Das Assessment Center (im Folgenden mit AC bezeichnet) ist mittlerweile zu einem selbstverständlichen Instrument für Rekrutierungs- und Weiterentwicklungsprozesse der Personalplanung geworden. Kaum ein wirtschaftlich starkes Unternehmen verwendet das AC nicht und die Vielzahl an Publikationen bestätigt das zunehmende Interesse daran. Doch wo kommt das AC eigentlich her und was ist ein AC überhaupt? Was sind seine Funktionen und Anwendungsbereiche?
Im Folgenden möchte ich diese Fragen beantworten und einen Überblick über den Begriff des ACs geben. Ich werde schließlich meinen Fokus auf die Nutzung des ACs im Bereich der Personalentwicklung legen und beispielhaft genauer auf zwei Anwendungsbereiche eingehen, die in diesem Bereich der Personalplanung verwendet werden.
Diese Ausarbeitung erhebt nicht den Anspruch, dass der Leser anschließend weiß, wie er ein AC leiten oder erfolgreich an einem AC teilnehmen könnte. Sie vermittelt aber ein Verständnis davon, was das besondere an dieser Methode der Personalplanung ist und soll dem Leser Ziel und Zweck eines ACs aufzeigen. Außerdem soll eine grobe Vorstellung des Ablaufs ermöglicht und die Potenziale des Einsatzes von ACn, insbesondere in der Personalentwicklung, dargestellt werden.
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINFÜHRUNG „DAS ASSESSMENT CENTER“
1.1 Herkunft und Geschichte des ACs
1.2 Was ist ein AC?
1.3 Wozu dient ein AC?
1.4 Wie läuft ein AC ab?
1.5 Einsatzgebiete des Assessement Centers
2 DAS AC IN DER PERSONALENTWICKLUNG
2.1 Das AC zur Potenzialanalyse
2.2 Das AC als Personalaudit
3 FAZIT
4 LITERATURVERZEICHNIS
1 Einführung „Das Assessment Center“
„Eine effizientere Nutzung und Investition in Humankapital!“ fordern Bildungspolitik und Bildungsökonomie von Unternehmern in den heutigen Zeiten, in denen insbesondere der demographische Wandel und eine immer älter werdende Bevölkerung Sorgen bereiten.1 Oft fehlt allerdings Arbeitgebern der Durchblick und Arbeitnehmern die Chance zu bewei- sen, wer wirklich relevante Fähigkeiten mitbringt bzw. wen es sich wirklich weiterzubilden lohnt um die Forderung zu erfüllen. Wer hat das Potenzial, durch strategisch angeleitete Maßnahmen bestmögliche Resultate zu erzielen? Das Assessment Center (im Folgenden mit AC bezeichnet) ist mittlerweile zu einem selbstverständlich zum Rekrutierungs- und Weiterentwicklungsprozess dazugehörigen Instrument der Personalplanung geworden, welches diese effektivste Nutzung und Investition in Humankapital zu versprechen ver- mag. Kaum ein wirtschaftlich starkes Unternehmen verwendet das AC nicht und die Viel- zahl an Publikationen bestätigt das zunehmende Interesse daran. Doch wo kommt das AC eigentlich her und was ist ein AC überhaupt? Was sind seine Funktionen und Anwen- dungsbereiche?
Im Folgenden möchte ich diese Fragen beantworten und einen Überblick über den Begriff des ACs geben. Ich werde schließlich meinen Fokus auf die Nutzung des ACs im Bereich der Personalentwicklung legen und beispielhaft genauer auf zwei Anwendungsbereiche eingehen, die in diesem Bereich der Personalplanung verwendet werden. Diese Ausarbei- tung erhebt nicht den Anspruch, dass der Leser anschließend weiß, wie er ein AC leiten oder erfolgreich an einem AC erfolgreich teilnehmen könnte. Sie vermittelt aber ein Ver- ständnis davon, was das besondere an dieser Methode der Personalplanung ist und soll dem Leser Ziel und Zweck eines ACs aufzeigen. Außerdem soll eine grobe Vorstellung des Ablaufs ermöglicht und die Potenziale des Einsatzes von ACn insbesondere in der Perso- nalentwicklung dargestellt werden.
