Laut zahlreichen empirischen Studien zählen Aktien zu den Anlageklassen mit der durchschnittlich höchsten jährlichen Rendite, die sich meist auf 6 und 12% p.a. beläuft. Aus diesem Grund sind Aktien fundamental wichtig für ein gut diversifiziertes Portfolio. Es gibt eine große Anzahl von Instrumenten, welche dazu genutzt werden, Aktien mit hohen Renditechancen zu identifizieren. Dabei geht es den Analysten häufig darum, den Kauf von volatilen und überbewerteten Aktien zu verhindern. Im Grundsatz handeln Investoren nach dem einfachen Prinzip „Hohe Qualität für einen geringen Preis“.
Allerdings ist das Vertrauen in die Börse bei vielen Anlegern durch die zahlreichen Finanzkrisen und die damit verbundenen Verluste in den letzten Jahren zerstört. Aus diesem Grund spielen Methoden, die versuchen, Wertpapiere zu bewerten, bei den Investoren heutzutage eine maßgebliche Rolle. Dabei bildet die Fundamentalanalyse, welche im Folgenden dargestellt und anhand verschiedener empirischer Studien analysiert wird, die Basis einer erfolgsversprechenden Anlagestrategie. Im Gegensatz dazu steht der „Behavioral Finance“-Ansatz, der die psychologischen Faktoren beim Handeln von Wertpapieren fokussiert.
Im ersten Teil wird die Informationseffizienzhypothese, welche den Grundbaustein für die Seminararbeit legt, näher beschrieben. Als Zweites werden die Fundamentalanalyse und deren wichtigste Fundamentalkennzahlen vorgestellt. Darauf aufbauend soll die Frage beantwortet werden, inwieweit die fundamentale Aktienanalyse mit der Informationseffizienzhypothese vereinbar ist. Im Hauptteil werden die empirischen Ergebnisse zum Style Investing und deren Erklärungsansätze erörtert, wobei zum Schluss speziell auf die Ergebnisse der empirischen Studie von Piotroski (2000) eingegangen wird. Diese erweitert das Style Investing um weitere titelspezifische fundamentale Unternehmensinformationen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Informationseffizienzhypothese
2.1. Stufen der Informationseffizienzhypothese
2.2. Kombination der Informationseffizienzhypothese und Fundamentalanalyse ..
3. Fundamentalanalyse
3.1. Kennzahlenbasierte Fundamentalanalyse
3.2. Style Investing
3.3. Der Size-Effekt
3.4. Der Book-to-Market-Equity-Effekt
3.5. Das F-Score -Modell von Piotroski (2000)
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die drei Säulen der Fundamentalanalyse
1. Einleitung
Laut zahlreichen empirischen Studien zählen Aktien zu den Anlageklassen mit der durchschnittlich höchsten jährlichen Rendite, die sich meist auf 6 und 12% p.a. beläuft. Aus diesem Grund sind Aktien fundamental wichtig für ein gut diversifiziertes Portfo- lio. Es gibt eine große Anzahl von Instrumenten, welche dazu genutzt werden, Aktien mit hohen Renditechancen zu identifizieren. Dabei geht es den Analysten häufig darum, den Kauf von volatilen und überbewerteten Aktien zu verhindern. Im Grundsatz han- deln Investoren nach dem einfachen Prinzip „Hohe Qualität für einen geringen Preis“. Allerdings ist das Vertrauen in die Börse bei vielen Anlegern durch die zahlreichen Fi- nanzkrisen und die damit verbundenen Verluste in den letzten Jahren zerstört. Aus die- sem Grund spielen Methoden, die versuchen Wertpapiere zu bewerten, bei den Investo- ren heutzutage eine maßgebliche Rolle. Dabei bildet die Fundamentalanalyse, welche im Folgenden dargestellt und anhand verschiedener empirischer Studien analysiert wird, die Basis einer erfolgsversprechenden Anlagestrategie. Im Gegensatz dazu steht der „Behavioral Finance“-Ansatz, der die psychologischen Faktoren beim Handeln von Wertpapieren fokussiert.
