Die aktuelle sich öffnende Weltwirtschaft und die globale Marksituation deuten auf eine hohe Intensität bezogen auf den Wettbewerb und die Produktinnovation hin. In immer kürzeren Produktlebenszyklen, und orientiert an den Qualitätspräferenzen, werden neue Produkte durch den Wettbewerb veröffentlicht.
Analog zu dieser Situation entwickelt sich eine differenzierte Nachfrage. Die potenzielle Kundschaft definiert sich in ihren Produktkriterien anspruchsvoller und vielschichtiger als zuvor. Im gleichen Maße wirkt ein Wandel der unternehmerischen Kostenstruktur auf eine Produktentwicklung ein. Dabei erweist sich die Kapitalintensität als schwer zu greifender Wert, bspw. bei Produkten mit einem hohen verbundenen technologischen Aufwand bei geringer Stückanzahl. Die Folge resultiert in einer möglichen kostenwirtschaftlichen Inflexibilität.
Die Zielkostenrechnung, im weiteren Verlauf dieser Arbeit unter der engl. Beschreibung Target Costing bezeichnet, ist eine flexible Vorgehensweise mit dem gegenwärtig nötigen Marktbezug. Die Methodik orientiert sich nicht an der zugrundeliegenden Kostenstruktur zur Ermittlung eines optimalen Verkaufspreises, sondern richtet sich streng an die Ansprüche, Bedürfnisse sowie Zahlungsbereitschaft des Kundenmarktes.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen der Zielkostenrechnung
2.1 Ursprung und Entwicklung der Zielkostenrechnung
2.2 Definition und Zielsetzung
2.3 Untersuchung der grundlegenden Ansätze
2.4 Anwendungsbereiche
2.5 Unsicherheiten
2.6 Abgrenzung zur traditionellen Kostenrechnung
3 Systematik der Zielkostenrechnung
3.1 Zielkostenfestlegung
3.2 Zielkostenspaltung
3.3 Zielkostenerreichung
4 Analytische Untersuchung zur Ermittlung und Umsetzung der Kundenbedürfnisse
4.1 Conjoint-Analyse zur Ermittlung der Kundenanforderung
4.2 Quality Function Deployment zur Umsetzung kundenwichtiger Merkmale
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anwendungsbereiche des Target Costings VI
Abbildung 2: Abgrenzung zwischen traditionellen Kostenmanagement und Target Costing VI
Abbildung 3: Fragen zur Implementierung des Target Costing VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vierstufige ASI-Vorgehensweise von QFD nach Brunner 12
Tabelle 2: Entscheidungsalternativen bei der Conjoint-Analyse VIII
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die aktuelle sich öffnende Weltwirtschaft und die globale Marksituation deuten auf eine hohe Intensität bezogen auf den Wettbewerb und die Produktinnovation hin. In immer kürzeren Produktlebenszyklen, und orientiert an den Qualitätspräferenzen, werden neue Produkte durch den Wettbewerb veröffentlicht. Analog zu dieser Situation entwickelt sich eine differenzierte Nachfrage.[1] Die potenzielle Kundschaft definiert sich in ihren Produktkriterien anspruchsvoller und vielschichtiger als zuvor. Im gleichen Maße wirkt ein Wandel der unternehmerischen Kostenstruktur auf eine Produktentwicklung ein. Dabei erweist sich die Kapitalintensität als schwer zu greifender Wert, bspw. bei Produkten mit einem hohen verbundenen technologischen Aufwand bei geringer Stückanzahl. Die Folge resultiert in einer möglichen kostenwirtschaftlichen Inflexibilität.
Die Zielkostenrechnung, im weiteren Verlauf dieser Arbeit unter der engl. Beschreibung Target Costing bezeichnet, ist eine flexible Vorgehensweise mit dem gegenwärtig nötigen Marktbezug. Die Methodik orientiert sich nicht an der zugrundeliegenden Kostenstruktur zur Ermittlung eines optimalen Verkaufspreises, sondern richtet sich streng an die Ansprüche, Bedürfnisse sowie Zahlungsbereitschaft des Kundenmarktes.
