Die Organisationskonzepte von Funktionspflege, patientenorientierter Pflege und Primary Nursing im Vergleich
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit werden deshalb diese klassischen Organisationskonzepte beschrieben. Nach einem kurzen Überblick über die organisatorischen und inhaltlichen Dimensionen werden die Merkmale dargestellt sowie die Vor- und Nachteile aufgezeigt. Der Vergleich verdeutlicht die Auswirkungen der Organisationskonzepte auf das Krankenhaus.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Traditionelle Funktionspflege
1.1. Merkmale
1.2. Vorteile
1.3. Nachteile
2. Patientenorientierte Pflege
2.1. Zimmerpflege
2.2. Bereichspflege
2.3. Gruppenpflege
2.4. Merkmale
2.5. Vorteile
2.6. Nachteile
3. Primary Nursing
3.1. Merkmale
3.2. Vorteile
3.3. Nachteile
4. Vergleich der Organisationskonzepte
4.1. Unterschiede in der Aufbau- und Ablauforganisation
4.2. Unterschiede in den Merkmalen
4.3. Unterschiede in den Vorteilen
4.4. Unterschiede in den Nachteilen
5. Auswirkungen der Organisationskonzepte
5.1. Auswirkungen der traditionellen Funktionspflege
5.2. Auswirkungen der Zimmer-, Bereichs- und Gruppenpflege
5.3. Auswirkungen von Primary Nursing
6. Schlussfolgerung
6.1. Optimierung der Organisationsstrukturen
6.2. Personelle Kontinuität, feste Ansprechpartner
6.3. Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit
Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Die Systematik der Organisationskonzepte in der Pflege wird durch zwei Extreme gekennzeichnet. Die traditionell-funktionsorientierte Pflege einerseits und die ganzheitlich-patientenorientierte Pflege andererseits.[1] Dazwischen liegt ein Bereich verschiedener Pflegekonzepte, die unter den Begriffen Funktionspflege, Bereichspflege, Gruppenpflege, Zimmerpflege und Primary Nursing bekannt sind. Jedoch ist oft nicht klar, was sich organisatorisch und inhaltlich dahinter verbirgt.[2]
In der vorliegenden Arbeit werden deshalb diese klassischen Organisationskonzepte beschrieben. Nach einem kurzen Überblick über die organisatorischen und inhaltlichen Dimensionen werden die Merkmale dargestellt sowie die Vor- und Nachteile aufgezeigt. Der Vergleich verdeutlicht die Auswirkungen der Organisationskonzepte auf das Krankenhaus.
1. Traditionelle Funktionspflege
Funktionspflege ist eine Form der Arbeitsorganisation, bei der die Pflegetätigkeiten der Station in kleine Verrichtungseinheiten aufgeteilt und auf einzelne Pflegende zur Erledigung an allen oder mehreren Patienten übertragen werden.[3]
Bei der Funktionspflege verläuft die pflegerische Arbeit tätigkeitsorientiert, d. h. die tägliche pflegerische Arbeit entspricht einem standardisierten Vorgehen. Hierzu gehören beispielsweise Tätigkeiten wie das Durchbetten am Morgen und am Abend, das Durchmessen der Vitalzeichen zu bestimmten festgelegten Zeiten, das Durchgehen mit Tee und diversen Medikamenten.[4] Diese Arbeitsaufteilung ähnelt einem Fließbandprinzip, und ist somit im Wesentlichen den Prinzipien des Taylorismus vergleichbar. Die Funktionspflege wird deshalb als tayloristisch orientierte Arbeitsorganisation bezeichnet.[5]
In der Funktionspflege sind den einzelnen Pflegenden eine SL und deren Stellvertretung disziplinarisch und fachlich übergeordnet. In der Ablauforganisation übernimmt eine Pflegende die ihr übertragene Tätigkeit und führt diese an allen entsprechenden Patienten durch. Sie ist im Rahmen der übertragenen Tätigkeiten also für alle Patienten der Station zuständig. Die Planung, die Einteilung der Arbeit und die Erfolgskontrolle erfolgt in der Regel durch die SL. Durch eine strenge Ritualisierung der Pflegeleistungen und feste Zeitstrukturen soll eine hohe Geschwindigkeit der Leistungserbringung und eine gute Qualität der pflegerischen Leistung erreicht werden. Pflegearbeit lässt sich somit auf die Formel Zeit mal Weg reduzieren.
1.1. Merkmale
Hauptmerkmal der Funktionspflege ist, dass einzelne Pflegende, einzelne oder mehrere Aufgaben bei allen betroffenen Patienten in funktioneller Abfolge ausführen.[6]
1.2. Vorteile
Ein Vorteil für die Pflegenden besteht darin, dass die Aufgaben routinierter, geübter und rascher ausgeführt werden. Nach den Prinzipien des Taylorismus handelt es sich demnach bei der Funktionspflege um die Ökonomisierung des Arbeitsablaufs, wobei der Stationsablauf mit wenig Personal aufrechterhalten werden kann und die Personalkosten durch das Fließbandprinzip gering gehalten werden können.
