Wearables werden derzeit als die nächste Mega-Technologie nach dem Smartphone gehypt. Armbanduhren, die ständig den Puls messen und Brillen, deren Innenseiten als Bildschirm dienen sowie Kleidungsstücke, in die elektronische Hilfsmittel zur Kommunikation und Musikwiedergabe eingenäht sind: Die am Körper tragbaren, smarten, mit allerlei Sensoren ausgestatteten Computer gelten als der Milliardenmarkt der Zukunft. Die US-Marktforscher von IHS beziffern das weltweite Marktvolumen im Jahr 2018 auf bis zu 60 Mrd. US-Dollar. Im Kontext des Selftrackings sammeln, synchronisieren und analysieren immer mehr Menschen mit Hilfe von Wearables ihre Daten und stellen sie Unternehmen wie Facebook, Google und Co. zur Verfügung. Die smarten Devices sind Echtzeit-Datenlieferanten und werden auch in der Werbewirtschaft als »The Next Big Thing« gehandelt (LeadDigital.de 2014). Doch werden Wearables diesem Ruf wirklich gerecht?
Die Werbewirtschaft befindet sich im Zuge der Digitalisierung in einem stetigen Wandel. Neue Technologien und verändertes Mediennutzungsverhalten prägen die Dynamik des sich stetig wandelnden Wirtschaftszweiges. Geräte, wie die Datenbrille »Google Glass« oder Apples kürzlich eingeführte iWatch, können diese Entwicklungen noch beschleunigen und die Möglichkeiten der Werberezeption sowie die Verwendung personenbezogener Daten zu Werbezwecken nachhaltig beeinflussen. Führende Anbieter auf dem Werbemarkt, wie Google Inc., müssen sich daher rechtzeitig mit Produktinnovationen auf diesem neuen Trendmarkt positionieren, um dem Unternehmen durch die frühzeitige Markteinführung einen
Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz sowie Bekanntheits- und Imagevorteile zu sichern. So innovativ diese neuen Technologien auch sein mögen, gerade »Google Glass« ist nicht unumstritten – und dies nicht nur in den USA, wo die Brille bereits käuflich zu erwerben ist. In vielen Ländern werden Diskussionen um die Privatsphäre und Datenschutz geführt. Mit »Google Glass« werden sich zahlreiche technische Möglichkeiten ergeben, unser Leben zu vereinfachen, zu verknüpfen und zu digitalisieren. Doch hat die Datenbrille auch das Potential den Werbemarkt zu revolutionieren? Und welche Bedeutung hat der potentielle neue Megatrend dann für die klassische Werbekommunikation und die digitale
Werbelandschaft?
Da Google aufgrund der Marktmacht die größte Relevanz für den Online-Werbemarkt hat, wird der Werbegigant und die Computerbrille »Google Glass« in den Fokus gestellt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Hat »Google Glass« das Potential den Werbemarkt zu revolutionieren?
1.1 Zentrale Fragestellung
1.2 Vorgehensweise
2 Googles Eintritt in den »Wearable«-Markt und die Auswirkungen auf den Werbemarkt
2.1 Googles Aktivitäten im Marktsegment der »Wearables«
2.2 Plant Google den Einsatz von »Google Glass« für Werbezwecke und Marketingaktivitäten?
2.2.1 Weist die Patentanmeldung des »Gaze tracking system« darauf hin, dass Google bereits das Werbemodell der Zukunft entwickelt?
