Der situative Grammatikunterricht ist ein Konzept von Wolfgang Boettcher und Horst Sitta von 1978. In ihrem Buch „Der andere Grammatikunterricht“ konzipieren Boettcher und Sitta ein Modell des Grammatikunterrichtes, welches als Gegenstück zum traditionellen Grammatikunterricht gelten kann. Dieses Konzept ist auf die kommunikativen Augenblicksbedürfnisse der Schüler ausgerichtet und wird durch impulsgebende Situationen die sich auf sprachliche Phänomene beziehen ausgelöst.
Diese Teilverschriftlichung des vorrangegangenen Referats, soll den situativen Grammatikunterricht vorstellen. Dabei wird zuerst eine geschichtliche Einbettung des situativen Grammatikunterrichtes in der Entwicklung der Sprachdidaktik vorgenommen. Danach wird speziell der situative Grammatikunterricht durch eine Begriffsbestimmung definiert und Merkmale dessen thematisiert. Des Weiteren wird auch die Kritik an diesem Konzept erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Geschichtliche Einbettung
Der situative Grammatikunterricht
Begriffsbestimmung
Merkmale
Beispiele
Kritik
Der situative Grammatikunterricht heute
Zusammenfassung
Quellen
Einleitung
Der situative Grammatikunterricht ist ein Konzept von Wolfgang Boettcher und Horst Sitta von 1978. In ihrem Buch „Der andere Grammatikunterricht“ konzipieren Boettcher und Sitta ein Modell des Grammatikunterrichtes, welches als Gegenstück zum traditionellen Grammatikunterricht gelten kann. Dieses Konzept ist auf die kommunikativen Augenblicksbedürfnisse der Schüler ausgerichtet und wird durch impulsgebende Situationen die sich auf sprachliche Phänomene beziehen ausgelöst. Diese Teilverschriftlichung des vorrangegangenen Referats, soll den situativen Grammatikunterricht vorstellen. Dabei wird zuerst eine geschichtliche Einbettung des situativen Grammatikunterrichtes in der Entwicklung der Sprachdidaktik vorgenommen. Danach wird speziell der situative Grammatikunterricht durch eine Begriffsbestimmung definiert und Merkmale dessen thematisiert. Des Weiteren wird auch die Kritik an diesem Konzept erläutert werden. Verwendete Literatur dafür, ist hauptsächlich: Christiane Hochstadt’s, Andreas Kraft’s und Ralph Olsens: „Deutschdidaktik. Konzeptionen für die Praxis“ Tübingen: Narr Franke Attempto 2013, Kämper-van den Boogaart’s: „Deutsch Didaktik. Leitfaden für die Sekundarstufe I und II“ Berlin: Cornelsen 2008 und Nicole Schmidt’s: „Was ist anders am „anderen Grammatikunterricht?“ München: GRIN Verlag GmbH.
Geschichtliche Einbettung
Nach der französischen Revolution 1789 und den napoleonischen Eroberungskriegen entstand 1815 mit dem Wiener Kongress eine Neuordnung Europas und von nun an sollte der muttersprachliche Unterricht in den Vordergrund rücken. An Realschulen und Gymnasien wurde „Laut-, Wort, und Formlehre, Syntax und Stilistik“[1] unterrichtet. Der Unterricht orientierte sich an den alten Sprachen. Durch den logischen Aufbau dieser, wurde der Grammatikunterricht als eine Übung des Denkens angesehen. Am Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts bestand die Auffassung, dass der Grammatikunterricht eher durch einen Etymologieunterricht ersetzt werden müsse. Diese Auffassung wurde vor Allem von Jakob Grimm vertreten. Diese beinhaltet, dass Menschen die Sprache nur dadurch verinnerlichen, weil sie mit ihr aufwachsen, hineinwachsen und nicht durch auferlegtes lernen. Besonders sollte sich also mit der Alltagssprache auseinandergesetzt werden und untersucht werden, nach welchen Form- und Bildungsgesetzen sie funktioniert. Im Nationalsozialismus bestand das Bild einer Sprachzucht. Die Sprache galt als eine Eigenschaft bzw. Mittel der Repräsentation des Volkes sowie als ein Mittel der Verbindung innerhalb eines Volkes. Die Sprach sollte durch ihren Gebrauch gezüchtigt werden, sowie die Menschen zum züchtigten Gebrauch erzogen. Die deutsche Sprache sollten die Verwendungssprache schlechthin sein und alle anderen Sprachen vertrieben werden. Ziel des Unterrichtes war es die Sprache in ihrem Wert zu verinnerlichen und zu begreifen. Nach dem zweiten Weltkrieg kam der traditionelle Grammatikunterricht auf. Dies war ein absoluter Neuanfang für den Unterricht und die Didaktik, aber es wurde sich auch auf ältere Modelle bezogen. Nach dem traditionellen Grammatikunterricht, ordnet die Sprache das zwischenmenschliche System und ein Mittel der Kommunikation, das den Kontakt zwischen Menschen herstellt und erhält. Diese Auffassung ist Leo Weisberger zugrunde zu legen. Nach ihm umfasst sein Konzept vier Hauptwege: „sprachliches Wachsen, Können, Wissen und Wollen. Damit wurde der Schüler zum eigenverantwortlichen Handeln im Bereich der Sprache erzogen werden. Dabei steht das sprachliche Wissen im Vordergrund, durch das sprachliche Wissen wird dann ein Einfluß auf das sprachliche Wachsen, Könne und Wollen ausgeübt“[2] Im Unterricht ging es nun um eine Entwicklung eines Sprachgefühls und eines Verständnisses und die Entwicklung zum kommunikativen Handeln mit Hilfe der Sprache. Dies führt dann wiederrum zu einer Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Nach Erika Essen erlangt der Schüler durch den Deutschunterricht Selbstverwirklichung und die Fähigkeit der Weltbewältigung. Besonders wichtig dafür ist es:
- „Menschliche Lebenszusammenhänge bilden sich als Gesprächsgeflechte, sie bewirken stetige Verbindung;
- alle Kräfte wirken im Gleichmaß harmonisch zusammen;
- Interessengegensätze sind ausgleichbar;
- Provoziert wird die Vorstellung eines stetigen Wechsels von Spannung und Lösung;
- Das im Gespräch Richtige wird hypostasiert zum ethisch Rechten;
- Jeder einzelne hat in sich die Grundvorstellung der rechten Proportionen von der Welt;
- Letztlich sind Interessengegensätze vordergründig vor der Perspektive ausgleichender Beziehungen aller zueinander
Ihr Ziel ist die geistige Durchdringung, Klärung und Ordnung des sprachlichen Verhaltens“[3] Die Hauptaufmerksamkeit soll dabei auf den Satz mit seiner Inhalts- und Formseite gelegt werden, ohne dabei abzurutschen in eine Analyse von Satzgliedern und Wortarten. Hermann Helmers geht von der Kommunikation der Gesellschaft aus und differenziert funktionale und formale Sprachlehre. Für ihn sollte der traditionelle Grammatikunterricht:
- „ökonomisch sein, d.h. mit einem Minimum an grammatischen Wissen ein Maximum an sprachlichen Strukturen erzielen
- konsequent sein, d.h. die einzelnen Teile sollen sich nicht wiedersprechen
- eindeutig sein, d.h. Fachbegriffe sollen unerwünschte Assoziationen nicht zulassen
- international sein, d.h. das System sollte auf andere europäisch-amerikanische Sprachen angewendet werden können
- wissenschaftlichen Ansprüchen standhalten können“[4]
Die inhaltlich bezogene und nationalsprachlich orientierte Grammatik Leo Weisbergers sollte mit der linguistischen Wende um 1970 überwunden werden. Diese ging hauptsächlich von Noam Chomsky aus, der stringente Regelbildung und Satzbaupläne präferiert. Bereits am Ende der 1970er Jahre wurden diesem Prinzip wieder der Rücken gekehrt und die Kommunikation verdrängte das Systematisch und Linguistische Prinzip. Heute wird zwischen dem systematischen, situativen und integrativen Grammatikunterricht unterschieden, obwohl es nicht darum geht, eins dieser Konzepte als richtig oder falsch zu klassifizieren. Der systematische Grammatikunterricht beinhaltet die Konzentration auf Sprachliche Strukturen. Termini sollen identifiziert und klassifiziert werden können. Zentrum der Thematisierung ist das Sprachsystem und das Vorgehen hauptsächlich deduktiv und autonom. Es orientiert sich an curricularen Vorgaben und soll festgelegtes Wissen über den Bau der Sprache vermitteln. Der situative Grammatikunterricht grenzt sich von diesem Prinzip ab.
Der situative Grammatikunterricht
Begriffsbestimmung
Der situative Grammatikunterricht ist ein Konzept von Wolfgang Boettcher und Horst Sitta und kehrt sich ab von der formalen Modellbildung der Sprache, sondern richtet sich an Sprache wie sie einem im Alltag begegnet. Die Untersuchung sprachlicher Phänomene erfolgt nach diesem Konzept erst, wenn im Unterricht sprachliche Probleme auftreten, die erkannt und gelöst werden müssen. Diese sprachlichen Probleme sind impulsgebende Situationen. Damit sind wirkliche Situationen im Unterricht gemeint, die ausschlaggebend dafür sein sollen, sich mit Sprache auseinanderzusetzen. Situationen und Erfahrungen des Lebens der Schüler innerhalb des Unterrichtes, werden als Modelle für sprachliche Auseinandersetzungen genutzt. Eine reale Situation aus dem Leben der Schüler hat nach Boettcher und Sitta wissenschaftlicher, als wenn eine Situation für eine Untersuchung konstruiert wird. Ziel ist es den Schülern zu helfen die Zusammenhänge der sprachlichen Probleme zu verstehen und Ihnen Mittel und Wege aufzuzeigen zur richtigen Argumentation bezüglicher Sprachlicher Zusammenhänge. Der situative Grammatikunterricht ist ein auf Schüler ausgerichteter Unterricht. Dies wirkt sich auch auf die Methodik aus. Dadurch dass der Unterricht situationsgebunden ist, entscheiden letztlich die Schüler die Systematik des Stoffes, im Gegensatz zum klassischen Grammatikunterricht, der durch curriculare Vorgaben bestimmt wird. Voraussetzung für die Untersuchung sprachlicher Phänomene im Unterricht sind also die Erfahrungen der Schüler in Bereich der Sprache.
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[1] www.fundus.org/pdf.asp?ID=1528 S. 1, 22.05.2014 19:06
[2] www.fundus.org/pdf.asp?ID=1528 S. 3, 22.05.2014 19:28
[3] www.fundus.org/pdf.asp?ID=1528 S. 4, 22.05.2014 20:10
[4] www.fundus.org/pdf.asp?ID=1528 S. 5, 22.05.2014 20:24