Im Verlauf der Ausarbeitung soll erörtert werden, inwieweit der Entwicklungsverlauf von Kindern, die in Regenbogenfamilien aufwachsen, beeinflusst wird. Welche Risiken und Chancen beeinflussen die kindliche Entwicklung gleichgeschlechtlicher Eltern und welchen Einfluss haben sie genau?
Meine Ausarbeitung schließt zwei verschiedene familiäre Hintergründe von Regenbogenfamilien ein. Zum einen gleichgeschlechtliche Paare deren Kinder aus einer früheren heterosexuellen Beziehung stammen und vom sozialen (Co-) Elternteil adoptiert wurden. Zum anderen werden Regenbogenfamilien einbezogen, die ein Kind innerhalb der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekommen haben.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Definition: Regenbogenfamilie
1.1 Formen von Regenbogenfamilien
1.2 Verteilung in Deutschland
1.3 Die Rechtslage für gleichgeschlechtliche Paare
2. Paarbeziehung und Beziehungsqualität
2.1 Qualitäten gleichgeschlechtlicher Paarbeziehung
2.2 Eltern-Kind-Beziehung
3. Gesellschaftliche Vorurteile
3.1. Risiken für die kindliche Entwicklung
3.2 Chancen für die kindliche Entwicklung
4. Fazit und Ausblick
5. Literaturverzeichnis
Einleitung
Durch die Pluralisierung in der Gesellschaft werden traditionelle Modelle des Zusammenlebens zunehmend durch andere Familienkonstellationen ergänzt. Regenbogenfamilien sind eine seltene Familienform, die aber genauso viele Facetten wie andere Familienkonstellationen beinhaltet (vgl. Dürnberger 2011: 148, Eggen/Rupp 2011: 34). Studien zu nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften grenzten in der Vergangenheit gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen und insbesondere Regenbogenfamilien aus (vgl. Herek 2011: 19, Maier 2009a: 264). Erst seit wenigen Jahren befassen sich Studien mit der Lebenssituation gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern. Die Studie von Marina Rupp, die im Auftrag vom Bundesministerium der Justiz durchgeführt wurde, hat eine erste Forschungslücke geschlossen. Die Studie „Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften“, kann für eingetragene Lebenspartnerschaften weitgehende Repräsentativität beanspruchen.
Grundinformationen zur Häufigkeit und Verteilung, sowie zur Entwicklung innerhalb Deutschlands bietet der alljährliche Mikrozensus (vgl. Eggen/Rupp 2011: 24).
Im Verlauf der Ausarbeitung soll erörtert werden, inwieweit der Entwicklungsverlauf von Kindern, die in Regenbogenfamilien aufwachsen, beeinflusst wird. Welche Risiken und Chancen beeinflussen die kindliche Entwicklung gleichgeschlechtlicher Eltern und welchen Einfluss haben sie genau? Meine Ausarbeitung schließt zwei verschiedene familiäre Hintergründe von Regenbogenfamilien ein. Zum einen gleichgeschlechtliche Paare deren Kinder aus einer früheren heterosexuellen Beziehung stammen und vom sozialen (Co-) Elternteil adoptiert wurden. Zum anderen werden Regenbogenfamilien einbezogen, die ein Kind innerhalb der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekommen haben.
Im ersten Teil der Ausarbeitung wird zum Verständnis der Begriff „Regenbogenfamilie“ definiert und im Anschluss daran die Formen und Verteilungen im deutschen Raum aufgeschlüsselt. Die Rechtlage gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften soll den Hintergrund der Entwicklungen darstellen. Im nachfolgenden zweiten Punkt werden einleitend Paarbeziehungen und deren Beziehungsqualität im Allgemeinen behandelt und anschließend die Qualitäten gleichgeschlechtlicher Beziehungen darauf bezogen.
Die Eltern-Kind-Beziehung schließt am zweiten Punkt an und wird deren Qualität näher beleuchten. Anschließend werden im dritten Punkt, gesellschaftliche Vorurteile aufgezählt, die v.a. die kindliche Entwicklung betreffen. Nachfolgend werden Risiken und Chancen für die kindliche Entwicklung von den gesellschaftlichen Vorurteilen abgeleitet und auf die Qualität der Eltern-Kind- Beziehung bezogen. Im letzten, vierten Punkt, wird abschließend ein Fazit aus den Ergebnissen gezogen und ein Ausblick für mögliche Interventionen, die Diskriminierung betreffen, hergestellt.
