Ist die Rückkehr des Kindes ein vorrangiges Ziel bei einer Fremdunterbringung in einer Pflegefamilie oder gilt hier eher der Spruch "aus den Augen aus dem Sinn"?
Es geht hier in erster Linie darum, diese Frage aus rechtlicher Sicht zu beantworten. Bindungstheoretische Ansätze oder pädagogische Modelle spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Hier geht es eher um die Verankerung der Rückführung im SGB und im BGB und welche Aufträge und Pflichten damit für das Jugendamt verbunden sind. Es geht weiter um die Frage, woran es sich orientieren muss bei der Frage ob für das Kind eine zeitlich befristete oder auf Dauer angelegte Lebensform in Frage kommt.
Wie positioniert sich der Gesetzgeber in dem Spagat einerseits das Recht des Kindes auf Entwicklung, Förderung und Schutz zu sichern, andererseits den Eltern das Recht auf Erziehung zu ermöglichen?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Dilemma aus jugendhilferechtlicher Sicht
2.1 Gesetzliche Grundlagen des SGB VIII
2.2 Verbesserung der Erziehungsfähigkeit der Herkunftsfamilie
2.3 Hilfeplanung
2.4 Zeitlich befristet oder auf Dauer angelegte Lebensform?
3 Das Dilemma aus familienrechtlicher Sicht
3.1 Wer kann die Rückkehr fordern?
3.2 Die Verbleibensanordnung
3.3 Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes
3.4 Das Verfahren vor dem Familiengericht
4 Zum Stand der empirischen Forschung
5 Fallbeispiel für eine missglückte Rückführung
6 Fallbeispiel für eine geglückte Rückführung
7 Wie können Rückführungen gelingen?
8 Fazit
9 Literatur und Quellennachweis
1 Einleitung
Ist die Rückkehr des Kindes ein vorrangiges Ziel bei einer Fremdunterbringung in einer Pflegefamilie oder aus den Augen aus dem Sinn?
„Aus den Augen aus dem Sinn“ war auch der Titel einer Fachtagung zum Thema Rückführung der GEBIT in Münster im Frühjahr dieses Jahres. Schwerpunkt der Tagung waren Rückführungen aus stationären Unterbringungen. Die Frage nach der Zielorientierung bei Pflegefamilien blieb leider weitestgehend unberücksichtigt. In dieser Hausarbeit gehe ich dieser Frage nach. Es geht mir in erster Linie darum, diese Frage aus rechtlicher Sicht zu beantworten. Bindungstheoretische Ansätze oder pädagogische Modelle spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Hier geht es eher um die Verankerung der Rückführung im SGB und im BGB und welche Aufträge und Pflichten damit für das Jugendamt verbunden sind. Es geht weiter um die Frage, woran es sich orientieren muss bei der Frage ob für das Kind eine zeitlich befristete oder auf Dauer angelegte Lebensform in Frage kommt.
Wie positioniert sich der Gesetzgeber in dem Spagat einerseits das Recht des Kindes auf Entwicklung, Förderung und Schutz zu sichern, andererseits den Eltern das Recht auf Erziehung zu ermöglichen? Ich werde aufzeigen in welchem Dilemma sich Jugendämter befinden, wenn sie entscheiden müssen zwischen ihrem Schutzauftrag mit einer Hilfegewährung zum Wohle des Kindes und dem Auftrag Kinder wieder in die Herkunftsfamilie zurück zu führen einhergehend mit einer Verbesserung der Erziehungsfähigkeit der Herkunftsfamilie.
Im nächsten Kapitel richtet sich der Blick eher auf die familiengerichtliche Auseinandersetzung zwischen Pflegefamilien und der Herkunftsfamilie: „Wo gehört das Kind hin?“ Welche Rechte haben Pflegefamilien, nach welchen Richtlinien und Normen entscheiden Gerichte in einer familienrechtlichen Auseinandersetzung wenn es um eine Rückführung geht und wie läuft ein Verfahren vor dem Familiengericht ab?
