Marketing- und Werbemaßnahmen von Unternehmen beabsichtigen u.a. grundlegend kognitive, affektive und konative Einstellungskomponenten der Zielgruppe zielführend zu beeinflussen und zu verändern. Sie erzielen demnach im Erfolgsfall eine Veränderung irgendeiner Art im Konsumenten. An dieser Stelle findet sich schnell die Verbindung zur Lernpsychologie. Denn geht man nach dem Erkenntnistheoretiker Gregory Bateson, so ist „Lernen“ schlichtweg die Veränderung irgendeiner Art. Demnach sind auch diese kognitiven, affektiven und konativen Einstellungsveränderungen des Konsumenten eine Form des Lernens. Aus diesem Grund soll es Ziel dieser Arbeit sein, zu klären, welches Vorbild sich Kommunikationsmaßnahmen an der Lernpsychologie nehmen und nehmen können. Daher soll die Frage beantwortet werden, welche Potentiale konkrete Gestaltung von Lernprozessen im Sinne der Lerntheorie-Forschung für den Markenauftritt bietet. Dabei wird von der These ausgegangen, dass sich das Marketing bezüglich seiner inhaltlichen Gestaltung eindeutig der Lernpsychologie bedient und Strukturparallelität (im Sinne ihrer Entwicklungsphasen) zu den Lerntheorien schafft.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung.
2. Kerngedanken der lerntheoretischen Strömungen
a. Behaviorismus - Lernen durch Verstärkung
b. Kognitivismus - Lernen durch Einsicht und Erkenntnis
c. Konstruktivismus - Lernen durch persönliches Erfahren, Erleben und Interpretieren
3. Einflussfaktoren, die das konstruktivistische Lernen bedingen
a. Motivation
b. Selbstbestimmungstheorie
c. Das Konzept der Lerner- und Systemkontrolle
4. Übertragungsfähigkeit der Lerntheorien auf das Marketing
a. Behaviorismus und Marketing
b. Kognitivismus und Marketing
c. Konstruktivismus und Marketing
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
7. Online-Quellen
1. Einleitung
Marketing- und Werbemaßnahmen von Unternehmen beabsichtigen u.a. grundlegend kognitive, affektive und konative Einstellungskomponenten der Zielgruppe zielführend zu beeinflussen und zu verändern. Sie erzielen demnach im Erfolgsfall eine Veränderung irgendeiner Art im Konsumenten. An dieser Stelle findet sich schnell die Verbindung zur Lernpsychologie. Denn geht man nach dem Erkenntnistheoretiker Gregory Bateson, so ist „Lernen“ schlichtweg die Veränderung irgendeiner Art1. Demnach sind auch diese kognitiven, affektiven und konativen Einstellungsveränderungen des Konsumenten eine Form des Lernens. Aus diesem Grund soll es Ziel dieser Arbeit sein, zu klären, welches Vorbild sich Kommunikationsmaßnahmen an der Lernpsychologie nehmen und nehmen können. Daher soll die Frage beantwortet werden, welche Potentiale konkrete Gestaltung von Lernprozessen im Sinne der Lerntheorie-Forschung für den Markenauftritt bietet. Dabei wird von der These ausgegangen, dass sich das Marketing bezüglich seiner inhaltlichen Gestaltung eindeutig der Lernpsychologie bedient und Strukturparallelität (im Sinne ihrer Entwicklungsphasen) zu den Lerntheorien schafft.
Hauptthese:
Die Werbung bedient sich eindeutig der Lernpsychologie und weißt strukturparallele Entwicklungsphasen auf.
Subhypothese I:
So wie einzelne Strömungen der Lerntheorien nicht einzeln (sondern nur alle kombiniert) im menschlichen Lernen funktionieren, funktionieren diese Strömungen in ihrer Übertragung auf das Marketing/die Werbung auch nur in Kombination und nicht einzeln.