2.2.2 Wird das »Pay per gaze«-Modell zum Werbemodell der Zukunft?
3 Revolutioniert Googles »Gaze tracking system« die Werbewirtschaft?
3.1.1 Szenario 1: Der Einfluss von Google Glass‘ »Gaze tracking system« auf die Printwerbung
3.1.2 Szenario 2: Der Einfluss von Google Glass‘ »Gaze tracking system« auf die Out-of-Home-Werbung
3.1.3 Szenario 3: Der Einfluss von Google Glass‘ »Gaze tracking system« auf die Fernsehwerbung
3.1.4 Szenario 4: Der Einfluss von Google Glass‘ »Gaze tracking system« auf die Werbewirkungs- und Mediennutzungsforschung
3.1.5 Potenziale für die Werbewirtschaft
3.1.6 Herausforderungen für die Werbewirtschaft
4 Führt die Markteinführung von »Google Glass« und der Einsatz des »Gaze tracking system« zu einem Paradigmenwechsel in der Werbewirtschaft?
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Nach jahrelanger Arbeit an dem »Project Glass« ist die Datenbrille »Google Glass« 2014 als »offene Beta« auf den Markt gekommen (Google Inc. 2014b, Google Inc. 2014d)
Abbildung 2: Zeichnungen aus dem US-amerikanischen Patent von Google für ein »Gaze tracking device« (United States Patent 2013) erinnern an »Google Glass«
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
1 Hat »Google Glass« das Potential den Werbemarkt zu revolutionieren?
Wearables werden derzeit als die nächste Mega-Technologie nach dem Smart- phone gehypt. Armbanduhren, die ständig den Puls messen und Brillen, deren Innenseiten als Bildschirm dienen sowie Kleidungsstücke, in die elektronische Hilfsmittel zur Kommunikation und Musikwiedergabe eingenäht sind: Die am Kör- per tragbaren, smarten, mit allerlei Sensoren ausgestatteten Computer gelten als der Milliardenmarkt der Zukunft. Die US-Marktforscher von IHS beziffern das weltweite Marktvolumen im Jahr 2018 auf bis zu 60 Mrd. US-Dollar (Wilmroth 2014). Im Kontext des Selftrackings sammeln, synchronisieren und analysieren immer mehr Menschen mit Hilfe von Wearables ihre Daten und stellen sie Unter- nehmen wie Facebook, Google und Co. zur Verfügung. Die smarten Devices sind Echtzeit-Datenlieferanten und werden auch in der Werbewirtschaft als »The Next Big Thing« gehandelt (LeadDigital.de 2014). Doch werden Wearables diesem Ruf wirklich gerecht?
Die Werbewirtschaft befindet sich im Zuge der Digitalisierung in einem stetigen Wandel. Neue Technologien und verändertes Mediennutzungsverhalten prägen die Dynamik des sich stetig wandelnden Wirtschaftszweiges. Geräte, wie die Da- tenbrille »Google Glass« oder Apples kürzlich eingeführte iWatch, können diese Entwicklungen noch beschleunigen und die Möglichkeiten der Werberezeption sowie die Verwendung personenbezogener Daten zu Werbezwecken nachhaltig beeinflussen. Führende Anbieter auf dem Werbemarkt, wie Google Inc., müssen sich daher rechtzeitig mit Produktinnovationen auf diesem neuen Trendmarkt po- sitionieren, um dem Unternehmen durch die frühzeitige Markteinführung einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz sowie Bekanntheits- und Image- vorteile zu sichern. So innovativ diese neuen Technologien auch sein mögen, gerade »Google Glass« ist nicht unumstritten - und dies nicht nur in den USA, wo die Brille bereits käuflich zu erwerben ist. In vielen Ländern werden Diskussi- onen um die Privatsphäre und Datenschutz geführt. Mit »Google Glass« werden sich zahlreiche technische Möglichkeiten ergeben, unser Leben zu vereinfachen, zu verknüpfen und zu digitalisieren. Doch hat die Datenbrille auch das Potential den Werbemarkt zu revolutionieren? Und welche Bedeutung hat der potentielle neue Megatrend dann für die klassische Werbekommunikation und die digitale Werbelandschaft?