Im ersten Teil wird die Informationseffizienzhypothese, welche den Grundbaustein für die Seminararbeit legt, näher beschrieben. Als Zweites werden die Fundamentalanalyse und deren wichtigste Fundamentalkennzahlen vorgestellt. Darauf aufbauend soll die Frage beantwortet werden, inwieweit die fundamentale Aktienanalyse mit der Informa- tionseffizienzhypothese vereinbar ist. Im Hauptteil werden die empirischen Ergebnisse zum Style Investing und deren Erklärungsansätze erörtert, wobei zum Schluss speziell auf die Ergebnisse der empirischen Studie von Piotroski (2000) eingegangen wird. Die- se erweitert das Style Investing um weitere titelspezifische fundamentale Unternehmensinformationen.
2. Informationseffizienzhypothese
Die im Jahre 1970 von Eugene F. Fama aufgestellte Informationseffizienzhypothese oder auch die EMH (Efficient Market Hypothesis)1 stellt ein von Ökonomen akzeptier- tes Konzept zum Asset Pricing dar und dient der Untersuchung von Kapitalmärkten. Das Konzept basiert auf dem Ansatz, dass kein Marktteilnehmer die Möglichkeit besit- zen sollte, sich durch zusätzliche Analysen (Fundamentalanalyse oder technische Ana- lyse) oder Insiderinformationen einen Vorteil in Form von überdurchschnittlichen Ren- diten (Überrenditen) zu verschaffen. Demnach gilt ein Finanzmarkt als informationsef- fizient, wenn die Aktienkurse alle zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen wi- derspiegeln2. Zur besseren Anwendbarkeit differenziert Fama (1970) drei Arten von Informationseffizienz. Diese können von den Informationsmengen abgegrenzt werden.3
Die Grundaussage der Effizienzmarkthypothese lässt sich als mathematisch-statistisches Modell darstellen. Fama (1970) beschreibt einen Markt in Abhängigkeit einer Informa- tionsmenge als effizient, wenn der Erwartungswert des Preises eines Wertpapiers i im Zeitpunkt t+1 diese Informationsmenge wie folgt widerspiegelt:4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Formel (1) stellt den Erwartungswert des Preises als bedingten Wert dar, welcher in
Abhängigkeit zur gegebenen Informationsmenge steht.5 Das Symbol steht für die prozentuale Rendite einer Periode und die Tilden kennzeichnen, dass und zufällige Variablen zum Zeitpunkt t sind.6
2.1. Stufen der Informationseffizienzhypothese
Fama kategorisiert drei Stufen der Informationseffizienz in Abhängigkeit einer bestimmten Informationsmenge , die die Marktpreise determinieren. Dadurch können empirische Tests, die die jeweilige Stufe der Informationseffizienz überprüfen, besser voneinander differenziert werden.7 Die strenge Form der Informationseffizienz berücksichtigt zusätzlich die Informationsmengen der davor liegenden Stufen.
1. Stufe: Schwache Form der Informationseffizienz
Bei der schwachen Form der Informationseffizienz berücksichtigen die Marktpreise alle Informationen aus vergangenen (bzw. historischen) Kursentwicklungen. Um die schwache Form zu testen, versucht man anhand der Informationen aus vergangenen Kursentwicklungen Überrenditen zu erzielen. Häufig wird dazu die technische Analyse herangezogen. Allerdings zeigen empirische Tests, dass es unmöglich ist auf einem schwach informationseffizienten Markt Überrenditen zu erzielen.8
2. Stufe: Halbstrenge Form der Informationseffizienz
In der halbstrengen Form der Informationseffizienz berücksichtigt der Marktpreis neben Informationen aus vergangenen Kursentwicklungen auch alle öffentlich zugänglichen Informationen wie zum Beispiel betriebswirtschaftliche Unternehmensdaten oder Ex- pertenmeinungen.9
3. Stufe: Strenge Form der Informationseffizienz
Liegt auf einem Markt die strenge Form der Informationseffizienz vor, so enthalten
Marktpreise neben den oben genannten Informationsmengen auch alle nichtöffentlichen Informationen. Der Preis eines Finanztitels i ist auf unternehmensinternes und persönli- ches Wissen (Insiderinformationen) zurückzuführen und spiegelt demnach dieses Wis- sen am Markt wider.10 Solch eine Symmetrie des Marktes determiniert die Möglichkeit, dass Anleger durch weitere Analysen Überrenditen erzielen können. Die Veränderung von Preisen erfolgt somit zufällig durch das Erscheinen von neuen preisrelevanten In- formationen. Empirische Studien zur strengen Form der Informationseffizienz sind allerdings schwer durchzuführen, da es unmöglich ist, Insiderinformationen einzubeziehen. Aus diesem Grund stellt sie ausschließlich ein theoretisches Modell dar.