Das zentrale Ziel der vorliegenden Ausarbeitung ist es zu überprüfen, ob und in welchem Maße das Target Costing als Möglichkeit zur Berücksichtigung sowie Steigerung der Kundenbedürfnisse instrumentalisiert werden kann.
Die nachfolgende Ausarbeitung des Target Costing umfasst fünf Kapitel. Anfänglich wird in Kapitel zwei eine umfassende Grundlage anhand einer Definition, Abgrenzung zum traditionellen Kostenmanagement, Untersuchung der Entwicklung sowie die Aufführung gewisser Unsicherheit diskutiert. Das Kapitel drei untersucht die Systematik des Target Costings und verdeutlicht die einzelnen Phasen. Im Anschluss folgt im Kapitel vier eine analytische Untersuchung zur Ermittlung und Umsetzung der Kundenbedürfnisse am herrschenden Markt. Es wird auf Methodiken des Target Costings eingegangen, die zur Bestimmung der möglichen Kundenbedürfnisse dienen. Abschließend folgt in Kapitel fünf eine Schlussbetrachtung mit einer kurzen Wiedergabe der Erkenntnisse durch ein Fazit.
2 Grundlagen der Zielkostenrechnung
2.1 Ursprung und Entwicklung der Zielkostenrechnung
In der Literatur werden schnell die Ursprünge und Entwicklungen von Target Costing deutlich. Die Impulsidee ist dabei keine neue gewesen. Parallelen sind bereits in den 30er Jahren zu finden, z.B. bei Ford oder der Entwicklung des VW Käfers.[2] Die Beweggründe zur heutigen Entwicklungsstufe eines umfassenden, funktionskostenorientierten Ansatzes wurden bereits, bedingt durch die Ressourcenknappheit nach dem 2. Weltkrieg, in den USA konzipiert. Es würde nach einer Lösung zur Steigerung der Produktionsfunktionalität bei gleichzeitiger Minimalisierung gesucht. Die entwickelte Methodik Value Engineering fokussierte ein optimales Kosten/Nutzenverhältnis durch Analyse der Produktfunktionen, anstatt einer Prüfung der physischen Produkteigenschaften oder Fertigungsprozesse.[3]
In den 60er Jahren folgte eine Weiterentwicklung des Value Engineering durch japanische Unternehmen zu einem integrierten Kostenmanagementkonzept. Dabei trug Target Costing erstmals in einigen Unternehmen seinen heutigen Namen. Die Neuerung der Evolution war es, bereits in der Planungs- und Entwicklungsphase eines Produktes die Kostenstruktur und –niveau unternehmensbezogen zu steuern. Diese Entwicklung war eine Reaktion eines japanischen Unternehmens auf den ausprägenden Konkurrenzdruck durch höherer Kosten- und Qualitätsstandard.[4] Das in Japan bezeichnete Genka Kikaku wurde 1965 von Toyota entworfen und würde in zahlreichen Unternehmen eingesetzt, bspw. Sony, Nissan oder NEC. Die japanische Terminologie setzt sich etymologisch aus Gen – Ursprung, ka – Preis und Kikaku –Plan zusammen.[5]
Die deutsch- und englischsprachige Managementliteratur weist erst Ende der 80er Jahre auf den Begriff den Target Costings hin. Insbesondere die wissenschaftlichen Literaturwerke von Sakurai und Monden ermöglichten einen Ausgangspunkt zur Diskussion für die westliche Theorie und Praxis.[6]
2.2 Definition und Zielsetzung
Die Zielkostenrechnung, in der Literatur häufig unter der internationalen Definition Target Costing bekannt, wurde 1998 von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Kaplan wie folgt beschrieben: „The concept of target costing is simple to state and hard to accomplish.“[7] Tatsachlich ist die Grunddefinition von Target Costing durch eine einheitliche Begriffsbestimmung und die Fachliteratur zusammenfassbar. Zwar reichen die Definitionsansätze, aufgrund des geschichtlichen Hintergrundes, von eng gefassten Beschreibungen (Noltemeier) bis hin zu umfassenden Verständnis . Noltemeier beschreibt Target Costing in seiner Literatur als ein strategisch ausgerichtetes Managementwerkzeug des Unternehmens zur Bewältigung des steigenden Wettbewerbsdrucks.