Statistik und wissenschaftliche Untersuchungen beleuchten dieses Thema nüchtern und belegen es mit empirischen Daten. Sie geben ein objektiveres Bild von den Wirkzusammenhängen und ermöglichen Hypothesenbildungen. Der Blickwinkel der Forschung darf daher m.E. hier nicht fehlen. Insgesamt ist dieser Bereich in Deutschland nicht umfangreich erforscht, daher sind auch interkontinentale Untersuchungen aufgeführt.
Mit den beiden Fallbeispielen nähere ich mich der Frage wie Rückführungen gelingen können. Was können wir aus bad practice und best practice Beispielen lernen? Welchen Spielraum lässt der Gesetzgeber in dieser Frage zu und sind Rückführungen überhaupt ein vorrangiges Ziel?
2 Das Dilemma aus jugendhilferechtlicher Sicht
Das geltende Jugendhilferecht in Deutschland ist bekanntlich im 8.Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) geregelt. Es hatte eine lange Vorgeschichte und hat 1991 das JWG abgelöst. Das JWG wurde weltweit als fortschrittlich angesehen aufgrund seiner gesetzlichen Verankerung der physischen Existenzsicherung von Kindern und Jugendlichen. Es wurden neue, polizeilich und ordnungsrechtlich durchsetzbare Maßnahmen verankert wie z.B. Zutrittsrechte, Mitteilungspflichten und Kontrolle. Mit dem SGB VIII kamen die psychische Existenzsicherung sowie klare Rechtsansprüche dazu. Partnerschaftliche Kooperation rückte zudem in den Focus des Gesetzgebers. Jetzt gehört beides zum Arsenal des SGB VIII: Hilfe und Kontrolle. Dies wird insbesondere an dem neu eingeführten § 8a deutlich. Jugendhilfe versteht sich stärker als sozialer Dienstleister, das staatliche Wächteramt obliegt dem Familiengericht. Das Dilemma besteht aus jugendhilferechtlicher Sicht aus dem Schutzauftrag einerseits und der neuen Leistungsorientierung des KJHG andererseits. Das Kindeswohl zu schützen und Gefahren von ihm abzuwenden als eine zentrale Aufgabe des Jugendamtes, scheint in „struktureller Ambivalenz“ (s. BT-Drucks. 15/3676, S.10) zu stehen mit dem Sozialleistungscharakter der Kinder-und Jugendhilfe. Am Beispiel der Rückführung von Kindern aus der Pflegefamilie in die Herkunftsfamilie wird das Dilemma m.E. sehr deutlich.
2.1 Gesetzliche Grundlagen des SGB VIII
Die prinzipielle Möglichkeit einer Rückführung ergibt sich natürlich für die sorgeberechtigten leiblichen Eltern aus dem in unserer Verfassung in Art.6. Abs2 Satz1 verankerten Elternrecht. Dieses Elternrecht wird im §1632 Abs.1 BGB konkretisiert. Die Eltern erhalten das Recht, die Herausgabe des Kindes zu verlangen, mit der Einschränkung dass ihnen das Kind widerrechtlich vorenthalten wird. Entscheidet ein Gericht, dass das Wohl des Kindes bei den leiblichen Kindern gefährdet ist und schränkt es daraufhin die Personensorge der Eltern ein, handelt es sich nicht um ein widerrechtliches Vorgehen (§ 1696 BGB).