2.2. Kombination der Informationseffizienzhypothese und Fundamentalanalyse
Im Folgenden wird auf die Frage eingegangen, inwieweit die Fundamentalanalyse mit der Informationseffizienzhypothese vereinbar ist. Wie bisher gezeigt, werden in der Theorie drei Formen der Informationseffizienz unterschieden. Hierbei handelt es sich um die schwache, halbstrenge und strenge Form. Die Informationseffizienzhypothese besagt, dass alle verfügbaren Informationen bereits in den Preisen enthalten sind, sodass das Sammeln und Analysieren von Informationen nutzlos ist. Fortan stellt sich die Fra- ge, ob die Fundamentalanalyse dennoch genutzt werden könnte um eine Überrendite zu erzielen. Die Befürworter der Fundamentalanalyse gehen zwar ebenfalls von rationalen Finanzmärkten aus, stellen aber die Schnelligkeit der Effizienzmarkthypothese infrage. Sie vertreten die Meinung, dass die Wertpapierkurse die verfügbaren Informationen nicht unmittelbar widergeben. Vielmehr gehen sie davon aus, dass die Anleger durch die Beschaffung und Aufbereitung von Informationen Schwankungen in den Aktien- preisen identifizieren und dadurch Überrenditen erzielen können. Zunächst wird ein Markt der schwach informationseffizienten Form unterstellt. Wie bereits erwähnt wäre eine technische Analyse (Chart-Analyse) nutzlos, da der Preis bereits alle Informationen aus vergangenen Börsenkursen widerspiegelt. Somit lässt sich keine überdurchschnittli- che Rendite mit Hilfe der Chart-Analyse erzielen. Allerdings weist die schwache Form der Informationseffizienz eine Möglichkeit auf, dass ein Investor durch die Auswertung von öffentlich verfügbaren Informationen und privatem Wissen (Insiderinformationen) eine Anlagestrategie herausarbeiten kann, die zu einer Rendite führt, die oberhalb der risikoadjustierten Gleichgewichtsrendite liegt. Es lässt sich also die Aussage treffen, dass die Fundamentalanalyse von öffentlich zugänglichen Informationen das Erzielen einer Überrendite ermöglicht.
Als zweites wird ein Markt der halbstrengen Form der Informationseffizienz betrachtet. Hier reflektieren die Preise neben den historischen Kursverläufen auch alle öffentlich verfügbaren Informationen, wie betriebswirtschaftliche Unternehmensdaten (Jahres - und/oder Quartalsabschlüsse), Pressemitteilungen und Expertenmeinungen. Damit diese Form der Informationseffizienz vorliegt, müssen Analysten ihre Einschätzungen allen Außenstehenden zur Verfügung stellen. Die Ergebnisse aus einer Analystenversamm- lung müssen also sofort öffentlich bekannt gemacht werden. Dadurch wird verhindert, dass entsprechende Akteure einen Informationsvorsprung besitzen und Überrenditen erzielen. Die Fundamentalanalyse kann demnach nur gewinnbringend sein, falls der Investor privates Wissen über das zu analysierende Unternehmen oder aber einen ge- wissen Informationsvorsprung besitzt. Liegen diese beiden Fälle nicht vor, kann auf einem Markt der halbstrengen Informationseffizienz keine Überrendite erzielt werden.