[8] Dabei charakterisiert die Fragestellung, was ein Produkt kosten wird, den Mittelpunkt vieler dieser umfassenden Ansätze zur markt- und kundenorientieren Kostenplanung, -steuerung und -kontrolle.[9] Target Costing definiert sich somit als unternehmensweites Gewinnmanagementsystem schon ab der Phase der Produktentwicklung. Indessen ist Target Costing als ein Prozess zu verstehen, der die Planung kundenorientierter Produkte, Bestimmung von Zielkosten für ein neues Produkt und Wege zur Zielkostenerreichung in der Produktionsentwicklung bei paralleler Befriedigung der Kundenwünsche beinhaltet.[10]
2.3 Untersuchung der grundlegenden Ansätze
Die in Kapitel 2.2 beschriebene Definition ist ebenfalls auf die Ansätze des Target Costings übertragbar. Als eine differenzierte Managementmethode zur Integration der Markt- und Kundenorientierung weist das Target Costing eine Reihe von unterschiedlichen Verständnisansätzen mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf. Die Einordnung der Ansätze teilt Seidenschwarz in marktorientierte-, ingenieursorientiere und produktfunktionsorientierte Verfahren.[11]
Das marktorientierte Konzept wurde Ende der 80er Jahre durch Hiromoto publiziert. Dabei diskutiert Hiromoto nicht den Begriff Target Costing, sondern das marktorientiertem Management Accounting. Er sieht Target Costing als das Kernelement des japanischen Accountings und positioniert den Nutzen auf Unternehmensseite, die sich in einem Markt mit hoher Wettbewerbsintensivität beweisen dürfen und ihre Wettbewerbskompetenz nur über wirtschaftliches Innovationsmanagement bewahren und potenzieren können. Hiromoto identifiziert die Hauptfunktionen des Ansatzes in der Marktorientierung, dem Kostenmanagement bereits in frühen Etappen der Produktentwicklung sowie der dynamischen Sichtweise durch die stetige Zielkostenanpassung.[12]
In der Literatur gelten Monden und Sakurai als wissenschaftliche Vertreter des ingenieursorientierten Ansatzes. Monden und Sakurai definieren den Ansatz von Hiromoto weiter als Profit-Management-Ansatz. In diesem Zusammenhang ist die Zielsetzung die Minderung der Gesamtkostenqualität inkl. Produktions-, Vertriebs- und Nutzungskosten sowie Unterstützung des Total Quality Management. Analog zum marktorientierten Ansatz geschieht dies bereits in sehr frühen Produktphasen über die Zielkosten und in vorangeschrittenen Phasen als Integrationseigenschaft des Target Costing, mit dem Ziel die Prozesskosten weiter zu minimieren.[13]
Der dritte Ansatz von Tanaka und Yoshikawa ist unter dem produktfunktionsorientierte Target Costing-Ansatz bekannt. Die dominierende Charakterisierung dieses Ansatzes ist ebenfalls die Marktorientierung und das Kostenmanagement in den frühen Stadien einer Entwicklung. Tanaka beschreibt, das die Kosten in der Designphase eines neuen Produktes 80 bis 90% betragen und daher ein Kostenmanagement in dieser Phase notwendig ist. Ferner deklariert der Ansatz eine starke Instrumentalisierung der Kundenwünsche durch eine strikte Marktorientierung dieser Verbraucherwünsche in eine produktfunktionale Budgetierung.[14] Neben dem produktfunktionsorientierten Ansatz von Tanaka existiert ein weiterer Ansatz von Yoshikawa. Die Grundkomponente dieses Ansatzes ist dabei die Funktionalanalyse. Dadurch steht nicht mehr das Produkt im Zentrum der Kosten, sondern die einzelnen Produktfunktionsobjekte. Yoshikawa spezifiziert die Kernfunktionalität in der Marktorientierung durch die erwähnte Konzentration auf einzelne Objekte, das Kostenmanagement in frühen Phasen durch zur Hilfename von Wertanalysewerkzeugen, von Cost Tables oder des Activity Bases Costing.[15]