Da Google aufgrund der Marktmacht die größte Relevanz für den Online-Werbe- markt hat, wird der Werbegigant Google und die Computerbrille »Google Glass« in den Fokus gestellt. Hat Google das Potential durch die Datenbrille den Werbe- markt nachhaltig zu verändern? Und welchen Einfluss könnte Google mit der Da- tenbrille zukünftig auf die klassischen Werbekanäle nehmen? Nachfolgend soll der Status Quo analysiert werden und ein Blick in die Zukunft gewagt werden - ausgehend von der Annahme, dass der Weltmarktführer in der mobilen Werbung auch mit seinem neuesten Device in den Werbemarkt eintreten wird.
1.1 Zentrale Fragestellung
Im Mittelpunkt dieses Teilkapitels steht der mit »Google Glass« vollzogene Eintritt von Google in den »Wearable«-Markt und die daraus resultierenden Auswirkungen für die Werbewirtschaft. Die zentrale Fragestellung lautet daher:
Wird Google durch die Markteinführung von »Google Glass« zum Gamechanger in der Werbewirtschaft? Hat die Wearable Technologie von Google das Potential ein neues Zeitalter in der Werbebranche einzuläuten?
Um als »Gamechanger« [gamechanging (engl.) = wegweisend] zu gelten, muss Google das Potenzial haben, durch die neue, tragbare Technologie und das Konzept von »Google Glass« die bisherigen Marktbedingungen in der Werbewirtschaft fundamental zu verändern. Neue, progressive Werbekonzepte müssen durch die wegweisende Technologie zu einem Paradigmenwechsel in der Werbelandschaft führen, um dieser Bezeichnung gerecht zu werden.
1.2 Vorgehensweise
Um die Fragestellung zu beantworten, wird nachfolgend der Eintritt von Google Inc. in den Wearables-Markt betrachtet und die Auswirkungen für die Werbewirt- schaft aufgezeigt. Die Arbeit soll ein Verständnis für die Zusammenhänge zwi- schen den neuen technischen Entwicklungen und Potenzialen sowie den Mög- lichkeiten der ökonomischen Verwertung durch die Werbebranche vermitteln.
Darüber hinaus werden aus diesen Erkenntnissen die Implikationen für die Wettbewerber in der Medien- und Werbebranche abgeleitet.
Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf der Annahme, dass das Unter- nehmen Google Inc., das den Werbemarkt dominiert, die Datenbrille »Google Glass« tatsächlich auch für den Werbemarkt öffnen wird bzw. zumindest teil- weise die Funktionalitäten und ermittelten Daten der smarten Brille für den Wer- bemarkt verwenden wird. Um diese Vermutungen zu stützen, werden Googles bisherige Aktivitäten im Wearables-Markt betrachtet und insbesondere das in den USA angemeldete Patent für das »Gaze tracking system« untersucht. Auf Basis der daraus abgeleiteten Erkenntnisse werden potentielle Zukunftsszenarien auf- gezeigt. Ziel ist es, mögliche Entwicklungen zu analysieren und zusammenhän- gend darzustellen. Anhand der Szenarios wird beschrieben, welchen Einfluss »Google Glass« bzw. das »Gaze tracking system« auf die klassischen Werbeka- näle, wie Out-of-Home, TV und Print, haben kann. Abschließend werden die Po- tentiale und Herausforderungen für die Werbewirtschaft erläutert, die auf den ge- troffenen Annahmen basieren.
Der Begriff »Werbewirtschaft« beschreibt im Kontext dieses Teilkapitels Organisationen aus vier unterschiedlichen Bereichen und schließt Werbende Unternehmen, Werbeagenturen, Werbung Durchführende (Medienunternehmen) und Werbemittelhersteller sowie die Marktforschung mit ein (ZAW 2014).