In der strengen Form der Informationseffizienz spiegeln die Preise neben den oben ge- nannten Informationsmengen auch zusätzlich Insiderinformationen vollständig wider. Demnach lassen sich keine Überrenditen durch die Anwendung der technischen Analy- se oder Fundamentalanalyse erzielen. Vielmehr wird unterstellt, dass sich die zukünfti- gen Aktienpreise zufällig verändern, da Informationen zufällig in den Markt gelangen. Die Aktienpreise folgen dann einem Random-Walk.11 Die Random-Walk-Theorie steht in enger Verbindung mit der Effizienzmarkthypothese, speziell jedoch mit der starken Form der Informationseffizienz. Sie besagt im Allgemeinen, dass Informationen über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens zufällig und somit die Veränderungen der Preise zufällig sind, sodass keine Möglichkeit besteht künftige Preisentwicklungen vorauszusagen.12 Demnach ist die Fundamentalanalyse nutzlos und führt zu keiner ge- winnbringenden Strategie. Zudem besagt die Random-Walk-Theorie, dass auch die technische Analyse, die versucht aus vergangenen Kursverläufen Prognosen für zukünf- tige Aktienkurse abzuleiten, sinnlos ist, da künftige Kurse zufällig sind.
In diesem Kontext wäre die Fundamentalanalyse also nur sinnvoll, wenn die Aktien- preise sich nicht unmittelbar nach Bekanntgabe neuer kursrelevanter Informationen an- passen würden, sondern erst im Laufe der Zeit. Nur durch eine solche zeitliche Verzer- rung wäre es möglich anhand der Fundamentalanalyse eine gewinnbringende Anlage- strategie abzuleiten.
3. Fundamentalanalyse
Die Fundamentalanalyse ist ein wichtiger Bestandteil der Finanzanalyse und versucht anhand einer möglichst genauen Einzelanalyse den „fairen“ oder inneren Wert (engl. intrinsic value)13 eines Finanztitels zu ermitteln. Die von den Unternehmen bereitge- stellten Fundamentaldaten wie z.B. betriebswirtschaftliche Daten (Jahresabschluss und/oder Quartalsabschluss) werden dazu genutzt um herauszufinden, ob der aktuell beobachtbare Aktienkurs am Markt unter- oder oberhalb des „fairen“ Wertes liegt14.
Liegt der Aktienkurs unter dem „fairen“ Wert, ist die Aktie niedrig bewertet und signa- lisiert ein Kaufsignal. Im umgekehrten Fall ist die Aktie relativ hoch bewertet und unin- teressant für einen Kauf. Im Allgemeinen ist die Fundamentalanalyse also ein Hilfstool für den Käufer, welche ein Kursziel für Aktien angibt und damit entweder zum Kauf oder Verkauf rät.
3.1. Kennzahlenbasierte Fundamentalanalyse
Es gibt zahlreiche Unternehmenskennzahlen, die für die Aktienanalyse genutzt werden können. Im Folgenden sollen kurz diejenigen Kennzahlen vorgestellt werden, welche am häufigsten in der Praxis vorzufinden sind. Dabei werden überwiegend Quotienten der betriebswirtschaftlichen Unternehmensdaten miteinander verglichen. Der Vorteil bei der Verwendung von Quotienten ist, dass man Unternehmen der gleichen Branche, aber unterschiedlicher Größe leichter vergleichen kann. Die Grundvoraussetzung für einen solchen Vergleich ist allerdings, dass die Bilanzen der Unternehmen nach einheit- lichen Normen (HGB, IFRS) aufgestellt wurden. Neben diesen Kennzahlen sollte sich ein Investor ebenso mit weiteren fundamentalen Kriterien wie beispielsweise langfristi- ges Wachstum, Analysteninteresse oder Branchenklima beschäftigen.15
[...]
1 Vgl. Fama (1970), S. 384.
2 Vgl. Fama (1970), S. 383.
3 „[…] with the adjustment of security prices to three relevant information subsets is considered.”, Fama (1970), S. 383.
4 Vgl. Fama (1970), S. 384.
5 „[…] is a general symbol for whatever set of information is assumed […]”, Fama (1970), S. 384.
6 Vgl. Fama (1970), S. 384.
7 Vgl. Fama (1970), S. 383 ff.
8 Vgl. Fama (1970), S. 388.
9 Vgl. Fama (1970), S. 388.
10 Vgl. Fama (1970), S. 388.
11 Fama (1970), S. 389 ff.
12 Steiner/Bruns (2002), S. 49.
13 Im Deutschen u.a. auch als intrinsischer Wert bezeichnet.
14 Vgl. Götte (2004), S. 9 ff.
15 Vgl. Götte (2004), S. 154 f.