Die Hausarbeit betrachtet Beweggründe der Migranten, den Wohnort zu wechseln und ihre Chancen in einem neuen Lebensraum (bzw. Land) zu suchen. Zudem werden verschiedene Theorien beschrieben und kritisch untersucht. Das Fallbeispiel Berlin-Neukölln ist in dieser Hausarbeit nicht vertieft behandelt, sondern die Geltung für den allgemeinen Prozess der Wanderung wird detaillierter betrachtet und lediglich an diesem Beispiel veranschaulicht.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Migrationsentwicklung
2.1 Deutschland als beliebtestes Zuzugsziel in Europa
2.2 Regionale Ziele von Zuwanderern in Deutschland
3 Quartiersbildung in Großstädten
3.1 „Contact“-Phase
3.2 „Competition“-Phase
3.3 „Conflict“-Phase
3.4 „Accomodation“-Phase
3.5 „Assimilation“-Phase
3.6 Kritik am „race-relation-cycle“ Modell
4 Ursachen residentialer Konzentration von Migranten
4.1 Kettenmigration
4.2 Wirtschaftswachstum im Aufnahmegebiet
4.3 Diskriminierung am Wohnungsmarkt
4.4 Staatliche Siedlungspolitik
5 Das Fallbeispiel Berlin-Neukölln
6 Fazit
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
In den vergangenen Jahren ist eine stetig ansteigende Zahl an Zuwanderern in die Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen. Es werfen sich die Fragen auf, weshalb immer mehr Menschen Deutschland als ihren neuen Lebensraum wählen und welche Gegenden in deutschen Städten für sie am attraktivsten erscheinen. Welche Faktoren sind entscheidend für Migrationsgruppen, ihren Wohnsitz in bestimmte Regionen Deutschlands zu verlagern und welche Folgen resultieren daraus?
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Quartierbildung in deutschen Großstädten und der hohen Konzentration an Ausländern in einigen Vierteln. Neben einer Erklärung für die stetig wachsende Prägung dieser Quartiere durch multi-ethnische Gruppen, wird als Fallbeispiel das Berliner Stadtviertel Neukölln als repräsentatives, attraktives Quartier für Migranten herangezogen. Neukölln befindet sich aktuell im Wandlungsprozess und bietet seit einiger Zeit Wohnraum für viele aus dem Ausland hinzugezogene Menschen, die sowohl ihre Kultur, als auch ihre anderen Gewohnheiten durch die Besiedlung in einen Teil der deutschen Hauptstadt mit sich bringen. Ähnliche Prozesse finden auch in weiteren Agglomerationen statt. Somit stellt sich die Frage, ob die Entwicklung Neuköllns und seines sozialen Strukturwandels mit weiteren Städten verglichen werden kann und welche verallgemeinerten Aussagen auch auf beliebig andere Gebiete zutreffen können.
2 Migrationsentwicklung in Deutschland
In folgenden Abschnitten soll die Entwicklung Deutschlands als Migrationsziel im Vergleich zu den anderen EU-Staaten beschrieben und untersucht werden, wo sich in Deutschland die meisten Migranten ausländischer Staatsangehörigkeit niederlassen.
2.1 Deutschland als beliebtestes Zuzugsziel in Europa
Die demographische Entwicklung Deutschlands zeigt den eindeutigen Trend der sinkenden einheimischen Bevölkerung und einen stetig steigenden Anteil ausländischer Staatsangehöriger. So ist Deutschland im Vergleich zu den anderen EU-Staaten, die Schweiz und Norwegen eingeschlossen, der beliebteste Staat für die langfristige Niederlassung ausländischer Staatsangehöriger. Im Zeitraum zwischen 2000 und 2011 wurde eine Zuwanderung von über acht Millionen Menschen verzeichnet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014: 123). Des weiteren wurden in den Jahren zwischen 1991 und 2012 insgesamt rund 20 Millionen Zuzüge in die Bundesrepublik Deutschland verzeichnet. Zu Beginn der 1990er Jahre wurde die Zuwanderung durch die Aufhebung der unüberwindbaren politischen Grenze zwischen den marktwirtschaftlich orientierten Staaten des Westens und den kommunistischen Staaten des Ostens, erheblich erleichtert. So ist die Zuwanderung mit mehr als 1,5 Millionen Zuzügen 1992 am höchsten. In den Folgejahren sinkt die Zahl der eingereisten Menschen wieder und stabilisiert sich. Seit 2006 ist ein stetiger Anstieg wieder zu verzeichnen, der sich auch auf das Wanderungssaldo niederschlägt. Seit 2010 kann so ein ebenfalls steigender Wanderungsgewinn festgestellt werden, der im Jahr 2012 bei knapp 370.000 Zuwanderern beträgt. In diesem Jahr werden ungefähr 1.081.000 Zuzüge registriert. Das bedeutet im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von ca. 13 %. Unter den Zuwanderern im Jahre 2012 beträgt der Anteil von ausländischen Staatsangehörigen 89,4 % (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014: 13). Durch den durchgängig positiven Wanderungssaldo in den vergangenen Jahren und der positiven Differenz zwischen den Ausländern, die unter den Zuzüglern nach Deutschland und den Ausländern, die aus Deutschland auswandern, steigt die Zahl der Migranten ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland kontinuierlich.