1.1 Herkunft und Geschichte des ACs
Einstellungsverfahren mit Merkmalen von ACn sind in der Geschichte schon früh vorzu- finden. Bereits im ersten Weltkrieg wurden in Deutschland spezielle Soldaten wie Piloten im Auftrag des Reichsministeriums in psychologischen Übungen, insbesondere durch eine führerlose Gruppendiskussion2, auf ihre Fähigkeiten hin geprüft. Diese wurden 1927 für Offiziere sogar verpflichtend eingesetzt. Seit den 1940er Jahren verbreitete sich dieser „Prototyp“ eines ACs überall in der Welt und wurde insbesondere in den USA weiterent- wickelt, wo das Auswahlverfahren als erstes von dem Psychologen Murray als „Assessment Center“ bezeichnet wurde. In Amerika wurde es nicht mehr nur zur Auswahl von Offizieren, sondern auch zur Testung von Geheimdienstbewerbern verwendet. In den 60er Jahren wurde das AC dann nicht nur zur Überprüfung von Fähigkeiten sondern auch gezielt zur Personalauswahl und Personalentwicklung eingesetzt;3 in Deutschland etablier- te erstmals IBM offiziell ein AC.4 1977 wurde ein AC-Verein gegründet, der Arbeitskreis Assessment Center e.V. . Dieser hatte sich zum Ziel gesetzt, Informationen zu Vorgehen und Erfahrungen auszutauschen sowie den Leitgedanken des Verfahrens publik zu machen und Maßstäbe zur Erfolgskontrolle zu erstellen.5 Seither nimmt die Bedeutung und Ver- breitung des ACs in deutschsprachigen Ländern stetig zu. Es gibt immer mehr Literatur zur Durchführung, Vorbereitung und Verbesserung des Verfahrens und immer mehr Unter- nehmen setzen dieses als fest in den Personalrekrutierungs- und Personalbewertungspro- zess integrierten Bestandteil ein. AC befinden sich also auf dem Erfolgskurs und die Ten- denz ist steigend.6
1.2 Was ist ein AC?
Das Wort „Assessment Center“ stammt vom englischen „(to) assess“, was mit „beurteilen“ oder „einschätzen“ zu übersetzen ist. Ein AC ist insofern ein „Beurteilungszentrum“, das ein Gremium zur Personalplanung darstellt. Dabei werden Bewerber, also potenzielle Arbeitnehmer eines Unternehmens, durch verschiedene Übungen geprüft und bewertet. Indem dann Leitungsprofile der Teilnehmer erstellt werden, werden diejenigen ermittelt, die den Anforderungen einer zu besetzenden Stelle am ehesten entsprechen.
Der Personalentwickler Georg P. Fennekels wird häufig auch heute noch in der Fachlitera- tur mit seiner Definition eines ACs zitiert. Diese beschreibt auf den Punkt das, was das AC ausmacht:
„Das Assessment-Center-Verfahren ist ein systematisches und flexibles Verfahren zur kon- trollierten und qualifizierten Feststellung von Verhaltensleistungen und - defiziten, das von mehreren Beobachtern gleichzeitig für mehrere Teilnehmer in bezug auf vorher festgelegte Übungen und bestimmte Anforderungen vornehmlich zur Mitarbeiterauswahl und - weiterentwicklung von vielen Personalentwicklungsabteilungen in Großunternehmen mit Erfolg und steigender Tendenz eingesetzt wird.“7
Ein AC dauert in der Regel ein bis drei Tage.8 Dies bringt gegenüber anderen Personalrek- rutierungsverfahren den möglichen Vorteil mit sich, dass die Teilnehmer nicht nur in einer einzigen Situation wie einem Bewerbungsgespräch kennen gelernt werden können. Es ist möglich, die zu bewertenden Personen in mehreren verschiedenen Situationen und über einen längeren Zeitraum zu beobachteten und so umfassender und präziser zu bewerten.