2.4 Anwendungsbereiche
Die Anwendungsbereiche des Target Costings sind vorzugsweise in wettbewerbsintensive Märkte vorzufinden, die sich durch eine kurze Produktlebenszyklen und einen hohen Preisdruck definieren. Die konkurrierenden Unternehmen in diesem Wettbewerbsumfeld sind durch die Marktlage zur kontinuierlichen Produkterschließung innerhalb sehr kleinen Entwicklungszeiträumen gezwungen. Eine solche Wettbewerbssituation herrscht bspw. in der Automobilbranche, Elektro- oder Feinmechanikindustrie. Unternehmen wie Sony, Nissan oder Toyota entwickeln Produkte in einer Vielzahl an Variationsmöglichkeiten. Ferner etablieren immer mehr Unternehmen in der Massenindustrie mit einer deutlich längeren Produktlebenszyklen Target Costing als Zielkostenmanagementsystem. Die Gründe dafür sind auch hierbei auf das marktorientierte Preis- und Kostenniveau in der frühen Produktentwicklung zurückzuführen.[16]
Der Anwendungshorizont des Target Costing ist vordergründig natürlich in der Entwicklung und Präsentation neuer Produkte, da hierbei der Beeinflussungsgrad der Kosten in einer frühen Entwicklungsphase am effektivsten koordiniert werden kann. Jedoch ist die Fragestellung in diesem Zusammenhang gestattet, in welcher definierten Entwicklung ein Produkt als neu eingestuft werden kann. Gilt ein Produkt als neues Produkt bei einer Innovation oder Weiterentwicklung eines bereits etablierten Produktes? Werden weiterentwickelte Produkte ebenfalls unter Neuentwicklungen klassifiziert ist eine Kostensenkung bei existierenden Derivaten mit Hilfe von Target Costing durchaus nutzbar. Eine Rationalisierung der Kosten für am Markt bereits existierenden Produkten ist durchaus vorstellbar, indem die Konzentration auf die Komponenten des Produktes fokussiert wird, die den größten Effekt bei der Erfüllung der Kundenwünsche vorweisen. Jedoch kann der Effekt durch die Anwendung von Target Costing in einem solchen Szenario als gering bezeichnet werden, da nicht ein ganzheitliches Konzept zum Tragen kommen kann, sondern lediglich Teile der Kostenstruktur eines etablierten Produktes verändert werden können.[17]
Weitere Anwendungsbereiche den Nutzen von Target Costing zu instrumentalisieren sind in der Planung und Gestaltung von Produktprozessen. Eine Darstellung zur visuellen Verdeutlichung ist im Anhang der Abbildung 1 zu entnehmen.
2.5 Unsicherheiten
Die ab Kapitel drei untersuchte Zielkostenfindung und Zielkostenspaltung werden im literarischen Zusammenhang des Target Costings-Ansatzes als basisgegebene und sicher erwartete Größen angenommen. Jedoch wird schnell deutlich, dass die zugrunde liegenden Werte häufig prognostizierende Qualitäten unterliegen. Werte wie Umsatzerlöse, Kundenpräferenzen, Komponentengewichte oder Standardkosten gelten als Unsicherheitsfaktoren. Die in der Literatur diskutieren Ansätze weisen selten auf die Unsicherheit sicherer Ausgangsgrößen hin. Dieses Problem ist zurückführbar auf die im Vorfeld als ideal geltende Gewichtung bei einer Produktentwicklung. Dabei wird die genaue Kundenpräferenz sowie die Funktions- und Komponentengewichtung nicht durch bewerte Prozessketten untersucht, sondern häufig lediglich in der Wertigkeit gemittelt. Selbst wenn eine exakte Bezifferung dieser Größen durch eine Nutzenbeimessung im Vorfeld exakt bestimmt werden konnte, verbleibt die Unsicherheit eines jeden interpersonellen Kundenindividuums.