2 Googles Eintritt in den »Wearable«-Markt und die Auswirkungen auf den Werbemarkt
Google Inc. ist ein global führendes Technologieunternehmen, das durch Inno- vationen in der Suchmaschinen-, Smartphone- und Werbeindustrie zu einer der bekanntesten Marken weltweit wurde. Das von Larry Page und Sergey Brin im Jahr 1998 gegründete Unternehmen hat das Ziel, Menschen miteinander zu ver- binden und das Informationsangebot des Internets zugänglich zu machen. Die Google-Suchmaschine ist die weltweit meistverwendete Suchmaschine. Zu den angebotenen Applikationen des Unternehmens gehören beispielsweise der Emaildienst »Google Mail«, die Social-Network-Plattform »Google+« und der Webbrowser »Google Chrome«. Das geografische Produktangebot umfasst den Kartendienst »Google Maps«, den Locationdienst »Google Local Search« und die Satellitenkarten von »Google Earth«. Außerdem ist Google im Hard- und Soft- waremarkt für Smartphones und Tabletcomputer aktiv, welche es mit dem Be- triebssystem »Android« und eigenen Google-Smartphones, wie dem »Nexus«, bedient (Google Inc. 2014c).
Über 90 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens wurde im Jahr 2013 durch Werbung generiert (Google Inc. 2014). Insbesondere auf dem Markt der mobilen Werbung profitiert Google von den positiven Marktentwicklungen. Einer Studie zufolge hat sich der Markt für Werbung auf mobilen Geräten im vergange- nen Jahr mehr als verdoppelt und wird auch im Jahr 2014 weiter zulegen. Der starke Zuwachs auf 17,9 Mrd. Dollar (12,9 Mrd. Euro) Umsatz zahlt sich laut Marktforschungsunternehmen eMarketer vor allem für die beiden Internetriesen Google und Facebook aus. Den größten Anteil hatte im vergangenen Jahr mit 49,3 Prozent Google (Handelsblatt.de 2014). Dies verdeutlicht die starke Markt- position, die Google ohnehin bereits im digitalen Werbemarkt innehat. Mit dem Vorstoß des Unternehmens in das Wachstumssegement »Wearables« und der potentiellen Öffnung für den Werbemarkt wird Google diese Marktmacht noch weiter ausbauen. Daher ist es besonders spannend, die Auswirkungen von Googles Eintritt in den Markt der Wearables zu betrachten und insbesondere die Auswirkungen auf den Werbemarkt zu analysieren.
2.1 Googles Aktivitäten im Marktsegment der »Wearables«
Erstmals präsentiert wurde das »Project Glass« auf der I/O-Konferenz in San Francisco (Google Inc. 2014e). Schrittweise stellte das Unternehmen die Brille in der »Explorer Version« dann einer breiteren Öffentlichkeit vor. So konnten sich anfangs nur Early Adopter die erste Version von »Google Glass« durch die Teil- nahme an einem Wettbewerb sichern, indem sie unter anderem über Twitter er- klären mussten, was sie mit der Brille tun möchten. Mittlerweile ist das Vorseri- enmodell jedoch in den USA und England für 1.500 US-Dollar (rund 1.150 Euro) frei erhältlich. Betont wird von Google unter anderem auf dem »Google +«-Auftritt der Datenbrille, dass es sich noch nicht um das offizielle Verkaufsmodell handelt. Vielmehr ist von einer »offenen Beta« die Sprache (Google Inc. 2014d). Potenti- elle Käufer bzw. »Explorer« werden so im offiziellen Webauftritt von »Google Glass« mit dem Aufruf »Join the Glass Explorer Programm« dazu eingeladen, die Zukunft von der Computerbrille zu formen (Google Inc. 2014b).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 1: Nach jahrelanger Arbeit an dem »Project Glass« ist die Datenbrille »Google Glass« 2014 als »offene Beta« auf den Markt gekommen (Google Inc. 2014b, Google Inc. 2014d).