Das AC basiert der Arbeitsgemeinschaft Assessment Center nach auf den vier Grundkomponenten „Anforderungsprofil“, „Simulationsübungen“, „Beobachtungs- und Beurteilungsverfahren“ sowie „Rückmeldeverfahren“. Das vor der Durchführung des ACs erstellte individuelle Anforderungsprofil definiert die Fähigkeiten, die ein potentieller Be- setzer einer Stelle mitbringen muss, damit er die damit verbundene berufliche Tätigkeit auf Dauer erfolgreich ausüben kann. Im AC sollen diese vorher genauestens für die Beobach- ter definierten Kompetenzen eines Bewerbers oder Mitarbeiters evaluiert werden. Beispiele für einzuschätzende Fähigkeiten und Eigenschaften sind die fachlichen Qualitäten, die Problemlösekompetenz, Belastbarkeit, Überzeugungs- oder Teamfähigkeit.9
In den sogenannten Simulationsübungen, die jeweils der beworbenen Stelle entsprechende Anforderungssituationen darstellen und möglichst am realen Berufsalltag orientiert sind, sollen die Kandidaten ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Das „Beobachtungs- und Beurteilungsverfahren“ ist als einer der Hauptbestandteile des ACs anzusehen. Hier werden die teilnehmenden Bewerber während der Bewältigung verschiedener Aufgaben beobachtet und nach den aus dem Anforderungsprofil hervorgehenden Kriterien bewertet werden.
Im Anschluss an das AC wird jeder einzelne Teilnehmer in einem Rückmeldegespräch - meist unter Ausschluss der Konkurrenten - über die Ergebnisse der Einschätzung infor- miert.10
Die beschriebene Simulations-Methodik von ACn ist aufgrund ihrer Merkmale von ande- ren eignungsdiagnostischen Verfahren wie Tests (z.B. Persönlichkeits- oder Intelligenz- tests) zu unterscheiden. Bei diesen Tests werden Eigenschaften und Fähigkeiten der Teil- nehmer erfasst, die nicht durch das Beobachten ihres Verhaltens ermittelt werden.11 Die simulierten Situationsübungen eines ACs werden allerdings häufig mit diesen kombi- niert.12
Der Begriff „Assessment Center“ wird heute oft aufgrund von bei den Kandidaten Angst erweckenden Konnotationen umbenannt. Weitere geläufige Bezeichnungen für AC sind Auswahlverfahren, Potenzialanalyse, Förder- oder Standortseminar. Auch Development- oder Personalentwicklungs- Center wird synonym mit der Bezeichnung „Assessment Cen- ter“ verwendet.13
1.3 Wozu dient ein AC?
Die Funktionen eines ACs sind vielfältig. In erster Linie möchte man aber meistens „den/die Richtige(n)“ für eine zu besetzende Stelle in einem Unternehmen ausfindig ma- chen. Richtig ist dabei derjenige, der das Potenzial hat, die entsprechende Tätigkeit am erfolgreichsten auszuüben und so dem Unternehmen am Besten zu nützen.14 Durch die Beurteilung der Kandidaten und der daraus hervorgegangenen Entscheidungen bezüglich der Besetzung einer Arbeitsstelle oder im Hinblick auf Weiterbildungsmaßnah- men verspricht man sich eine hohe „Trefferquote“15. Ein Treffer bedeutet, dass infolge eines ACs bewirkte Veränderungen sowohl für das Unternehmen als auch für den Mitar- beiter zum Erfolg führen. Durch den Erfolg am Arbeitsplatz verspricht man sich eine ge- steigerte Produktivität und somit eine bessere Nutzung von Humankapital für das Unter- nehmen. Dies bedeutet aber auch, dass Kosten und Unannehmlichkeiten bei Fehlentschei- dungen vermieden werden. Für den Mitarbeiter heißt erfolgreich zu sein, dass er selbst zufriedener ist und daher dem Unternehmen potenziell länger erhalten bleibt. Zudem bringt berufliches Gelingen die Motivation der Mitarbeiter mit sich, welche die Effizienz der ver- richteten Arbeit wiederum steigern kann.
[...]
1 Vgl. z.B. Weiß 2000:235:250
2 Eine Führerlose Gruppendiskussion ist nach Richard Neges eine gemeinsam von allen Teilnehmern geleitete Diskussion, in der alle gleich berechtigt sind und das Verhalten im Team deutlich wird (vgl. Neges 1991:51)
3 Vgl. Fisseni 1995:6-7
4 Vgl. Obermann 2006:27
5 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e.V. 2010
6 Vgl. Obermann 2006:5
7 Fisseni 1995:15
8 Vgl. Obermann 2006:12
9 Vgl. Rüden 2005:200-202
10 Vgl. Sünderhauf 2005:12-13
11 Vgl. Eck 2007:142
12 Vgl. Bolte 2005:232:280
13 Vgl. Obermann 2006:27-28
14 Fay 2002:12
15 Fay 2002:12