Das SGB VIII greift die psychische Dimension des Kindeswohls fremdplatzierter Kinder an mehreren Stellen auf. Auch positioniert es sich zu der Frage Verbleib oder Rückkehr? deutlicher als man erwarten würde:
Gesetzliche Aussagen zu Verbleib oder Rückkehr finden sich im SGB VIII in den §§:
§ 1 Abs.1 Recht auf Erziehung zu einer eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit
§1 Abs.2 Schutz des Elternrechtes und staatliches Wächteramt
§1 Abs.3 Nr.3 Schutz des Kindes vor Gefahren
§ 33 Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege als zeitlich befristete oder auf Dauer angelegte Wohnform
§ 36 Abs.1 Transparenzgebot bezgl. möglicher Folgen für die Entwicklung des Kindes und Pflicht zur Prüfung einer Adoptionsmöglichkeit vor und während langfristiger Hilfen bei Fremdunterbringung
§ 36 Abs.2 Verpflichtung zum Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte und Aufstellung eines Hilfeplans
§ 37 Abs.1 Kooperationsgebot, Beratung und Unterstützung zur Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes vertretbaren Zeitraumes, Beratung und Förderung der Beziehung zur Herkunftsfamilie, Pflicht zur Erarbeitung einer auf Dauer angelegten perspektive, wenn keine nachhaltige Verbesserung der Erziehungsfähigkeit erreicht werden konnte
§ 54 Abs.4 Pflicht zur jährlichen Überprüfung von Amtspflegschaften/Vormundschaften mit dem Ziel der Bestellung einer Einzelperson oder eines Vereins als Pfleger/Vormund.
Das Jugendhilferecht orientiert sich zu der komplexen Problematik der Rückführung klar an den Bedürfnissen der Minderjährigen und nicht an denen der erwachsenen Beteiligten (vgl. Wiesner, §33 RZ 16). Der Gesetzgeber hat nicht darüber hinweggesehen, dass im laufe der Zeit die „ personelle Substanz des Kindschaftsverhältnisses gegenüber den leiblichen Eltern zerfällt und sich gegenüber den Pflegeeltern entfaltet“ (s. Salgo, 2007, S.46). Über diese Risiken und Nebenwirkungen hat das Jugendamt hinzuweisen (§36 Abs.1 SBG VIII). Nach Münder bezieht sich diese Pflicht zur Beratung auch auf die besonderen entwicklungspsychologischen Bedeutungen einer Fremdunterbringung. Die Eltern und das Kind sind damit vertraut zu machen, das bei einem längeren Verbleib in einen familienanalogen Angebot sich neue Bindungen und Beziehungen entwickeln und sich damit auch Konsequenzen bei einer möglichen Rückkehroption ergeben können (vgl. Münder, §36 Rz 9).
Die Regelungen des SGB VIII zeigen m.E. deutlich das Bestreben, die Bedürfnisse des Kindes , z. B. nach Kontinuität und Bindung, in den Mittelpunkt zu stellen. In der Praxis zeigt es sich allerdings schwierig dieses Konzept durchzuhalten. Es ist nicht einfach für Erwachsene, ob Fachkraft oder Eltern, allein vom Kindeswohl geleitete Entscheidungen zu treffen, zumal alleine die Frage nach dem Kindeswohl schon einen Perspektivwechsel erfordert.
Ob das Kind länger oder kürzere Zeit in einer Familienpflege bleibt, hängt neben einer Vielzahl von Faktoren auch von den Veränderungschancen der Herkunftsfamilie und der Beseitigung der Gründe die zur Fremdunterbringung geführt haben ab. Eine Rückkehroption kommt demnach nur dann in Frage, wenn sich die Situation und das Verhalten der Eltern „ sich in dem für die Entwicklung des Kindes entscheidenden Zeitraum voraussichtlich (…) ändern“ werden (s. BVerfGE).