Krapp und Wotschofsky greifen diesen Faktor der unsicheren Größen in ihrer Literatur auf und evaluieren die Eindeutigkeit von individuellen Kundenpräferenzen. In diesem Zusammenhang resultiert anstelle eines vollkommenden Funktionsgewichtes im traditionellen Target Costing ein stochastisch geprägtes Target Costing mit einer Dichtefunktion der individuellen Nutzenbewertungen. Folglich existieren bei dieser Betrachtung keine feste Zielkostenvorgabe mehr, stattdessen vielmehr ein Zielkostenkorridor.[18]
2.6 Abgrenzung zur traditionellen Kostenrechnung
Das klassische Kostenmanagement wird bezogen auf seine Orientierung am traditionellen, führungsorientierten Rechnungswesen als eher operativ ausgerichtet und auf den Herstellungsprozess konzentriert gekennzeichnet. Hierbei werden die vorhandenen Kapazitäts-, Produktprogramm- und Wettbewerbsstrukturen zur Ermittlung einer Kostenoptimierung bewertet. Daraus resultiert die gegensätzliche Fragestellung „Was kostet ein Produkt“ als deutliche Abgrenzung zu Target Costing. Um die Fragestellung der traditionellen Vollkostenrechnung zu beantworten werden auf die zu konstruierenden Produkte sämtliche Kosten umgerechnet. Dazu werden die Gemeinkosten zu den produktspezifischen Einzelkosten addiert. Das Resultat ergibt die Selbstkosten. Um den finalen Verkaufspreis zu bestimmen wird eine Gewinnmarge zu den Selbstkosten addiert. Eine solche Verkaufspreisbestimmung eines Produktes ist für ein Unternehmen so lange rentabel wie der gefundene Preis am Markt realisiert werden kann. Findet jedoch ein Preisverfall, bspw. aufgrund starker Konkurrenz oder sinkender Nachfrage statt, sinkt bei gleichbleibenden Kostenniveau der Gewinn und hat folglich negative Auswirklungen auf die Selbstkosten. Es beweist, dass die herkömmliche Kostenbestimmung keine Berücksichtigung für eine Wettbewerbssituation oder sinkende Nachfragemengen schafft.[19] Durch das Target Costing Verfahren können Kundenanforderungen und –wünsche berücksichtigt werden und einen Verkaufspreis steuern, den die Kunden bereit sind zu zahlen. Die Abbildung 2 im Anhang verdeutlicht die gegensätzlichen Fragestellungen.
3 Systematik der Zielkostenrechnung
Die Systematik der Zielkostenrechnung ist als Ablauf von einzelnen Implementierungsphasen zu verstehen. Es wird daher im Folgenden auf die Hauptphasen des Target Costings eingegangen. Die zentralen und detaillierten Fragestellungen der Implementierungsphasen sind der Abbildung 3 im Anhang zu entnehmen.
3.1 Zielkostenfestlegung
Der Sinn und Zweck der Zielkostenfestlegung ist es, eine Aufstellung der Gesamtkosten eines Produktes transparent aufzuschlüsseln. Die Zielkostenfestlegung für ein Gesamtprodukt lassen sich durch zur Hilfenahme von variierenden Methoden ermitteln, wobei der Unterschied der Methoden im Wesentlichen in der Kunden- oder Wettbewerbsorientierung besteht. Im Einzelnen unterscheidet die Literatur eine Ermittlung der Zielkosten über den Absatzmarkt („Market into Company“) und zugleich unternehmensintern („Into and out of Company“), über einen direkten Vergleich durch Mitbewerber („Out of Competitor“), aus der Unternehmung („Out of Company“) sowie über eine Prognoseschätzung der Produktkosten („Out of Standard Costs“).[20]
3.2 Zielkostenspaltung
Durch die Zielkostenspaltung folgt eine Ermittlung der einzelnen Zielkosten im Bereich der Baugruppen, Komponenten oder Prozesse. In dieser Phase ist die funktionale Frage „Was muss ein Produkt können?“ zu beantworten.[21] Eine solche konkrete Fragestellung unterliegt der konsequenten Untersuchung des Kundenverhaltens, um einen idealen Ressourceneinsatz durch vom Kunden gewünschte Produktwertrelationen zu erhalten.[22] Grundsätzlich ist die Unterscheidung zwischen zwei Methoden der Zielkostenspaltung, die Komponentenmethode und Funktionsbereichsmethode, zu differenzieren.