1.3. Nachteile
Diesem Vorteil steht entgegen, dass die sozialen Kosten durch eine Beeinträchtigung der Arbeitsmotivation bei den Pflegenden und demzufolge steigende Ausfallzeiten höher sind. Zudem besteht die Gefahr, dass wegen einer fehlenden Ganzheitlichkeit Doppelarbeiten und höhere Sachkosten verursacht werden.[7] Weitere Mängel der Funktionspflege sind nach Elkeles zeitökonomische Nachteile durch lange und mehrfach zurückgelegte Wege und Wartezeiten sowie die Gefahr höherer Fehlerquellen durch Weglassen von Maßnahmen, in der Annahme, dass diese bereits durch eine andere Pflegende ausgeführt wurde.[8] Pflegende kritisieren an der Funktionspflege fehlende Verantwortung, mangelnde Informiertheit, Monotonie, Sinnentleerung der Arbeit und qualitative Unterforderung[9] Die Kontinuität der Pflege ist nur insoweit vorhanden, dass eine Pflegende mehrere verschiedene Tätigkeiten für den gleichen Patienten durchführen kann. Ansonsten ist die Funktionspflege geprägt durch eine hohe Fragmentierung und Diskontinuität. Die SL ist für die Qualität der Pflege rechenschaftspflichtig. Die Pflegende trägt lediglich die Durchführungsverantwortung für die ihr zugeteilten Aufgaben. Der einzelne Patient sieht sich einer großen Anzahl von Pflegenden gegenüber und die Pflegenden verrichten Tätigkeiten, ohne genaue Informationen über den Patienten und dessen Bedürfnisse zu besitzen. Es besteht die Gefahr, dass Wünsche und Bedürfnisse des Patienten als Unterbrechung wichtiger Arbeitsschritte gesehen werden. Die Kommunikation im multiprofessionellen Team erfolgt über die Stationshierarchie. Die Pflegenden teilen der SL Veränderungen des Zustands eines Patienten mit und diese informiert den Arzt. Nachteilig ist hierbei, dass Informationen, auf dem langen Weg durch die Hierarchiestufen, Interpretationen ausgesetzt sind und damit verfälscht weitergegeben werden.[10] Pflegende verfügen lediglich über ein Teilwissen, wodurch die Zusammenhänge zwischen Therapie und Maßnahmen sowie im weiteren Krankenhausverlauf nicht erkennbar sind. Zudem erhalten sie keine Kompetenz und selbständiges Arbeiten wird nicht eingefordert, was wiederum mit einem Verlust an Kreativität einhergeht. Des Weiteren erhalten sie nur negatives Feedback in Form von Tadeln für unvollständig erledigte Aufträge. Das Ergebnis sind ausgebrannte, unzufriedene und demotivierte Pflegende.[11]
2. Patientenorientierte Pflege
Als Gegenpol zur traditionellen Funktionspflege entwickelten sich die Modelle der patientenorientierten Pflege. Hierzu gehören die Organisationskonzepte Zimmer-, Bereichs-, und Gruppenpflege.
2.1. Zimmerpflege
Bei der Zimmerpflege werden den jeweiligen Pflegenden einzelne Zimmer zu Dienstbeginn zugeordnet. Die Zahl der Zimmer richtet sich nach der Anzahl und der Betreuungsintensität der Patienten, die darin liegen. Um lange Wege zu vermeiden, wird bei der Zimmerverteilung darauf geachtet, dass diese aneinander grenzen.[12]
2.2. Bereichspflege
Bei der Bereichspflege wird eine Station in verschiedene zusammenhängende Bereiche unterteilt. Die Größe der Bereiche richtet sich nach der Anzahl der Patienten und deren Pflegebedürftigkeit. Die Zimmer sollten nach Möglichkeit nebeneinander liegen, so dass lange Wege vermieden werden. Ergibt sich ein Ungleichgewicht in zwei benachbarten Bereichen, wird ein angrenzendes Zimmer an den weniger belasteten Bereich abgegeben. Die Zuständigkeit für die jeweiligen Bereiche wird zum jeweiligen Schichtbeginn festgelegt.