2.2 Regionale Ziele von Zuwanderern in Deutschland
Um erkennen zu können, welche Gegenden in Deutschland am attraktivsten für Zuwanderer über die Grenzen Deutschlands sind, ist es nötig die Zuwanderungszahlen einzelner Bundesländer miteinander zu vergleichen. Die Annahme, dass Migrationsgruppen meist Ballungsräume als neuen Wohnsitz bevorzugen, kann in den häufigsten Fällen durch die Zuwanderungszahlen der Bundesländer bestätigt werden. Generell kann festgestellt werden, dass der Westen Deutschlands als Ziel für Migranten beliebter ist als der Osten Deutschlands, wobei die Stadt Berlin davon ausgenommen werden muss. So konnte beispielsweise Nordrhein-Westfalen mit dem Ruhrgebiet, der größten Agglomeration in Deutschland, im Jahr 2012 einen Zuzug von 207.423 Menschen verzeichnen, davon 185.640 Ausländer. Berlin war im selben Jahr das Zuwanderungsziel von 77.104 Menschen, wobei 68.373 davon aus dem Ausland stammen.
Um dies in Relation zu setzen, gilt es solche Daten mit anderen Bundesländern zu vergleichen. Dies ist am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns gut zu erkennen.
Trotz einer fast 26-fach so großen Fläche, konnte es im Jahr 2012 eine Zuwanderung von insgesamt 9.757 Menschen aufweisen, davon 8.564 Ausländern. Das entspricht nur knapp 12,7 % der Zuwanderungsdaten Berlins (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014: 180).
3 Quartiersbildung in Großstädten
Bisher wurden Fakten der Migration aus den letzten Jahren und Jahrzehnten in Deutschland untersucht. Im Folgenden soll untersucht werden, wie es zu einer Quartiersbildung, von Migranten im Allgemeinen in Agglomerationen, bzw. Großstädten kommt, um es im weiteren Verlauf mit Berlin-Neukölln vergleichen zu können. Hierzu dient das Modell des „race-relation-cycle“. Diese Migrationstheorie wurde von den zwei Soziologen Robert E. Park und Ernest W. Burgess der Chicagoer Schule in den 1920er Jahren in den USA entwickelt. Es soll darstellen, wie der Beginn der soziologischen Migrationsforschung von statten lief und im Anschluss kritisch betrachtet werden. Park und Burgess haben ihre Theorie in fünf zeitlich chronologische und aufeinander aufbauende Phasen unterteilt (Han 2005: 46).
3.1 „Contact“-Phase
Die erste Phase, die „Contact“-Phase, der soziologischen Migrationstheorie beschreibt den Prozess der Zuwanderung über eine Staatsgrenze verschiedenethnischer Gruppen, die in einem Raum, zum Beispiel in einem Stadtviertel, zusammenkommen. Im Normalfall verläuft dies friedlich und die Gruppen versuchen Kontakte miteinander zu knüpfen, ohne Differenzen deutlich werden zu lassen (Han 2005: 47).
3.2 „Competition“-Phase
Auf die „Contact“-Phase folgt nach Park und Burgess die „Competition“-Phase. Sie besagt, dass die zugewanderten Gruppen in einen Wettbewerb treten und Arbeitsplätze, Wohnungen, Kindergartenplätze, und weitere ähnliche knappe Ressourcen sehr gefragt sind (Han 2005: 47).
3.3 „Conflict“-Phase
Durch die „Competition“-Phase kommt es im dritten Schritt, zu der „Conflict“-Phase der Theorie, zu Auseinandersetzungen, Diskriminierungen und im schlimmsten Fall zu Aufständen zwischen den Gruppen (Han 2005: 47).
3.4 „Accomodation“-Phase
In der darauf folgenden „Accomodation“-Phase können sich die Gruppen mit einer erträglichen Übereinkunft zufrieden geben, indem sie für sich jeweils berufliche Nischen finden und sich in seperate Gebiete, die von den anderen ethnischen Gruppen isoliert sind, zurückziehen. So akzeptieren sie ihren neu erlangten sozialen Status (Han 2005: 47).
3.5 „Assimilation“-Phase
Die letzte Phase der soziologischen Migrationstheorie, nennen Park und Burgess „Assimilation“-Phase. In dieser Phase verschwinden ethnische Unterschiede durch Eheschließungen zwischen Mitgliedern aus jeweils verschiedenen Gruppen. So entsteht eine ganz neue Gesamtgruppe (Han 2005: 47).
3.6 Kritik am „race-relation-cycle“ Modell
Das „race-relation-cycle“ Modell von Park und Burgess bot eine solide Grundlage für weitere darauf folgende soziologische Migrationstheorien im 21. Jahrhundert. Dennoch wurden auch einige Aspekte des Modells kritisiert.
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