Arbeit tätig und erbringen eine Dienstleistung gegenüber Klient_innen, die zumeist von öffentlichen Kostenträgern finanziert wird. Einrichtungen Sozialer Arbeit sind häufig im Verbund organisiert und bestehen aus Teamleitung und Mitarbeiter_innen. Im weiteren Verlauf beziehen sich die Ausführungen auf die Teamleitung (die so genannte untere Leitungsebene) und nicht auf die Geschäftsführung oder den Vorstand des Trägers.
In der Fachliteratur werden die Begriffe ‚Leitung‘ und ‚Führung‘ nicht immer scharf getrennt. Gemein ist beiden Bezeichnungen die Ägezielte Einflussnahme auf Personen […], so dass gestellte Aufgaben erfüllt werden können“6. Die Differenzierung beider Begriffe besteht darin, dass Leitung im Sinne der Gestaltung und Steuerung von Arbeitsprozessen definiert wird, während Führung die hierarchische Dimension in Bezug auf eine Gruppe bezeichnet.7 BAUER listet als Kernfelder der Führung Vertrauen, Beziehung, Emotionen, Ethik und Werte, Verantwortung sowie Selbstorganisation auf.8 Diese Bezüge stehen stets im Zusammenhang der Interaktion und Kommunikation zwischen der Teamleitung und den Mitarbeiter_innen in Organisationen. Im Folgenden wird Führung als Bestandteil von Leitung verstanden und beschrieben, da eine hierarchische Struktur als Voraussetzung für die Gestaltung und Steuerung von Arbeitsprozessen durch die Leitungspersonen, unabhängig von der Intensität der Partizipation der Mitarbeiter_innen, erscheint.
Die Aufgabe von Leitung besteht in der Bündelung und Koordination von vorhandenen ÄRessourcen auf klar umschriebene Ziele“9. Diese Ziele werden von Leitungsgremien bzw. von der Geschäftsführung festgelegt und beziehen sich sowohl auf den Aufbau von Organisationsstrukturen als auch auf die Gestaltung und Steuerung von Arbeitsprozessen in Bezug auf die entsprechende Dienstleistung oder Produktion. Konzepte von Leitung gehen stets von bestimmten Theorien und Annahmen aus. Dieses theoretische Fundament führt zur Entwicklung verschiedener Führungsstile, die sich durch den Entscheidungsspielraum der Leitung sowie durch die Partizipation der Mitarbeiter an Gestaltungsprozessen voneinander unterscheiden. Deutlich wird dies durch die Polarisierung des ‚autoritären‘ und des ‚delegativen‘ Führungsstils.
Während ersterer sich durch eine starre Hierarchie zwischen Leitung und Mitarbeiter_innen und einen großen Entscheidungsspielraum der Leitung auszeichnet, ist letzterer durch einen partizipativen Ansatz sowie durch eine Koordinierungsfunktion der Leitung gekennzeichnet.10
Notwendig ist des Weiteren die kontinuierliche Anpassung des Leitungshandelns an veränderte strukturelle Bedingungen sowie an interne und externe Anforderungen, die sich zum Beispiel aus Veränderungen in der Leistungsbeschreibung ergeben. Nach ‚außen‘ besteht die Aufgabe von Leitung darin, Ädie Organisation in ihrer politischen und sozialen Umwelt so [zu, TR] positionieren, dass die Organisation sich mit den für die Leistungserstellung erforderlichen Ressourcen versorgen kann“11. ‚Innere‘ Veränderungsprozesse wie beispielsweise die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems oder die Umgestaltung von Organisationsstrukturen erfordern eine hohe Kommunikations- und Fachkompetenz der Leitungspersonen, um Transparenz und Partizipation auf der Mitarbeiter_innen-Ebene herzustellen. Dies wird im weiteren Verlauf intensiver dargestellt.
2.2 Leitungskompetenzen
Im Sinne einer Fokussierung greift die Darstellung der Leitungskompetenzen auf zwei ausgewählte Modelle zurück, die sich zuvorderst auf die Leitung in Einrichtungen Sozialer Arbeit beziehen.
Geläufig ist die Unterscheidung in Fachkompetenz, die sowohl arbeitsfeldspezifische als auch ökonomische sowie rechtliche Kompetenzen vereinigt, Methodenkompetenz (die Fähigkeit, zu moderieren und zu präsentieren sowie Entscheidungen zu treffen und Konzepte zu entwickeln) und Sozialkompetenz, welche unter anderem Kommunikationsprozesse, Konfliktmanagement und Einfühlungsvermögen umfasst.12 Hinzu kommen personale Kompetenzen, wie beispielsweise die Fähigkeit zur (Selbst-)Reflexion und die ÄAmbiguitätstoleranz [also, TR] […] die Fähigkeit, andere Meinungen und Sichtweisen zu akzeptieren sowie Mehrdeutigkeiten und Widersprüche […] zu ertragen“13. BIEßENKAMP stellt persönliche Kompetenzen folgend dar:
ÄMenschen, die andere Menschen führen wollen, sollten sich darüber im Klaren sein, dass es zwar eine Reihe von Methoden und Techniken gibt, die ihnen Leitungsaufgaben erleichtern, dass ihr Hauptführungsmittel aber die eigene Person mit ihren Einstellungen, Erfahrungswerten und Verhaltensweisen ist.“14
[...]
1 http://www.dbsh.de/beruf/haltung-der-profession.html [Zugriff am 04.06.14].
2 Vgl. Vennedy (2009), S.31.
3 Otto, Thiersch (2001), S.1317.
4 Vennedy (2009), S.34.
5 Bauer (2013), S.13.
6 Vennedey (2009), S.26.
7 Vgl. a.a.O., S.11.
8 Vgl. Bauer (2013), S.66-72.
9 Lotmer in Vennedey (2009), S.12.
10 Vgl. Vennedey (2009), S.19.
11 Merchel (2010), S.10.
12 Vgl. Vennedey (2009), S.70-71.
13 A.a.O., S.77.
14 Bießenkamp in Vennedey (2009), S.78.