2.3. Gruppenpflege
Bei der Gruppenpflege wird die Station in mehrere Gruppen mit jeweils 16 bis 18 Patienten aufgeteilt. Jede Pflegegruppe gilt nach diesem Konzept als selbständige und Verantwortung tragende Einheit und verfügt über eine Gruppenleitung, die wiederum der SL unterstellt ist. Die Gruppenleitung verteilt spätestens zu Dienstbeginn die Zimmer oder Aufgaben an die Teammitglieder, wobei die Anzahl der Patienten und deren Pflegebedürftigkeit maßgeblich sind.[13]
Bei der Zimmer- und Bereichspflege sind die einzelnen Pflegenden disziplinarisch und fachlich der SL unterstellt. Die Pflegenden führen alle notwendigen Tätigkeiten an den Patienten in den zugeordneten Zimmern bzw. in dem zugeordneten Bereich aus.
Bei der Gruppenpflege sind die einzelnen Pflegenden disziplinarisch und fachlich einer Gruppenleitung zugeordnet, die wiederum einer SL unterstellt ist. Die Pflegenden führen die übertragenen Tätigkeiten an allen zugeordneten Patienten durch.[14]
2.4. Merkmale
Die Organisationskonzepte Zimmer-, Bereichs- und Gruppenpflege haben folgende Gemeinsamkeiten:
- Die Verteilung der Gesamtzahl der Patienten einer Station erfolgt in Zimmer, Bereiche oder Gruppen
- Die Pflegearbeit wird gleichmäßig verteilt
- Es erfolgt eine patientenorientierte Aufteilung nach Anzahl ganzheitlich zu betreuender Patienten
- Die Koordination erfolgt durch die SL oder Gruppenleitung
- Jede Pflegende ist für die pflegerische Betreuung der Patienten in ihren Zimmern, ihrem Bereich bzw. ihrer Gruppe verantwortlich und sie führt die Pflegemaßnahmen selbständig durch
- Pflegende erhalten einen höheren Handlungs- und Entscheidungsspielraum
- Patienten haben weniger Kontaktpersonen.[15]
2.5.Vorteile
In der Zimmer-, Bereichs- und Gruppenpflege
- trägt die Pflegende die Verantwortung für die durchzuführende Pflege
- ist die Pflegende Ansprechpartnerin für die zugeordneten Zimmer, Bereiche bzw. Gruppen
- hat die Pflegende einen höheren Patientenkontakt, kann die Arbeit individueller einteilen und sieht eher die Erfolge ihrer Arbeit
- werden Patienten nicht so häufig gestört, da die Pflegenden bestimmten Zimmern, Bereichen bzw. Gruppen zugeordnet werden
- steigt die Motivation bei den Pflegenden aufgrund einer höheren Verantwortung und besseren Überschaubarkeit durch die Einteilung in kleinere Bereiche
- können Auszubildende den Bereichen zugeordnet werden und lernen so, Verantwortung zu übernehmen.[16]
2.6. Nachteile
In der Zimmer-, Bereichs- und Gruppenpflege
- kann es zu einer Überforderung einzelner Pflegender kommen, da sie es nicht gewohnt sind, Verantwortung zu übernehmen
- kann es zu einer Überforderung der SL kommen, da sie Verantwortung abgeben und die Pflegenden entsprechend ihrer Qualifikation zuordnen muss
- können sich Pflegende nicht auf ihr Spezialistenkönnen begrenzen und werden durch einen Patientenkontakt intensiver gefordert.[17]
Zusätzlich ist von Nachteil, dass die Rechenschaftspflicht für die Gesamtrichtung der Pflege fragmentiert ist, da jede Pflegende unterschiedlich plant und die Planung der Pflegenden aus der vorherigen Schicht verändern kann. Durch diese unklare Verantwortung wird die Evaluation der Pflege erschwert.[18]
[...]
[1] Vgl. Büssing/Glaser, 1996, S. 8
[2] Vgl. Mühlbauer/Reinhard/Süllwold, 1994, S. 465
[3] Vgl. Elkeles, 1997a), S. 2
[4] Vgl. Mühlbauer/Reinhard/Süllwold, 1996, S. 469
[5] Vgl. Elkeles, 1997a), S. 115
[6] Vgl. Mühlbauer/Reinhard/Süllwold, 1994, S. 468f
[7] Vgl. Mühlbauer/Reinhard/Süllwold, 1994, S. 468f
[8] Vgl. Elkeles, 1997a), S. 115
[9] Vgl. Elkeles, 1997b) in: Büssing, S. 57
[10] Vgl. Ersser/Tutton, 2000, S. 13f
[11] Vgl. Reichert, 1993, S. 129
[12] Vgl. Schlettig/Heide, 1995, S. 76f
[13] Vgl. Schlettig/Heide, 1995, S. 76f
[14] Vgl. Mühlbauer/Reinhard/Süllwold, 1994, S. 472
[15] Vgl. Schlettig/Heide, 1995, S. 77f
[16] Vgl. Schmidt/Riehle, 2000, S. 213
[17] Vgl. Schmidt/Riehle, 2000, S. 213
[18] Vgl. Ersser/Tutton, 2000, S. 12