1. Definition: Regenbogenfamilie
Wenn eine biologische und soziale (Co-) Mutter bzw. ein biologischer und ein sozialer (Co-) Vater mit mindestens einem Kind zusammen leben, spricht man von Regenbogenfamilien.
Regenbogenfamilien sind v.a. Mutterfamilien. Frauenpaare haben erheblich häufiger Kinder als Männerpaare. Dies steht vor dem Hintergrund, dass Paarbeziehungen bei Frauen stabiler und länger andauern als bei Männerpaaren. Mehr als 90% der gleichgeschlechtlichen Familien besteht aus zwei Müttern und mindestens einem Kind (Eggen/Rupp 2011: 29ff., Rauchfleisch 1999: 399).
1.1 Formen von Regenbogenfamilien
Regenbogenfamilien sind sehr vielfältig und nicht immer leicht zu verwirklichen. Die Elternschaft in Regenbogenfamilien hat verschiedene Facetten. Dadurch muss zwischen biologischem und sozialem Elternteil unterschieden werden, denn die Kinder stammen aus verschiedenen Familienkonstellationen (vgl. Rupp 2009: passim, Bergold/Rupp 2011: 119). Es lassen sich zwei große Gruppen unterscheiden. Erstere haben ihren Kinderwunsch innerhalb ihrer Partnerschaft verwirklichen können und letztere sind Stieffamilien d.h. ihr Kind stammt aus einer früheren heterosexuellen Ehe bzw. Beziehung (vgl. Dürnberger 2011: 156).
Für gleichgeschlechtliche Paare der ersten Gruppe gibt es drei Wege um ihre Elternschaft zu verwirklichen. Zum einen können sie durch Methoden moderner Reproduktionsmedizin Kinder durch Insemination zeugen. Frauenpaare haben durch die Einpflanzung eines Spendersamens die Möglichkeit ihren Kinderwunsch zu verwirklichen. Kinder die durch Insemination gezeugt werden, haben eine leibliche Mutter und eine soziale (Co-) Mutter. Zum anderen bilden die Adoption eines fremden Kindes im In- und Ausland, sowie die Aufnahme eines Pflegekindes für einen beschränkten Zeitraum, zwei andere Wege um die Elternschaft innerhalb einer Beziehung zu realisieren. Zahlenmäßig wird die Adoption und Pflegeschaft jedoch nur von einer kleinen Gruppe unter den Regenbogenfamilien gebildet (vgl. Bergold/Rupp 2011: 122, Rupp 2009: 15).
Die zweite große Gruppe findet in Deutschland bisher noch am meisten Verbreitung. Darin wurden die Kinder nicht in die gleichgeschlechtliche Beziehung hineingeboren, sondern stammen aus früheren heterosexuellen Beziehungen. Sie haben demzufolge ein extern lebendes biologisches Elternteil, ein intern lebendes leibliches Elternteil und ein dazukommendes soziales (Co-) Elternteil (Bergold/Rupp 2011: 129, Rupp 2009: 19 , Herek 2011: 19) Die Rolle des extern lebenden, leiblichen Elternteils und dessen Einbindung in das Familienleben innerhalb der Regenbogenfamilie sind sehr vielseitig und wird von der Beziehung der getrennt lebenden Eltern bestimmt (Rupp 2009: 109).
Die vorangegangenen Inhalte machen deutlich, dass gleichgeschlechtliche Paare innerhalb ihrer Familie unterschiedliche Rollen tragen, die mit verschiedenen biografischen Anforderungen verknüpft sind (Bergold/Rupp 2011: 127ff.). Für gleichgeschlechtliche Paare der ersten Gruppe, also jene die ihr Kind in die Beziehung hineingeboren oder es adoptieren haben, ist viel Planung im Vorfeld nötig um ihren Familientraum verwirklichen zu können. Kinder in solchen bereits bestehenden Partnerschaften sind demzufolge Wunschkinder, weil ein hohes Engagement beider Elternteile Bedingung ist (Rupp 2009: 191, Zglinicki 2002: 21). Kinder der zweiten Gruppe, also derer die eine Trennung beider Elternteile erlebt haben, können zunächst mit Belastungen aufwachsen, was jedoch vor dem Hintergrund von Trennungserfahrungen und nicht der sexuellen Orientierung der Eltern steht (Rupp 2009: 294).