Die Funktionskostenmethode dient zur Definition der Produktfunktionen und zur Determinierung der Funktionsstruktur eines Produktes.[23] Dabei werden die Zielkosten entsprechend der Wertschätzung eines potenziellen Kundens auf die wahrgenommenen Produktfunktionen nach verteilt, um die geforderte Produktqualität zu sichern.
Eine weitere Methode ist die Ableitung komponentenbezogener Zielkosten. Im Gegensatz zur Funktionskostenmethode erfolgt die Aufteilung der Kostenstruktur nicht anhand der Wertschätzungen des Kunden sondern durch ein Referenzmodell. Die zugrundeliegenden Informationen werden aus Benchmarking, eigenen Erfahrungen durch Vorgängermodelle oder Bewertungen entnommen.[24]
3.3 Zielkostenerreichung
Die Phase der Zielkostenerreichung ist ein elementarer Bestandteil im Konstrukt des Target Costings. Dabei werden durch zur Hilfenahme von Maßnahmen, Instrumenten und Techniken sowie definierten Voraussetzungen effektiv eingesetzt, um die gesetzten, zuvor aufgespaltenen, Zielkosten in der Praxis zu realisieren. Die Literatur differenziert im Allgemeinen zwei Phasen der Zielkostenrechnung. Zum einen die Phase der Zielkostenrechnung bei der Produktplanung und -entwicklung und zum anderen die Phase der kontinuierlichen Zielkostenverbesserung bspw. in der Produktion.[25]
Die erste Teilphase der Zielkostenrechnung ist unterdessen stark verknüpft mit der Zielkostenspaltung zu verstehen. Bedingt durch diese enge Abhängigkeit ist es nicht verwunderlich, dass statt einer allgemeingültigen Abgrenzung eine große Uneinigkeit durch die Autoren in der Literatur herrscht. Seidenschwarz schreibt teilweise die iterative Festlegung der Komponentenzielkosten der Zielkostenerreichung zu (Kostenkneten), während Buggert und Wielpütz ihre Phasendefinition der Zielkostenerreichung erst im Anschluss zuordnen.[26] Diese didaktische Unschärfe der Zielkostenerreichung erschwert die Benennung einer allgemeingültigen Bestimmung dieses Begriffes. Daher sollen folgende Maßnahmen zur Zielkostenerreichung im Zusammenhang dieser Arbeit verstanden werden, die bei der Entwicklung und Konstruktion der Produkteinzelteile Verwendung finden, um schlussendlich die gesamten Komponentenzielkosten ergeben. Die Literatur gibt hierfür und für eine allgemeine Aufgabenbeschreibung der Zielkostenrechnung eine Vielzahl an fortschrittlichen Hilfskonzepten vor. Die Charakterisierung dieser Instrumente weist eigenständige und abgrenzende Eigenschaften auf. Als die Bekanntesten beschreibt Seidenschwarz die kostengünstigere Konstruktion, eine Wertanalyse und Wertgestaltung, das „Simultaneous Engineering“ oder das präventive Qualitätsmanagement.[27]
4 Analytische Untersuchung zur Ermittlung und Umsetzung der Kundenbedürfnisse
Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit ist, ob Target Costing resp. die Zielkostenrechnung eine bessere Möglichkeit zur Beurteilung und Umsetzung der Kundenbedürfnisse sein kann. Diese erste Herausforderung gilt es mit dem Target Costing Prozess zu lösen, um die exakte Ermittlung der Kundenwünsche zu identifizieren.