2.2 Verbesserung der Erziehungsfähigkeit der Herkunftsfamilie
Die gesetzliche Vorgabe des §37 Abs.1 SGB VIII (Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie) ist eine große Aufgabe der Jugendämter, weil die Verbesserung der Bedingungen eine unabdingbare Voraussetzung einer Rückkehr in die Herkunftsfamilie ist. Meistens sind die entsprechenden Familien aus eigener Kraft damit überfordert (vgl. Wiesner, 2006 ,§37 Rz 14a). Inwieweit diese Elternarbeit tatsächlich stattfindet, darüber findet sich in der Literatur keine Untersuchung. Aus meiner eigenen Erfahrung gibt es nach oder während einer Fremdplatzierung eher wenig Unterstützung für die Eltern und beschränkt sich meist auf ein Abfragen der unternommenen Schritte. Eine reale Unterstützung, die zielgerichtet und methodisch vorgeht, erlebe ich sehr selten. Eine Ursache ist das Ressourcenproblem des Jugendamtes. Auch kamen in vielen Fällen vor der Fremdplatzierung in einer Familienpflege andere Hilfen zum Einsatz. In diesen zumeist ambulanten Hilfeformen ist es bereits nicht gelungen die Eltern zu erreichen und ihre Erziehungsfähigkeit zu verbessern.
Häufig sind es überwiegend gravierende Störungen im Eltern-Kind Verhältnis bis hin zu traumatischen Erfahrungen, die zu einer Fremdunterbringung führen. Es erscheint mir sehr schwer, ohne intensive Unterstützung eine Verbesserung der Erziehungsfähigkeit dieser Eltern zu erreichen. Eigentlich müssten dazu im Hilfeplanverfahren die Ursachen die zur Herausnahme geführt haben schonungslos offen gelegt werden und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung festgeschrieben werden. Aus meiner Erfahrung wird dies aber oft unterlassen. Wie aber ist dann eine alsbaldige Rückkehr formulierbar, wenn die Gründe der Inpflegegabe, also die erzieherischen Bedarfe nicht analysiert werden? Selten werden auch medizinische Fachleute – Psychologen, Psychiater, Ärzte – zur Einschätzung der Erziehungspotentiale oder diagnostischen Klärung hinzugezogen. Medizinische Diagnosen werden in der Jugendhilfe immer noch sehr kritisch gesehen und z.T. recht kontrovers diskutiert (vgl. Wiesner §27, Rz 49-51).
Dennoch geben sie den deutlichsten Hinweis, weil sie sich auf direkte Untersuchungen stützen.
Eine weitere Rolle bei der Verbesserung der Erziehungsfähigkeit spielt auch das Ausmaß der Problembelastung der Eltern oder eines Elternteils. Belastungen durch Alkohol-und Drogenkonsum wirken sich erheblich negativ auf die Erfolgschancen aus. Suchtbehandlungsmaßnahmen zeigen eine hohe Abbruchrate oder eine geringe Wirksamkeit. Noch häufiger scheitern Rückführungen bei psychischer Erkrankung der Mutter (vgl. Kindler, 2006, S. 383f). Um die Problembelastung von Eltern in verschiedenen Lebenslagen systematisch erfassen zu können, gibt es verschiedene in der sozialen Praxis entwickelte Einschätzungs-und Strukturierungshilfen, die allerdings bisher nach meinem Wissen nicht in der Pflegekinderhilfe Anwendung finden. Eine Möglichkeit ist das von Karls/Wandrei 1994 entwickelte „Person-in-Environment System (PIE). Dabei werden systematisch mögliche Probleme in verschiedenen Lebensbereichen (z.B. Familie, Beruf), in verschiedenen Rollen (z.B. Eltern, Partner), Probleme in der Umwelt (z.B. Versorgung) und psychische und körperliche Erkrankungen aufgelistet (s.a. www.pantucek. com/diagnose/PIE/index .html). Es gibt aber auch weniger aufwendige und zeitsparendere Alternativen z.B. die PRO-Ziel Basisdiagnostik nach Heiner (s. Heiner, 2004) oder die „psychosoziale ressourcenorientierte Diagnostik“ (PREDI) nach Küfner (s.a. Küfner, 2006). Diese Systeme dienen dazu mögliche Fehleinschätzungen zu vermeiden, ergänzt durch ausführliche Gespräche und eine qualifizierte Beobachtung. Es scheint dennoch angesichts der vielen gescheiterten Rückführungen in der Praxis nicht leicht zu sein, eine Prognose der Erfolgsaussichten bzw. der Risiken von Rückführungen zu treffen. Zudem kann es Fallumstände geben, die eine Einschätzung über die Erziehungsfähigkeit erheblich erschweren, z.B. wenn es wenig oder kurze Umgangskontakte gab in denen kaum Anforderungen an das Erziehungsverhalten der Eltern gestellt wurden (vgl. Kindler, 2011 S.633f).
