Der Arbeit wird heutzutage eine der signifikantesten Bedeutungen im Leben eines Individuums beigemessen. Sie strukturiert das Leben und sichert es finanziell ab.
Im Oktober 2014 waren 2,72 Mio. Menschen arbeitslos, rund 35% von ihnen gelten als langzeitarbeitslos (vgl. BA, 2014, o.S.). Insbesondere für diesen Personenkreis wirken sich die positiven Aspekte, die eine Berufstätigkeit mit sich bringt, besonders negativ aus.
Dabei gilt die Motivation als nahezu grundlegendste Voraussetzung für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Umsetzung der Theorie der 16 Lebensmotive nach Prof. Dr. Steven Reiss in der Beratung von Langzeitarbeitslosen.
Inhalt
1 Einleitung
2 Arbeitslosigkeit
2.1 Definition
2.2 Soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit
2.3 Formen von Arbeitslosigkeit
2.4 Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf das Individuum
3 Die Beratung von Arbeitslosen durch das Jobcenter
3.1 Organisation des Jobcenters
3.2 Aufgaben und Ziele und Leistungen des Jobcenters
3.2.1 Aktive Leistungen
3.2.2 Passive Leistungen
3.3 Das 4- Phasen- Modell
3.3.1 Erste Phase
3.3.2 Zweite Phase
3.3.3 Dritte Phase
3.3.4 Vierte Phase
4 Die Theorie der 16 Lebensmotive
4.1 Entwicklungen der Theorie
4.2 Definition des Begriffs Lebensmotiv
4.3 Vorstellungen der 16 Lebensmotive
4.4 Das Reiss Profil
4.5 Vorteile der Theorie
4.6 Einsatz der Theorie
5 Realisation der Theorie der 16 Lebensmotive innerhalb des 4- Phasen- Modells
5.1 Vorstellung und Erörterung des Fallbeispiels
5.2 Chancen des Reiss Profils innerhalb des 4- Phasen- Modells
5.3 Chancen des Reiss Profils bei der Bewerberauswahl
6 Fazit
Literatur
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Der Arbeit wird heutzutage eine der signifikantesten Bedeutungen im Leben eines Individuums beigemessen. Sie strukturiert das Leben und sichert es finanziell ab. Erwerbsarbeit sorgt dafür, dass produktive Bedürfnisse erfüllt, Perspektiven- sei es beruflich wie auch privat - geschaffen und soziale Kompetenzen ausgebaut werden können. Aus diesem Grund stellt Arbeitslosigkeit für die meisten Menschen ein besonders einschneidendes Erlebnis im Lebensverlauf dar (vgl. Oschmansky, 2010, o.S.).
Im Oktober 2014 waren 2,72 Mio. Menschen arbeitslos, rund 35% von ihnen gelten als langzeitarbeitslos (vgl. BA, 2014, o.S.). Insbesondre für diesen Personenkreis wirken sich die positiven Aspekte, die eine Berufstätigkeit mit sich bringt, besonders negativ aus. So fallen nicht nur die eingangs erwähnten Gesichtspunkte weg, sondern es kommen negative Aspekte wie etwa soziale Isolation, Stigmatisierung und finanzielle Schwierigkeiten hinzu. Desweitern sind vor allem Langzeitarbeitslose oft durch diverse erfolglose Bewerbungen, welche sie zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit erfahren mussten, negativ geprägt. Frustration und Resignation sind nur zwei der Folgen, welche die Motivation des Betroffenen[1] nachhaltig negativ beeinflussen. Dabei gilt die Motivation als nahezu grundlegendste Voraussetzung für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt[2]. Standardisierte motivationsfördernde Leistungsgrundsätze, welche durch die BA erbracht und gefordert werden, reichen zudem oftmals nicht aus. Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Umsetzung der Theorie der 16 Lebensmotive nach Prof. Dr. Steven Reiss in der Beratung von Langzeitarbeitslosen. Im nachfolgenden Kapitel wird zunächst eine Definition des Terminus Arbeitslosigkeit vorgenommen sowie die soziale Sicherung und die Formen der Arbeitslosigkeit beschrieben, bevor in Kapitel drei die Beratung von arbeitslosen Menschen thematisiert und die Organisation des Jobcenter kurz erläutert wird. Unter dem Punkt 3.3 wird anschließend das 4- Phasen- Modell als Instrument innerhalb des Integrationskonzeptes der BA erklärt. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Theorie der 16 Lebensmotive. Hier werden u.a. die Entwicklung der Theorie sowie ihre Verwendung beschrieben. Im fünften Kapitel stelle ich mein Konzept zur Realisation dieser Theorie innerhalb des 4- Phasen- Modells sowie die sich daraus ergebenden Chancen für das Jobcenter und das Individuum vor, bevor ich im sechsten Kapitel die signifikantesten Inhalte noch einmal zusammenfasse.