4.1 Conjoint-Analyse zur Ermittlung der Kundenanforderung
Diese Möglichkeit zur differenzierten Ermittlung der Kundenbedürfnisse und das meist applizierteste Verfahren für europäischen Unternehmen ist die Conjoint-Analyse. Der Prozess der Conjoint-Analyse dient zur Feststellung wichtiger Wertigkeiten eines Produktes. Diese Analyseform hat zur Aufgabe, eine eindeutige Identifizierung der Produkt- und Funktionseigenschaften, bezogen auf die ermittelten Kundenwünsche, und den Rahmen einer Preisbereitschaft festzulegen. Insbesondere sollte die Conjoint-Analyse „verstärkt zur Gewinnung von Neuproduktkonzepten eingesetzt werden, etwa im Rahmen von Positionierungsmodellen, bei denen die Eigenschaften eines ‚Idealproduktes‘ erhoben werden, die die Produktgestaltung steuern können“.[28]
Ohne diese Parameter gelten die Realisierung eines marktorientierten Produktkonzeptes und Erforschung der Wirkung einzelner Produktgestaltungs-elemente auf die Kundenwahrnehmung als hinfällig. Des Weiteren wird ein kompensatorisches Entscheidungsmodell attribuiert, was eine Kompensation zwischen den unterschiedlichen Präferenzwerten darlegt.[29] Um die notwendige Informationsgrundlage der Kundenwünsche über Produktfunktionen zu eruieren sind insbesondere Maßnahmen des Marketings sowie des Vertriebs gefragt. Dabei unterliegt das Produkt der Annahme, das sich die Gesamtpräferenz eines Produktes aus den einzelnen Präferenzen individueller Konzeptelemente kombiniert.
Die dabei ermittelten Produktfunktionen können in harte und weiche Funktionen differenziert werden. Harte Funktionen weisen hierbei eher technische und objektive Eigenschaften auf, bspw. die Motorleistung eines PKWs, wohingegen weiche Funktionen subjektive und imageorientierte Attribute besitzen.[30] In Folge einer Kundenbefragung und Präsentation der marktalternativen Produkte entstehen Präferenzen, die in Form einer mehrdimensionalen Skala abgebildet werden.[31] Dabei wird in umgekehrter Methodik die Gesamtpräferenz auf die Teilpräferenzen des individuellen Produktmerkmales und detailorientierte Indikatoren geschlossen. Es ist somit das gegenläufige Verfahren zur klassischen Marktforschung.[32] Dem Versuchskunden werden in Folge dessen alternative Produktversionen mit differenzierenden Charakteristiken zur Beurteilung vorgelegt, um die variierenden Produktausführungen in einer umfassenden Rangordnung abzubilden und die Ausstattungsmerkmale nach den Kundenwünschen eines Produktes abstrahieren zu können.[33] Der Vorteil der Conjoint-Analyse ist dabei die umgekehrte Methodik. Die Auswahl an Testpersonen urteilt nur über die Gesamtpräferenzen durch ihre persönliche Reihenfolge der ihnen vorliegenden Studiensubjekte. Dadurch wird eine nativere Entscheidungssituation eines potenziellen Käufers präziser untersucht als bei der bloßen Erfragung von Einzelpräferenzen. Die Tabelle 1 im Anhang verdeutlicht die Vorgehensweise anhand eines groben Beispiels der Automobilindustrie.