Funktionsfähig ist Google Glass nur in Verbindung mit einem Smartphone und der dazugehörigen »MyGlass«-App. Hierfür ist nicht zwingend ein Android-Mo- dell notwendig, so ist beispielsweise auch Apples iPhone mit der Brille kompatibel (Engelien 2014). In die Brille ist eine Kamera integriert, die via Sprachbefehl oder über das integrierte Touchpad Fotos und Videos aus der Umgebung aufnehmen kann. Die Auflösung beträgt fünf Megapixel. Außerdem ist die smarte Brille mit WLAN und Bluetooth ausgestattet. Töne werden über den menschlichen Kno- chen oder einen Ohrstecker an den Träger der Brille übertragen (Google Inc. 2014f).
Über die Datenbrille Google Glass hinaus positioniert sich Google auf dem »Wearables«-Markt mit einem mobilen Betriebssystem, das speziell auf kleine Displays zugeschnitten ist (Google Inc. 2014g). Das Betriebssystem unterstützt Inputs zahlreicher Sensoren, die in Uhren oder anderer Hardware untergebracht sein können. LG, Motorola und Samsung haben bereits Smartwatches mit dem Betriebssystem »Google Wear« auf den Markt gebracht. Mit den Uhren am Hand- gelenk kann auf das Smartphone zugegriffen werden, ohne dieses aus der Ta- sche holen und entsperren zu müssen. Über die Uhr können unter anderem In- formationen zu dem Wetter, der Verkehrslage, den nächsten Terminen abgeru- fen werden, aber auch Anrufe, SMS, E-Mails und Chatnachrichten gelesen wer- den. Darüber hinaus ermöglicht das Betriebssystem die Sprachsuche, Musikwie- dergabe sowie Navigation. Erinnerungen können ebenso abgerufen werden wie Fitnessdaten, wie z.B. Herzfrequenz und Schrittanzahl (Google Inc. 2014g.). Mit Google Wear positioniert sich der Konzern wohl auch gegenüber dem Wettbe- werber Apple, der die iWatch im September in den Markt einführte, und stößt mit den beiden Innovationen »Google Wear« und »Google Glass« weiter in den Markt der Wearables vor.
2.2 Plant Google den Einsatz von »Google Glass« für Werbezwecke und Marketingaktivitäten?
Von Seiten Googles heißt es offiziell, dass keine Pläne für Werbemodelle auf »Google Glass« existieren. So veröffentlichte das Unternehmen die »Google Mir- ror API«, in denen die Nutzungsbedingen für unabhängige App-Entwickler erläu- tert werden. Hier steht festgeschrieben, dass die Drittanbieter von Apps weder Werbung zeigen, noch Nutzerdaten zu Werbezwecken verkaufen dürfen:
»1. Using and sharing data from the Google Mirror API or GDK
[…] c. You may not use user data from your Glassware for advertising purposes. You may not sell or transmit any user data received from your Glassware to a third-party ad network or service, data broker, or other advertising or marketing provider. For the avoidance of doubt, user data from the Glassware may not be used for ThirdParty Ad Serving ("3PAS").«
Neben der Werbung wären durch diese Richtlinie auch Bezahl-Apps und in-App- Käufe ausgeschlossen. Weder Anwendungen zur Gesichtserkennung noch zur persönlichen Identifizierung dürfen auf der Brille implementiert werden (Leaddi- gital 2014). Somit ist festzuhalten, dass Drittanbieter vorerst die über die Brille zur Verfügung gestellten Daten der Nutzer nicht für werbliche Zwecke verwenden dürfen und darüber hinaus auch in den App-Angeboten keine Werbung geschal- tet wird. Durch diese Maßnahmen soll wohl auch die derzeit noch sehr geringe Akzeptanz in der Nutzerschaft gestärkt werden. Vermutet werden könnte aller- dings auch, dass Google sich auf diese Weise das Monopol für Werbung auf der internetfähigen Brille sichern will. Um diese These zu stützen, soll nachfolgend die Patentanmeldung von Google Inc. untersucht und beschrieben werden sowie das sich daraus ableitende »Pay per gaze«-Werbemodell, das im öffentlichen Diskurs in Verbindung mit »Google Glass« gebracht wird.