Heutzutage lassen sich klare Tendenzen erkennen, dass die Anzahl an Kindern die aus früheren heterosexuellen Beziehungen stammt abnimmt und der Anteil von Kindern, die in eine gleichgeschlechtliche Beziehung hineingeboren werden, zunimmt. Gesetze die künstliche Insemination und Adoption für gleichgeschlechtliche Paare ermöglichen, verhelfen dazu, dass das Coming-Out früher erfolgt und in Folge dessen im Vorfeld weniger heterosexuelle Beziehungen eingegangen werden (vgl. Eggen/Rupp 2011: passim, Herek 2011: 19). Die Formen der Stiefkindadoption und Insemination, stellen heutzutage die häufigste Form dar um einen Kinderwunsch innerhalb einer gleichgeschlechtlichen Beziehung zu verwirklichen (Bergold/Rupp 2011: 122).
1.2 Verteilung in Deutschland
Grundinformationen zur Häufigkeit und Verteilung, gleichgeschlechtlicher Lebensformen innerhalb Deutschlands, sowie deren Entwicklung in den letzten Jahren, bietet der alljährliche Mikrozensus (vgl. Eggen/Rupp 2011: 24). Im Jahr 2003 wurden durch den Mikrozensus, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Europa, etwas 58.000 gleichgeschlechtliche Partnerschaften, die im selben Haushalt leben, erfasst. Schätzungen gehen von ca. dreimal so vielen aus. Nach statistischen Erhebungen leben darunter 13.000 Kinder in gleichgeschlechtlichen Familien. Die Zahl erfasst allerdings nur Personen die Angaben dazu gemacht haben, also jene die ihre Partnerschaft durch das Lebenspartnerschaftgesetz (LPartG) institutionalisieren lassen haben. Ausgeklammert werden homosexuelle Alleinerziehende und Familien in denen nur ein Familienmitglied homosexuell lebt. Schätzungen gehen von 30.000 bis 35.000 Kindern, die in Regenbogenfamilien aufwachsen, aus (Maier 2009a: 269, Rupp 2009: 14, Statistisches Bundesamt 2004). 2007 ist durch den Mikrozensus ein Anstieg auf 69.600 gleichgeschlechtliche Paare zu verzeichnen, wobei auch von einem Anstieg der Kinderzahl auf ca. 18.000 auszugehen ist (Statistisches Bundesamt 2008) und trotzdem (...) „käme der Anteil an Kindern in dieser Lebensform höchstens auf ein Promille aller Kinder. Das Aufwachsen mit gleichgeschlechtlichen Eltern bildet eine sehr seltene Ausnahme unter den kindlichen Lebensbedingungen“ (Eggen/Rupp 2011: 28). Nach der Studie vom Bundesministerium der Justiz von 2008 wachsen bei eingetragenen gleichgeschlechtlichen Paaren minimal 7% und maximal 15% mit Kindern auf (Eggen/Rupp 2011: 31). Der Zahlenanstieg von 2003 bis 2007 macht dennoch deutlich, dass sich die Antwortbereitschaft, angesichts einer zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz, verändert hat (Eggen/Rupp 2011: 26ff., Maier 2009b: 197). In Großstädten leben mehr Regenbogenfamilien als in ländlichen Gebieten. Dies steht vor dem Hintergrund, dass in großen Städten eine größere Zahl verschiedener Lebensformen vorzufinden ist und demnach auch die Akzeptanz gegenüber Regenbogenfamilien größer ist (Rupp 2009: 199)
1.3 Die Rechtslage für gleichgeschlechtliche Paare
Mit der Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes, § 1 Absatz 1 Satz 1 LPartG, im August 2001 und dem späteren Ergänzungsgesetzes von 2005, dass die Stiefkindadoption erlaubt, wurde eine erste Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vollzogen (vgl. Kläser 2004: 479f., Maier 2009a: 259, Maier 2009b: 197). Seitdem können sich homosexuelle Paare offiziell registrieren lassen und haben dadurch die Gelegenheit ihre Beziehung zu institutionalisieren, indem sie bei zuständigen Behörden eine Erklärung eingehen lassen. Durch die Eintragung gelten die Partner jedoch rechtlich als Familienangehörige und nicht als Ehegatten (vgl. Eggen/Rupp 2011: 29, Kläser 2004: 480). Die Eintragung ins LPartG erfolgt freiwillig, was dazu führt, dass sich noch lange nicht alle gleichgeschlechtlichen Paare registrieren lassen haben. Es muss demnach immer zwischen eingetragenen Lebenspartnerschaften und uneingetragenen Lebenspartnerschaften unterschieden werden.