2.3 Hilfeplanung
Im Hilfeplan wird der erzieherische Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe und die notwendigen Leistungen formuliert (§36 Abs.2 Satz 2 SGB VIII). Dazu zählen insbesondere (vgl. Wiesner, §36 Rz 56ff):
- Die Beschreibung der Lebens-und Erziehungssituation aus der Sicht des Kindes und der Eltern
- Die Gründe, die die Gewährung der Hilfe zur Erziehung sinnvoll und notwendig erscheinen lassen
- Eine Stellungnahme zum Entscheidungsvorschlag der Teamkonferenz
- Die Beschreibung der Gesamtzielsetzung der pädagogischen Intervention, sowie Teilziele und Maßnahmen
- Die Gründe für die Inpflegegabe
- Eine Beschreibung der Maßnahmen zur Veränderung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- Die Verteilung der Aufgaben
- Eine Verständigung über die Besuchskontakte und Modalitäten
- Eine Klärung der sorgerechtlichen Zuständigkeiten
- Die Festlegung eines voraussichtlichen Zeitpunktes der Beendigung
- Die Bestimmung des verantwortlichen ASD Mitarbeiters
- Die Klärung der Kosten
- Die Aufklärung über die zuständigen Beschwerdeinstanzen
Bei allem Optimismus der in Hilfeplangesprächen insbesondere beim Leistungserbringer und beim Jugendamt zu merken ist, dürfen die Handlungsspielräume und Erfolgschancen nicht überbewertet werden. Kinder mit zum Teil erheblichen Bindungsstörungen, erheblichen Misshandlungs-und Vernachlässigungserfahrungen leiden unter den Folgen dieser traumatischen Erfahrungen oft ein Leben lang. In der Hilfeplanung müssen die fehlenden Möglichkeiten des Kindes sich gesund zu entwickeln berücksichtigt werden. Die Frage nach der Grenze von Veränderbarkeit darf kein Tabu sein (vgl.Salgo , 2007, S.54).
2.4 Zeitlich befristet oder auf Dauer angelegte Lebensform?
Für das Sozialgesetzbuch stehen beide Formen gleichberechtigt nebeneinander (§33 Satz 1 SGB VIII). Es folgt dem Grundsatz schnellstmöglich dauerhafte Lebensbedingungen für das Kind herzustellen. In der gesetzlichen Zielvorgabe zum §33 SGB VIII steht der Anspruch des Kindes auf Klarheit und Sicherheit der Beziehungen und auf eine stabile Lebensperspektive im Vordergrund (BT-Drucks., 1989, S.71).
Die nach meiner Erfahrung häufig in der Praxis anzutreffende Vorgehensweise, entweder nur den ersten Teil des Gesetzesinhalt („zeitlich befristete Lebensform“) zu betrachten, oder stets nur die befristete Unterbringungsform in den Mittelpunkt zu stellen und statt einer notwendigen eindeutigen Entscheidung, befristete Vollzeitpflegeunterbringung kettenartig zu verlängern, ist m.E. nicht im Sinne einer Klarheit für das Kind. Der Prozess der Entscheidungsfindung zwischen den beiden Alternativen „zeitlich befristet“ oder „auf Dauer angelegt“ hängt ab von den Prognosen und den Perspektiven aller an der Hilfe beteiligten, einschließlich dem Kind.
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