Subhypothese II:
Die Komplexität von Marketing- und Werbemaßnahmen im Sinne der Lerntheorien nimmt, wie die chronologische Entwicklung eben dieser, je nach Entwicklungsstufe zu.
Subhypothese III:
Die Gestaltung von Marketingmaßnahmen im Sinne der konstruktivistischen Lerntheorie ist im Vergleich die effizienteste und zukunftsträchtigste Form.
Für ein besseres Verständnis dieser Thematik ist es zunächst notwendig die Strömungen der Lerntheorie einzeln in ihren Kerngedanken zu betrachten und voneinander abzugrenzen. Dies ist besonders wichtig, um ein Grundverständnis über die Kerngedanken der einzelnen Lerntheorien zu entwickeln. Besondere Zuwendung erfahren dabei Gedanken des Konstruktivismus und bedeutende Einflussfaktoren, die das konstruktivistische Lernen bedingen. Auf Grund seines Bezugs zum Modul Kommunikationstheorie II erfahren die Lerntheorien besondere Zuwendung im Vergleich zu den Aspekten des Konsumentenverhaltens. Eine Betrachtung der Werbe- und Marketinggeschichte wird hier aus Gründen des Umfangs verzichtet. Im Anschluss werden die Erkenntnisse aus den Lerntheorien auf ihre Anwendung in Marketing und Werbung bezogen und kurz hinsichtlich ihrer Bedeutung in der Gesamtkommunikation bewertet. Daraufhin werden im folgenden Fazit die Kernerkenntnisse zusammengefasst sowie die Hypothese und Subhypothesen beantwortet.
2. Kerngedanken der lerntheoretischen Strömungen
a. Behaviorismus - Lernen durch Verstärkung
Die Lernpsychologie und die Epistemologie sind noch relativ junge wissenschaftliche Disziplinen. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war die Psychologie durch das Prinzip der Selbstbeobachtung stark geprägt. In der Regel gut gebildete Versuchspersonen reflektierten sich im Rahmen von Experimenten selbst und gaben ihre Sinneseindrücke, Empfindungen, Gefühle etc. wieder.2 Eine eher subjektive Vorgehensweise der introspektiven Psychologie, die den Gedanken, dass ein außenstehender Dritter die eigenen Empfindungen und Verhaltensweisen erfassen und analysieren könnte, ausschloss. Die introspektive Psychologie konzentrierte sich also vornehmlich auf das unmittelbare bewusste Erleben. (ebd.) „Der Behaviorismus wollte das Bewusstsein nicht als legitimen Forschungsgegenstand der Psychologie anerkennen und behandelte die Vorgänge, die sich zwischen Reizen und Reaktionen abspielen, so, als wären sie in einer Black Box verborgen.“ (ebd.) Der Behaviorismus behandelt also alle Lernvorgänge, die als klassisches Reiz-Reaktions-Modell von Statten gehen. Auf einen von der Außen- oder auch Innenwelt ausgesendeten Reiz erfolgt eine Reaktion durch das Lebewesen. Die kognitiven Prozesse, die zwischen Reiz/Stimulus und Reaktion/Response austreten, werden nicht aufgedeckt und vernachlässigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: S-R-Modell mit Blackbox
Quelle: http://ddi.cs.uni-
potsdam.de/Lehre/SPS/blackB.JPG
Als klassischer Vertreter und Vorreiter des Behaviorismus gilt Iwan Petrowitsch Pawlow, der mit seinem allgemein bekannten Hunde-Experiment die für den Behaviorismus typische klassische Konditionierung nachwies. Zwei unabhängige Reize sollen verknüpft werden. Ein unkonditionierter, unbedingter² - aber natürlicher -Reiz (der Hund bekommt Futter angeboten) äußert sich so in einer spezifischen Reaktion (Speichelfluss). Während der Fütterung des Hundes wird nun ein zweiter, neutraler Reiz hinzugefügt, der bisher keine spezifische Reaktion auslöste (Erklingen einer Glocke). Werden beide Reize (Futter und Erklingen der Glocke) nun zukünftig, regelmäßig gemeinsam ausgesendet, bildet der Hund Verknüpfungen, also Assoziationen zwischen diesen beiden Reizen. Erklingt nun die Glocke alleine, die zuvor ein neutraler Reiz war, zeigt sich auch ohne Präsentation des Futters die Reaktion „Speichelfluss“. Es zeigt sich also ein Lernprozess im Hund, dass „Erklingen der Glock“ „Es gibt Futter.“ bedeutet. Wie sich dieser Prozess kognitiv genau gestaltet, bleibt, wie bereits erwähnt, in der Black Box versteckt.