Eine elementare Gefahr, die eine parallele Einschränkung des Conjoint-Verfahrens darstellt, definiert die Determiniertheit der entscheidenden zu untersuchenden Merkmale. Die dabei zu lösenden Herausforderung ist es, die Merkmale zu detektieren und zu erforschen, die das größte Nutzenpotenzial für einen Konsumenten abbilden können. Um die gewünschte faktische Kundenorientierung zu sondieren, steht bereits in der Auswahl untersuchungsrelevanter Merkmale die Einbeziehung der Testprobanden im Vordergrund. Eine weitere Restriktion bildet die Qualität der Merkmale, die grundsätzlich keine Überforderung der potenziellen Kunden hervorholen sollte. Dadurch entsteht jedoch das Risiko eines in der Zukunft entspringenden Informationsdefizites, die eine negative Wirkung auf die Exaktheit der Analyse wirft. Um diese zentrale Problematik bei mehr als fünf zu untersuchenden Merkmalen zu minimieren existieren weiterführende, jedoch komplexere, Verfahren wie bspw. die adaptive Conjoint-Analyse oder die Hybrid-Conjoint-Analyse.[34]
Neben den aufgeführten Problemen ist die große Stärke der Conjoint-Analysetechnik die Reaktionen objektiver Produkteigenschaften auf die subjektive Wahrnehmung des potenziellen Käufers zu messen und diese Erkenntnisse im Anschluss in die Produktgestaltung einfließen zu lassen. Vordergründig unterstützt sie die Positionierung zentraler Fragestellungen nach, welche „benefits“ und „imageries“ sich durch die Verwendung von „characteristics“ tangieren lassen.[35]
Festzuhalten bleibt indessen, dass die Conjoint-Analyse die Bewertung von bestehenden Produkteigenschaften, die grundsätzliche Präferenz von Merkmalen seitens einer allgemeingültigen Nachfrage oder einer Rangordnung durch den Kunden bei inkrementellen und innovativen Neuprodukten fördert, als auch eine Messung der Nutzenbeiträge dieser Merkmale ermöglicht.[36]
[...]
[1] Vgl. Seidenschwarz (1991), S.3
[2] Vgl. Rösler (1996), S.9ff
[3] Vgl. Arnaout (2001), S. 19
[4] Vgl. Franz (1993), S.124f
[5] Vgl. Rösler (1996), S.11
[6] Vgl. Arnaout (2001), S.20
[7] Kaplan/Atkinson (1998), S.226
[8] Vgl. Noltemeier (2003), S.1
[9] Vgl. Buggert/Wielpütz (1995), S.40
[10] Vgl. Monden (1999), S.12
[11] Vgl. Seidenschwarz (1993), S.6ff
[12] Vgl. Hiromoto (1989), S. 129
[13] Vgl. Seidenschwarz (1993), S. 11ff
[14] Vgl. Seidenschwarz (1993), S. 23ff
[15] Vgl. Seidenschwarz (1993), S. 28ff
[16] Vgl. Seidenschwarz (1991), S.199
[17] Vgl. Horvath et al. (1993), S.5
[18] Vgl. Krapp/Wotschofsky (2000), S.29ff
[19] Vgl. Kremin-Buch (1998), S.1ff
[20] Vgl. Noltemeier (2003), S.8ff; Arnaout (2001), S.47ff; Seidenschwarz (1993), S.115ff
[21] Vgl. Krogh (1992), S.262
[22] Vgl. Horváth, Seidenschwarz (1992), S.145
[23] Vgl. Schweitzer/Küpper (2003), S. 703
[24] Vgl. Peemöller (1993), S.379
[25] Vgl. Buggert/Wielpütz (1995), S.99f
[26] Vgl. Seidenschwarz (1993), S.143; Buggert/Wielpütz (1995), S.99f
[27] Vgl. Seidenschwarz (1991), S.205
[28] Raffee (1989), S.25
[29] Vgl. Schubert (1991), S. 117ff
[30] Vgl. Buggert/Wielpütz (1995), S.91
[31] Vgl. Seidenschwarz (1993), S.41
[32] Vgl. Böcker (1986), S.551
[33] Vgl. Engel (1991), S.367
[34] Vgl. Green/Srinivasan (1990), S.9
[35] Vgl. Schubert (1991), S.164
[36] Vgl. Horvath/Seidenschwarz (1992a), S.11