2.2.1 Weist die Patentanmeldung des »Gaze tracking system« darauf hin, dass Google bereits das Werbemodell der Zukunft entwickelt?
Eine Patentanmeldung von Google Inc. in den USA weist darauf hin, dass das Unternehmen bereits an einem Konzept arbeitet, das in einem engen Zusam- menhang mit der Datenbrille »Google Glass« steht und werbewirtschaftliche Re- levanz besitzt. Das Patent beschreibt ein »Gaze tracking system«, das Google die Rechte an einer Technik sichert, die den Blick eines Menschen mit Hilfe eines Sensors verfolgt und das Gesehene an einen Server weiterleitet. Googles »Gaze tracking system« basiert auf einer Art Eye-Tracking-System, das die Position bzw. Bewegung der Augen des Nutzers erfasst (United States Patent 2013). In Human-Computer-Interaction-Systemen, die in der Psychologie und anderen Forschungsfeldern Anwendung finden, wird ein vergleichbares System bereits seit einiger Zeit genutzt, und könnte zukünftig auch auf der Google Brille zum Einsatz kommen.
Googles »Gaze tracking system«, das vielfältige Parallelen zu der Datenbrille »Google Glass« aufweist, soll über einen Bilderkennungsalgorithmus Objekte, Motive und Bilder in dem Sichtfeld des »Google Glass«-Trägers erkennen. Laut dem Patentantrag von Google Inc. sollen auch Reaktionen der Pupille des Nut- zers gemessen werden (United States Patent 2013). Diese Daten können als emotionaler Indikator für die Werbewirkung dienen - etwa wenn sich die Pupillen weiten oder verengen, sobald der Brillenträger einen Stimuli, wie beispielsweise eine Anzeige, erblickt. Googles offizielles Statement zu dieser Patentanmeldung lautete gegenüber dem Advertising Age, einer der führenden globalen News-An- bieter für Marketing- und Media-Themen (McDermott 2013):
»We hold patents on a variety of ideas. Some of those ideas later mature into real products or services, some don't. Prospective product announcements should not necessarily be inferred from our patents.«
In dem Patent wird »Google Glass« nicht namentlich benannt, sodass kein direk- ter Bezug zwischen dem patentierten »Gaze tracking system« und dem Device herzustellen ist. Jedoch deuten die in dem Patent enthaltenen Zeichnungen sowie die Beschreibung der Funktionalitäten stark darauf hin, dass es sich bei dem »Gaze tracking system« um technische Funktionalitäten handelt, die für Googles Datenbrille eingesetzt werden sollen.
In der öffentlich zugänglichen Patentanmeldung Googles sind Funktionalitäten beschrieben bzw. die in das wortwörtlich im Patent genannte »eyeglass« imple- mentiert werden, die allesamt nicht nur optisch, sondern auch technisch mit den Funktionalitäten von Google Glass übereinstimmen (United States Patent 2013):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 2: Zeichnungen aus dem US-amerikanischen Patent von Google für ein »Gaze tracking device« (United States Patent 2013) erinnern an »Google Glass«.
In dem von Google angemeldeten Patent ist die Funktionsweise des »Gaze tra- cking system« beschrieben. So können über die nach vorn gerichtete Digitalka- mera Live-Bilder aus der Blickrichtung des Nutzers aufgenommen werden. Mit der »Gaze tracking camera« wird zeitgleich die Pupillenbewegung des Nutzers getrackt. Durch die Erfassung der Pupillenbewegung werden Informationen über die Blickrichtung generiert. Kameras zeichnen dabei Objekte auf, die der Nutzer betrachtet. Das jeweilige Objekt wird so lange getrackt, wie der Nutzer diesen betrachtet.
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