2 Arbeitslosigkeit
Aufgrund der Thematik dieser Arbeit werde ich nachfolgend zunächst eine Definition des Begriffes Arbeitslosigkeit vornehmen. Anschließend wird die soziale Sicherung von Arbeitslosigkeit innerhalb des SGB II und SGB III erläutert. Um die Besonderheit der Langzeitarbeitslosigkeit herauszustellen, werden zudem die wichtigsten Arten von Arbeitslosigkeit vorstellt und deren Unterschiede erläutert.
2.1 Definition
In der direkten Übersetzung des Wortlautes gelten Menschen als arbeitslos, wenn sie keiner bezahlten Arbeit nachgehen. Die offizielle Definition des Terminus hingegen ist in Deutschland an die Arbeitslosenversicherung geknüpft. Arbeitslos ist demnach derjenige, welcher bei der BA als arbeitslos gemeldet ist. Um sich arbeitslos zu melden, muss der Betroffene diverse Voraussetzungen erfüllen, welche im Sozialgesetzbuch geregelt sind. Aus diesem Grund ist eine Orientierung an diesem Gesetz bei der Determination des Begriffes unumgänglich (vgl. Allmendinger u.a., 2012, S.330). Der Begriff der Arbeitslosigkeit wird in §16 Abs. 1 SGB III definiert. Demnach gelten Personen als arbeitslos, wenn sie vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen, den Vermittlungsbemühungen einer Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und sich gleichzeitig bei dieser arbeitslos gemeldet haben. Langzeitarbeitslose sind gemäß §18 Abs.1 SGB III Personen, die mindestens ein Jahr arbeitslos sind und damit meistens nicht mehr in den Leistungsbezug des SGB III fallen[3], sondern auf die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II angewiesen sind. Die Unterschiede beider Systeme werden im Folgenden beschrieben.
2.2 Soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit
Im Zuge der Hartz- Reform, welche neben der Vereinfachung in der Verwaltung auch eine Reduzierung der Arbeitslosen zum Ziel hatte, wurde am 01.01.2005 der vorerst letzte Schritt der Arbeitsmarktreform, Hartz IV, eingeführt. Dieses Gesetz bestimmt die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das Ergebnis dieser Neuerung ist ein zweistufig organisiertes Sicherungssystem (vgl. Promberger, 2010, S.10). Die erste Stufe bietet das Arbeitslosengeld nach dem SGB III, die zweite Stufe die Grundsicherung für Arbeitssuchende (nachfolgend mit Arbeitslosengeld II angeführt) nach dem SGB II. Für beide Personengruppen wird die eingangs angeführte Definition von Arbeitslosigkeit nach dem §16 Abs. 1 SGBIII zugrunde gelegt. Der signifikanteste Unterschied besteht in der Art der Leistung. Während das Arbeitslosengeld I eine Lohnersatzleistung der beitragsfinanzierten Sozialversicherung darstellt, ist das Arbeitslosengeld II eine fürsorgerechtliche Leistung, welche sich aus Steuermitteln finanziert. Auf Grund dieser Finanzierungsunterschiede ergeben sich auch bei den Zielen beider Leistungen Abweichungen. Während mit dem Arbeitslosengeld I zumindest für eine gewisse Zeit der Lebensstandard des Betroffenen gesichert werden soll, geht es im SGB III darum, das sozioökonomische Existenzminimum bereit zu stellen und so der Armut vorzubeugen. Entsprechend der aufgeführten Differenzen beider Systeme unterscheiden sich auch die leistungsrechtlichen Prinzipien grundlegend. Arbeitslose nach dem SGB III teilen sich in zwei Personengruppen auf. Zum einen gelten die Personen als arbeitslos, bei denen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Die Regelvoraussetzungen für diese Leistung sind in den §§136 ff. SGB III aufgeführt. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt maximal 24 Monate und ist abhängig von der Dauer der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowie dem Lebensalter des Betroffenen (vgl. § 147 SGB III). Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem letzten Nettoentgelts des Arbeitslosen (vgl. § 149 SGB III). Unter das SGB III fällt zudem auch der Personenkreis, der arbeitslos ist, aber keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld sondern auf die Hilfe der Arbeitsvermittlung nach § 35 SGB III hat. Als Arbeitslose im Sinne des SGB II hingegen gelten alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs.1 Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, also mindestens drei Stunden täglich arbeiten können (vgl. §8 SGBII), desweitern in den Kreis der Hilfebedürftigen nach § 9 SGB II fallen und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Diese Personen erhalten ALG II im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (vgl. §19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Diese Leistung besteht vor allem aus dem Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie dem Bedarf für Unterkunft und Heizung (vgl. §§20 und 22 SGBII). Während die Leistungen des SGB III in individueller Höhe gewährt werden, wird beim Arbeitslosengeld zunächst der Bedarf des gesamten Haushaltes ermittelt. Die Leistungen des SGB II sind im Gegensatz zum Arbeitslosengeld I zeitlich unbegrenzt.