Dieses Experiment soll an dieser Stelle als einfaches Sinnbild für die Grundidee des Behaviorismus genügen. - Dass Konditionierung selbstredend auch das menschliche Verhalten prägt, muss hier nicht genauer betont werden. - Die behavioristische Lerntheorie ist eine Lerntheorie, die auf Lernen durch Verstärkung jedweder Form (Belohnung und Bestrafung) funktioniert und die klassische und operante Konditionierung (eine Konditionierung, die nicht nur eine Beziehung zwischen Reizen, sondern Beziehungen zwischen Reaktionen und ihren Folgen und Bedingungen herstellt.) beinhaltet.
b. Kognitivismus - Lernen durch Einsicht und Erkenntnis
Würde man an dieser Stelle nun den Leser fragen, ob er die bisher vorgestellten Inhalte verstanden, also gleichzeitig einen Lerneffekt erlebt habe, wäre dieser nicht durch behavioristische Lerntheorien erklärbar. Dies erkannten Vertreter der Lernpsychologie, wie Jérôme Seymor Bruner oder Albert Bandura, auch in den 60er Jahren - eine Zeit in der der behavioristische Lernansatz an Bedeutung verlor. Die kognitive Wende leitete einen Wandel in den Vorstellungen vom Lernen ein.3 Während im Behaviorismus, wie bereits dargestellt, von einem System ausgegangen wurde, in welchem zwischen Input (Stimuli, Reize) und Output (Reaktion, Verhalten) eine Blackbox geschaltet war, wird nun im Rahmen vom Kognitivismus von kognitiven Prozessen auf dem Weg von Input zu Output ausgegangen. Dieser zuvor blinde Fleck wird also offen gelegt. Die Beziehung zwischen Behaviorismus und Kognitivimus lässt sich wie folgt definieren: „Während behavioristische Lerntheorien schwerpunktmäßig die äußeren Bedingungen des Lernens (Auslösung von Reaktionen durch Reize bzw. Belohnung oder Bestrafung des Verhaltens durch nachfolgende Konsequenzen) beschreiben, rückt bei den kognitiven Lerntheorien die innere Repräsentation der Umwelt in dem Mittelpunkt des Interesses."4 In kognitivistischen Lerntheorien rücken also innere Erkenntnisprozesse und seelische Vorgänge wie Ideen, Motive, Denken, Wollen und Glaubenshaltungen in die nähere Betrachtung. Dies macht bereits der Wortursprung deutlich. Das lateinische Wort „cognitio“ bedeutet Erkenntnis, Vorstellung, Wiedererkennung u.ä. Die kognitivistischen Lerntheorien beschreiben also Lernprozesse durch Einsicht und Erkenntnis. Im Mittelpunkt stehen dabei individuelle Informationsverarbeitungsprozesse und dazugehörige Denk- und Verarbeitungsprozesse des Lernenden.
[...]
1 Bateson, G.: Ökologie des Geistes: Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, Suhrkamp Verlag, Berlin 1985, S. 366
2 http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNEN/Behaviorismus.shtml, Stand: 19.12.2013 5
3 Fischer, L., Wiswede, G.: Grundlagen der Sozialpsychologie, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, Oldenbourg 2002, S. 239
4 Edelmann, W.: Lernpsychologie. Beltz, Weinheim 1996, S. 8 6