Das LPartG bewirkte im Rechtsbereich u.a., dass von den gleichgeschlechtlichen Paaren ein gemeinsamer Nachname eingetragen werden kann, sich die Lebenspartner für gegenseitigen Unterhalt verpflichten, die Paare eine gemeinsame Kranken- und Pflegeversicherung anmelden können und allgemeine Erbschaften gültig sind (vgl. Maier 2009a: 259, Peuckert 2002: 293f.). Der Wert des Lebenspartnerschaftsgesetzes wird von einer Mehrheit von homosexuell orientierten Menschen als positiv bewertet, weil dadurch eine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz zu vernehmen ist und individuelle Lebensentwürfe gesellschaftlich toleriert werden (vgl. Maier 2011: 177).
Dennoch haben homosexuelle Paare im Hinblick auf das Sorge- und Adoptionsrecht von Kindern nicht dieselben Rechte wie heterosexuelle Paare. Nach deutschem Recht kann innerhalb eines gleichgeschlechtlichen Paares nur ein Mitglied ein Kind adoptieren und damit die rechtliche Elternschaft übernehmen. Der Partner hat nur das Recht auf die soziale (Co-) Elternschaft, die jedoch keine rechtliche Verankerung beinhaltet. Dadurch wird beeinflusst, dass das adoptierte Kind sozial schwach abgesichert ist. Die gleichgeschlechtliche Familie in die ein Kind adoptiert wird, ist demnach eine sozial unsichere Familienform, weil das Adoptivkind z.B. im Falle eines Todes seines rechtlichen Elternteils verwaisen würde, obgleich sein soziales (Co-) Elternteil existent ist (vgl. Bergold/Rupp 2011: 121, Eggen/Rupp 2011: 35f.). Für Kinder gleichgeschlechtlicher Eltern, die durch Inseminationsverfahren entstanden sind und Kinder die aus einer früheren heterosexuellen Beziehung stammen, gilt folgendes Adoptionsrecht. Nur wenn sich beide Elternteile registrieren lassen d.h. in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, hat das soziale (Co-) Elternteil die Möglichkeit das biologische Kind seines Partners zu adoptieren (vgl. Bergold/Rupp 2011: 131f).
2. Paarbeziehung und Beziehungsqualität
Der Beziehungsgestaltung von Paaren liegt ein gemeinsames Wir-Gefühl zugrunde, dass die Identität jeder einzelnen Person prägt, aber auch die gemeinsame Paaridentität. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit festigt die Paarbeziehung, erfordert eine Verständigung über gemeinsame Aushandlungsprozesse und ermöglicht schließlich, dass gemeinsame Leitvorstellungen, die eng mit eigenen Wertvorstellungen verknüpft sind, die Beziehung stabilisieren (vgl. Herek 2011: 17, Maier 2011: 171). „Die Paaridentität lässt sich somit als etwas begreifen, was in Übereinstimmung mit der Partnerin bzw. dem Partner produziert wird und den Einzelnen schließlich als ein objektiviertes Außen wieder entgegentritt“ (Maier 2011: 171). Die wechselseitige Kommunikation die durch das partnerschaftliche Verhandeln zum Ausdruck kommt, ist für die Beziehungsgestaltung sehr wichtig und bildet den Grundstein für weitere Aushandlungsprozesse, die wechselseitig kommuniziert werden müssen. Darunter auch sexuelle Orientierungen und Bedürfnisse, nach der sich Individuen sehnen und definieren. Die Erfüllung eigener Bedürfnisse bestimmt die Partnerwahl im besonderen Maße. Individuelle Sichtweisen werden miteinander verglichen und zueinander in Beziehung gesetzt. Eine Beziehung zu gründen liegt individuellen Bedürfnissen zugrunde, die u.a. durch individuelle und gesellschaftliche Sozialisationserfahrungen beeinflusst werden (vgl. Herek 17, Maier 2011: 172ff., Rauchfleisch 1999: 395).
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