2.3 Formen von Arbeitslosigkeit
Um die besondere Problematik der Langzeitarbeitslosigkeit herauszustellen, werden nachfolgend die am häufigsten in der Literatur unterschiedenen Arten von Arbeitslosigkeit in ihren Merkmalen und den Abweichungen voneinander angeführt. Die friktionelle oder auch temporäre Arbeitslosigkeit wird in Bezug auf eine stetig wachsende Wirtschaft oft als unvermeidlich und damit notwendig angesehen. Sie beschreibt die Zeit zwischen der Aufgabe bzw. dem Verlust eines Arbeitsplatzes und der Aufnahme einer neuen Beschäftigung. Die friktionelle Arbeitslosigkeit lässt sich in Maßen mit Hilfe von institutionellen Rahmenbedingungen beeinflussen. Dies ist auch bei der saisonalen Arbeitslosigkeit, welche durch jahreszeitliche Änderung der Nachfrage nach bestimmten Gütern und Dienstleistungen hervorgerufen wird, möglich. Diese Form der Arbeitslosigkeit ist insbesondere im Baugewerbe sowie im Tourismussektor typisch. Die konjunkturelle Arbeitslosigkeit wird durch regelmäßige Schwankungen in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und dem damit verbundenen Rückgang der volkswirtschaftlichen Nachfrage hervorgerufen. Vor allem in einer Phase des Abschwungs kann es so beispielsweise zu einer Massenarbeitslosigkeit kommen. Die Dauer und Intensität dieser Arbeitslosigkeit hängt von dem jeweiligen Konjunkturzyklus ab. Die strukturelle Arbeitslosigkeit hingegen kann in der Regel erst nach einer langen Zeitspanne behoben werden. Sie ist vor allem ein Kennzeichen für den technologischen Wandel und der damit verbunden Veränderung der Nachfrage nach bestimmten Produkten oder sogar ganzen Branchen (z.B. Bergbau) (vgl. Allmendinger u.a, 2012, S.332f.).
Eine besondere und gleichzeitig widersprüchliche Rolle nimmt in Deutschland die Langzeitarbeitslosigkeit ein. Während die Anzahl der Arbeitslosen in keinem EU- Mitgliedsstaat so gering ist, wie in Deutschland (vgl. Abb.1), liegt die BRD mit einem Anteil der Erwerbslosen von 47.3% rund fünf Prozentpunkte über dem EU- Durchschnitt (vgl. Kopf u.a., 2015, S. 123).
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Abb. 1: Arbeitslosenquote ausgewählter Mitgliedsstaaten der EU (nach Eurostar. Europäische Union: Arbeitslosenquoten in den Mitgliedsstaaten im September 2014.)[4]
Das Paradoxon dieser Art von Arbeitslosigkeit liegt darin, dass in einem Staat, in dem die Gesamtarbeitslosigkeit gering ist, die Vermittlung auf den Arbeitsmarkt von Menschen, die über sogenannte Vermittlungshemmnisse verfügen, zu einer mehr und mehr herausfordernden Aufgabe wird. Aus Abb. 2 lässt sich entnehmen, dass sich die Langzeitarbeitslosigkeit im Gegensatz zur Gesamtarbeitslosigkeit unabhängig von der jeweiligen Konjunkturlage entwickelt. Während die Arbeitsarbeitslosigkeit im Abschwung im Jahr 2009 um knapp 5% anstieg und sich im Vergleich dazu während des Aufschwungs 2012 die Arbeitslosigkeit um 17% verringerte, sind die Unterschiede bei den Langzeitarbeitslosen in den Jahren 2008 bis 2013 zu keiner Zeit so gravierend. Dies macht die außerordentliche Form der Langzeitarbeitslosigkeit deutlich. Auch in konjunkturstarken Wirtschaftszyklen kann sie nur im geringen Ausmaß vermindert werden. Der Grund dafür liegt in der Strukturverhärtung der Arbeitslosigkeit, welche den Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit erschwert.
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Abb. 2: Anzahl der Arbeitslosen und Anteil Langzeitarbeitsloser in Mio.; Jahresdurchschnitt von 2008- 2013 (vgl. BA, 2012, S.6).
[...]
[1] Aus einheitlichen Gründen wird im Folgenden die maskuline Form verwendet. Das andere Geschlecht ist jeweils mit gemeint.
[2] In den folgenden Ausführungen ist jeweils der erste Arbeitsmarkt gemeint
[3] Mit 88% wird der Großteil der Langzeitarbeitslosen im Rechtskreis des SGB II betreut. Lediglich Personen die länger als 12 Monate arbeitslos sind und aufgrund von fehlender Bedürftigkeit oder zu kurzer Beschäftigungszeit keinen Anspruch auf Leistungen oder aufgrund ihres Alters einen längeren Anspruch auf Leistungen haben, werden dem Rechtskreis des SGB III zugeordnet. In der vorliegenden Arbeit werden diese 12% nicht weiterberücksichtigt.
[4] Aus Gründen der Übersichtlichkeit sowie der Relevanz werden in Abb.1 lediglich die jeweiligen drei Länder mit der höchsten und der niedrigsten Arbeitslosenquote sowie die Länder, welche, im Vergleich zu den gesamten EU- Mitgliedsstaaten, den Mittelwert repräsentieren, dargestellt.